Ich finde es allerdings falsch, wenn man sagen würde, man muss sich auf der einen Seite für Gesundheit entscheiden und auf der anderen Seite für Wirtschaft, weil das nämlich nicht funktioniert. Auch da werfen wir einen Blick in die anderen Länder, denn dort, wo man nicht so einschneidende Maßnahmen ergriffen hat, so muss man feststellen, gibt es nicht weniger Rezession, aber es gibt dafür mehr Erkrankte und mehr Tote. Das ist kein Alternativszenario, sondern eine Katastrophe. Die galt es in diesem Land abzuwenden.
Ich will für die saarländische Landesregierung sagen, aber auch für die vielen Abgeordneten, die sicherlich alle in ihren Fraktionen und in die Regierung hinein immer wieder die Sorgen und Nöte eingebracht und vorgetragen haben, was vor Ort passiert, damit wir wissen, was das an Schwierigkeiten für viele Menschen in diesem Land bedeutet. Es sind persönliche und private Schwierigkeiten mit Lebenssituationen, die eingeschränkt sind und in denen man weder ein noch aus weiß. Damit meine ich noch nicht einmal die finanziellen Umstände, sondern die Tatsache, dass wir so lange Einschränkungen hatten. Es sind aber auch existenzielle Sorgen, entweder als Arbeitnehmer oder als Unternehmer, weil man nicht weiß, wie es weitergeht. Alexander Funk hat es eben mit den vielen Menschen in diesem Land schön geschildert. Ich glaube, lieber Alex, es gibt und gab Menschen bei uns, die nicht schlafen konnten oder immer noch nicht gut schlafen können. Es gibt sie in diesem Land!
Wir als Landesregierung versuchen dennoch oder gerade deshalb, alles daran zu setzen, dass das jeden Tag ein bisschen besser wird. Die Maxime war schon von Anfang an, immer nur so viel Einschränkungen wie nötig und so viel Öffnung wie möglich. Das lässt sich auch nicht immer präzise aussteuern. Aber das Prinzip und der Grundsatz sind richtig.
Es geht darum, die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Das ist eben schon geschildert worden; ich will es noch einmal sagen, weil es mir ein besonderes Anliegen ist. Ich selbst habe auch an der Hotline gesessen. Die E-Mails und Telefonate, die ich in den letzten Wochen und Monaten gehabt habe, sind nicht spurlos an mir vorübergegangen. Wir haben mittlerweile 29.000 Anträge nur in dem Bereich der Firmen mit einem bis zehn Mitarbeitern, die bei uns im Land sowohl für Landes- also für Bundeshilfen gestellt worden sind. Es sind 29.000 Anträge!
Was den Landesanteil angeht, haben wir bis auf ganz wenige, bei denen es noch Unklarheiten gibt, alles beschieden. Auch bei den Bundesförderhilfen haben wir einen ganz überwiegenden Teil beschieden. Von den 29.000 Anträgen sind zum Stand von heute 24.000 beschieden. 24.000 Anträge sind beschieden worden und haben damit weit über 100 Millionen mobilisiert. Vor mir sitzen die Haushaltsgesetzgeber. Wenn wir an dem Tag, an dem Monika Bachmann die Regierungserklärung abgegeben hat, gesagt hätten, wir werden demnächst in der Lage sein, ohne Weiteres 100 Millionen in diesem Land zu mobilisieren, hätte das niemand von Ihnen, die Sie hier sitzen, geglaubt. Wir haben damit weit über 100 Millionen Euro an viele gegeben, bei denen es wirklich notwendig war, weil sie weder ein noch aus wissen.
An der Stelle will ich sagen, das haben ganz viele Mitarbeiter gemacht - bei uns im Haus, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von anderen Häusern, die hinzugezogen worden sind. Unsere Landesverwaltung, die im Übrigen auch schon ein paar Jahre des Personalabbaus hinter sich hat, ist in allererster Linie nicht auf ein solches Antragsvolumen ausgelegt. Das waren über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sonntags, feiertags und in ganz vielen Überstunden dort gesessen haben und diese Anträge bearbeitet haben, obwohl sie in unserem Haus sonst etwas ganz Anderes zu erledigen haben. Deshalb will ich an der Stelle denjenigen stellvertretend ein ganz herzliches Wort des Dankes sagen, die in vielen anderen Häusern und vielen anderen öffentlichen Stellen und Behörden oder wo auch sonst in der Wirtschaft und im Einzelhandel oder wo auch immer Überstunden geleistet haben.
