Protocol of the Session on March 6, 2008

chenden Zuwachs bei den Steuereinnahmen zu erzielen. Dies trifft jedoch nicht zu, das ist eine Milchmädchenrechnung, übrigens typisch für einfach strukturierte Denkweisen, weil natürlich das Steueraufkommen in einem Land und damit auch das Hinterziehungspotenzial begrenzt ist.

Ich will hier für die Koalition klar sagen, damit wir nicht missverstanden werden: Wer Steuern hinterzieht, handelt nicht nur unmoralisch oder betreibt einen Volkssport, nein, er handelt strafbar und schadet unserer Gesellschaft. Deshalb ist es richtig, wie das Bundesfinanzministerium hier neue Wege geht und auch nicht vor Vorstandschefs großer Konzerne Halt macht. Der demokratische Staat wehrt sich und bedarf weiß Gott nicht der vermeintlichen Schützenhilfe kleinkarierter, schlecht abschreibender sächsischer Faschos.

Mit Steuerfahndern kennt sich ja im Übrigen die NPD sehr gut aus. Das zeigen Ihre Kollegen in Thüringen. Die NPD hatte in der Affäre um fingierte Spendenquittungen wohl häufiger Besuch von Steuerfahndern, als es ihr lieb war. Seinen Ausgangspunkt nahm diese Affäre in den Neunzigerjahren. Der thüringische Landesverband der NPD hatte damals in großem Umfang falsche Spendenquittungen ausgestellt. Er soll den Fiskus damit um 163 000 Euro betrogen haben.

(Stefan Brangs, SPD: Das kann doch wohl nicht sein!)

Der ehemalige NPD-Landesvorsitzende von Thüringen, Frank Golgowski, wurde deshalb vom Amtsgericht Erfurt wegen Steuerhinterziehung in 135 Fällen zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

(Karl Nolle, SPD: Das müssen Provokateure gewesen sein!)

Deshalb wurde auch willkürlich die 250 000-Euro-Grenze in dem Antrag formuliert, dass ab da ohne Bewährungsstrafe geahndet werden soll, weil der vorher genannte Kumpan ja damit auch noch davongekommen wäre.

Dieser Punkt ist aus zwei Gründen nicht diskutabel. Grundlage für die Strafzumessung ist die Schuld des Täters. Das heißt, es müssen alle Umstände berücksichtigt werden, die für oder gegen den Täter sprechen, zum Beispiel Ziele und Beweggründe. Juristen können das viel besser als ich begründen. Welches Strafmaß für die vorliegende Tat konkret und angemessen ist, diese Einschätzung obliegt allein – darüber kann man in Deutschland stolz sein – dem unabhängigen Richter.

Zu den Punkten Kapitalverkehr, Banküberweisungen und Kreditkartenkontrolle und der Aufforderung zum aggressiveren Agieren ist zu sagen, dass das Einfordern von Kooperationen im Rahmen internationaler Abkommen zur Bekämpfung der Steuerflucht wichtige Schritte sind, die wir brauchen. Bundesfinanzminister Steinbrück hat die Diskussion zu einer Verschärfung zum Beispiel der Zinsbesteuerungsrichtlinie auf die Tagesordnung gesetzt.

Meine Damen und Herren! Deutschland agiert im Dialog mit seinen Nachbarn – eine Umgangsform zwischen Staaten auf der Basis gegenseitigen Respekts. Dieses Miteinander im Dialog sicherte Europa die längste Friedensperiode seiner Geschichte, sichert Wohlstand und Wachstum. Damit das so bleibt, lehnen wir diesen Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Die Linksfraktion, bitte; Frau Dr. Runge.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dimension von Steuerhinterziehung wurde mit der aus Liechtenstein stammenden CD offensichtlich, auf der rund 1 000 Namen von Personen aus verschiedenen Ländern erfasst sind, die nicht nur aus Deutschland stammen. Das ist zweifellos ein Skandal.

Der Name Zumwinkel steht symbolhaft für viele Gutverdiener, die den deutschen Fiskus um Hunderte Millionen Euro Steuergelder betrogen haben. Über 100 Razzien in den vergangenen Wochen erzeugten einen solchen Druck, dass die Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern enorm zugenommen haben. Das ist gut so.

Die 4,5 Millionen Euro für die CD sind gut ausgegebenes Geld, wenn damit für den deutschen Fiskus mehrere Hundert Millionen Euro Steuergelder eingetrieben werden können. Steuerhinterziehungen, illegale Geldtransfers, Steuerflucht und Trickbetrug scheinen für Gutbetuchte zum Sport geworden zu sein. Deshalb ist es nur zu begrüßen, wenn der Fahndungsdruck aufrechterhalten bleibt, denn Millionen Bundesbürger zahlen ihre Steuern pünktlich und ehrlich.

Aber welches Verhältnis haben Bürger zu ihrem Staat, wenn das Buch „Tausend ganz legale Steuertricks“ zum absoluten Bestseller geworden ist? Freilich geht es in diesem Buch um legale Möglichkeiten, Steuern einzusparen. Es wirft dennoch die Frage auf, wie durchschaubar unser Steuerrecht überhaupt ist.

Seit Jahren wird darüber diskutiert, dass wir Vereinfachung und mehr Transparenz im Steuerrecht brauchen. Getan aber hat sich wenig. Was wir brauchen, ist mehr Personal in Landesfinanzbehören an Steuer- und Wirtschaftsprüfern, um die Frequenz von Firmenüberprüfungen zu erhöhen. Dort wurde in allen Bundesländern eingespart. Mehr Steuerprüfer aber sind gut angelegtes Geld, Herr Pecher, weil jeder Steuerprüfer – dazu gibt es Berechnungen – in der Regel das Zigfache an Steuermehreinnahmen garantiert.

