Zu einem anderen Punkt muss ich allerdings sagen, dass man nicht verstanden hat, was der Verfassungsgerichtshof wollte: Die Landesregierung soll weiterhin ermächtigt werden, am Parlament vorbei durch Rechtsverordnung die Kontaktnachverfolgung hinsichtlich weiterer Einschränkungen in Anlagen und Betrieben anzuordnen. Wie das zusammenpassen soll, das kann mir niemand erklären. Denn im Urteil heißt es ganz klar, dass das Parlament verantwortlich ist, da die öffentliche Debatte notwendig ist und die Menschen draußen nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden dürfen. Nun aber spielt das Parlament den Ball wieder zurück an die Regierung, damit auch künftig die Regierung per Rechtsverordnung ändern und erweitern kann. Das allerdings kritisieren nicht nur wir, das kritisiert auch Monika Grethel, das kritisiert Professor Gröpl, das kritisiert Professor Arzt.
Es ist auch bedauerlich, dass man in der Anhörung nicht auf die Empfehlungen bezüglich des Prostitutionsgewerbes eingegangen ist. Monika Grethel erklärte Ihren Ansatz für - ich zitiere - inkonsistent und verfassungswidrig, weil ungeeignet und unverhältnismäßig. Sie weist auch darauf hin, dass die Kontaktnachverfolgung von der Kooperationsbereitschaft der Infizierten abhänge. Es ist aber doch sehr fraglich, ob ein Freier dem Gesundheitsamt offenbaren wird, dass er sexuelle Dienstleistungen in Anspruch genommen hat. In diesem Fall hilft dann auch die Kontaktdokumentation leider nichts. Aldona stellt dazu klar: Freier, die ihre Daten nicht preisgeben wollen, werden Alternativen zu den Prostitutionsstätten finden - im Versteckten, ohne Kontaktnachverfolgung und ohne Schutzmaßnahmen für die Prostituierten. Aldona geht davon aus, dass so die
Ausbreitung eines schwer zu überblickenden Parallelmilieus begünstigt wird. Das aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann nicht unser Ziel sein.
Ich fasse zusammen: Es ist ein Fortschritt, dass wir heute die Kontaktnachverfolgung in einen gesetzlichen Rahmen einordnen. Darüber haben wir heute offen, transparent und streitbar diskutiert. Es bleibt allerdings, dass nicht nur wir, sondern auch die Expertinnen und Experten weiterhin einige Punkte zu kritisieren haben. Deshalb werden wir uns heute in der Abstimmung enthalten. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun für die CDU-Landtagsfraktion die Abgeordnete Dagmar Heib.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Lander, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede das große Wort geschwungen, es gehe hier um Eingriffe in die Grundrechte. Sie haben in Ihrer einleitenden Anmerkung den Verfassungsgerichtshof beschworen. Allerdings haben Sie im weiteren Fortgang Ihrer Rede letztlich selbst zugegeben, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 28. August ein ganz besonderes Augenmerk auf die Datenschutzfrage gelegt hat, das war Gegenstand der Begründung. Auch Sie wissen doch, dass Eingriffe in die Grundrechte durchaus möglich sind. Es gibt den Gesetzesvorbehalt, und im Weiteren geht es darum, ob es einen legitimen Zweck gibt, ob Geeignetheit und Erforderlichkeit gegeben sind. Es geht auch um Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Ich will nun keine Vorlesung in Staatsrecht halten, mir geht es vielmehr um Folgendes: Wir sprechen heute über das Kontaktnachverfolgungsgesetz. Wir als Gesetzgeber sind nun zur Auseinandersetzung über diesen Gesetzentwurf in Zweiter Lesung aufgerufen.
