Protocol of the Session on May 13, 2020

Zur DNA - um in der Wissenschaftssprache zu bleiben - des Saarlandes gehört: Keiner fällt bei uns durchs Netz! Für viele Saarländerinnen und Saarländer, denen es schon ohne eine Krise am Nötigsten fehlt, war und ist die COVID-19-Pandemie vor allem eine soziale Herausforderung. Denn diese Krise trifft die sozial Schwachen härter als diejenigen, die finanziell abgesichert sind. Auch hier müssen wir dafür sorgen, dass wir die Menschen bei der Bewältigung dieser Probleme nicht alleinlassen.

So hat die Landesregierung bereits in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Familien in unverschuldeten Notsituationen zu helfen. Ich nenne hier beispielhaft die Erstattungen von Stornokosten wegen abgesagter Schulfahrten, das ist nicht zu unterschätzen gerade bei Familien mit mehreren Kindern, ich nenne die Erstattung der Elternbeiträge für die Freiwillige Ganztagsschule und die Kindertagesstätten im April 2020 in Höhe von rund 11 Millionen Euro durch das Kultusministerium, ich nenne die Aufhebung von Stromsperren bei einkommensschwachen Haushalten durch den Einsatz des Verbraucherschutzministeriums und die Versorgung bedürftiger Familien mit Obst und Gemüse aus dem EU-Schulobstprogramm. Weil ja kein Schulunterricht mehr stattgefunden hat, war es eine hervorragende Idee, das über die Tafeln und tafelähnliche Einrichtungen zu verteilen.

Besonders betroffen von der Krise sind aber auch Studentinnen und Studenten. Manche Studierende finanzieren ihren Lebensunterhalt bisher ganz oder

teilweise über eine Nebentätigkeit. Viele dieser typischen Jobs für Studierende, wie etwa das Kellnern, fallen in der aktuellen Krise weg. Auch hier haben wir gemeinsam mit dem Bund schnelle und großzügige Regelungen gefunden. So wird etwa das Sommersemester 2020 keine negativen Auswirkungen auf die BAföG-Förderhöchstdauer haben. Für Studierende, die pandemiebedingt in eine finanzielle Notlage geraten sind, hat die Landesregierung die Hilfe um zusätzlich 120.000 Euro aufgestockt. Damit können Zuschüsse in Höhe von 300 Euro für akute Notlagen vergeben werden.

Gestern war der Tag der Pflegenden. Natürlich muss man auch diese Menschen unterstützen, die gerade ganz vorne an der Front stehen. Deswegen bin ich froh, dass der Bund gesagt hat, für die Pflegekräfte in der Altenhilfe gibt es 1.000 Euro. Ich bin auch froh, dass Monika Bachmann und Peter Strobel geklärt haben, dass die 500 Euro, die zusätzlich kommen sollen, komplett aus Landesmitteln kommen, damit das nicht auf die Träger umgelegt wird, denn wir wissen, dass das dann vielleicht doch nicht ganz bei den Beschäftigten ankommt. Ich finde, das ist auch ein gutes Signal der Wertschätzung für diese Menschen. Wir tun unser Möglichstes, um während dieser Krise niemanden mit seiner Not alleinezulassen. Ich denke, das ist auch beste saarländische Tradition. Das, meine Damen und Herren, sollten wir niemals vergessen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese tiefgreifende Krise hat uns nochmals in besonderer Weise gezeigt, wie sehr das Saarland in solch existenziell bedrohlichen Situationen zusammenhält. Das Saarland hat sich insbesondere solidarisch gezeigt mit den Schwächeren, mit denen, die Hilfe brauchen und die diese Krise vor schier unlösbare Probleme stellt. Wir haben gesehen, wie sich Menschen generationenübergreifend in der Nachbarschaftshilfe engagiert haben, wie sich Menschen um die Versorgung Älterer gekümmert haben. Wir haben gesehen, wie sie sich um Bedürftige gekümmert haben, um die Menschen, die auf die Hilfe der Tafeln angewiesen sind, oder um Menschen, die obdachlos sind. Junge Menschen kaufen für Nachbarn ein, die sie vorher nicht einmal gekannt haben. Mit Gutscheinsystemen und Spenden werden Stammkneipen, Restaurants, Musikerinnen und Musiker und Theaterleute unterstützt. Saarländerinnen und Saarländer nähten sogar Behelfsmasken für Krankenhäuser, für die Pflegekräfte im Saarland.

