und demokratischen Gesellschaft nicht zu Verunsicherung führen, nein, es kann zu einer Stärkung dieser offenen und demokratischen Gesellschaft führen. Jedenfalls ist das immer mein Politikanspruch gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen werde ich auch immer öffentlich Kritik äußern, auf der anderen Seite werde ich im nächsten Moment dort solidarisch sein, wo man gemeinsame Beschlüsse gefasst hat. Ich glaube, so gehört sich das in einer selbstbewussten Koalition. So verstehe ich unsere Zusammenarbeit, lieber Alex Funk. Ich glaube, das machen wir auch so. Wenn dann mal ein Ton danebengeht, ruft man sich gegenseitig an. Das kommt gelegentlich auch vor. Herr Lafontaine, das werden wir Ihnen dann aber nicht auf die Nase binden.
Ja, wir werden als Parlament zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen. Wir haben das am Montag in unserer Fraktion noch sehr intensiv diskutiert. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir die Arbeitsfähigkeit unseres Parlaments verbessern. Ich finde es unbefriedigend, dass wir erst heute zusammensitzen. Die meisten anderen Landesparlamente haben das am vergangenen Freitag hinbekommen. Es wäre folgerichtig gewesen, wenn wir das auch am vergangenen Freitag gemacht hätten und nicht erst heute. Dann wäre nämlich die Reihenfolge die richtige gewesen. Dann hätten wir zuerst im Parlament beraten und anschließend hätte die Landesregierung beschließen können.
Ich bedaure das. Es hatte organisatorische Gründe, ich finde allerdings, damit müssen wir uns dann beschäftigen. Es kann nicht so sein, dass das Parlament drei oder vier Tage warten muss, bis es einberufen wird. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird eine Aufgabe für uns im Erweiterten Präsidium oder in der Projektgruppe sein, dafür Sorge zu tragen, dass künftig dieses Parlament jederzeit sehr schnell zusammentreten kann. Ich finde, das ist eine der Lehren, die wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier ziehen müssen.
Es wird dem einen oder anderen vielleicht nicht so gefallen, dass wir auch unseren Sitzungsrhythmus erhöhen müssen. Das sind aber Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Wir sind hier eben keine Teilzeitabgeordneten, wir arbeiten alle sehr viel, aber in Pandemiezeiten ist es vielleicht auch erforderlich, dass das Plenum häufiger zusammentritt. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Eckpfeiler unserer Demokratie. Deswegen sollten wir an dieser Stelle entsprechend weiterarbeiten. Denn dieses Parlament muss stellvertretend für die gesamte Ge
sellschaft Debatten führen. Es muss sie öffentlich führen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich wünsche mir in unserem Land mehr öffentlichen Diskurs, ich wünsche mir, dass dieser Diskurs stattfindet, ohne dass es gleich als fruchtloser Streit oder als Koalitionskrise gewertet wird. Ich bin streitbar, das weiß jeder, ich bin aber auf der anderen Seite auch solidarisch. Ich glaube, das müssen wir uns auch leisten, denn wenn wir wirklich die Bevölkerung mitnehmen wollen, geht das nur, wenn wir alle Schattierungen, alle Diskussionsstränge, die vorhanden sind, tatsächlich in unsere Beratungen hineinnehmen. Das war in den ersten Wochen und Monaten der Pandemie nicht möglich. Aber jetzt haben wir einen Zeitpunkt, an dem wir wissen, dass es noch weitergehen wird. Ich mache mir keine Illusionen: Die Pandemie wird nicht Ende November plötzlich verschwunden sein. Sie wird die nächsten Wochen und Monate weitergehen. Wir werden uns auch in den nächsten Jahren noch mit dieser Pandemie beschäftigen, weil wir mit den Folgen leben müssen.
