Wir möchten heute aber keine erneute Debatte über das Rauchverbot führen. Uns geht es um ein anderes Thema, nämlich um die echten Sorgen der Gastwirte, die kleine Kneipen betreiben, in denen definitiv kein Nebenraum eingerichtet werden kann. Deren Kundschaft besteht oftmals auch aus Rauchern. Diese Gaststätten müssen – und das zeigen die vielen Zuschriften und Umfragen – Umsatzeinbußen von sage und schreibe 50 % hinnehmen. Bei denen geht es derzeit um die nackte Existenz.
Dies hat uns auch gestern die IHK in Dresden verdeutlicht, deren Hauptgeschäftsführer Detlef Hamann schrieb, dass es sich oftmals um familiengeführte Lokalitäten in Wohngebieten oder auf dem Lande handelt. Deshalb seien existenzielle Probleme zu erwarten. Das sollten wir in
Ich möchte Ihnen noch ein anderes Beispiel aus Leipzig nennen. Vielleicht kennt der eine oder andere Leipziger sogar das Kulturcafe Trixom. Der Inhaber wandte sich an uns mit der Bitte, darüber hier im Landtag zu berichten. Ich möchte Ihnen jetzt das Schreiben von Herrn Andreas Otto vortragen:
„Ich habe im Sommer 2007 das ‚Trixom’ in der Härtelstraße 21 in Leipzig übernommen. Nach einem Umbau und einer Konzeptänderung haben wir es geschafft, das ehemalige Internetcafé zu einem Kulturcafé umzustrukturieren. Die Internetplätze wurden reduziert und im vorderen Bereich des Cafés sind gemütliche Sitzecken und eine Kleinkunstbühne entstanden. Das geschah nur durch private Darlehen meiner Eltern und einer Bekannten in Höhe von insgesamt 15 000 Euro. Die Etablierung der Lesereihe Urban Poetki, der Sound der Städte, war erfolgreicher als erwartet“
„und hat einen festen Gästekreis entwickelt. Dadurch und durch viel Arbeit haben wir es geschafft, bis Dezember kostendeckend zu arbeiten. Der Januar war, wie in der Gastronomie üblich, relativ schwach, hat aber keine Auswirkungen auf das Geschäft gezeigt.
Seit dem 01.02. gilt nun das Rauchverbot. Wir haben bis jetzt einen Umsatzeinbruch von 50 % zu beklagen. Gäste
bleiben nur noch sehr kurz, konsumieren somit weniger. Der Laden ist abends leer. Selbst Stammgäste schränken ihre Besuche ein. Ich bin bereits nach drei Wochen Nichtraucherschutzgesetz nicht mehr fähig, wichtige Rechnungen zu bezahlen. Das bedeutet für mich die akute Gefährdung meiner Existenz und die meiner Familie. Wir hatten in den fünf Monaten unserer Geschäftstätigkeit noch keine Möglichkeiten, Polster aufzubauen, die diesen Umsatzrückgang ausgleichen könnten. Für uns bedeutet das die Insolvenz, die Enttäuschung der Geldgeber und für meine zwei Wochen alte Tochter ein Leben mit Hartz IV. Und ein nicht durchdachtes Gesetz ist schuld.
Die Einrichtung eines Raucherraumes kann ich mir im Moment nicht leisten. Ich habe nicht vor, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich lasse mir durch Ungerechtigkeiten nicht meinen Traum und meine Existenz zerstören. Jetzt wende ich mich an Sie mit der Bitte, über meinen Fall im Landtag zu berichten. Die Menschen sollen darüber aufgeklärt werden, was der Gesetzgeber mit seinen übereilten Beschlüssen anrichten kann.“ – So weit Herr Andreas Otto.
Dieser Familie geht es so wie vielen anderen Familienbetrieben, die eine kleine Gastwirtschaft in Sachsen betreiben, die Kredite aufgenommen haben und diese Kredite persönlich absichern müssen, so wie es viele Mittelständler hier in Sachsen tun müssen, die zur Bank gehen und dort sozusagen die Hosen herunterlassen müssen und mit ihrer gesamten Existenz bürgen. Für diese Familienbetriebe, für diese Gaststätten haben wir hier in Sachsen ein Gesetz geschaffen, das 50 % weniger Umsatz bedeutet.