Wir haben gesehen, wie sich Menschen in Netzwerken verbunden haben, um anderen zu helfen. Viele Organisationen von der Politik über die sozialen Dienste, von den Hilfsorganisationen bis hin zu sozialen und kirchlichen Trägern, von kulturellen Institutionen über Bildungseinrichtungen bis hin zu privaten Zusammenschlüssen und zu Verbünden auch

(Ministerpräsident Hans)

von Wirtschaftsunternehmen waren und sind in diesem Land zur Stelle, um andere mit ihrer Hilfe sicher durch die Gefahren und Risiken der Pandemie zu begleiten.

Wir haben unglaubliches Engagement von Frauen und Männern gesehen, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. An vorderster Stelle natürlich das Pflegepersonal in unseren Kliniken und Betreuungseinrichtungen, aber auch unsere Mediziner, unserer Polizistinnen und Polizisten, die Männer und Frauen an unseren Corona-Hotlines in den Ministerien, die Kassiererinnen und Kassierer, die Mitarbeitenden im Einzelhandel, die Beschäftigten im Entsorgungsbereich, die Techniker und Ingenieure, die für die Sicherheit von kritischer Infrastruktur verantwortlich sind und immer dazu beigetragen haben, selbst wenn es einmal stürmte, dass dies gesichert ist. Sie haben für Strom, Wasser und die Kommunikationsnetze gesorgt, für all das, ohne das unsere moderne Gesellschaft nicht funktionieren würde.

Ich will auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsämter nennen. Es gab keine Schalte zwischen der Kanzlerin und den Regierungschefs und -chefinnen, in der nicht noch einmal genau nachgefragt worden ist, ob die Gesundheitsämter die Nachverfolgung der Testungen genau abgleichen. Auf diese Menschen ist es angekommen. Ich will die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behinderteneinrichtungen, der Notbetreuungen, die Ehrenamtlichen der Rettungsdienste und des THW nennen, sie alle haben sich über das normale Maß hinaus engagiert und sich auch gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Das muss man auch einmal sagen. Es sind Menschen, die Familie zuhause haben, die aber gesagt haben: Ich nehme es in Kauf, ich mache meinen Job, ich will an vorderster Front helfen. - Ich will all diesen Menschen sagen: Dieses Engagement wird gesehen und es verdient großen Dank.

(Beifall des Hauses.)

Wir haben auch gesehen, dass Christen, Muslime und Juden auf jahrhundertealte Traditionen wie Gottesdienste und religiöse Rituale verzichtet haben, auf Pessach, Ostern und den Ramadan. Für viele Wochen gab es keine gemeinsamen Gebete mehr in Kirchen, Moscheen oder Synagogen. Trotzdem oder gerade deshalb haben wir am Abend wohltuend das Glockengeläut gehört als Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts und für manche auch als Einladung zum Gebet. Ich bin tief beeindruckt, wie sehr sich das Miteinander aller Gläubigen, gleich welcher Religion, gerade in dieser Situation im Saarland bewährt hat. Das ist ein gutes Zeichen - auch für die Zeit nach Corona, nicht nur für die Zeit während Corona.

Zusammenzuhalten in Zeiten der Not ist eine der Grundtugenden der Menschen in unserem Land. Wir

wissen das, weil wir die hohe Zahl der Ehrenamtlichen in unserem Land kennen. Wir wissen das aus der saarländischen Geschichte, aus den vielen Situationen, in denen Saarländerinnen und Saarländer diesen Zusammenhalt bewiesen haben. Gerade in der Zeit von einschneidenden Beschränkungen haben die Menschen an der Saar Solidarität und Hilfsbereitschaft gezeigt. Und das war und ist bei allen Schwierigkeiten, Sorgen und Problemen der Krise etwas Großartiges. Das verdient unser aller Anerkennung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bewältigung dieser Krise wird unserem Land erhebliche finanzielle Anstrengungen abverlangen. Die Grundlage für die heutige Handlungsfähigkeit in der Corona-Krise haben wir in den letzten Jahren gelegt: mit der Schuldenbremse, einer grundsoliden Haushaltsführung, der Rückführung der Verschuldung und der Schaffung von finanziellen Polstern und Spielräumen. Unsere langjährige, klare Linie bei den Finanzen wurde damit mehr als bestätigt. Damit verfügen wir nun über den notwendigen Spielraum für Zukunftsinvestitionen, für das Jahrzehnt der Investitionen. Meine Damen und Herren, an diesem Jahrzehnt der Investitionen werden wir auf jeden Fall festhalten. Das ist die klare Botschaft auch in Zeiten der Krise.

