Doch nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Herr Dr. Pellmann, Sie haben in Ihrer Einbringungsrede betont darauf verwiesen, dass dieser Gesetzentwurf nicht am grünen Tisch entstanden ist, sondern mit Hunderten von Betroffenen
abgestimmt worden sei. Man konnte sich in der Anhörung des Eindruckes nicht erwehren, dass diese Masse von Befragten eben doch keinen repräsentativen Querschnitt ausmachte, sondern weitgehend Ihrer politischen Klientel entstammte. Nur so ist erklärbar, dass aus den Reihen der Experten, die fast nur aus persönlich Betroffenen bestanden, solch massiver Widerspruch hervorging. Ich meine hier nicht nur die verständlichen, aber auch reflexartigen Widerstände der Vertreter des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und des Sächsischen Landkreistages, die sich an den von Ihnen nicht quantifizierten Mehrkosten dieses gesetzlichen Regelungsvorschlages reiben oder darin einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung ausmachen.
Kaum ins Gewicht fällt dabei ein falscher Zahlenansatz, der Ihrem Gesetzentwurf besonderen Nachdruck verleihen sollte. Sie behaupten, dass ab 2020 jeder zweite in Deutschland lebende Mensch über 60 Jahre alt sein wird. Verlässlichere Statistiken sprechen allerdings davon, dass erst 2030 jeder Dritte über 60 Jahre alt sein wird. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, stellt aber nicht infrage, dass uns die Alterung unseres Volkes vor völlig neue Aufgaben stellen wird.
Der Ansatz unserer Kritik an Ihrem Gesetzentwurf, den wir mit den Kritikern in der Anhörung teilen, liegt im Menschenbild meiner Partei, der NPD, begründet.
Wir vertreten die Auffassung, dass eine Volksgemeinschaft nicht aus verschiedenen Gruppierungen mit widerstreitenden Interessen besteht, die über ein grassierendes Beauftragtenunwesen Klientelpolitik und Lobbyismus betreiben, sondern aus einem natürlich gewachsenen Volkskörper, dessen Generationen sich harmonisch ergänzen sollen.
Senioren sind keine Sondergruppe wie Jugendliche, Frauen, Migranten, gleichgeschlechtliche Sexualmutanten oder Drogenfixer, –
– die nicht für ihre eigenen Interessen eintreten können. Wir werden daher das von Ihnen bevorzugte Sonderbeauftragtenunwesen und die damit verbundene gesetzliche Regelungswut nicht mittragen, da wir der Auffassung sind, dass Senioren, die aus allen Schichten der Bevölkerung kommen, selbst in der Lage sind, ihre Interessen zu artikulieren und zu vertreten.
Ansonsten haben in einer Parteiendemokratie die Parteien die Interessen aller Menschen – also auch die der Senioren – angemessen zu wahren.
Dies werden sie umso stärker tun, als immer mehr alte Menschen wahlberechtigt sind und die Politik daher ohnehin auf diese zugehen muss. Die zunehmende Überalterung, das spätere Renteneintrittsalter und die erheblich geringeren Renten werden sowieso dazu führen, dass wir uns in Zukunft stärker wieder der Fähigkeiten, Potenziale, Stärken und Erfahrungen der älteren Generation bedienen müssen.
Der heutzutage grassierende Jugendwahn wird in nicht allzu ferner Zukunft einem ganzheitlichen Ansatz weichen, bei dem sich ältere Menschen länger im Bereich der Wirtschaft, Kultur, Gesundheit, der Selbsthilfe sowie der Unterstützung der Pflegebedürftigen einbringen. Bis dahin, bis also in Deutschland wieder ein ganzheitliches Menschenbild mit einem daraus erwachsenden generationsübergreifenden Engagement Früchte tragen kann, kann Ihre Partei die auf Bundesebene in Auflösung begriffenen Grauen Panther ablösen und sich danach zum fünften Mal umbenennen. Wie wäre „Die ergraute Linke“?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Reaktion auf das eben Gehörte überlasse ich Ihnen von links.