Das zeigt, sehr geehrte Damen und Herren, wir dürfen die Bedenken von Betroffenen bei der Gesetzgebung nicht vorschnell abtun. Leider hat man dies beim Nichtraucherschutzgesetz aus ideologischen Gründen gemacht. Nicht nur in Sachsen, sondern auch bundesweit werden kleinere Gaststätten durch die Nichtraucherschutzgesetze extrem benachteiligt. Hier hätte man eine bessere Lösung finden können, ja finden müssen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang an Regelungen in anderen europäischen Ländern erinnern, die das Rauchverbot zum Beispiel erst ab einer bestimmten Gaststättengröße fordern. Wenn wir bei anderen europäischen Ländern sind, werden Sie sicher auch die Erfahrungsberichte von Gaststätten und kleinen Kneipen im Grenzbereich zu Tschechien und Polen sehen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Hinweise, die die Wähler aus Bayern in Bayern gegeben haben, die dieselben Erfahrungen mit diesem Gesetz machen, dürften jedem in Erinnerung sein.
Zweifel an der jetzigen Regelung haben inzwischen auch die Gerichte. Das Verfassungsgericht in Rheinland-Pfalz hat in seinem Beschluss vom 11. Februar Gastwirten recht gegeben, die gegen das dortige Gesetz geklagt haben. Hier steht ganz eindeutig: „Auf die Anträge der Beschwerdeführer wird das Inkrafttreten des Nichtraucher
schutzgesetzes Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde insoweit einstweilen ausgesetzt, als sich die Vorschrift auch auf Einraumgaststätten erstreckt, die ausschließlich inhabergeführt sind.“
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, dieser Regelung auch in Sachsen zuzustimmen, dass wir hier, bis das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung getroffen hat, nicht Gaststätten, nicht Familienbetriebe in die Insolvenz treiben, die es nicht verdient haben, durch die Politik in ihrer Existenz gefährdet zu werden.
Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen und sich für sächsische Familien, für sächsische Betriebe einzusetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der gestrigen Sitzung hatten wir ja einen Antrag der FDP zur Abschaffung der Baumschutzsatzungen, den auch Herr Günther vorgetragen hat, bei dem jeder Buchstabe und jedes Komma abgeschrieben waren.
Dieses Mal war es nicht ganz so schlimm. Sie haben zwar auch einen Antrag Ihrer Fraktion aus Schleswig-Holstein oder aus anderen Landtagen abgeschrieben und ihn dann hier eingebracht. Aber immerhin haben Sie den einen oder anderen Buchstaben oder das eine oder andere Komma geändert. Insofern sind Sie schon ein bisschen besser geworden. Dennoch Fleißnote 4.
Zum Inhalt. Der Sächsische Landtag hat ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet. Wir haben uns für den Nichtraucherschutz starkgemacht. Auch ein Großteil der Opposition hat mit uns gestimmt. Das war richtig. Denn jährlich sterben 3 300 Menschen in Deutschland am Passivrauchen, die also nicht selber rauchen, aber daran sterben, zum Beispiel am Lungenkrebs. Vor allem Kinder sind durch Passivrauchen betroffen. Bei ihnen kommen viel häufiger Asthma, Bronchitis oder Lungenentzündungen vor. Hier haben wir gegengesteuert.
Wir hatten in Sachsen circa 400 000 Menschen, die am Arbeitsplatz Rauch ausgesetzt waren. Auch für sie ist mit dem 1. Februar eine deutliche Verbesserung eingetreten. Sie müssen am Arbeitsplatz keinen Rauch mehr ertragen.
Jetzt könnte ich noch etwas zu den negativen Folgen für Raucher sagen: dass pro Jahr zwischen 110 000 und 140 000 Menschen in Deutschland an den Folgen ihres eigenen Rauchens sterben. So weit, so schlecht.
Aufgrund dieser Fakten war aus unserer Sicht ein Gesetz notwendig. Wenn wir daran denken, dass wir in Deutschland beim Feinstaub verschiedene Regelungen getroffen haben, wenn wir dort sagen, wenn mehr als
50 Mikrogramm Feinstaub in der Luft sind, dann darf man – wenn das mehrfach vorkommt – nicht mehr mit dem Auto in diese Stadt hineinfahren, dann muss man doch reagieren, wenn in einer Diskothek das Zwanzigfache, nämlich über 1 000 Mikrogramm, in der Luft ist, dass man das dann nicht zulässt.
Ich glaube, es war ein überlegter Schritt der Bundesländer, so vorzugehen. Wir haben es mit unserem Gesetz geschafft, dass die Freiheit der Nichtraucher vor dem Passivrauch und die Freiheit der Raucher gut austariert sind. Es ist auch nicht das schärfste Gesetz, das es gibt. Wenn Sie zum Beispiel auf Bayern schauen, wo Nebenräume nicht möglich sind und auch in Zelten nicht geraucht werden kann, dann sehen Sie, dass es bei uns wohlüberlegt war.