Ich komme zum Gesetzentwurf selbst. Die Kollegin Berg wird sicherlich im Weiteren noch im Detail darauf eingehen. Ich will an dieser Stelle schon einmal sagen, dass ich zuversichtlich bin, dass wir diesen Gesetzentwurf heute in den Verfassungs- und Rechtsausschuss überweisen können. Ich bitte allerdings auch darum, die anderen Fachkolleginnen und -kollegen mit einzubeziehen. Ich finde, dieses Gesetz kann keines sein, das nur in einem Ausschuss beraten wird. Ich weiß aber, dass es dort in guten Händen ist. Ich sage von dieser Stelle aus auch wie wir es von Anfang an kundgetan haben ‑, dass wir es heute in Erster Lesung als SPD-Fraktion mittragen. Ich glaube, wir müssen an diesem Gesetzentwurf noch einiges verbessern. Wir müssen noch an einigen Stellen diskutieren. Dazu dienen die Anhörungen. Deswegen werden wir auch ein öffentliches Anhörungsverfahren dazu machen müssen, um eben den Diskurs zu ermöglichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist vielleicht das Schöne, dass wir mit diesem Gesetzentwurf nach Baden-Württemberg das zweite Bundesland überhaupt sind, das eine eigene gesetzliche Grundlage schafft. Ich finde, darauf können wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein bisschen stolz sein. Man kann auch öffentlich gut vertreten, dass wir das tun.
Zu den Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts habe ich einiges gesagt, aber es geht natürlich auch um die Zukunft. Eine wichtige Frage wird sein, wer das Ganze eigentlich bezahlt. Ich vermute, da werden wir unterschiedliche Auffassungen im Parlament haben. Es ist richtig, dass umfassend geholfen wird. Im Übrigen haben beide Koalitionsfraktionen
zuvörderst dafür gesorgt, dass wir mit diesem Nachtragshaushalt tatsächlich massiv intervenieren und helfen können. Das ist richtig so. Es ist richtig, dass im Gesundheits- und Bildungsbereich aufpersonalisiert wird. Sicherlich ist das auch eine Lehre, die wir ziehen. Das Sparen im öffentlichen Dienst wurde, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, nicht mit der Großen Koalition 2012 begonnen, sondern das gab es bereits, als ich Juso war. Die damalige Landesregierung hat damals schon im öffentlichen Dienst massiv gespart. Dieses Sparen im öffentlichen Dienst war, so glaube ich, teilweise ein Irrweg. Wir müssen uns überlegen, wie wir weiter einen stabilen öffentlichen Dienst aufrechterhalten können und wie wir diesen stabilen öffentlichen Dienst solidarisch finanzieren können.
Ich höre schon die Ersten, die sagen: Das darf aber auf keinen Fall durch Steuererhöhungen geschehen. Ich habe keine Angst davor, diese Diskussion zu führen. Ich glaube, dass die starken Schultern mehr tragen müssen als die schwachen Schultern. Es wird am Ende des Tages nicht anders gehen, als dass diejenigen, die es sich leisten können, eben auch vermehrt dazu beitragen. Diejenigen, die in der Krise womöglich noch die Gewinner waren, müssen dazu beitragen. Es dürfen nicht die Verliererinnen und Verlierer sein. Meine Partei und meine Fraktion werden sehr großen Wert darauf legen, dass am Schluss nicht diejenigen, die unter dem Virus am meisten gelitten haben, auch noch die Zeche zu zahlen haben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt und eine wichtige Debatte, die wir ab sofort auch öffentlich zu führen haben.
Ich möchte einen Punkt aufgreifen, bei dem ich Herrn Lafontaine ausdrücklich recht geben muss. Meine persönliche Sicht: Es gibt für mich einen wunden Punkt, den ich mittrage, den ich aber trotzdem als besonders schmerzhaft empfinde. Es geht um die Schließung unserer Kultureinrichtungen. Schon im Frühjahr habe ich nicht verstanden, warum alle Museen schließen mussten. Das verstehe ich heute immer noch nicht. Es wird damit begründet, dass wir allgemein Kontakte reduzieren müssen. Ich habe hier meine Befürchtungen, aber wir werden es sehen, es hilft nichts und ist müßig, klein-klein darüber zu reden, es ist jetzt so. Aber wir müssen es beobachten und wir müssen daraus lernen. Ich glaube, dass wir Museen und Kultureinrichtungen dafür nutzen können, dass die Menschen sich eben nicht im Privaten unkontrolliert zusammensetzen. Das ist ein wichtiges Argument, das man betrachten muss. Ich möchte natürlich das Ganze nicht infrage stellen, im Großen und Ganzen halte ich die Maßnahmen ja auch für richtig.