Auf alle Fälle! – An die Einreicher: Eine Demokratie wird nicht wehrhafter, je mehr man sie institutionalisiert, oder anders gesagt: Mehr Institution schafft nicht automatisch mehr Demokratie.
Mit diesem Gesetzentwurf wird eines klar, so scheint es: Die Linksfraktion traut unseren Kommunen und unseren Senioren wenig zu. Eine übergeordnete Instanz soll etwas regeln, was eigentlich vor Ort besser angesiedelt ist und auch vor Ort entschieden werden kann. Kommunen haben bisher die Möglichkeit, Beiräte einzurichten. Auf dieser Grundlage haben sich auch in vielen Orten Sachsens Seniorenbeiräte gegründet, und sie arbeiten, wie beispielsweise hier in Dresden, gut mit der Stadt zusammen. Wir haben gehört, dass dies nicht überall so gut funktioniert. Doch wird das Problem gelöst, wenn der Freistaat den Kommunen eine Seniorenvertretung aufdrängt und sie in ein enges bürokratisches Korsett zwängt? Ich glaube nicht. Was nicht vor Ort gelebt und unterstützt wird, ist nicht erfolgreich, und ich denke, wir alle wollen, dass Seniorenmitwirkung erfolgreich sein soll.
Wenn in verschiedenen Landkreisen Probleme auftreten, dann können und sollten sie auch in diesen Landkreisen gelöst werden. Zur Erinnerung: In drei Monaten, im Juni dieses Jahres, finden die Kreistagswahlen statt. Dort kann die Mitwirkung von Senioren durchaus zum Thema
(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und Beifall des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)
Mitwirkung funktioniert nicht nur über Beiräte und Beauftragte. Senioren können und sollen auch konkret als Stadt- und Kreisräte unsere Kommunen mitgestalten können. Kurz: Senioren sind Wähler und auch Kandidaten, anders als beispielsweise Kinder und Jugendliche. Darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen, wenn im Beauftragtenwesen immer diskutiert wird. Senioren können eben aktiv Politik mitgestalten oder eben dies passiv nicht tun.
Statt eines bürokratischen Gesetzes, wie es der Gesetzentwurf der Linksfraktion hier darstellt, will die FDP mehr Freiheit für Senioren, um sich zu engagieren. Ich halte es persönlich für besser, ganz konkrete Hindernisse für Seniorenmitwirkung abzubauen, anstatt etwas vorzuschreiben. Unserer Meinung nach war es beispielsweise viel entscheidender, bei ehrenamtlichen Ortsvorstehern die Altersgrenze abzuschaffen, statt überall Seniorenbeauftragte zu benennen.
Wir als FDP haben dafür gesorgt, dass diese diskriminierende Altersgrenze abgeschafft wird; denn damit können unsere rüstigen und kompetenten, aber nicht mehr ganz so jungen Kommunalpolitiker weiterhin ihr Ehrenamt ausüben und das Leben in ihrer Kommune gemeinsam mit den Gemeinderäten gestalten. Dies halte ich für deutlich besser als das Seniorenmitwirkungsgesetz.
Ich gestehe Ihnen von der Linksfraktion zu: Es war gut gemeint; aber gut gemacht wäre eben besser gewesen. Dies gilt auch für die Regelungen für die Landesseniorenvertretungen und den Landesseniorenbeirat. Beide sind getrennt voneinander mit ganz spezifischen Aufgaben ausgestaltet. Eine Stärkung der Seniorenmitwirkung findet dadurch jedoch nicht statt. Sie wird bürokratischer, es kommt zu Überschneidungen der Kompetenzen und die Gremien werden aufgebläht. Damit wird Seniorenvertretung nicht besser, sondern schwerfälliger.
Ich hatte gehofft, dass die Linksfraktion nach der Anhörung noch einige der Änderungsvorschläge der Sachverständigen ernst genommen hätte, doch dies ist leider nicht der Fall.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicher ist das Grundanliegen – die Förderung der Seniorenmitwirkung – nur zu unterstützen; doch der vorliegende Gesetzentwurf ist dazu kein geeigneter Beitrag. Wir werden ihn deshalb ablehnen müssen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNE-Fraktion begrüßt das Anliegen des Gesetzentwurfes, die Mitwirkungsrechte für Seniorinnen und Senioren im vorparlamentarischen Raum zu stärken. Ich sage es gleich: Wir teilen aber nicht den Weg, den die Linksfraktion vorschlägt.
