Protocol of the Session on November 11, 2020

Am Ende trägt das Gesundheitsamt vor Ort die Verantwortung und diese nimmt es auch wahr. Aber wenn es überlastet ist und diese Kontaktnachverfolgung und diese individuelle Auswertung nicht mehr machen kann, dann kommt es natürlich zu Klassenschließungen, dann kommt es zur Schließung ganzer Jahrgänge bis hin zu Schulschließungen, die wir auch bereits erlebt haben. Deswegen war es wichtig, diese Diskussion zu führen und diesen Weg genauso zu gehen, wie wir - Bildung und Gesundheit das gemeinsam getan haben.

(Beifall von der SPD.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen. Der Schutzschirm aus Gesundheits- und Arbeitsschutz ist das eine. Wir brauchen auch einen Schutzschirm aus pädagogischen Maßnahmen. Da

(Ministerin Streichert-Clivot)

fehlt mir tatsächlich im Moment - das sage ich Ihnen als Bildungsministerin ganz offen - auch einmal die Debatte.

Die würde ich mir nämlich wünschen. Ich würde mir wünschen, dass wir viel stärker darüber diskutieren, wie wir den Schulsozialarbeiterinnen, den Menschen in der Sprachförderung, den multiprofessionellen Teams einen guten Zugang zu den Schülerinnen und Schülern erlauben. Wie können wir den Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung, wie er im Koalitionsvertrag des Bundes umgesetzt wird, endlich einmal aufs Gleis setzen und entscheiden?

Wie können wir - das ist gesagt worden - inklusive Bildung trotz Pandemie umsetzen? Wie organisieren wir den Einsatz der Förderschullehrkräfte auch in einer Pandemie, wo wir personelle Engpässe haben? Wie organisieren wir die Mitbestimmung und Einbindung der Schülerinnen und Schüler und der Eltern vor Ort? Auch das wird durch die Pandemie eingeschränkt. Und natürlich: Wie organisieren wir den digital gestützten Unterricht? Das eine ist die technische Ausstattung, aber das andere ist auch das Leben all dieser bildungspolitischen Angebote im Unterricht in der Schule. Darauf kommt es doch an.

Wichtig ist mir, all das braucht Menschen, die mit Begeisterung bei der Arbeit sind, die die Begeisterung, die sie in sich tragen, auch bei den Kindern und Jugendlichen entfachen. Das schafft Zukunftsperspektive, nicht Angst, nicht Stress, nicht Diskussionen um den richtigen Weg, sondern die eigene Überzeugung schafft Zukunftsperspektive. Jeder von uns, ob hier in der Schule oder in der Kita, kann in der Diskussion mit jungen Menschen dazu beitragen und ihnen damit eine Zukunftsperspektive geben. Das ist mir sehr wichtig. Das heißt, wir sind doch alle dazu aufgerufen, uns einzubringen und den Weg, den diese Landesregierung beschreitet, mit aller Kraft zu unterstützen.

Ich habe von einem Großteil dieses Parlamentes in dieser Debatte diese Unterstützung wahrgenommen, auch in den letzten Wochen und Monaten. In diesem Sinne kann ich Ihnen allen nur ein herzliches Glückauf wünschen. Machen wir weiter so!

(Zuruf aus der SPD: Bravo! - Beifall von den Re- gierungsfraktionen. - Anhaltender Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verwaltung weist mich gerade darauf hin, dass auf der Redeanzeige gestanden hat, die Ministerin habe unbegrenzte Redezeit. Es gibt natürlich ein festes Kontingent auch für die Landesregierung. Frau Ministerin Streichert-Clivot hat ihr Kontingent um 10 Minuten 34 Sekunden überzogen.

Diese Redezeit steht nun allen Fraktionen zur Verfügung. Wer sie in Anspruch nehmen möchte, den bitte ich um Wortmeldungen.

(Sprechen.)

Es liegt eine Wortmeldung vom Fraktionsvorsitzenden Dörr vor. Sie wird mir gerade gebracht. Ich erteile Herrn Fraktionsvorsitzenden Dörr das Wort.

(Sprechen bei der SPD.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es jetzt nicht übertreiben. Ich habe aber die ganze Zeit schon gesehen, dass die Ministerin ihre Redezeit überschritten hat. Ich hätte es nicht angemahnt, aber wenn ich jetzt die Gelegenheit habe, etwas zu sagen, möchte ich einen Satz sagen, der mir eben wichtig war. Die Ministerin hat gesagt, ich hätte empfohlen, dass die Schulleitungen es locker nehmen. Das habe ich nicht getan. Ich habe gesagt, sie sollen nicht übertrieben streng sein. Ich bitte wirklich darum, das ein bisschen genauer zu nehmen. Am Anfang dachte ich, es werde an mich appelliert, ich solle mich bekehren. Dazu muss ich etwas sagen. Ich war 45 Jahre in der Schule. Davon habe ich 40 Jahre keinen einzigen Tag wegen Krankheit gefehlt, keinen einzigen Tag! In meinen Schulen war die Fehlquote der Lehrer ganz niedrig. Auch die Fehlquote der Schüler war so niedrig, dass die Schulaufsicht mich gebeten hat, den Schulleiterkollegen und -kolleginnen zu erklären, wie ich das mache, dass es so klappt.

