Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Günther, Ihr Gesetzentwurf heißt „Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen“. Könnten Sie uns mit wenigen, leicht verständlichen Worten erklären, wo im Einzelnen die Bürokratie vorhanden ist, die dadurch abgebaut werden soll?
Folgendes: Ich bin beispielsweise Grundstücksbesitzer und habe ein Grundstück von 900 Quadratmetern. Darauf wächst ein Baum. Nun möchte ich auf diesem Grundstück, auf dem der Baum wächst, eine Garage errichten. Ich gehe also zur Gemeinde und stelle einen Antrag –
einen Bauantrag – und einen Baumfällgenehmigungsantrag; denn dieser ist nicht im Bauantrag enthalten.
Dann warte ich und warte. Es gibt folgende Möglichkeiten: In größeren Städten gibt es dafür ein Amt, in kleineren Städten entscheidet darüber der Technische Ausschuss.
Wie es oft ist, tagt der Technische Ausschuss nicht jede Woche. Also ist die Realität so, dass der Grundstücksbesitzer lange warten muss, bevor in der nächsten Sitzung des Technischen Ausschusses beschlossen wird, dass dessen Mitglieder vor Ort gehen und nachschauen und in der übernächsten Sitzung darüber entscheiden, ob der Baum gefällt wird. Dies kann in Ausnahmefällen bis zu einem halben Jahr dauern, bevor der Bürger ihn entweder fällen darf oder nicht.
Mit unserem Antrag misst er nach: Ist sein Grundstück so und so groß – oder nicht, und er weiß selbst, ob er einen Antrag stellen muss – oder nicht. Das nenne ich echte Bürokratieentlastung, wenn man nämlich keinen Antrag zu stellen braucht, um dies auf seinem Grundstück zu tun.
Stimmen Sie mit mir überein, dass es auch eine Form von Bürokratieabbau ist, wenn sich die Gemeinde im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung entschließt, die Baumschutzsatzung aufzuheben und gar nicht mehr zur Anwendung zu bringen?
Da wir nicht ausschließen können, dass nicht alle Gemeinden in Sachsen so handeln, brauchen wir unser Gesetz durchaus.
Herr Dr. Hähle, Sie müssten nach unserem Gesetz 101 Quadratmeter verkaufen, wenn ich Ihrer Argumentation folgen soll, denn Adam Ries wird im Erzgebirge groß geschrieben.
Es ist tatsächlich so: Es ist immer das Problem, wenn man eine Grenze einzieht. Diesen Bedenken habe ich auch im Ausschuss schon Rechnung getragen. Aber diesen Bedenken kann man gut begegnen, indem man sagt: Viele Grundstücke sind kleine Grundstücke und besonders die Besitzer von kleinen Grundstücken bewegt diese Frage. Deswegen haben wir diese 1 000 Quadratmeter – auch die Staatsregierung – als Grenze eingezogen.
Unsere geplante Regelung ist auch eine Regelung für mehr Bäume. Viel zu oft ist es so, dass sich Grundstücksbesitzer dreimal überlegen, ob sie einen Baum pflanzen oder – bevor er den Durchschnitt erreicht – umschneiden, weil sie ihn möglicherweise später nicht mehr fällen dürfen,
wenn das Grundstück anders gestaltet werden soll. Dieser Grund, auf das Pflanzen eines Baumes zu verzichten, fiele künftig weg. Die Neuregelung führt zu einer erheblichen Entbürokratisierung – ich habe es eben ausgeführt – und zu Entlastungen für Bürger, Unternehmen und Kommunen. Den Bürokratieabbau haben sich CDU und SPD ja angeblich auf ihre Fahnen geschrieben.
Ich habe es bereits gesagt: Der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Umsetzung der Aktion Paragrafenpranger lässt leider immer noch auf sich warten, übrigens ebenso die Ergebnisse der Bürokratiekostenmessung. Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von SPD und CDU, schwingen wir nicht nur große Reden, sondern handeln und bringen Gesetzentwürfe ein, sei es unser Gesetzentwurf zum Reiten im Wald oder unser Antrag zur Sonntagsöffnung von automatischen Autowaschanlagen und Videotheken.
Das sind alles Vorschläge der Bürger zum Paragrafenpranger, die wir umsetzen wollen. Sie schaffen es, die Verordnung zur Herausgabe von Schülerzeitschriften abzuschaffen.
Deshalb reagieren wir Liberalen und greifen der Staatsregierung wieder einmal mit unserem 1. Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen unter die Arme,