Ich weiß, aus der Angst heraus sind nicht alle zufrieden gewesen, wie schnell es geht. Die überwiegende Mehrheit der 24.000 Antragssteller, die einen positiven Bescheid erhalten haben, haben zügig ihr Geld bekommen. Das sind nicht diejenigen, die als erstes den deutlichsten Facebook-Post gemacht haben. Viele haben aber auch Lob dagelassen. Deshalb finde ich, dass wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Stelle ein herzliches Dankeschön aussprechen sollten, im Übrigen auch an die Personalräte, die das alles klaglos mitgemacht und durchgesetzt haben.
An der einen oder anderen Stelle hat es länger gedauert, als ich mir das vorgestellt und gewünscht habe. Wir haben am Beispiel Nordrhein-Westfalen gesehen, was es heißt, die Gratwanderung zwischen schneller, unbürokratischer Bearbeitung und einer Kontrolle gegen Missbrauch von Steuergeldern zu gehen. Deshalb braucht man eine Plausibilitätsprüfung, die eingeführt wird, damit man nicht eine große
Ich will deutlich machen, dass wir uns die Mühe gemacht haben, bei fehlenden Angaben nicht direkt einen ablehnenden Bescheid herauszuschicken, was dazu geführt hat, dass das eine oder andere länger gedauert hat. Wir haben stattdessen E-Mails an die Antragsteller geschickt und ihnen hinterhertelefoniert, um die Angaben abzufragen, die gefehlt haben. Wir haben eine hohe Quote von Bewilligungen, weil wir uns diese Mühe gemacht haben. Ich glaube nicht, dass wir als Staat in solch einer Situation einen ablehnenden Bescheid herausgeben sollten, ohne zu sagen, woran es liegt. Wir sollten dafür sorgen, dass es am Ende geht und dass das Geld ausgezahlt werden kann. Das war eine Maxime. Ich finde es richtig, dass wir nach diesem Prinzip vorgegangen sind.
Der Bund hat uns allerdings angekündigt, dass für den Fall, dass die Förderprogramme verlängert werden, man eine deutlich stärkere und intensivere Prüfung verlangen wird. Ich möchte das jetzt schon in die Debatte einführen.
Es gibt ganz viele Bereiche, die betroffen sind. Es wäre nahezu ein Unding zu verlangen, dass ich als Wirtschaftsministerin alle Branchen in irgendeiner Weise hier erwähne. Wenn ich jetzt doch einige nenne, ist es immer pars pro toto. Es gibt also auch viele andere. Allein schon wegen der Vielzahl an Schreiben, die wir dazu erhalten, haben wir niemanden vergessen. Diejenigen, die im Moment noch nicht genug gefördert worden sind, sind nicht vergessen. In diesem Fall gilt nicht, dass aufgeschoben aufgehoben ist.
Das Thema Automobilbranche ist eben genannt worden. Ich möchte es nur bekräftigen. Ich finde auch, dass es etwas Klügeres geben muss als eine plumpe Abwrackprämie. Natürlich brauchen wir ein Konjunkturelement, wir brauchen etwas, das die Binnennachfrage dort belebt. Wir brauchen aber eben etwas Kluges, das in die Zukunft führt und deutlich macht, welche Technologien dahinterstehen. Das ist nicht nur Elektromobilität, sondern auch andere Mobilitätsformen spielen eine Rolle. Wir haben unsere Strukturwandelinitiative und ein fertiges Papier dazu bereitliegen, wir werden es updaten - das ist gestern auch mit besprochen worden. Ich bin sehr froh, dass wir es bereitliegen haben. Das, was dort drinsteht, ist durch die Krise nicht falsch geworden, sondern das, was dort steht, wird nur dringender. Die Krise hat uns vielleicht auch den Blick geöffnet. Die eine oder andere Debatte, die hier über eine fehlende Million in der Vergangenheit geführt worden ist, sollten wir, finde ich, beiseitelegen. Wir sollten nach der Krise nicht dort zu Kleinkrämer werden, wo wir open minded sein und das Geld wirklich investieren müs
sen. Weil wir den Wettbewerb durch Innovation in den nächsten Jahren gewinnen wollen, müssen die Themen nach vorne getrieben werden. Das gilt für den Bereich Automobilindustrie, aber auch für die Stahlindustrie.