Schließlich begrüße ich die ernsthaften Bemühungen der Bundesregierung und der Europäischen Union, die Steueroasen in Europa – Liechtenstein, Monaco, Andorra und andere – auszutrocknen. Wenn aber, wie die NPD, von den deutschen Steuerbehörden die totale Überwachung und Kontrolle sämtlicher Geldtransfers in diese Steueroa

sen gefordert wird, legt die NPD offen, wessen Geistes Kind sie ist: nämlich eine Partei mit totalitärem Anspruch, die die Privatsphäre umfassend überwachen und kontrollieren will.

(Jürgen Gansel, NPD: Fassen Sie sich doch an Ihre SED-Nase!)

Der demokratische Weg hingegen besteht darin, mit diesen Ländern – wie im Falle von Liechtenstein und Monaco erst jüngst passiert – Verträge abzuschließen, die die Melde- und Informationspflicht zwischen dortigen Geldinstituten und hiesigen Steuerbehörden vereinbart haben.

Was wir brauchen, sind nicht härtere Strafmaße gegen Steuerhinterziehung, sondern die konsequente Umsetzung von Recht und Gesetz

(Jürgen Gansel, NPD: Das wäre ein Anfang, ja!)

sowie weniger finanzielle Vergleiche.

Nun aber zu Ihnen, Herr Gansel, zur NPD: Sie besitzen ernsthaft die Chuzpe, sich heute hier mit diesem Antrag wie so oft als Saubermänner zu stilisieren, die für die Einhaltung von Recht und Gesetz streiten. In Wirklichkeit aber wollen Sie dieses Rechtssystem doch politisch abschaffen – ein Widerspruch in sich selbst. Sie besitzen auch als Partei hierzu nicht einmal das moralische Recht, denn Sie haben Ihre Unschuld in finanziellen Fragen längst verloren. Sie selbst haben doch erst in den letzten Wochen wieder Schlagzeilen in Sachen Finanzbetrug gemacht.

(Zuruf von der NPD – Karl Nolle, SPD: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Türe!)

Vergangene Woche erst durchsuchten zwei Dutzend Polizeibeamte die NPD-Zentrale in Berlin, Geschäftsräume und Privatwohnungen in NRW und Niedersachsen sowie Büroräume der Parteizeitung in Riesa.

(Jürgen Gansel, NPD: Rechtswidrig, ja!)

Der Schatzmeister Ihrer Partei, Erwin Kemna, wurde wegen des begründeten Verdachts der gewerbsmäßigen Untreue und Geldwäsche verhaftet.

(Stefan Brangs, SPD: Ist es denn wahr?!)

Kemna soll aus der Parteikasse 627 000 Euro entwendet haben.

(Jürgen Gansel, NPD: Das erste Mal, dass sich der Staat um die NPD sorgt, danke schön, …!)

In 65 Transaktionen soll er Geld vom Parteikonto in seine private Firma umgeleitet haben. Darüber hinaus steht Ihr Schatzmeister im Verdacht, in einen innerparteilichen Finanzskandal verwickelt zu sein, der seinen Ursprung in Thüringen hat. Dort hatte man in großem Stil falsche Spendenquittungen ausgestellt. Damit soll der Fiskus um 163 000 Euro betrogen worden sein. Das rief den Bundestagspräsidenten auf den Plan. Wegen dieser gefälschten Spendenquittungen und eines unrichtigen Rechenschafts

berichtes mussten Sie 870 000 Euro an den Bundeshaushalt zurückzahlen.

(Karl Nolle, SPD: Das ist doch ein Irrtum?!)

Der ehemalige Landesvorsitzende in Thüringen, Golkowski, wurde vom Amtsgericht Erfurt in 135 Fällen von Steuerhinterziehung verurteilt.

(Karl Nolle, SPD: Nein, das kann doch nicht sein! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Die Liste von Betrügereien und anderen kriminellen Delikten ließe sich beliebig fortsetzen. Allerdings reichen dafür 5 Minuten Redezeit nicht aus.

(Stefan Brangs, SPD: Sie sind bei der Selbstauflösung!)

Gibt es in den Reihen Ihrer Fraktion hier im Sächsischen Landtag überhaupt noch eine Person, gegen die kein Ermittlungsverfahren läuft?

(Jürgen Gansel, NPD: Jetzt kommen Sie zu Propagandadelikten! Bleiben Sie doch beim Thema! – Weitere Zurufe – Starke Unruhe)

Eine Partei mit solch krimineller Energie, auf deren Listen und in Vorständen sich vorbestrafte Gewalttäter, Volksverhetzer, Urkundenfälscher, Bankräuber, Steuerbetrüger und der Pornografie zuneigende Personen befinden,

(Stefan Brangs, SPD: Saubermänner!)

hat jegliches Recht verwirkt, sich als Speerspitze im Kampf für Recht und Ordnung in der Öffentlichkeit aufzuspielen.

(Beifall bei der Linksfraktion, der CDU, der SPD, der FDP, der GRÜNEN und der Staatsregierung – Jürgen Gansel, NPD: Wir brauchen von Ihnen keine Belehrung!)

Wer wie Sie in einem solchen Glashaus sitzt,

(Jürgen Gansel, NPD: Wir sind nicht für die Mauertötungen verantwortlich, Frau Runge! – Zurufe – Unruhe)

sollte beredt schweigen und nicht mit Steinen nach anderen werfen.

(Beifall bei der Linksfraktion, der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)