Protocol of the Session on February 25, 2005

Für die kommenden Jahre rechne ich mit einer Entspannung am Ausbildungsmarkt aufgrund zurückgehender Schulabgängerzahlen und einer weiter steigenden Ausbildungsleistung einer sich dynamisch entwickelnden sächsischen Industrie. Gleichzeitig wird diese Entspannung wegen der weiter zunehmenden Nachfrage von Altbewerbern vorerst nur verhalten ausfallen. Die wesentlichen Ansätze unserer künftigen Politik dazu sind: die angemessene Fortführung der Ausbildungsförderung, das Engagement für zusätzliche Ausbildungsplätze, die Erhöhung der Bereitschaft zur dualen Ausbildung, die Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit bei der Versorgung junger Arbeitsloser mit Angeboten und die Weiterentwicklung des dualen Prinzips Kammerabschluss bei vollzeitschulischer Ausbildung. Diese Ansätze sind so auch im Koalitionsvertrag vereinbart.

Damit zukünftig alle jungen Menschen eine berufliche Perspektive haben, wird die Staatsregierung auch in den kommenden Jahren die Ausbildungsförderung angemessen fortsetzen. Das Kollegium Lehrstellen und Fachkräfte hat uns empfohlen, aufgrund guter Evaluierungsbefunde die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Verbundausbildung zu forcieren. Ich habe heute den Hinweis eines Abgeordneten wohlwollend zur Kenntnis genommen. Wir werden also daran festhalten und das fortsetzen.

Weiterhin ist es ein zentrales Anliegen der Staatsregierung und unserer Partner, die steigende Zahl der Altbewerber abzubauen. Auch hierüber haben wir, völlig zu Recht, gründlich diskutiert. In diesem Jahr lag der Anteil an diesen Bewerbern immerhin bei 46,1 %. Hier, meine

Damen und Herren, besteht wirklich dringender Handlungsbedarf. Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen und werden dieses Problem auch künftig aktiv angehen. Dazu hat uns das Kollegium empfohlen, den Unternehmen einen finanziellen Anreiz zu geben, Altbewerber aus verschiedenen berufsvorbereitenden und schulischen Maßnahmen direkt in eine reguläre Ausbildung zu übernehmen. Darüber hinaus haben wir bereits im letzten Jahr eine Evaluation in Auftrag gegeben, die uns mehr Informationen über die Zielgenauigkeit und Effizienz aller staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sowohl der Arbeitsagenturen wie auch der sächsischen Berufsschulen bringen soll.

Auf der Basis der etwa im April vorliegenden Ergebnisse werden wir weitere Maßnahmen gemeinsam mit unseren Partnern des Kollegiums „Lehrstellen und Fachkräfte Sachsen“ initiieren. Die gemeinsamen Anstrengungen, allen sächsischen Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu geben, werden auch in Zukunft fortgeführt werden müssen. Ich bin sicher, dass unsere Partner auch künftig engagiert mit uns kooperieren werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gestatte mir am Schluss meiner Rede, allen Unternehmerinnen und Unternehmern, ob Handwerksbetrieben, Industrieunternehmen oder freien Berufen, zu danken, dass sie Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt haben. Dies ist oftmals unter schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen geschehen. Herzlichen Dank an die in der Wirtschaft Tätigen. Gleichsam bedanke ich mich auch für die sehr gute Zusammenarbeit, die ich zumindest als frisch gebackener Wirtschaftsminister bereits jetzt im Kollegium Lehrstellen und Fachkräfte erfahren habe. Hier sind die wichtigsten Partner vertreten. Der Vorsitzende des Kollegiums ist bekanntlich der IHK-Präsident des Kammerbezirkes Dresden; wir haben die Partner vom DGB, von den Handwerkskammern, der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft mit am Tisch. Gemeinsam mit den Arbeitsagenturen und den Akteuren in der Wirtschaft sind wir in Sachsen, glaube ich, auf einem guten Weg, der schwierigen, zukunftsgerichteten Aufgabe der zukünftig noch besseren Bereitstellung von betrieblichen Lehrstellen voranzuhelfen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS und den GRÜNEN)

Danke schön. – Das war die erste Runde der Aussprache. Hat jemand das Bedürfnis, eine zweite Runde zu eröffnen? – Das ist gut so. Dann kommen wir zu den Schlussworten. Wir haben derer zwei. Es beginnt die Koalition. Haben Sie sich geeinigt, wer es hält? Herr Lämmel, Sie haben 5 Minuten. Sie dürfen auch kürzer sprechen.

Eigentlich ist alles vielmals gesagt worden. Ich wollte nur noch einmal auf Kollegin Klinger aus Chemnitz, PDS-Fraktion, eingehen. Wenn Sie beklagen, dass überall geparkt wird in Form von BGJ und Einstiegsqualifizierung, sage ich noch einmal deutlich, dass es auch eine Verantwortung der jungen Leute gibt. Jemand, der die Schule schon nicht ernst nimmt und mit schlechten Ergebnissen aus der Schule kommt,

kann auch keinen Anspruch erheben, dass er sofort einen hervorragenden Ausbildungsplatz bekommt.