Ich möchte eine Branche hervorheben, die in dieser Krise wunderbar funktioniert hat. Das ist der öffentliche Personennahverkehr. Bis auf bestimmte Einschränkungen, die miteinander vereinbart waren, sind die Verkehrsunternehmen, sowohl die kommunalen als auch die privaten, unserer Bitte nachgekommen, für eine Stabilität in der Mobilität in diesem Land zu sorgen. Das war eine ausdrückliche Bitte von der kommunalen Seite, vom Land und vom Bund bezüglich des Fernverkehrs. Das haben sie getan. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Busfahrer und Zugfahrer haben das unter Sicherheitsvorkehrungen getan. Gleichzeitig sind die Einnahmen nahezu komplett weggebrochen. Bis zu 90 Prozent der Fahrgeldeinnahmen sind weg. Gott sei Dank haben einige Abo-Kunden die Treue gehalten, denen wir quasi ein Dankeschön mit auf den Weg gegeben haben, indem wir gesagt haben, dass wir die Abopreise für drei Monate reduzieren. Wir hoffen, dass wir dann schnell wieder hochfahren können. Wenn man das Geld auf die Republik summiert, geht es um die Größenordnung von 5 bis 7 Milliarden Euro Einnahmeausfälle.
Jetzt kann man sagen, dass die kommunalen Unternehmen irgendwann um die Ecke kommen werden. Sie werden nämlich zu ihrer Stadt oder ihrem Landkreis gehen und anschließend werden sie bei uns auf der Matte stehen. Sie haben also den längeren Atem. Die privaten Unternehmen haben den aber nicht. Deshalb müssen wir uns an dieser Stelle schnell eine Lösung überlegen, wie wir sie unterstützen können. Es sind einige dabei, die nur noch für wenige Wochen Liquidität haben. Ein Bus, der auf dem Hof steht, ist keine billige Angelegenheit. Manche Busse standen aber nicht auf dem Hof und sparten Betriebskosten. Sie sind tatsächlich gefahren, denn das wollten wir von ihnen, weil es Daseinsvorsorge gewesen ist.
Mich treibt es im Moment sehr um, dass es dieses Thema noch nicht auf die Tagesordnung in Berlin geschafft hat. Ich finde, es muss dorthin. Wir werden uns als Kommunen oder Länder nicht davor drücken, aber alleine werden wir nicht in der Lage sein, 5 bis 7 Milliarden Euro zu stemmen. Wenn es wieder losgeht, brauchen wir Unternehmen, mit denen man fahren kann, sonst gehen die Schüler im wahrsten Sinne des Wortes in die Schule. Es wird niemand mehr mit dem Bus fahren, weil die Unternehmen pleite sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.
So gibt es eine ganze Reihe von Branchen. Die Gastronomie hat es ein bisschen besser auf die Tagesordnung geschafft, aber auch dort ist die Not von vielen groß. Auch mit der Tatsache, dass sie jetzt wieder öffnen können, ist noch lange nicht wieder alles gut. Das wissen wir auch. Ich will dem Eindruck entgegentreten, dass die Hygienevorschriften, die wir im Übrigen in Absprache mit den Verbänden und Gewerkschaften erstellt haben - der Hygieneplan trägt im Übrigen die Logos ‑, von der Politik aus irgendeinem Hinterzimmer raus diktiert worden wären. Ich will auch der Aussage entgegentreten, dass wir dies tun würden, weil wir hier spaßbefreit wären. Wir tun das, weil wir der Auffassung sind, dass man so viel Freiheit geben soll wie möglich, man aber auch so viel Sicherheit geben muss wie notwendig, wenn es um die Einhaltung der Hygienevorschriften an dieser Stelle geht. Ich verstehe jeden einzelnen Gastronomen. Ich habe mit ganz vielen Gastronomen gesprochen, ich habe nicht nur mit den Verbänden, sondern auch mit den Unternehmern der Hotellerie und Gastronomie diskutiert und telefoniert.
Ich möchte deutlich machen, dass das Saarland nicht zu den Bundesländern gehört, die hier am weitesten zurückliegen. In einer Hand voll anderer Bundesländer können die Kneipen gar nicht öffnen. In den Bundesländern, wo sie öffnen, werden Vorgaben für den Thekenausschank gemacht. So vergesslich dürften wir alle miteinander nicht sein, dass wir plötzlich völlig ausblenden, wie die Ausbreitung in Österreich ihren Ursprung hatte. Es geht dabei nicht darum, dass sie sich nicht an die Ordnung gehalten hätten - das würde ich niemals jemandem unterstellen. Dort in der Gastronomie über die Theke hinweg hat sich dieses Virus verteilt. Das dürfen wir bei unseren Entscheidungen nicht ausblenden, aber wir müssen auch offen sein. Wenn es gut läuft, es vernünftig ist und die Infektionszahlen für die Zukunft in Ordnung sind, werden wir an diesen Stellschrauben noch einmal drehen können. Ich glaube, das ist auch wichtig.
