In Anbetracht der Fachkräftesituation sind wichtige sozial- und bildungspolitische Maßnahmen wie eine Verringerung der Gruppengröße und Vor- und Nachbereitungszeit schwierig umzusetzen. Das dafür hoch qualifizierte Personal zu finden wird ebenfalls schwierig werden. Allerdings fehlen uns zu einer genauen und aktuellen Prognose noch die Daten. Vom Bericht der Staatsregierung, der hier im Antrag gefordert ist, erhoffe ich mir Klarheit, insbesondere hinsichtlich der Qualifikation des Personals.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die frühkindliche Bildung unserer Kinder ausbauen wollen, dann dürfen wir das Personal und die Wertschätzung des Personals nicht vergessen. Im Gegenteil: Sie legen zusammen mit
den Eltern den Grundstein für die spätere Entwicklung unserer Kinder und damit für unsere zukünftige Gesellschaft.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, Herr Krauß, was Sie vorhin gesagt haben? Sie haben die Erzieherinnenausbildung auf Hochschulniveau, bei der uns andere europäische Länder ein ganzes Stück voraus sind, kleinreden wollen, indem Sie gesagt haben: Andere europäische Länder bilden zum Beispiel auch Frisörinnen – Sie haben „Frisörinnen“ gesagt – auf diesem Niveau aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Koalitionsfraktionen für diesen Antrag danken, denn er bietet die Gelegenheit, über die Kita-Politik von Staatsministerin Orosz zu diskutieren. Wir werden sehen, ob diese Politik wirklich vorausschauend ist.
Der künftige Bedarf an pädagogischen Fachkräften ist ein wichtiges Thema, denn ohne ausreichend vorhandene und gut qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas bleiben unsere Reden zur Qualität in der frühkindlichen Bildung hier an diesem Pult reine Lippenbekenntnisse.
Erinnern Sie sich: Wir GRÜNEN haben recht frühzeitig auf die Probleme und Chancen des Generationswechsels in den Kitas hingewiesen. Wir haben vom Betreuungsschlüssel und der nötigen Vor- und Nachbereitungszeit gesprochen. Schließlich ist der Fachkräftebedarf schon jetzt ein Problem. Viele ErzieherInnenteams sind überaltert. Jedes Unternehmen weiß, dass eine gute Altersmischung Voraussetzung für gutes Betriebsklima, neue Ideen und damit auch für Qualität ist und sich auf den Erfolg auswirkt.
In den nächsten zehn Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehen mit 3 000 Fachkräften knapp ein Drittel und in den nächsten 15 Jahren mit 7 000 gar zwei Drittel der derzeitigen sächsischen Erzieherinnen und Erzieher in den Ruhestand. Bis 2009 prognostiziert das Sozialministerium jährlich bis zu 750 neu ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher mit Fachschulabschluss. Rechnet man allein diese Zahlen hoch – das ist ja noch sehr vage – und stellt darüber hinaus 1 145 Erzieherinnen und Erzieher mit Hochschulabschluss in Rechnung, besteht aus heutiger Sicht kaum Anlass zur Besorgnis um einen Fachkräftemangel. Das könnte man zumindest meinen. Die Zahlen
Erstens. Der Ausbau der Bildung und Betreuung von unter Dreijährigen mit einem Versorgungsgrad von derzeit 34 % auf eine langfristige, bedarfsgerechte Versorgung erfordert erhebliches zusätzliches Personal.
Zweitens. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete diese Woche über den Betreuungsschlüssel in den Kitas. Sie wissen, dass wir den sächsischen Betreuungsschlüssel hier schon vielmals kritisiert haben. Sachsen rangiert mit einem Schlüssel von 6,7 für Krippen auf einem unzureichenden drittletzten Platz. Wir brauchen eine Relation von 1 : 4. Sie ist von Experten empfohlen und wird in Rheinland-Pfalz praktiziert. Im Kindergarten streben wir GRÜNEN, wie Sie aus den letzten Haushaltsdebatten wissen, einen Schlüssel von 1 : 10 an; derzeit haben wir 1 : 13. Was dieser Schlüssel für die Kernzeiten bedeutet, das wissen zumindest diejenigen, die sich damit beschäftigen; denn dann liegt er noch weit höher. Auch an dieser Stelle brauchen wir erheblich mehr Personal.