(Widerspruch bei der PDS)

Meine Damen und Herren, das BGJ und auch die Einstiegsqualifizierung sind Chancen für junge Leute, die es bisher aus verschiedenen Gründen noch nicht geschafft haben, Fuß zu fassen und zu zeigen, dass sie gut sind und etwas können, und vor allem zu zeigen, dass sie wollen. Das muss ich noch einmal ganz deutlich sagen. Es gibt immer diese beiden Seiten, die man betrachten muss.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Noch ein Wort an den öffentlichen Dienst, meine Damen und Herren. Der öffentliche Dienst ist dieses Jahr durch Innovation aufgefallen. Man soll's nicht fassen. Dort wurden neue Berufsbilder kreiert. Es besteht die Hoffnung, dass der öffentliche Dienst gerade für diese neuen Berufsbilder junge Leute übernehmen wird. Das ist der Weg, wo wir hin müssen, nämlich zu neuen Berufen, neuen Berufsinhalten, die in die Zukunft weisen.

Meine Damen und Herren, wir haben das Thema heute umfassend erörtert. Wir werden weiter dranbleiben. Ich möchte Ihnen damit sagen, dass der Antrag von CDUund SPD-Fraktion mit der heutigen Debatte für erledigt erklärt wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Das zweite Schlusswort hält Herr Zais.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lämmel, ich muss doch gleich reagieren. Sie waren so realistisch in Ihrem Beitrag, und wir waren alle daran interessiert, den Beginn einer neuen Ausbildungsplatzoffensive voranzubringen und jetzt zeigen Sie sich so kleinkariert. Meine Kollegin hat doch eindeutig gesagt – und da liegt der Widerspruch –, die Lage hat sich nicht entspannt. Wenn bei hohen Steigerungsraten der Industrie in Sachsen von 10 bis 12 %, auf die Sie letztens so stolz waren, nur 0,1 % Steigerungsrate bei den Ausbildungsplätzen herauskommen, dann ist das die große Differenz, dann ist das der Punkt, den sie berechtigt angesprochen hat. Und deshalb, Herr Minister, auch ein Wort zu Ihnen. Ich sehe es wie Sie und danke allen, die sich in diese Ausbildungsoffensive eingebracht haben, um Jugendlichen eine Perspektive zu geben, aber wie Sie es ausdrücken, ist es für mich einfach zu optimistisch. Wir haben 56 000 Jugendliche und nur 25 000 betriebliche Ausbildungsplätze. Unsere Anstrengungen sind weiter zu erhöhen. Deshalb kann ich Ihren Ausführungen nicht zustimmen, wenn Sie sagen, dass alle Jugendlichen in eine Maßnahme gebracht wurden. Wir sollen sie nicht in Maßnahmen bringen, sondern ihnen Ausbildungsplätze, eine Perspektive geben. Das sei noch kritisch hinzugefügt.

Ich habe die Bitte, dass der Ausschussvorsitzende oder auch der Herr Minister regelmäßig und auch unaufgefordert über die Ergebnisse des Kollegiums Lehrstellen und

Fachkräfte Sachsen im Wirtschaftsausschuss berichten. Das wäre uns sehr wichtig. Gleiche Erwartungen haben wir für die angekündigte Evaluation des Gesamtsystems durch die Regionaldirektion Sachsen, die für April angekündigt ist. In dem Sinne sehen wir unseren Antrag für erledigt an. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ging ja jetzt recht schnell. Beide Anträge sind für erledigt erklärt worden und demzufolge ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Studiengebühren an sächsischen Universitäten und Hochschulen

Drucksache 4/0630, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen wie gewohnt Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, PDS, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. – Herr Abg. Gansel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der sächsischen Blockparteien! Ich möchte vorausschicken, dass wir unseren Antrag auf Studiengebühren gern zusammen mit dem diesbezüglichen Antrag der PDS unter einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst hätten, um die Debatte zu verkürzen. Aufgrund der parteipolitischen Borniertheit der PDS geschah dies nicht, so dass ich unsere Position, auch wenn das die Zeit etwas strapaziert, in diesem Tagesordnungspunkt kurz umreißen möchte.

Wir haben unseren Antrag auf Gebührenfreiheit eines Erststudiums an Hochschulen und Fachhochschulen im Freistaat Sachsen gestellt, weil es für uns Nationaldemokraten unvereinbar mit dem Anspruch sozialer Gerechtigkeit ist, die Aufnahme eines Studiums künftig von der sozialen Herkunft des Studierenden abhängig zu machen. Das würde – und über diese Konsequenz darf kein Zweifel bestehen – auf ein Zwei-Klassen-Bildungssystem hinauslaufen, das wir rundweg ablehnen.

Studiengebühren wären grob unsozial und ein Rückschritt in eine Zeit, in der Bildung noch kein selbstverständliches Allgemeingut, sondern das Privileg einiger Begüterter gewesen ist. Das Recht auf gleiche Bildungschancen einschließlich des Hochschulstudiums gehört zu den größten Errungenschaften der deutschen Bildungsgeschichte und darf auch in der heutigen Zeit unter keinen Umständen zur Disposition gestellt werden.