Massiv betroffen von den Verlusten und Einschränkungen der Krise sind aber auch unsere Kommunen im Saarland. Sie haben erhebliche Einnahmeverluste hinzunehmen, sei es durch das Wegbrechen von Steuereinnahmen, den Ausfall von Einnahmen durch das Stunden von Gebühren, Mieten und Pachten oder durch ihre in Not geratenen kommunalen Wirtschaftsbetriebe, die ihre Gewinne nicht mehr wie bisher in die kommunalen Haushalte fließen lassen können.

Gleichzeitig belastet die Corona-Krise die kommunalen Haushalte zusätzlich durch zu erwartende Mehrkosten im sozialen Bereich. Dabei hatten viele Kommunen im Saarland-Pakt gerade ein wenig Licht am Ende des Tunnels gesehen. Ich betone aber klar und deutlich: Die Ziele, die wir uns als Landesregierung mit diesem Programm, mit diesem SaarlandPakt, gesetzt haben, werden wir auch jetzt in der Corona-Krise nicht aufgeben.

Zusammen mit unserem Finanzminister Peter Strobel, aber auch im engen Austausch mit dem Bund werden wir darauf hinarbeiten, dass den Kommunen in dieser unverschuldeten Notsituation Hilfe zuteil wird. Leistungsfähige, handlungsfähige Kommunen sind der Schlüssel zu gleichwertigen Lebensverhältnissen überall in unserem Land. An der Wahrheit dieses Satzes hat sich auch durch Corona überhaupt nichts geändert.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Ministerpräsident Hans)

Liebe Saarländerinnen und Saarländer, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Corona-Krise geht in ihren Auswirkungen über vieles hinaus, was die Menschen in unserem Land bisher erlebt haben. Sie hat Situationen geschaffen, die unser Gesundheitssystem, unsere Wirtschaft, unser Bildungssystem, unsere freiheitliche Art zu leben auf eine harte Probe gestellt haben und noch weiter stellen werden.

Parallel zur Bewältigung der Krise müssen wir jetzt schon Konsequenzen aus dem ziehen, was wir aus der Krise gelernt haben. Wir haben erlebt, wie zerbrechlich unsere Zivilisation ist, wie verletzbar unsere Wirtschaft und wie fragil unser Lebensstandard ist. Unser Land wird nach Corona ein anderes sein.

Jetzt geht es nicht darum, in den früheren Zustand zurückzukehren, koste es, was es wolle. Was wir brauchen, ist vielmehr eine innovative Zukunftsperspektive. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unser Land zukünftig bei solchen Krisen robuster und widerstandsfähiger ist. Wir dürfen dabei nicht nur mögliche Pandemien in den Blick nehmen, wenn ich von Krisen rede, sondern müssen auch den Klimawandel und den Verlust an Artenvielfalt, die Gefährdungen, die es im Cyberbereich gibt, und die Anfälligkeit unserer Infrastruktur beachten. All das muss in den Blick genommen werden. Wir haben gelernt: Wir müssen nicht nur unser Wirtschaftssystem robuster machen. Das Gleiche gilt vielmehr auch für unsere sozialen Sicherungssysteme, unser Bildungssystem, unser Gesundheitssystem und für unsere Digitalkompetenz. An all dem müssen wir arbeiten, in all diesen Bereichen müssen wir sehr viel krisen- und zukunftssicherer werden. Dazu gehört auch, dass lebenswichtige Produkte nicht nur, aber auch in Europa hergestellt werden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Meine Damen und Herren, Krisen, das wissen wir an der Saar aus eigenen Erfahrungen, sind auch Wendepunkte. Es sind Zeiten, in und aus denen Neues entstehen kann. Die Krise, in der wir gerade stehen, ist epochal. Deshalb müssen auch unsere Anstrengungen zur Überwindung der Krise epochal sein. Schaffen werden wir das nur, wenn wir kraftvoll und mutig die Herausforderungen annehmen.