Bei der Frage, wie ein Gesetz auszulegen ist, wird, das wissen Sie, hinsichtlich Kommentierung, Begründung und Interpretation immer auch das Gesetzgebungsverfahren an sich herangezogen, dabei spielen insbesondere auch Plenardebatten eine Rolle. Zudem haben wir im Bericht des Ausschussvorsitzenden, des Kollegen Reiner Zimmer, gehört, dass es um eine sperrige Materie geht, mit der wir uns hier befassen müssen. Ich erachte es angesichts dessen als sinnvoll, darüber noch einmal zu reden.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 28. August entschieden, dass es zur Regelung der Erfassung, Weitergabe und Nachverfolgung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Diese werden wir heute in Zweiter Lesung verabschieden.
Die Kontaktnachverfolgung von Infektionsketten hat sich als geeignete Maßnahme und als wichtiger Baustein in der Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes erwiesen. Dieses Gesetz ermöglicht es nun dem öffentlichen Gesundheitsdienst, rechtssicher und schnell die Kontakte von Personen, die an COVID-19 erkrankt sind, zu ermitteln, sie zu informieren und so dem Ziel, das Infektionsgeschehen einzudämmen, näherzukommen.
Der in Erster Lesung eingebrachte Gesetzentwurf wurde in einer umfassenden und breit angelegten Anhörung diskutiert, es sind auch im Zuge der Anhörung geäußerte Anregungen in den Abänderungsantrag eingeflossen. Ich möchte mich bei den Angehörten, den Experten und Sachverständigen, bedanken, aber auch bei allen Kolleginnen und Kollegen ich schließe mich dem Dank des Vorsitzenden Reiner Zimmer an - für die Diskussion und das Miteinander in den Beratungen. Ich denke, das zeigt sich auch deutlich im einstimmigen Ergebnis bei der Abstimmung über den Abänderungsantrag. Daher, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, bedauere ich es außerordentlich, dass Sie dem Gesetzentwurf heute wohl nicht zustimmen werden. Ich denke, es ist wichtig, auch das hat der Kollege Zimmer schon gesagt, dass die Vorlage auf breiter Basis als gerechtfertigt angesehen wird.
Auch Sie haben ja einen Abänderungsantrag eingereicht, der in vielen Punkten, fast durchweg, inhaltlich mit unserem Abänderungsantrag übereingestimmt hat. Angesichts dessen hatte ich so dahingesagt, dass wir dem jetzt zwar nicht zustimmen könnten, dass wir nun im Grunde eine Redaktionskommission einsetzen müssten, um uns auf gemeinsame Worte zu einigen. Ihre Einlassungen, Herr Lander, veranlassen mich aber, darüber noch einmal kurz nachzudenken.
Lassen Sie mich nun nur einige wesentliche Punkte ansprechen: In § 2 Abs. 1 werden diejenigen genannt, die zur Gewährleistung einer Kontaktnachverfolgung verpflichtet sind. Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf neu hinzugekommen sind die Nr. 7 - Besuche in Alten- und Pflegeeinrichtungen -, Nr. 8 - Besuche in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen -, Nr. 9 - die Hochschulen - und Nr. 10, mit der die körpernahen Dienstleistungen ebenfalls in diese gesetzliche Grundlage einbezogen werden. In der Anhörung war, wie Sie, Herr Lander, angemerkt haben, auch Aldona vertreten. Wir haben die Anregung aufgenommen und im Abänderungsantrag das Prostitutionsgewerbe genannt. Die
Verfolgbarkeit der Infektionsketten ist letztlich das entscheidende Kriterium, weshalb das Prostitutionsgewerbe im Gesetz verpflichtend beinhaltet ist.