Ich will mich an der Stelle ganz herzlich bei den Verbänden bedanken. Es ist auch für sie nicht ganz einfach, so etwas fachlich zu begleiten, das haben hier stellvertretend die DEHOGA und die NGG gemacht. Mit dem Einzelhandelsverband haben wir stundenlang telefoniert. Ich bin ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass sie das getan haben, denn es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Es ist leicht zu warten, bis die Politik einem etwas präsentiert und es anschließend zu kritisieren. Es ist nicht so leicht, es mit auszuarbeiten und anschließend dafür einzustehen. Sie haben genau das getan, dafür ein herzliches Dankeschön.
Wir haben noch eine ganze Reihe von Branchen, die im ersten Schritt entweder gar nicht auf frühere Umsätze kommen werden oder noch gar nicht öff
nen können. Ich wäre gerne zum Tiblisser Platz rübergegangen, dort findet der stumme Protest der Vertreterinnen und Vertreter der Reisebranche statt. Sie haben dort eine kleine Demonstration angesetzt. Es ist notwendig, dass sie die Stimme erheben. Dort geht es um Reisebusunternehmen und Reisebüros, die aktuell keinen Umsatz machen. Bei den Reisebüros ist es sogar noch schlimmer: Sie machen aktuell keinen Umsatz und mussten die Provisionen für bereits geleistete Arbeit zurückzahlen. - Sie haben rückwirkend quasi umsonst gearbeitet. Das ist eine Branche, die Antworten braucht.
Es wird nicht ausreichen, das Sofortprogramm des Bundes einmal am Start gehabt zu haben, sondern wir brauchen eine Verlängerung und zusätzliche Maßnahmen für Branchen, die jetzt noch nicht in den Wettbewerb zurückgehen können. Dort wird die Luft nicht nur dünn, sie ist einigen bereits schon am Ausgehen. Das will ich nicht zulassen. Es sind anständige Betriebe und Unternehmen, viele von ihnen sind uns allen bestens bekannt. Es sind teilweise seit über 60 Jahren familiengeführte Betriebe. Sie haben bislang alles richtig gemacht, sie waren guten Mutes und guter Hoffnung und haben uns im Übrigen auch geholfen, dieses Land unter touristischen Gesichtspunkten positiv zu präsentieren. Wir dürfen sie nicht im Regen stehen lassen. Die Debatte dazu mit dem Bund läuft. Sie darf allerdings nicht mehr allzu lange laufen, denn sonst geht die Luft aus. Deshalb muss auch für diese Branche ein Rettungsschirm her. Ich möchte Grüße an den Tiblisser Platz senden, meine Damen und Herren.
Wie gesagt, ich kann nicht alle aufzählen, die von der Krise betroffen sind. Schausteller, Caterer und, und, und - die Liste ist noch lang und nicht alle haben es in die großen Überschriften von Zeitungen oder in die Nachrichten geschafft, aber die Not ist trotzdem groß. Wir haben eine gute erste Phase mit vielen Anstrengungen und Unterstützung aus der Wirtschaft hinter uns gebracht, aber das war eben nur die erste Phase. Die Phase der Lockerungen ist nicht darin erschöpft, indem man die Lockerungen einmal entschieden hat. Es muss weiter mit Unterstützung begleitet werden.
Neben der Frage, was wir alles gezielt und im Einzelnen für die Wirtschaft tun müssen, will ich auch ein paar Sätze zu den Folgen für unsere Gesellschaft sagen. Das Thema Kurzarbeitergeld, die Frage, ob Familiengeld für die Familien infrage kommt, und alle anderen Leistungen, die auf den Weg gebracht wurden, sind richtig, aber ich will auch noch den Blick darauf lenken, was es mit der Gesellschaft insgesamt gemacht hat.
Rolle wahrnimmt, die es vorher nach innen gerichtet natürlich auch schon wahrgenommen hat. Ich glaube, dass wir in der Krise erlebt haben, dass wir einen aktiven und funktionierenden Staat haben. Ich glaube weiterhin, dass wir in der Krise erlebt haben, dass es einen handlungswilligen und handlungsfähigen Staat gibt. Das wird man mit Stand heute zumindest aus meiner persönlichen Sicht feststellen können.