Wir werden unser Land nur dann aus der Krise führen, wenn wir gemeinsam handeln und solidarisch zusammenstehen. Und wir werden nur dann Erfolg haben, wenn wir nicht verzagen und geduldig Schritt für Schritt den Weg in eine neue Normalität gehen. Das alles sind Eigenschaften, meine Damen und Herren, die uns Menschen an der Saar auszeichnen und die wir jetzt mehr denn je brauchen.

Wir können die Krise überwinden, wir können gestärkt aus der Krise hervorgehen. Aber das erfordert eine große Kraftanstrengung von uns allen. Diese Kraftanstrengung wird in den kommenden Monaten

unser permanenter Begleiter sein. So sehr Forschungseinrichtungen weltweit an einem Wirkstoff und einem Impfstoff arbeiten, so wenig wissen wir, wann er vorhanden sein wird und wann eine Befreiung aus der Pandemie dadurch gelingt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Lage ist und bleibt unverändert ernst - ungeachtet aller bisherigen Erfolge. Von daher sollten wir uns noch auf einen langen Weg einstellen, der von uns Geduld, Disziplin und äußerste Vorsicht fordert. Wir brauchen weiterhin einen langen Atem. Aber ich bin mir sicher: Gemeinsam werden wir auch diese Herausforderung meistern. Wir Saarländerinnen und Saarländer können Krise. Wir können Gemeinsamkeit. Darauf setzen wir in dieser ganz gewiss nicht leichten Situation. - Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten für seine umfassende Regierungserklärung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Aussprache über die Regierungserklärung. Wir haben zu Beginn unserer Sitzung vereinbart, dass wir die Aussprache zur Regierungserklärung verbinden mit der Behandlung der Tagesordnungspunkte 3, 4 und 5.

Zu den Punkten 3, 4 und 5 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Sicherstellung der parlamentarischen Kontrollfunktion bei Maßnahmen der Landesregierung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (Infektionsschutz-Parlaments-Kontrollgesetz - IfSPKG) (Drucksache 16/1301)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Mit einem starken Parlament die Corona-Krise bewältigen (Drucksache 16/1302)

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Schlüsselindustrien unterstützen dem Rückgrat der Saar-Wirtschaft durch die (Corona-) Krise helfen (Drucksache 16/1303)

Zur Begründung des Gesetzentwurfs der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine das Wort.

(Ministerpräsident Hans)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meinem Beitrag komme, möchte ich Folgendes sagen: Der Ministerpräsident hat heute schon vielen gedankt, wir schließen uns diesem Dank an. Ich möchte auch der Landtagsverwaltung danken, die diese Veranstaltung hervorragend organisiert hat. Ich bin wirklich beeindruckt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall des Hauses.)

Wie Sie wissen, gehöre ich diesem Haus mit Unterbrechungen seit 50 Jahren an. Ich kann ohne Einschränkung sagen, die Debatte, die wir heute führen, ist eine der schwierigsten und wichtigsten, vielleicht die schwierigste und wichtigste, die wir in den letzten Jahrzehnten geführt haben. Wir suchen einen richtigen Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kennen ihn aber noch nicht. Wir befinden uns auf dünnem Eis oder wir stochern im Nebel, wir tasten uns voran, weil wir zu wenig über den Verlauf dieser Krise wissen. Wir sind alle noch beeindruckt von den Bildern aus Italien, die uns als erstes schockiert haben. Wir haben einiges gelernt, es tauchte plötzlich das Wort von der Triage auf. Jeder hat sich vorgestellt, was es bedeutet, wenn wir in eine solche Situation kommen. Wenn ich das Wort von der Triage verwende, dann will ich darum bitten, dass wir solche Wörter auch immer übersetzen. Wir sollten nicht nur an diejenigen denken, die Zeitung lesen und sich ständig mit politischen Themen beschäftigen, sondern wir sollten auch an die Menschen denken, die uns zuhören und die etwas hören wollen, das sie ermutigt, damit sie den nächsten Monaten entgegensehen können. Wir wollen nicht in eine Situation kommen, in der Ärzte darüber entscheiden, wer noch behandelt wird und wer nicht, weil er zum Beispiel bereits über 80 Jahre alt ist. Das wäre unserer Demokratie nicht würdig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen.)