Drittens. Der Generationswechsel muss dazu genutzt werden, das Qualifikationsniveau der Erzieherinnen und Erzieher deutlich zu verbessern. Nur jede fünfte neue Fachkraft mit Hochschulabschluss – liebe Kolleginnen und Kollegen, das reicht uns bei Weitem nicht.
Aus diesen drei Punkten ergibt sich eine klare Perspektive: In den nächsten 15 Jahren müssen wir mit einem Bedarf rechnen, der weit über dem altersbedingten Ersatz von 7 000 Erzieherinnen in einem Bereich von bis zu 15 000 Fachkräften liegt. Diese Herausforderung ist qualitativ und quantitativ nur mit Fachschulen und Hochschulen gemeinsam zu leisten. Ziel muss es dabei sein, die derzeitigen Ausbildungskapazitäten von 500 Absolventinnen und Absolventen an den Fachschulen zumindest zu halten und mindestens die Hälfte des zusätzlichen Personals an den Hochschulen auszubilden.
Die derzeit geplanten Studienkapazitäten von 100 bis 120 Studienplätzen müssen um ein Vielfaches erhöht werden. Wir wissen, dass die beteiligten Hochschulen schon bei den Studiengängen, die im kommenden Semester starten werden, bei gegebener Nachfrage und personeller Absicherung die Kapazitäten bis auf 200 Studienplätze ausweiten können. Perspektivisch ist eine Ausweitung auf bis zu 500 Studienplätze machbar. Es ist allein eine Frage des politischen Willens.
Der Ball ist also bei Ihnen, Frau Orosz. Verlassen Sie sich beim Generationswechsel in den Kitas nicht vor allem auf die Fachschulen. Wenn Sie eine Qualitätsoffensive wollen – und von der ist ja immer die Rede –, dann nutzen Sie die Riesenchance, die sich mit dem Generationswechsel für die Qualitätsentwicklung in den Kitas bietet. An Fachhochschulen und Universitäten ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher müssen in sächsischen Kitas zur Selbstverständlichkeit werden und nicht zur lobenswerten Ausnahme.
Frau Orosz und meine Damen und Herren von der Koalition, sorgen Sie dafür, dass künftig genügend hoch qualifizierte Fachkräfte in den Einrichtungen zur Verfügung stehen! Sorgen Sie auch für eine gute Betreuungsrelation und für mehr Erzieherinnen und Erzieher mit Hochschulabschluss! Machen Sie Schluss mit einer Kita-Politik, in der kurzsichtiges Sparen noch immer Vorfahrt vor Qualität hat!
Das war die erste Runde. Ergibt sich weiterer Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Staatsministerin Orosz, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der demografische Wandel wird auch in einem der wichtigsten Bereiche unseres Freistaates zu einem Fachkräftemangel führen, nämlich in der Kinderbetreuung. Dabei müssen wir gerade wegen der demografischen Entwicklung die Qualität unserer Kinderbetreuung sichern. Wie stellen wir uns dieser Aufgabe?
Derzeit werden an 21 Fachschulen Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet. Um noch einmal kurz auf Ihren Redebeitrag einzugehen, Frau Herrmann: Ich behaupte hier – und ich denke, das ist auch gegenüber den Tausenden Erzieherinnen und Erziehern im Land gerechtfertigt –, dass sie eine sehr gute, qualifizierte Ausbildung an den Fachschulen bekommen
und dass diese Ausbildung über Deutschland hinaus – auch in den Ländern, die Sie soeben als vorbildlich dargestellt haben – anerkannt wird; denn sie ist besser als anderswo.
Richtig ist auch, dass wir zukünftig Erzieherinnen und Erzieher als Hochschulabsolventen und dafür Studiengänge brauchen. Auch darüber gibt es keinen Streit, sondern diese Dinge sind, wie Sie wissen, schon veranlasst.
Lassen Sie mich nun zur Kernfrage des Antrages kommen. Die Staatsregierung wird aufgefordert, bis zum Ende des I. Quartals 2008 einen Bericht darüber vorzulegen, wie sich der Bedarf an pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen in Sachsen in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird. Der Umfang des Bedarfs an pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen ergibt sich aus der Anzahl der zu betreuenden Kinder. Die Anzahl zu betreuender Kinder hängt einerseits von der Entwicklung der Geburtenzahlen ab und andererseits von der Entwicklung des Betreuungsgrades, also von der Frage: Wie viele Eltern werden sich auch zukünftig entscheiden, ihr Kind in einer Kindertageseinrichtung betreuen zu lassen?