Wir haben außerdem gesehen, dass die Gewaltenteilung funktioniert, dass die Rechtsprechung dorthin Hinweise gibt, wo es notwendig ist, dass das Parlament seinen Aufgaben nachkommt und über die Aufgaben nachdenkt. Das Parlament erörtert - was auch richtig ist -, wie man die Aufgaben nicht nur im Prinzip des gegenseitigen Vertrauens ausführt, sondern wie man dafür einen Rechtsrahmen schafft. Ich glaube, das sind wichtige Erkenntnisse in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie, in unserer Bundesrepublik Deutschland. Ich sage es deshalb, weil man auch beobachten kann, dass diese Erkenntnisse nicht allesamt in allen europäischen Staaten so zum Tragen gekommen sind. Insofern ist es wichtig, dies an dieser Stelle festzuhalten.
Darüber hinaus möchte ich festhalten, dass es mich optimistisch stimmt, dass wir es schaffen können, miteinander aus dieser Krise hervorzugehen - sicherlich nicht ohne Blessuren. Vielleicht können wir sogar in Teilen ein neues Bewusstsein entwickeln. Vielleicht bekommen wir in der Politik - was vielleicht auch nicht so schlecht wäre - ein wenig mehr Demut entgegengebracht bezüglich dem, was uns abverlangt wird, und der Erwartungshaltungen, die an uns formuliert werden. Ich hoffe, es gibt mehr Verständnis dafür, was Staat und Politik in der Lage sind zu leisten und wo die Grenzen liegen und die Eigenverantwortung anfängt.
Ich glaube, wir haben auch erlebt, dass bei aller Handlungsfähigkeit des Staates ein wichtiger Pfeiler für die erfolgreiche Umsetzung dieser Einschränkungen gewesen ist, dass sie auf Akzeptanz gestoßen sind. Ich habe nicht den Glauben, dass wir diese Form und dieses Ausmaß der Einschränkungen hätten staatlich komplett durchsetzen können, wenn es nicht ein hinreichendes Maß an Akzeptanz in der Bevölkerung gegeben hätte. So viele Ordnungskräfte hätten wir nirgendwohin schicken können. Die entscheidende Grundlage war, dass die Menschen daran geglaubt haben, dass die Regierung vernünftig handelt. Umgekehrt hat die Regierung versucht, transparent darzulegen, warum die Einschränkungen notwendig sind. Die Abwägungen, die wir immer wieder jeden Tag aufs Neue auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgenommen haben, haben wir offenbart. Wir haben immer wieder versucht, deutlich zu machen, welche Güter im Raum stehen und wie wir versuchen, sie in Einklang zu bringen.
Ich will auch feststellen, dass zwei Dinge für mich bemerkenswert gewesen sind, wenn man sich die Symbolik ansieht. Wenn man sich ansieht, was das Symbol für den Egoismus zu Beginn der Krise war, kann man vielleicht sagen, dass es der Kampf um die Klopapierrolle war.
Wenn man das Symbol sucht, das für die gegenseitige Rücksichtnahme und Solidarität in unserer Gesellschaft steht, ist es die Mund-Nasen-Bedeckung, auch wenn sie uns nervt. Sie ist der Ausdruck von Rücksichtnahme und Solidarität in der Gesellschaft. Wir alle wissen mittlerweile, dass wir sie nicht tragen, um uns selbst zu schützen, sondern um unser Gegenüber zu schützen. Die Modehersteller haben es sogar drauf gedruckt: I wear this mask for you. Das ist die Botschaft, die vom Tragen dieser Masken ausgeht. Deshalb ist es in dieser Krise umso wichtiger, das als Politik immer wieder zu erklären.
Ich bin übrigens sehr dankbar, dass heute die Landtagsdebatte hier stattfindet. Bis auf ein paar Ausnahmen war es auch eine gute Debatte. Ich hoffe, dass auch die Saarländerinnen und Saarländer dies gut finden, denn das ist viel wichtiger, als dass ich das gut finde. Ich sage auch ausdrücklich in Richtung des Kollegen Oskar Lafontaine, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass man das Regierungshandeln als Oppositionsführer so bewertet und dies öffentlich zum Ausdruck bringt. Das rechte Maß zwischen grundsätzlicher Einordnung und konstruktiv-kritischen Vorschlägen der Opposition zu finden, ist auch etwas, was ich nicht unerwähnt lassen will. Ich möchte mich ganz ausdrücklich dafür bedanken. Ich glaube, das spricht für unser Haus, für unser Bundesland und für die Art, wie wir miteinander umgehen. Eine Krise kann auch so etwas zutage fördern. Ein herzliches Dankeschön an Sie.