Ausgenommen haben wir die Gottesdienste. Der Ausschussvorsitzende hat es bereits angesprochen, ich möchte das aufgrund der Bedeutung aber in meiner Rede noch einmal erwähnen. Wir wollen einen unzulässigen Eingriff in die Glaubens- und Religionsfreiheit, die mit Art. 4 GG geschützt ist, ausschließen. Niemand darf durch die Kontaktnachverfolgung in seiner Religionsausübung eingeschränkt werden. Diesbezüglich gab es auch interne Diskussionen, wir sind nun aber zu diesem Ergebnis gekommen und haben, wie ich denke, eine gute Lösung gefunden, hinter der wir alle stehen können. Das findet sich als Ausnahme unter Nr. 3: Gottesdienste und sonstige religiöse Veranstaltungen, soweit es sich nicht um Bestattungen handelt, politische sowie weltanschauliche und bekenntnisgeprägte Veranstaltungen sind von der Sicherstellung der Möglichkeit einer Kontaktnachverfolgung ausgenommen. - Auch insoweit wollten wir also einen Eingriff in die Grundrechte ausschließen. Sofern diese Veranstaltungen allerdings in Gaststätten, in Kinos oder auch in Hotels stattfinden, müssen lediglich die Kontaktdaten des Veranstalters stellvertretend hinterlassen werden. Damit wird, so finde ich, ein guter Weg beschritten, um dennoch die Kontaktnachverfolgung zu sichern.
Sie haben es bereits angesprochen: Die Landesregierung kann die Kontaktnachverfolgung in weiteren Einrichtungen, Anlagen, Betrieben durch Verordnung nur dann anordnen, wenn das der Infektionsschutz gebietet. Das ist die geltende Rechtslage, sie ist nun auch ins Gesetz aufgenommen. Sie haben im Grunde auch das COVID-19-Maßnahmengesetz angesprochen, man muss allerdings differenzieren und die beiden Gesetzesvorhaben, die wir bezüglich dieser Problematik haben, unterscheiden. Der Abänderungsantrag ist allerdings mit dem Gesetzestext schlüssig.
Der zweite wesentliche Punkt ist der Datenschutz. Dieser findet sich in vielen Vorschriften wieder, oftmals geht es auch nur um eine Klarstellung: Je ein Vertreter der anwesenden Haushalte, Vor- und Zuname, Anschrift, schließlich auch die Erreichbarkeit. Bei der Erreichbarkeit haben wir reduziert auf entweder die Telefonnummer oder aber die E-Mail-Adresse. Wir haben uns diesbezüglich auch ausgetauscht und sind zum Ergebnis gekommen, dass es durchaus wichtig ist, zwei Möglichkeiten zur Verfügung zu haben, um jemanden zu kontaktieren, denn die eine Möglichkeit mag mitunter nicht funktionieren. Ebenfalls wichtig ist es, die Ankunftszeit aufzunehmen, dies als Orientierung für eine anonyme Anfrage.
sen, diese auch wahrheitsgemäß mitgeteilt werden müssen. Insoweit geht es uns darum, eine Verpflichtung festzuschreiben und so auch denjenigen, der die Daten hinterlässt, in die Verantwortung zu nehmen.
Wichtig ist auch die Festschreibung, dass die Daten nur für Zwecke der Nachverfolgung von Infektionsketten an die Gesundheitsämter übermittelt und durch die Gesundheitsämter zur Kontaktnachverfolgung beziehungsweise zur Anordnung von Quarantäne verarbeitet werden können. Das war auch im ursprünglichen Entwurf schon so vorgesehen. Neu ist hingegen die Frist zur irreversiblen Löschung der Daten: Im Abänderungsantrag steht hierzu eine Frist von 14 Tagen, zuvor war es ein Monat. Unberührt bleiben - das folgt dem Grundsatz Bundesrecht bricht Landesrecht - die bundesgesetzlichen Vorschriften. Das heißt auch, dass die Zugriffsmöglichkeiten für Strafverfolgungsbehörden bestehen bleiben. Herr Kollege Lander, Sie haben in Ihren Ausführungen darauf abgestellt, wesentlich sei, um welches Delikt es sich gehandelt habe und ob der Datenzugriff deshalb begründet erscheine. Meines Erachtens ist aber doch jede Straftat zu verfolgen, dies insbesondere auch im Interesse der Opfer. Daher kann ich nur ausdrücklich begrüßen, dass das so vorgesehen ist.