Meine Fraktion empfindet es deshalb als besonders alarmierend – –

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS steht am Mikrofon.)

Herr Porsch, Sie möchten doch sicherlich auch relativ zeitig ins Wochenende kommen, ich möchte das auch. Deswegen werde ich meine Rede jetzt zu Ende halten.

Herr Gansel, bitte, ich stelle die Frage: Möchten Sie eine Zwischenfrage gestatten?

Nein. Ich gehe davon aus, dass wir alle einigermaßen zeitig ins Wochenende kommen wollen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Ich will für mein Geld arbeiten!)

Herr Porsch, das ist eine seltene Form der Fleißigkeit Ihrerseits, aber sparen Sie sich bitte trotzdem den rhetorischen Aufwand. – Danke.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Meine Fraktion empfindet es aus den eben genannten Gründen als besonders alarmierend, dass wir ausgerechnet in einer Zeit, die ansonsten so viel auf ihre demokratischen Errungenschaften hält, mit Studiengebühren wieder in die bildungspolitische Steinzeit zurückzufallen drohen. Nun wird von vielen Seiten argumentiert: Hochschulgebühren müssten sein, denn die Hochschulen brauchten Geld. Natürlich brauchen die Hochschulen Geld. Sie brauchen sogar viel Geld. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass an den Hochschulen schon seit vielen Legislaturperioden und über alle Parteigrenzen hinweg geradezu in verbrecherischer Art und Weise gespart wurde. Wenn die Lage an unseren Universitäten, auch hier in Sachsen, derart katastrophal ist, dann doch nicht deswegen, weil noch keine Studiengebühren erhoben worden sind, sondern weil seit Jahren von den Altparteien eine rabiate Sparpolitik im Hochschulsektor betrieben wird. Da wären Studiengebühren bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Selbst wenn die Studiengebühren wirklich unmittelbar den Bildungseinrichtungen zugute kämen, wäre in den nächsten Jahren – dafür braucht man nicht viel hellseherische Fähigkeiten – eine Haushaltskürzung nach der anderen angebracht. Hier auf dem Rücken der Studierenden Flickschusterei zu betreiben ist verantwortungslos. Denn man muss sich ja die Situation der Betroffenen vor Augen führen. Mit der Einführung von Studiengebühren wird dafür gesorgt, dass ein 25-jähriger Berufsanfänger mit Hochschulabschluss bereits mit einem gewaltigen Schuldenberg in sein Berufsleben einsteigen würde; eine unglaubliche Hypothek auch im sprichwörtlichen Sinne.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Sogar die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, die sich ausdrücklich für die Einführung von Studiengebühren stark macht

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

und deswegen zu geschönten, das heißt zu niedrigen Zahlen neigt, hat ausgerechnet, dass ein durchschnittlicher Student künftig während seines Studiums rund 15 500 Euro an Gebühren hinlegen müsste. Aber das auch nur, wenn er die Regelstudienzeit nicht überschreitet und keine einzige Lehrveranstaltung wiederholen muss, weil er zum Beispiel krank wird. In der Realität wird die finanzielle Belastung eines Studierenden aber weit über den 15 500 Euro liegen, von denen die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ausgeht.

Nun ist es ja nicht so, dass Hochschulgebühren ein Naturgesetz wären. Es ist vielmehr eine klare politische Entscheidung seitens der Länderregierungen, Studiengebühren einzuführen oder Studiengebühren abzulehnen.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Sachsen zu den unionsgeführten Ländern gehört, die in Karlsruhe gegen das Verbot von Studiengebühren geklagt haben. Vor diesem Hintergrund sehen Sie es mir sicherlich nach, dass ich den Anti-Gebühren-Beteuerungen, die wir vorhin unter Tagesordnungspunkt 5 gehört haben, keinen allzu großen Glauben schenke. Wer schon nach Karlsruhe zieht, um gegen das Verbot von Studiengebühren zu klagen, der wird bei der erstbesten Gelegenheit – Beteuerungen, die wir heute gehört haben, hin oder her – diese Studiengebühren zulasten der Studierenden auch einführen.

Mit diesen Studiengebühren, die in Sachsen sicherlich bald eingeführt werden, wird ein unguter Weg der Privatisierungspolitik auch auf hochschulpolitischem Gebiet eingeschlagen.

Wie kommen wir denn überhaupt dazu, plötzlich von Hochschulen zu fordern, sie müssten kostendeckend oder gar gewinnbringend arbeiten? Wie kommen wir denn dazu, die Hochschulen plötzlich in eine irrsinnige Konkurrenzsituation hineinzukatapultieren?

Glaubt man denn wirklich, dass die Universitätslandschaft dadurch besser würde, dass man Professoren nach irgendwelchen seltsamen Leistungskriterien bezahlt und die Studenten in ihrer vorlesungsfreien Zeit noch zum Kellnern oder an die Supermarktkassen zwingt?