Es war sehr schnell klar, dass Abstandhalten das Entscheidende sein würde, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Wir standen alle vor der Frage, welchen Weg wir gehen. Gehen wir den schwedischen Weg, gehen wir den Weg der USA oder den von Großbritannien? Ich bin der Auffassung, dass der Bund und die Länder richtig gehandelt haben. Deswegen will ich hier ausdrücklich feststellen, dass auch die saarländische Landesregierung nach unserer Auffassung richtig gehandelt hat. Sie hat deshalb bei den meisten Entscheidungen unsere volle Unterstützung. Es bestand keine andere Möglichkeit. Das sage ich unabhängig davon, dass man da oder dort selbstverständlich Kritik üben muss. Das ist auch unsere Aufgabe, aber im Grundsatz hat die Regie

rung gut gearbeitet, der bisher eingeschlagene Weg war erfolgreich und richtig.

(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen.)

In diesem Zusammenhang ist die Frage aufgeworfen worden, ob unsere Demokratie in Gefahr ist. Darauf möchte ich ergänzend zu Ihren Ausführungen etwas näher eingehen. Diese Frage wird ja auch auf vielen Kundgebungen und Demonstrationen gestellt. Deshalb möchte ich zunächst sagen: Die Demokratie ist immer in Gefahr, sie ist aber nicht Gefahr, wenn die Landesregierung im Falle einer Krise solche Entscheidungen trifft, wie sie jetzt getroffen wurden. Bei diesen Demonstrationen liegt ein falscher Begriff von Demokratie und von Freiheit zugrunde. Demokratie heißt nicht, dass eine Minderheit ihre Meinung durchsetzt, Demokratie heißt immer noch, dass sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Ministerpräsident, dass schon vor den Entscheidungen des Bundes und der Länder die Mehrheit der Menschen in Deutschland angefangen hat, sich so zu verhalten, wie es nachher durch die Entscheidungen vorgegeben wurde. Das haben alle Mobilitätsdaten von Apple, Google und anderen hergegeben. Insofern hat die Regierung das getan, was der kleine Prinz einem klugen Regenten geraten hat, nämlich die Anordnungen zu erlassen, die das Volk auch wirklich nachvollziehen will. Insofern sind diese Beschwerden, die auf den Demonstrationen geäußert werden, im Hinblick auf die Demokratie an dieser Stelle nach unserer Auffassung falsch.

Der Freiheitsbegriff ist noch wichtiger. Freiheit heißt nun einmal selbstverständlich das Recht eines jeden Menschen, das zu tun, was er will. Aber dieser Freiheitsbegriff hat eine ganz entscheidende Einschränkung, und darauf kommt es hier an. Niemand hat das Recht, einem anderen Schaden zuzufügen. Das Recht des Einzelnen wird immer begrenzt durch das Recht des anderen etwa auf Gesundheit und auf Leben. Insofern sind Beschwerden, dass die Maßnahmen, die angeordnet wurden, die Freiheit einschränken, falsch. Sie sind sogar Grundbestandteil jeder Freiheit, weil die Freiheit immer auch die Freiheit des jeweils anderen ist. Insofern, meine ich, müssen wir solche Beschwerden zurückweisen.

(Beifall von der LINKEN.)

In diesen Zusammenhang gehört dann auch unsere Vorgehensweise. Es ist Aufgabe einer Opposition, bei solch schwierigen Debatten, die keine Alltagsdebatten und nicht dafür geeignet sind, wohlfeile Kontroversen künstlich hochzuziehen, darauf bedacht zu sein, die Handlungsfähigkeit der staatlichen Organe zu halten. Deshalb habe ich die Gesprächsangebote von Ihnen, Herr Ministerpräsident, und von Ihnen, Frau stellvertretende Ministerpräsidentin, gerne angenommen. Selbstverständlich sind wir bereit, uns

auszutauschen. Wir sind dankbar für entsprechende Unterrichtungen, die wir noch nicht haben. Wir wollen konstruktiv mitarbeiten, was nicht ausschließt, dass wir dort kritisieren, wo wir glauben, dass kritisiert werden muss. Das ist unsere Aufgabe als Opposition. Die Opposition können wir in Corona-Zeiten nicht aufgeben. Ich glaube, da stimmen selbst die Vertreter der Regierungsparteien zu.