In § 4 finden sich die Straftat- und Ordnungswidrigkeitstatbestände. Die zuständigen Verwaltungsbehörden für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sind die Gemeindeverbände. Auch dieser Aspekt ist zu betonen.
Abschließend finden sich in § 6 Regelungen zum Inkrafttreten und Außerkrafttreten. Im vorangegangenen Tagesordnungspunkt haben wir uns ja schon über die Aufgabe von Befristungen unterhalten. In diesem Fall haben wir eine Befristung, und es ist auch sinnvoll, diese Befristung vorzusehen. Die Kontaktnachverfolgung ist eine konkrete Maßnahme, sie kann als zeitlich befristete Regelung ausgestaltet werden. Wir alle setzen ja darauf, dass uns diese Pandemie irgendwann auch wieder weniger beschäftigen wird, dass wir auch dieses Gesetz zur Kontaktnachverfolgung im Kontext der Corona-Pandemie nicht mehr brauchen werden.
Alle Maßnahmen, sei es dieses Gesetz, das wir heute in Zweiter Lesung beraten, sei es die Saarländische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, sei es das COVID-19-Maßnahmengesetz, verfolgen ein gemeinsames Ziel, das ich noch einmal in den Vordergrund rücken möchte: Es geht darum, die Infektionsdynamik des Corona-Virus SARSCoV-2 zu bremsen, die Zahl der schweren und tödlichen Verläufe zu minimieren, am besten gegen Null, und letztlich jedem Infizierten in unserem Gesundheitswesen weiterhin die bestmögliche Behandlung
zu gewährleisten. Wir stimmen diesem Gesetz zu, denn es ist ein wichtiger Schritt in unser aller Interesse. Ich darf daher auch Sie um Ihre Zustimmung bitten. - Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Nächster Redner ist der Abgeordnete der AfD-Fraktion Rudolf Müller.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz abgesehen davon, für wie gefährlich man dieses Coronavirus überhaupt hält im Verhältnis zu den vielen anderen Krankheiten und deren vielen Opfern und wie verhältnismäßig die grundrechtseinschränkenden und wirtschaftlich verheerenden Maßnahmen sind, ganz abgesehen davon ist dieser Gesetzentwurf von der Entwicklung unserer Ansicht nach inzwischen überholt. Im ganz überwiegenden Teil der Fälle kann eine Infektionskette überhaupt nicht mehr nachvollzogen werden. In anderen Fällen kommen die Gesundheitsämter mit der Ermittlung und der Kontaktaufnahme nicht mehr hinterher oder schaffen es nur zu spät. Was von den Gesundheitsämtern verlangt wird, können sie zum großen Teil nicht mehr leisten.
Im Ausschuss sind nun einige Stolpersteine, einige eigenartige Widersprüchlichkeiten eliminiert worden, deshalb in der Kürze der Zeit nur noch eine ganz allgemeine Einschätzung von uns. Sie wissen, wir sind sehr skeptisch gegenüber den oft widersprüchlichen Maßnahmen, die hierzulande gegen diese Krankheit ergriffen werden. Und Sie wissen, dass man in Schweden mit diesem Virus ganz anders umgeht, dass insbesondere Wirtschaft und Gesellschaft nicht lahmgelegt werden. Die Schweden arbeiten mit Appellen statt mit Verboten und Vorschriften und ohne alles Mögliche zu schließen. Wie man sieht, sind die Schweden auch noch nicht ausgestorben. Sowohl in Schweden als auch bei uns sind die als Corona-Toten Gezählten ganz überwiegend alte Menschen mit schweren sonstigen Krankheiten, die für ihren Tod oft sehr viel wesentlicher verantwortlich sind. Deshalb: Risikogruppen schützen, Wirtschaft und Gesellschaft bewahren, demokratische Freiheitsrechte verteidigen, dafür steht die AfD. Wir wollen diesem Gesetz deshalb nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Die Infektionen steigen in einem Maße, das wir mit allen Mitteln verhindern wollten. Der Schutz der Menschen in unserem Land kann durch die jetzt getroffenen Maßnahmen der Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen erfolgen, geht aber zwingend einher mit der Eigenverantwortung von jedem Einzelnen von uns. Deshalb mein ganz eindringlicher Appell: Gehen Sie nicht den Corona-Leugnern wie meinem Vorredner auf den Leim! Wir beschreiten im persönlichen Umgang miteinander, aber auch in der Erstellung und vor allem in der Einhaltung von Regeln einen völlig neuen Weg.