(Abg. Renner (SPD) : Kommen Sie doch mal in die Jetzt-Zeit!)

Ich habe mir also nichts vorzuwerfen. Ich bin ein leidenschaftlicher Vertreter von Schule und habe Schule gelebt. Ich kann den Appell nur unterstreichen, aber er kann nicht an mich oder an die AfD gerichtet gewesen sein. - Danke schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen weitere Wortmeldungen vor. - Das Wort hat nun Herr Fraktionsvorsitzender Ulrich Commerçon für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege, Sie tragen noch Ihre Maske!

(Ministerin Streichert-Clivot)

Das geht mit Maske oder ohne, ich bin immer laut genug! Ich will nur zwei Sätze sagen: Da hat einer von gestern geredet und eine hat von der Zukunft geredet. Dafür möchte ich im Namen der SPD-Fraktion dir, liebe Christine, ein herzliches Dankeschön sagen. Ich glaube, das tue ich im Namen aller Vernünftigen hier in diesem Hause. Vielen Dank dafür. Es war großartig. Die 10 Minuten länger haben sich gelohnt!

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun der fraktionslose Abgeordnete Lutz Hecker. Es stehen dem Kollegen 1 Minute und 30 Sekunden Redezeit zu. Das klären wir doch lieber vorher ab.

In den 90 Sekunden möchte ich doch noch ein paar Sätze zu dem Thema, zu der Debatte sagen. Am 28. September 1717 hat Friedrich Wilhelm I - insofern ist das doch Vergangenheit, Herr Kollege Commerçon ‑,

(Abg. Renner (SPD) : So weit zurück? - Das schafft noch nicht einmal der Dörr! - Abg. Roth (SPD) : Jetzt hast du den Sepp getoppt! - Heiterkeit und Lachen)

die allgemeine Schul- und Unterrichtspflicht in Preußen eingeführt. Das war damals ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in Deutschland, in Europa und in der Welt. Preußen war damit einer der ersten Staaten mit Anspruch auf eine allgemeine Volksbildung, mehr als 100 Jahre vor Frankreich und weit vor England. Es war auch rund 100 Jahre, bevor große Teile des Saargebietes zu Preußen geschlagen wurden. Heute möchte also der Kollege Dörr die allgemeine Schulpflicht wieder abschaffen. Ich kann Ihnen dazu nur so viel sagen: Das ist definitiv keine AfD-Politik, das basiert auf keinerlei Beschlusslage der AfD.

(Abg. Renner (SPD) : So geht’s unter Rechten!)

Ganz sicher kann man darüber diskutieren, wie die Verordnungen umgesetzt werden, insbesondere in Bezug auf die Maskenpflicht für unsere Kinder. Das ist überhaupt kein Thema, darüber soll und muss man diskutieren, die Schulpflicht jedoch kann in diesem Zusammenhang nicht zur Debatte stehen. Vielen Dank.

(Abg. Renner (SPD) : Der linke Flügel der AfD! Lachen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion Drucksache 16/1488. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Danke schön. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1488 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 16/1495. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Danke. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1495 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion DIE LINKE und die fraktionslose Kollegin Dagmar Ensch-Engel. Enthalten haben sich die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Hecker.

Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von dem fraktionslosen Abgeordneten Lutz Hecker eingebrachten Antrag betreffend: Euro 7 - Pläne der EU-Kommission stoppen - einseitige Fixierung auf ÖPNV beenden - Automotive-Sektor im Saarland Überleben ermöglichen

(Drucksache 16/1489)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Abgeordneten Lutz Hecker das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Saarländer sehen laut Saarlandtrend die schwierige Wirtschaftslage als wichtigstes Problem, dessen sich die Landespolitik annehmen muss. EU-, Bundes- und Landesregierung betreiben dagegen jedoch eine Politik, die einen Strukturwandel unserer Wirtschaft erzwingt, bei dem zwar klar ist, was zerstört wird, welche Wertschöpfung verlorengeht, bei dem aber keineswegs klar ist, was und wie Neues entstehen soll, das das Alte ersetzen kann. Gerade die Tatsache, dass Sie, Frau Ministerin, sich in diese Sendung mit FFF setzen, die erheblich einseitig von Lastenfahrrädern und Ähnlichem geprägt war und eben aus meiner Wahrnehmung sehr offensiv die Abkehr vom motorisierten Individualverkehr als wünschenswert darge

stellt hat, trägt ganz sicher nicht zu einer Versachlichung der Diskussion bei.