Es gibt einen weiteren Punkt, an dem ich wirklich darum bitte, dass alle in sich gehen: Kultureinrichtungen als Freizeiteinrichtungen zu bezeichnen, sie
damit herabzusetzen und zu degradieren, entspricht nicht unserem gesellschaftlichen Stand. Sie in einem Atemzug mit anderen, die ich jetzt nicht einzeln aufzählen will, zu nennen, wird der ganzen Sache nicht gerecht. Der Kollege Zehner, den ich gerade nicht sehen kann, und ich waren beide am Sonntagabend in der letzten Vorstellung, die das Saarländische Staatstheater noch geben konnte. Es war ein trauriger Abend, nicht wegen der Oper, die eigentlich ganz okay war, aber es war ein trauriger Abend, weil an diesem Tag sehr viele gesagt haben, dass das Theater auch ein Ort ist, an dem wir gesellschaftlichen Diskurs pflegen. Deswegen bin ich der Kulturministerin und fast allen Kulturministerinnen und Kulturministern der Republik sehr dankbar, dass sie nicht nachgelassen und gekämpft haben.
Ich verstehe, dass man irgendwann Prioritäten setzen muss und richtigerweise sagt: Die Bildungseinrichtungen kommen zuerst. Meine Bildungs- und Kulturministerin hat allerdings auch gesagt, dass Kultureinrichtungen eigentlich Bildungseinrichtungen sind. Und das ist ebenfalls richtig. Ich rede nicht von den nächsten vier Wochen, sondern über den weiteren Zeitraum, in dem wir darüber nachdenken müssen, wie wir eigentlich mit den Kultureinrichtungen umgehen. Wir haben sie zu Hygienekonzepten gebracht, sie haben sehr viel in diese Hygienekonzepte investiert und sie leisten ihren gesellschaftspolitischen Beitrag, aber dann müssen wir ihnen kurzfristig sagen, dass es doch nicht reicht und wir sie schließen müssen. Das dürfen wir uns kein drittes Mal erlauben. Hieran müssen wir tatsächlich arbeiten. Wir müssen an diesen Stellen auch darauf achten, dass wir das Infektionsgeschehen auf jeden Fall noch besser unter Kontrolle bringen. Ich möchte nun einen Satz sagen, den ich sehr verinnerlicht habe und sehr spüre: Ohne Kunst und Kultur wird es still in unserem Land. - Aber ganz still soll es in unserem Land nicht werden. Das gehört auch zu einer offenen und demokratischen Gesellschaft dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich habe dem Präsidenten bereits eine Anregung gegeben, womit wir uns zu beschäftigen haben. Wir haben jetzt ein bisschen Zeit gewonnen für unsere Projektgruppe, lieber Stephan, die viel Freude macht, weil wir dort konstruktiv zusammenarbeiten. Ich glaube, wir sollten die Kulturschaffenden dort einmal einbeziehen und fragen, wie wir an dem Thema Kultur arbeiten können. Das wäre ein wichtiger, konstruktiver Vorschlag, wie ich finde. An zweiter Stelle sollten wir, nachdem wir die Juristinnen und Juristen umfassend gehört haben, auch andere Expertinnen und Experten hinzuziehen. Ich greife das ausdrücklich auf, wir brauchen natürlich weiterhin Juristinnen und Juristen, keine Frage, wir müssen uns aber in der Tat auch mit der Frage beschäftigen, was das Virus mit der Gesamtgesellschaft tut. Deswegen habe ich schon vor Monaten dazu geraten - und wir sind dabei, das abzuarbeiten
-, auch Psychologinnen und Psychologen mit heranzuziehen und mit ihnen zu diskutieren, was eigentlich in einer Gesellschaft geschieht, die in solche Situationen hineinkommt und solche Einschränkungen miterleben muss. Ich nehme das in der Tat sehr ernst. Herr Lafontaine, hier sind wir auf der gleichen Wellenlänge, was nicht immer vorkommt.