Es gilt bei allem, was wir tun, Balance zu halten, und zwar erstens zwischen Sicherheit und Gesundheit auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen Seite. Zum Zweiten zwischen der Handlungsfähigkeit der Regierung auf der einen Seite und der Legitimation der Maßnahmen durch das Parlament auf der anderen Seite. Vor einer Woche, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir hier in diesem Parlament das COVID-19-Maßnahmengesetz in Erster Lesung beraten. Ich kann Ihnen heute berichten, mit unserem Gesetz finden wir bundesweit Beachtung und es hat in einigen Ländern schon als Blaupause gedient. Sogar im Deutschen Bundestag wurde es vor der Ersten Lesung des Bevölkerungsinfektionsschutzgesetzes in den Fokus genommen. Am Antrag der LINKEN dort kann man erkennen, dass es in weiten Teilen in diesem Antrag übernommen wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Saarländerinnen und Saarländer, die Infektionszahlen steigen weiter, die Eingriffe in die Grundrechte der Menschen wiegen schwer. Wir müssen genau abwägen, was wir tun und wie wir mit unseren Maßnahmen die Menschen in diesem Land, die Bürgerinnen und Bürger schützen, wohlwissend, dass wir gleichzeitig unsere Freiheit beschneiden müssen. Dabei gilt nach wie vor die Leitlinie: so viel Freiheit wie möglich und so viel Beschränkung wie nötig. Das gilt im Bund und das gilt im Land.
Wir wissen doch alle, dass bei einer Pandemie dieses unbekannten und unerforschten Ausmaßes nicht alle Maßnahmen perfekt sein können, aber im Großen und Ganzen hat der Rechtsstaat funktioniert. Überschießende Maßnahmen wurden von den Verfassungsgerichten zurechtgerückt. Die beanstandeten Maßnahmen belegen, dass die verfassungsrechtlich garantierte Gewaltenteilung als Anker der Demokratie funktioniert, die politische Verantwortung für diese Maßnahmen tragen aber weiterhin die Exekutive und die Legislative.
Die heutige Zweite Lesung des saarländischen Kontaktnachverfolgungsgesetzes, Herr Lander, ist selbstverständlich ein Baustein des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Diese Zweite Lesung führen wir heute durch, weil wir Rechtssicherheit haben wollen und auch dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes folgen, indem wir die Frist einhalten. Nach der öffentlichen Anhörung hat sich ein erheblicher Verbesserungsbedarf am Gesetzentwurf ergeben, den wir mit unserem Änderungsantrag auch nachgehen. Jede Erfassung von Kontaktdaten und jede Einsicht in Gästelisten stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz dar.
Jetzt mag der eine oder die andere anmerken, dieses Recht tritt hinter dem Schutz der Gesundheit zwingend zurück. Aber bedenken Sie bitte, individuell selbstbestimmt kann nur derjenige handeln, der überschauen kann, welche Informationen aus seinem sozialen Umfeld bekannt werden, und der dann auch abschätzen kann, was mit diesen Informationen geschieht. Kann der Einzelne das nämlich nicht, ist er in seiner Freiheit gehemmt, aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu entscheiden, an welchem Ort er sich gerne aufhalten wird.