Kommen wir zu dem, was die Menschen in diesem Land als ungerecht empfinden. Das fängt mit Kleinigkeiten an: Warum darf der eine aufmachen und ich nicht? Warum muss ich dies und jenes machen? - Vieles davon war vielleicht sogar ungerecht, deshalb müssen wir jetzt die Zeit nutzen, nicht mehr nur an kleinteilige Einzelbranchen zu denken, sondern wir müssen an die großen Stellschrauben heran und klären, wie wir Hygiene umsetzen können. Die Krise wird uns noch lange begleiten, wir werden noch lange damit zu tun haben.
An dieser Stelle möchte ich ein Dankeschön an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aussprechen, die sich im Übrigen auch in einem Debattenmodus miteinander befinden. Ich glaube, dass wir ihnen Unrecht tun würden, wenn wir ihnen vorwerfen würden: Das gibt es doch nicht. Damals hat er das gesagt und heute sagt er jenes. Den Wissenschaft
lern können wir auch nicht glauben. - Auch sie haben einen Erkenntnisprozess bei einem Virus, den wir nicht kannten und von dem wir nichts wussten. Einfach auf der Meinung zu beharren, weil man vorher mal etwas anderes gesagt hatte, wäre ein grober wissenschaftlicher Verstoß gewesen. Mein Vertrauen hat das gerade nicht erschüttert, sondern bestärkt, denn es wurde klar gesagt: Wir hatten hier einen Lernprozess. Deshalb, so finde ich, sollten wir diese Wissenschaftler nicht kritisieren, sondern wir sollten ihnen ein Dankeschön dafür sagen, dass sie die Dinge für uns einordnen - immer auf der Basis ihres aktuellen Wissensstandes.
Ich sage ganz deutlich: Bei den Besuchen in Homburg, bei all den Gesprächen und den Schaltkonferenzen, bei denen gerade auch die Vertreterinnen und Vertreter der im Saarland ansässigen Fakultäten teilgenommen haben, habe ich mich gut beraten gefühlt. Und, um auch das deutlich zu sagen, anlässlich des Besuchs des Kollegen Spahn war ich auch ein wenig stolz, denn mit dem, was hier im Lande an Erkenntnissen zutage gefördert wird, würden andere schreiend durch die Republik laufen und betonen, was sie alles wissen und was sie alles dazu beitragen können, diese Krise zu verstehen, sie einzudämmen oder sie tatsächlich auch zum Erliegen zu bringen. Das sind saarländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, und wir sollten sie nicht beschimpfen, sondern ihnen Danke sagen und stolz auf sie sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute müssen wir auch sagen: Ein Teil dessen, was wir in den vergangenen Wochen gemacht haben, war nichts anderes als ein Auf-Sicht-Fahren. Wobei man „Auf-Sicht-Fahren“ nicht mit „Tunnelblick“ verwechseln sollte, sowohl im Rückblick als auch mit dem Blick nach vorne. Wir alle, Sie wie auch ich, haben heute die Nachrichten zur Kenntnis genommen, während wir heute hier debattiert haben. Es ist festzustellen: Die Frage bezüglich Europa verträgt keinen Tunnelblick. Die Wiege von Europa steht ja auch in unserem sprachlich-kulturellen und, wenn man so sagen möchte, auch kulinarischen Raum. Deshalb bewegt uns das Thema Europa immer sehr, und der Kollege Commerçon ist ja immer sehr differenziert, wenn in der letzten Zeit über „Grenzschließungen“ oder „verstärkte Grenzkontrollen“ zu sprechen war. Einige von uns waren von Beginn an gegen diese Maßnahmen und haben auch dagegen protestiert, haben sie aber in der Not zunächst einmal auch akzeptiert. Diese Maßnahmen waren unter den ersten, die in der Krise umgesetzt wurden. Deute ich das, was vom Bundesinnenminister zu hören war, richtig, werden diese Maßnahmen auch unter den letzten einschränkenden Maßnahmen sein, die zurückgenommen werden. Das gilt zumindest, wenn