Herr Kollege Günther hat gesagt, die Bayern hätten die gleichen Erfahrungen mit dem Nichtraucherschutz gemacht. Das wage ich zu bezweifeln, wie die zwei Beispiele, die ich gerade gebracht habe, gezeigt haben. Das bayerische Gesetz ist deutlich schärfer. Sie dürfen dort nicht in Nebenräumen rauchen und Sie dürfen dort auch nicht in Festzelten rauchen.
Die FDP hatte ja versucht, in Hamburg das Thema zum Wahlkampf zu machen. Das ist ihr nicht gelungen, sie ist dort nicht in die Bürgerschaft eingezogen. Insofern wage ich auch zu bezweifeln, ob der Wahlausgang in Bayern auf den Nichtraucherschutz zurückzuführen ist. Ich glaube, dass es eine große Mehrheit der Menschen gibt, die sich für den Gesundheitsschutz hier im Lande einsetzen und dies auch von der Politik erwarten.
Wer war denn am schnellsten bei der Einführung des Nichtraucherschutzes? Waren das die SPD- und die CDUregierten Länder, oder waren das vielleicht auch welche, in denen die FDP in der Regierung sitzt? Wie sieht es dort eigentlich mit den gesetzlichen Regelungen aus? Haben sie die große Weisheit der FDP aufgenommen oder nicht? Wenn wir uns das anschauen, sehen wir, dass die von der FDP mitregierten Länder Niedersachsen und Baden- Württemberg das Gesetz am schnellsten verabschiedet haben, nämlich zum 1. August 2007 – ich begrüße das –, übrigens auch nicht mit anderen Regelungen als bei uns. Dort sind die kleinen Gaststätten auch nicht ausgenommen.
Sie haben gesagt, Sie wollen längere Übergangsfristen für die Wirte haben, damit sie sich auf die neue Situation einstellen können. Wir haben gesagt, dass wir das etwas aufschieben wollen. Deswegen trat das Gesetz erst am 1. Februar in Kraft. Die Wirte konnten sich darauf einrichten und Umbauarbeiten vornehmen. Das war ein richtiger Weg. Die von der FDP mitregierten Länder haben hier kürzere Übergangsfristen gewählt. Daran möchte ich noch einmal erinnern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt Klagen von Wirten. Es ist ihr gutes Recht, vor Gericht zu gehen und abzuwarten, ob man dort Recht bekommt. Die Ge
richte werden entscheiden. Die Entscheidung in der Hauptsache ist noch nicht gefallen. Wir können ihr auch nicht vorgreifen. Ich bin mir jedoch sicher, dass sich die Gerichte für den Schutz von Nichtrauchern entscheiden und diesem Schutz Priorität einräumen werden.
Ich glaube auch, dass das der Wunsch der Bevölkerungsmehrheit ist, denn drei Viertel der Sachsen rauchen nicht, und in Umfragen haben wir deutliche Mehrheiten für die Zustimmung zu diesem Nichtraucherschutzgesetz.
Es mag Wirte geben, die Umsatzeinbußen zu beklagen haben, aber ich halte die Horrorszenarien, die hier gemalt wurden, für völlig übertrieben. Ich habe eben gesagt, dass drei Viertel der Sachsen nicht rauchen. Wenn wirklich kein einziger Raucher mehr in eine Gaststätte gehen würde, würde der Umsatz um 25 % sinken.
Sie haben uns vorgerechnet, dass die Hälfte des Umsatzes eingebrochen ist. Dazu kann man nur nach Adam Ries, der auch bei der FDP hoch geschätzt ist, sagen: Das passt irgendwie nicht zusammen.
Herr Kollege, sind Sie tatsächlich der Auffassung, dass eine solche Regelung nur dazu führt, dass rauchende Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht mehr in Gaststätten sind, sich dort kürzer aufhalten oder weniger konsumieren, oder können Sie sich vorstellen, dass man dann, wenn man sich in einer Gaststätte mit einer Gruppe aufhält, unter der sich ein Raucher befindet, zum Beispiel eine Gaststätte früher verlässt, ein Bier, einen Kaffee, einen Wein weniger trinkt, dass also auch Nichtraucher, weil sie eben auf den Raucher Rücksicht nehmen, aus der Gaststätte gehen? Können Sie sich solche Verhaltensweisen von Menschen vorstellen?
Ich kann mir das nicht vorstellen. Es gibt doch sehr viele Nichtraucher, die sehr gern in Gaststätten gehen und die jetzt mit Sicherheit länger bleiben.