Sowohl die Entwicklung der Geburtenzahlen als auch die Entscheidung der Eltern darüber, ob ihre Kinder in Einrichtungen betreut werden sollen, weisen eine erfreuliche steigende Tendenz auf. Dazu hier schon einige Daten. Die Anzahl von Kindern im betreuungsfähigen Alter ist nach deutlichem Rückgang in den Neunzigerjahren seit dem Jahr 2000 wieder kontinuierlich gestiegen und steigt noch etwa bis – prognostische Zahlen – 2009/2010 weiter an. Ab 2010 ist wieder mit einem sehr allmählichen Rückgang zu rechnen. Geht man von diesen Kinderzahlen aus, würde der Bedarf an pädagogischen Fachkräften von aktuell 17 700 Vollzeitkräften bis zum Jahr 2009 geringfügig steigen bis auf eine Zahl von circa 17 750, das heißt also um 50. Ab 2010 wird das auch wiederum etwas zurückgehen. Im Jahr 2013 wird der Bedarf bei etwa 17 500 Vollzeitkräften liegen. Die Entwicklung in den vergangenen Jahren hat jedoch gezeigt, dass immer mehr Eltern von Kindern insbesondere im Krippenalter die Angebote der frühkindlichen Bildung in den Einrichtungen nutzen möchten. Es ist damit zu rechnen, dass der Personalbedarf dadurch noch etwas weiter ansteigen wird. Genaue Prognosen sind natürlich auch hier schwierig. Ich gehe aber davon aus, dass in Sachsen bereits jedes Kind, dessen Eltern dies wünschen, auch einen Krippenplatz erhalten kann, abgesehen von regionalen Engpässen.
Die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz im Jahre 2013 dürfte die Nachfrage in Sachsen nur unwesentlich erhöhen. Probleme, den Einrichtungen in den kommenden Jahren genügend pädagogische Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, resultieren kaum aus einem weiteren Anstieg der Kinderzahlen, jedoch in einer Verbesserung der in der Tat angekündigten weiteren Qualitätsoffensive. Sie entstehen auch vielmehr aus der Tatsache, dass der Altersdurchschnitt der zurzeit in den Einrichtungen tätigen Erzieherinnen bekannterweise hoch ist und in den kommenden zehn Jahren sehr viele von ihnen ihren wohlverdienten Ruhestand antreten werden. Sie müssen durch junge, gut ausgebildete Fachkräfte ersetzt werden. Ich gehe davon aus, dass Sie sehr aufmerksam die landesweiten Bemühungen diesbezüglich verfolgt haben, den ständig steigenden Anspruch auch an die persönlichen und fachlichen Kompetenzen der in den Kindertageseinrichtungen Tätigen zu erhöhen.
Auch die Staatsregierung unternimmt derzeit wiederum Anstrengungen, unter den gegebenen Rahmenbedingungen der Fach- und Hochschuleinrichtungen sowie durch Fördermittel aus meinem Haushalt die Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte in sächsischen Kindertageseinrichtungen weiter qualitativ voranzutreiben. Dazu ist gerade in der zurückliegenden Zeit viel geschrieben, angefragt und auch beantwortet worden.
Meine Damen und Herren! Das gemeinsame engagierte Handeln aller an der Ausgestaltung einer kinderfreundlichen Atmosphäre in unserem Land Beteiligten ist die allerbeste Grundlage und hilft, den demografischen Auswirkungen mit entsprechenden Maßnahmen zu begegnen.
Danke schön. – Meine Damen und Herren! Gibt es nach den Ausführungen der Ministerin noch Aussprachebedarf? – Das kann ich nicht sehen. Dann kommen wir zu den Schlussworten. Es beginnt die CDU – oder einer für beide oder gar keiner. – Frau Dr. Schwarz, bitte.
Ich denke, es ist auch aus den Ausführungen der Ministerin deutlich geworden, dass wir das Problem erkannt haben. Wir versuchen, diesem zukünftigen Fachkräftemangel zu begegnen. Ich habe schon in meiner Rede gesagt, dass wir über alle Punkte abgestimmt haben wollen, und ich bitte um Zustimmung.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/10730 zur Abstimmung. Es ist der Antrag der Koalition. – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle Einstimmigkeit fest. Danke schön.
Einführung eines modularen Polytechnikunterrichts ab Klassenstufe 7 mit Beginn des Schuljahres 2008/2009
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die polytechnische Bildung ist ein weites Feld. Wir haben uns mit unserem Antrag einen Bereich gewählt, in dem es um eine bessere