Drittens, Herr Präsident, möchte ich darum bitten, dass wir uns auch mit dem beschäftigen, was ich ganz zu Beginn genannt habe. Wir müssen uns damit beschäftigen, wie dieses Virus eigentlich entstanden ist und wie es sich auf den Menschen übertragen hat. Was hat dazu beigetragen, dass wir es nicht geschafft haben, es frühzeitig einzudämmen? Diese wichtigen Fragen haben wir in Zukunft zu stellen. Ansonsten, so finde ich, haben wir in den letzten Monaten als Parlament wirklich einen guten Job gemacht. - Jetzt hätte ich beinahe Donald Trump zitiert. Ich halte ja sonst nicht so viel von ihm, aber wenn man wirklich einen guten Job gemacht hat, dann darf man das auch einmal sagen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit in diesem Hause und bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner in der Aussprache ist der Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion Josef Dörr. Er wird auch gleichzeitig den Antrag der AfD-Landtagfraktion begründen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Die Regierungserklärung bringt uns im Kampf gegen Corona nicht weiter, sie dient nur der Selbstdarstellung einer im Kampf gegen Corona wenig erfolgreichen Regierung. Zum Thema Corona fällt der Regierung nur das Wort Freiheitsbeschränkung ein.
Zu der heutigen Sitzung muss weiterhin festgestellt werden, dass sie den eigenen Empfehlungen der Regierung widerspricht. Herr Ministerpräsident Hans hat gesagt, je weniger Kontakte, desto geringer wäre die Verbreitung des Virus. Das ist richtig. Hier haben wir Kontakte. Ein guter Grund, dass wir heute zusammenkommen, ist tatsächlich die Einbringung des Gesetzes gegen Corona in Erster Lesung, aber für eine Regierungserklärung hätten wir das nicht gebraucht. Der Ministerpräsident hat einen Text mehr oder weniger vorgelesen. Das hätte er genauso gut im Fernsehen tun können, wir hätten als Parlamentarier schriftlich eine Erwiderung abgeben können, dann hätte man sich den Aufwand hier mit den Kontakten und Kosten ersparen können.
(Abg. Dr. Jung (SPD) : Demokratie ist eben ganz schön teuer! - Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD). - Abg. Kurtz (SPD): Herr Dörr, die Zeit, die Sie mir klauen, ist auch ganz schön teuer! - Unruhe.)
Es ist schon gesagt worden, dass die Regierung nicht in allem einig ist, die einzelnen Mitglieder, die Kritik geübt haben, hatten schon recht. Insgesamt hat die Regierung hier kein gutes Bild abgegeben.
Mir ist nur wenig Zeit gegeben, aus diesem Grunde kann ich froh sein, dass mein Vorvorredner, der ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes, Oskar Lafontaine, hier eigentlich eine schonungslose Regierungserklärung abgegeben hat. Er hat die Probleme dargelegt, sie richtig analysiert und die richtigen Schlüsse gezogen. Ich brauche das im Einzelnen also nicht zu tun. Das erleichtert mir meine Aufgabe.
Wenn man zurückschaut, wie es vorher war und woher wir kommen, dann kommen folgende Schlagworte: überstürzte Grenzschließungen ohne Abstimmungen mit den Nachbarn, übereilte Schulschließungen, Schließung von Betrieben und Gaststätten, Einstellung des gesamten Sport- und Kulturbetriebes. An dieser Stelle muss ich meinem Vorredner recht geben: Wir können Unterhaltung nicht mit Kultur gleichsetzen. Da ist ein großer Unterschied zu machen. Museen und andere Kultureinrichtungen sind von Unterhaltungseinrichtungen strikter zu trennen. Die Folgen der Schließungen sind allen bekannt. Einzig und allein die Schließung mancher Behörden hatte keine solchen gravierenden Folgen. Vielleicht war es für manche ganz ordentlich, dass weniger Bürokratie zu bewältigen war.