Die Corona-Maßnahmen wirken bei den Bürgerinnen und Bürgern auf der Straße umso nachvollziehbarer und glaubwürdiger, je weiter die Verantwortung und auch das Verständnis in ihre Nähe rücken. Dabei wurde auch die Kritik mit in die Wertung einbezogen, wobei wir immer die grundlegenden Lebensbereiche der Menschen im Blick behalten haben. Die Gästelisten dienen dazu, die Nachverfolgung von Infektionsketten zu ermöglichen. Wir müssen bedenken: Wenn eine Nachverfolgung nicht gewährleistet ist, kann das zu einem noch höheren Anstieg der Infiziertenzahlen führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Menschen fühlen sich zunehmend verunsichert von staatlicher Überwachung und man kann schon sagen, dass die Sammlung von Gästedaten gleichsam eine neue Form der Vorratsdatenspeicherung ist und dass sie unabhängig von einer konkreten Gefahr erfolgt. Aber sie verfolgt einen legitimen Zweck, nämlich die Bekämpfung der Pandemie durch die Feststellung von Infektionsketten und Infektionsverläufen und Warnung der betroffenen Personen. Sie dient auch dazu, zu warnen, damit wir zum Schutz dritter Personen Maßnahmen treffen können.
Jetzt möchte ich auf etwas eingehen, was die DIE LINKE-Fraktion hier geäußert hat: Es ist nicht richtig, dass wir durch dieses Kontaktnachverfolgungsgesetz die Befugnisse der Polizei, die ihr durch die Strafprozessordnung zustehen, beschränken können oder aber auch wollen. Das geht schlichtweg nicht, egal, wie es ein Minister Strobel verlautbart hat. Herr Lander, nehmen Sie das zur Kenntnis, wir
Zum Zweiten: In § 2 Abs. 2 steht ausdrücklich drin, dass die Regierung ermächtigt wird, im Rahmen dieses Gesetzes, unter den Regelungen dieses Gesetzes für weitere Einrichtungen, wo es nötig wird, die Kontaktnachverfolgung zu regeln. Das können wir als Parlament schlichtweg in dieser Eile nicht leisten, aber das muss eine handlungsfähige Regierung tun können. Dazu stehen wir.
Zum Dritten möchte ich auch noch etwas dazu sagen, was Sie zum Prostitutionsgewerbe angemerkt haben. Ja, Aldona hat recht, natürlich geben Freier nicht gerne ihre Kontaktdaten bei Sexdienstleistungen an. Aber auch dort wird doch deutlich, wie schwer die Abgrenzung ist. Stellen Sie sich vor, wir haben die Kontaktnachverfolgung in Hotels, in Beherbergungsbetrieben. Da stelle ich mir die Frage, was denn mit Stundenhotels ist? Gilt dort die Kontaktnachverfolgung oder gilt sie nicht, nur weil die Freier ihre Daten nicht hinterlegen wollen? Wir beschränken die Gastronomie, wir beschränken auch andere Versammlungen, wir beschränken so vieles. Ich glaube, es ist zumutbar, wenn wir auch in der Prostitution sagen, Freier müssen hier ihre Daten preisgeben zum Schutz aller und auch zum Schutz ihrer Familien, die sie sicherlich ganz oft haben, auch da sind die Betroffenen in den Blick zu nehmen und zu schützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gesundheitsämter, die Polizei und die Rettungsdienste, die Pflegerinnen und Pfleger, all diese Menschen kämpfen an vorderster Front in diesem Land. Sie alle sind ein Anker in unserer Gesellschaft in dieser stürmischen Zeit, in der das große Schiff Demokratie von hohen Wellen immer hin und her geworfen wird. Ich denke, Sie alle zu schützen, das ist mit diesem Baustein, mit diesem Gesetz möglich. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz, es ist wichtig und es ist richtig. - Vielen Dank!