Was glauben Sie denn, wie ein Arbeiter von Bosch, ZF, Ford oder den vielen anderen das sieht, der in den letzten Jahren viele Kollegen gehen gesehen hat, deren Arbeitsplätze eben nicht mehr besetzt wurden? Alle diese Firmen leben vom motorisierten Individualverkehr. Sie leben eben auch nach wie vor vom Antriebsstrang mit Verbrenner-Technologie.

Sie haben ganz sicher wahrgenommen, dass Fridays for Future bis 2025 die autofreie Innenstadt für Saarbrücken fordert und noch viel deutlicher das Ende des motorisierten Individualverkehrs. Das ist im Autoland Saarland eine Zumutung. Ich erwarte von einer Wirtschaftsministerin, dass sie solchen Forderungen ganz klar entgegentritt. Wenn ich den Text der Ankündigung der Sendung lese: Vision vieler Verkehrsexperten für die Zeit nach Corona, in den großen Städten und Ballungsgebieten gehört die Zukunft den Rädern, Rollern, den Fußgängern, der Seilbahn, dem ÖPNV, vielleicht sogar der Drohnen und später dann den autonomen Fahrzeugen. Aus autogerechten Städten sollen so gesunde Räume für alle Bürger werden, wenn ich dazu noch die Gästeliste sehe, dann muss ich sagen: Auch der Saarländische Rundfunk lebt ein gutes Stück davon, dass ein großer Teil seiner Beitragszahler viele Jahre lang ein gutes Auskommen in Automobilindustrie hatte. Aber diese Zeiten sind absehbar vorbei. Ich habe nicht immer das Gefühl, dass man beim SR angesichts überbordender Sympathie für grüne Ideologien und schulschwänzende Klimahopser überall verstanden hat, was das für die Wirtschaft dieses Landes, für das Saarland insgesamt und auch für seinen Rundfunk bedeutet.

Herr Kollege Commerçon, ich leugne den Klimawandel nicht, ich sage Ihnen lediglich, dass Sie im Namen des Klimaschutzes unsere Wirtschaft ruinieren. Sie können den Konflikt zwischen Ihrer sogenannten Klimaschutzpolitik und einer verantwortungsvollen Industriepolitik nicht mehr länger leugnen. Fragen Sie mal bei der IG Metall nach. Euro 7 ist ein weiterer Sargnagel für große Teile unserer Schlüsselindustrie und wird wie auch die wahnsinnige sogenannte Energiewende und alles, was Sie sonst noch so wenden wollen, oder auch Ihr 750-MilliardenGreen-Deal die Deindustrialisierung dieses Landes beschleunigen.

Herr Abgeordneter, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Ich komme zum Ende.

Ich möchte Sie gleichzeitig darauf hinweisen, dass Sie Ihre Wortwahl mäßigen müssen, dies mit Blick auf die Aktivisten für den Klimaschutz.

Noch zwei Sätze. - Das Saarland ist in diesem Prozess deutlich angeschlagen, erheblich mehr als andere Bundesländer. Werden Sie sich endlich Ihrer Verantwortung bewusst und machen Sie auch in Berlin und Brüssel klar, dass die Interessen der deutschen und saarländischen Industrie vor die Anbiederung an grüne Verbotspolitik zu stellen sind.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Abgeordneter, ich war jetzt sehr großzügig. Ich muss Sie aber bitten, in Zukunft mehr auf Ihre Redezeit zu achten. - Bevor wir die Aussprache eröffnen, möchte ich zu Protokoll geben, dass Frau Ministerin Streichert-Clivot sich entschuldigt hat. In diesen schwierigen Zeiten hat sie noch einen anderen Termin und kann der Sitzung nicht länger beiwohnen. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Hans Peter Kurtz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hecker hat nicht nur die Zeit überzogen, sondern auch am Thema vorbeigesprochen. Ich dachte, es geht darum - so ist es auch in Ihrem Antrag formuliert -, was jetzt eventuell, wenn überhaupt, mit Einführung der EU‑Abgasnorm 7 auf uns zukommt.

Die ersten einheitlichen Abgasvorschriften für PKWs in der Europäischen Gemeinschaft traten 1970 in Kraft. Begrenzt wurden damals die Emissionen von Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Eine Verschärfung dieser Grenzwerte folgte 1974. Im Jahr 1977 wurde mit der Richtlinie dann die Stickoxide zusätzlich in die begrenzende Abgasinhaltsstoffliste aufgenommen. Grenzwerte für Partikel aus Dieselmotoren wurden 1988 eingeführt. Für Lastkraftwagen und Busse wurden 1988 mit einer Richtlinie die Grenzwerte für Abgasinhaltsstoffe erstmals europaweit festgelegt. Für Motorräder und Mopeds gibt es seit 1977 eine Richtlinie, die auch hier europaweite Grenzwerte festlegt.