Es wurde von Vertrauen geredet. Das ist ein wichtiges Wort, ein wichtiger Begriff und eine wichtige Sache. Vertrauen kann die Regierung nur erwerben, wenn sie lückenlos dafür sorgt, dass die Bevölkerung aufgeklärt wird über die Umstände und Tatsachen, die mit Corona zusammenhängen. Sie darf keine erzieherische oder tendenziöse Aufgabe übernehmen, nein, sie muss die Leute sachlich und aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen aufklären.
Dazu möchte ich etwas Wichtiges sagen: Es ist meiner Ansicht nach grober Unsinn zu meinen, man könnte ein solches Problem deutschlandweit oder auch nur saarlandweit lösen. Man kann die Rahmenbedingungen setzen. Es ist davon gesprochen worden, wie unser Gesundheitssystem aufgestellt
ist. Wie stehen unsere Pflegerinnen und Pfleger da? - Es fehlen 300.000. Wie ist diese Situation? Das können wir zwar bundes- und landesweit regeln, aber die einzelnen Probleme entstehen nicht landesweit, sie entstehen nicht im ganzen Saarland, sondern irgendwo im Saarland, vielleicht in Hirzweiler. Wer von der Regierung traut sich zu sagen, dass er wisse, wie die Situation dort oder in Wallerfangen oder Kleinblittersdorf ist? - Ich nehme an, niemand. Das wissen nur die Leute an Ort und Stelle. Die Leute dort sind auch nicht dümmer als die Mitglieder der Regierung. Sie wissen Bescheid. Oft sind sie beruflich dafür ausgebildet, sind Ärzte oder Lehrer. Sie sind an Ort und Stelle und kennen die Situation. Ich meine, die Information der Bevölkerung müsste viel umfassender sein. Ich bekomme vom Gesundheitsministeriums seit Monaten eine tägliche Information über den Stand der Infektionen. Das ist natürlich nicht so aussagekräftig, am Schluss steht die Anzahl der Toten. Das bekomme ich und lese es jeden Tag. Ich habe auch die Entwicklung gesehen, aber diese ist pauschal. Daraus kann ich keine Handlung ableiten, niemand kann das. Das könnte man nur, wenn man zum Beispiel auf Stadt- und Gemeindeebene als Grundlage so informiert wird. Dann muss man aber wissen, was für Tote das sind, woran sie wirklich gestorben sind, wie alt sie waren und welche Krankheitsgeschichte sie hatten. Nur dann kann man vor Ort genau sehen und abwägen, welche Maßnahmen notwendig sind.
Ich denke, wir müssen aus der Krise lernen, dass man nicht alles pauschal, einheitlich und gleichzeitig regeln kann, sondern dass man es den Umständen entsprechend vor Ort regeln muss. Das heißt, die Städte und Gemeinden müssen in unserer jetzigen Situation mit den Gesundheitsämtern auf Kreisebene die vor Ort wichtigen Maßnahmen treffen. In dem Moment, in dem die Bevölkerung weiß, wie es in ihrem Ort aussieht, und vielleicht mitbestimmen kann, was in ihrem Ort vorgeschrieben wird, ist sie wahrscheinlich auch bereit, mitzuarbeiten und vielleicht auch noch einen Schritt weiterzugehen, nämlich sich über Verbote hinaus verantwortungsvoll und verantwortungsbewusst zu verhalten.
Was die Pflegekräfte betrifft, die uns jetzt fehlen: Man muss sich ansehen, was jetzt die vordringlichen Probleme sind. Was brauchen wir? - Wenn ich es aus dem vergangenen Geschehen richtig mitbekommen habe, ist es wichtig, dass wir Beatmungsplätze haben. Das ist der Punkt, an dem die Gesamtgesellschaft und die Familie zu Hause nichts mehr machen können. Der Patient ist im Krankenhaus, die Intensivstation hat nicht gereicht, er muss beatmet werden. Dann kommt es darauf an, ob die Beatmungsgeräte da sind oder nicht. Wir haben erlebt, dass man in Frankreich tatsächlich schon vor der Situation gestanden hat, dass man aussuchen musste, wer drankommt und wer nicht drankommt. Es ist eine entsetzliche Situation für einen Arzt. Gott sei
Dank konnte geholfen werden, indem deutsche Krankenhäuser solche Patienten aufgenommen haben. Es ist wichtig, dass man diese Geräte vorhält. Es nützt trotzdem nichts, wenn wir die Geräte haben, aber nicht die Leute, die sie bedienen können. Wir brauchen also ärztliches Personal und Pflegepersonal.