Was kritisieren wir im Einzelnen? Ich möchte Ihnen das anhand eines Bildes vor Augen führen. Die Seniorenmitwirkung spannt sich derzeit wie ein buntes und lebendiges Gewebe über das ganze Land Sachsen. Ja, es ist wahr, der Stoff hat an einigen Stellen Löcher, nämlich dort, wo es keine Seniorenvertretungen oder -beiräte gibt.
Deshalb ist es unsere gemeinsame Aufgabe, darauf zu dringen, dass es nach der Gebietsreform keinen Großkreis ohne Seniorenvertretung mehr gibt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses bunte Bild des Gewebes Seniorenmitwirkung ergibt sich, weil die Formen der Vertretung in Sachsen so vielgestaltig sind wie die Frauen und Männer, die sich dort engagieren.
Der Vorschlag der Linksfraktion hat dagegen ein einheitlich gefärbtes Bild zum Ziel. Ihr Vorschlag ist dem Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz entnommen. Dort passt er vielleicht, weil es sich um eine Stadt mit einer relativ einheitlichen Struktur handelt. In Sachsen, einem Flächenland mit Stadtzentren und dicht und dünn besiedelten Räumen, passt er eben nicht.
Mit dem Gesetzentwurf sollen die Mitwirkungsrechte gestärkt werden, indem man sie institutionalisiert. Das bedeutet, dem Land wird eine einheitliche Struktur übergestülpt: kommunale Seniorenvertretungen und Seniorenbeauftragte und auf der Landesebene ein Dreiergespann aus Landesseniorenvertretung, Landesseniorenbeirat und Landesseniorenbeauftragten. Um nicht aus dem Tritt zu kommen und um im Bild zu bleiben setzt das voraus, dass die einzelnen Akteure, die im Gesetzentwurf vorgeschlagen werden, eine gemeinsame Gangart finden. Aber eine Antwort auf die Frage, wie diese Gemeinsamkeit hergestellt werden soll, wie diese Strukturen zusammenarbeiten sollen, sucht man in Ihrem Gesetzentwurf vergeblich.
Beauftragte und Vertretungen agieren nebeneinander. Ihr Gesetz sieht weder kommunal noch auf Landesebene eine – wie auch immer geartete – Mitgliedschaft der Beauftragten in den Vertretungen vor. Der Landesbeauftragte und der Landesseniorenbeirat agieren ebenfalls nebeneinander.
Herr Dr. Pellmann, hier haben Sie meine Kritik falsch verstanden. Ich habe nicht gesagt, wir brauchen nur eine Vertretung auf Landesebene, sondern ich habe gesagt, die Verbindung zwischen diesen beiden Vertretungen muss geschaffen werden. In Ihrem Gesetzentwurf ist keine
Mitgliedschaft des Beauftragten im Landesseniorenbeirat vorgesehen. Die Verbindung zwischen Landesseniorenvertretung und Landesseniorenbeirat, wie Sie sie vorgesehen haben, entspricht eben nicht unserer Vorstellung von aktiver Beteiligung der Senioren.
Ihr Gesetz sagt, dass die Landesseniorenvertretung Mitglieder in den Landesseniorenbeirat entsendet. Das ist aber heute auch schon so. Und in der Anhörung wurde gerade kritisiert, dass eine ausreichende Repräsentanz der kommunalen Seniorenvertretungen im Landesseniorenbeirat durch Ihren Gesetzentwurf eben nicht sichergestellt ist. Das Verhältnis im Entwurf ist 5 : 26 bzw. 29.
Das heißt, die kommunalen Seniorenvertretungen spielen dadurch eine geringfügigere Rolle. Gerade dort, in den kommunalen Vertretungen findet eine aktive Beteiligung statt. Dort werden Ideen entwickelt. Dort fallen die Probleme auf, die es gibt.