Ich habe die Szenen gesehen, als Leute an den Fenstern für das heldenhafte Verhalten des Pflegepersonals geklatscht und gejubelt haben. In dem Moment ist das gut, es tut auch gut, aber was gebraucht wird, ist eine dauerhafte Schätzung dieser Leute und die drückt sich eben in der Bezahlung aus. Wenn ich jemanden schlecht bezahle, schätze ich ihn auch nicht. Es geht aber nicht nur um die Bezahlung, es ist auch die Situation am Arbeitsplatz. Das muss also als Erstes sichergestellt werden.
Ich will noch ein paar Worte zu dem sagen, was Herr Hans angesprochen hat. Es sind 346 von 412 Regionen, die schon als „rot“ bezeichnet werden können. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, was ich eben gesagt habe. Nach Regionen zu gehen, ist zu einfach, nach Regionen kann man nicht vorgehen. Es muss viel enger gefasst werden.
Zur Überlastung des Gesundheitswesens. Woher kommt sie? - Das ist eine Aufgabe, die sich Frau Merkel schon vor über 15 Jahren hätte stellen können und die in Verbindung mit den Landesregierungen schon hätte verwirklicht werden können.
Dann hat der Ministerpräsident gesagt - das hat mir sehr gut gefallen -, dass er für Ratschläge dankbar ist. Bisher haben wir von der AfD schon eine Menge Vorschläge gemacht. Wir haben aber nicht erlebt, dass sie angenommen worden sind. Ehrlich gesagt, zweifle ich daran, dass das, was ich hier bezüglich der Situation vor Ort gesagt habe, wirklich in Angriff genommen wird, aber ich lasse mich gerne überraschen.
Weiterhin hat Herr Hans davon gesprochen, dass die große Mehrheit im Landtag diese Sache unterstützt. Das muss ich berichtigen. Wir von der AfD haben klar gesagt, dass wir mitmachen. Dann kann man uns auch durchaus nennen. Man kann sagen: Die Mitglieder dieses Parlamentes stehen dahinter. Bei der Aufzählung vorher haben wir gefehlt, als alle Parteien aufgezählt worden sind. Das ist korrekt, da sind wir noch nicht so weit, wir sind noch in keiner Regierung. Es war vielleicht auf uns gemünzt, denn wir sind die Außenseiter, die man nicht extra nennen muss.
Noch eine Bemerkung zu dem Gesetz, das eingebracht worden ist. Wir haben das bei uns in der Fraktion auch besprochen und wir sind auf der Seite derer, die eine größere Mitwirkung des Parlaments
anmahnen. Deshalb sind wir für dieses Gesetz, auch wenn es ein Ermächtigungsgesetz ist. Wir ermächtigen die Regierung, Verordnungen zu erlassen. Das ist ein Vertrauensvorschuss. Wir hoffen doch stark, dass die Regierung dieses Vertrauen und diese Erwartung erfüllt. Allerdings - deshalb haben wir gerne mitgemacht - hat das Parlament die letzte Kontrolle. Wenn die Regierung Verordnungen erlässt, muss sie zuerst einmal die Verhältnismäßigkeit im Auge haben. Die Verordnungen sind außerdem auf 14 Tage begrenzt und sie müssen dem Parlament unverzüglich zur Kenntnis gebracht werden. Das Parlament kann dann sofort per Gesetz diese Verordnung außer Kraft setzen. Das ist das Muster. Es ist hier schon richtig gesagt worden. Wir sind auch der Ansicht. Der Entwurf wird in den Fachausschuss gehen und vielleicht auch noch in anderen Ausschüssen oder Gremien beraten werden. Es werden Fachleute angehört werden und wir werden uns in der nächsten oder übernächsten Parlamentssitzung mit dem Gesetz noch einmal befassen. Wir stehen also voll dahinter, dass dieses Gesetz heute eingebracht, angenommen und in die Ausschüsse geschickt wird.