Für die vor uns liegende Zeit, für die zweite Phase der Pandemie, verfolgt die Landesregierung im Kern folgende Strategien: Erstens werden wir weiterhin Vorsorge betreiben für den Fall, dass sich die Infiziertenzahlen wieder erhöhen sollten. So müssen bis auf Weiteres beispielsweise 35 Prozent der Intensivbeatmungsbetten für COVID-19‑Patienten freigehalten werden. Die Krankenhäuser müssen bei ihrer Belegungs- und Leistungsplanung gewährleisten, dass sie innerhalb von 48 Stunden wieder im Krisenmodus COVID‑19 arbeiten können.
Zweitens müssen wir die Infektionsketten aufklären und so viel wie möglich testen. Nur so kann man die Ausbreitung des Virus verhindern. Dazu müssen wir unsere Gesundheitsämter weiter stärken und unsere Testkapazitäten noch erhöhen. Unser Gesundheitsministerium wird zudem gemeinsam mit der Virologie des Universitätsklinikums in Homburg in den nächsten Wochen das Blut von rund 2.300 Saarländerinnen und Saarländern auf Antikörper testen. Das Saarland ist damit das erste Bundesland, das repräsentativ für das gesamte Land eine entsprechende Studie auf den Weg bringt. Dadurch halten wir das Ausbruchsgeschehen im Saarland stets im Blick. Ich bin zudem der festen Überzeugung, dass wir dadurch auch wichtige Hinweise zur Bekämpfung des Virus sowohl in deutschlandweiter als auch internationaler Perspektive liefern können.
Drittens: Wir werden die Kontaktbeschränkungen grundsätzlich weiter aufrechterhalten müssen. Solange es kein Medikament und keine Impfung gegen das Coronavirus gibt, ist dies unsere einzige Möglichkeit, die Pandemie einzudämmen. Ganz entscheidend ist deshalb, dass alle Saarländerinnen und Saarländer diszipliniert bleiben.
Viertens: Wir werden die Kontaktbeschränkungen stufenweise lockern, wo immer das möglich ist. Besonders freue ich mich darüber, dass die Infektions
zahlen es jetzt zulassen, das Gastgewerbe im Saarland schrittweise wieder zu öffnen. Sowohl für die Gastronomie als auch für das Beherbergungsgewerbe wird eine gleichzeitige Öffnung ab dem 18. Mai natürlich unter Auflagen - ermöglicht. Damit erhalten die Betriebe eine Perspektive, um aus dieser unverschuldeten Krise herauszukommen, ohne dass dabei die gesundheitlichen Aspekte vernachlässigt werden. Man konnte ja kürzlich schon nachlesen, was alles durch unsere Gastronomen und Beherbergungsbetriebe zu stemmen ist.
Fünftens: Wir brauchen klar definierte Werte, ab wann welche Maßnahmen wieder ergriffen werden müssen, wenn das Infektionsgeschehen wieder ansteigen sollte. Ein einzelnes Ereignis, ein regional ansteigendes Infektionsgeschehen, darf künftig nicht mehr dazu führen, dass das gesamte Land lahmgelegt wird. Für den Fall, dass irgendwo etwas passiert, dass die Zahlen wieder über ein beherrschbares Maß steigen, brauchen wir einen regionalen Notfallmechanismus. Darauf wird es nun, da wir mehr darüber wissen, wie das ablaufen kann, bei der Bewältigung der Pandemie ankommen. Deshalb haben wir uns mit Bund und Ländern auf den Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner innerhalb einer Woche in einem Kreis verständigt. Ich füge hier an, dass wir natürlich auch bei einer niedrigeren Zahl handeln werden. Gerade heute hat das ja auch der Landrat des SaarpfalzKreises klargestellt. Einzelfallbezogen wird eine solche Reaktion notwendig sein, wenn es sich beispielsweise um ein Infektionsgeschehen in einem besonders gefährdeten Betrieb oder einer besonders gefährdeten Einrichtung, etwa einer Pflegeeinrichtung oder einer Einrichtung der Altenhilfe, handelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Antwort auf die Frage, wie gut wir durch die Corona-Krise kommen, steht und fällt mit den Fragen, wie widerstandsfähig unsere Wirtschaft in diesen schwierigen Zeiten ist und ob es uns gelingt, unsere Wirtschaft zeitnah zu reaktivieren. An der Antwort auf diese Frage hängen Arbeitsplätze, daran hängt Wertschöpfung, daran hängen Steuereinnahmen, und an dieser Frage entscheiden sich letztlich auch die Zukunftsaussichten für unser Land und seine Menschen. Sicherlich wird der Neustart unserer Wirtschaft kein so kalter Neustart wie in anderen Ländern werden, er wird aber auch so anspruchsvoll genug sein. Wir können heute nicht sicher sein, dass der Neustart zum Selbstläufer wird, und wir müssen befürchten, dass die Zeit nicht alle ökonomischen Wunden heilen wird.
In der ersten Phase der Pandemie, die jetzt hinter uns liegt, ging es der Landesregierung mit Blick auf Wirtschaft und Arbeitsplätze darum, sofort zu helfen. Schon zwei Wochen nach Auftreten des ersten Pandemiefalls im Saarland und nur einen Tag nach In
krafttreten der Allgemeinverfügung stellten die Wirtschaftsministerin und der Finanzminister in einer Pressekonferenz ein erstes kurzfristiges und wirksames Hilfspaket der Landesregierung vor. Damit haben wir für viele Selbstständige, für kleine und mittelständische Betriebe und auch für größere Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen Brücken gebaut, Brücken über die erste Zeit der coronabedingten Einschränkungen. Und wir haben so auch Perspektiven eröffnet auf dem Weg bis zur Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Dieses kraftvolle Maßnahmenpaket hat Unternehmer und Arbeitnehmer, das Handwerk, die Industrie und den Handel, aber auch Freiberufler und Kreativschaffende gleichermaßen in den Blick genommen.
Zum Gesamten gehören Bundeshilfen etwa für den Schutzschild für Selbstständige, Freiberufler und kleine Betriebe mit einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro, ein Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 600 Milliarden Euro und die Anhebung des Garantierahmens für KfW-Kredite - für unsere Unternehmen ganz wichtig - in einem Umfang von bundesseitig 822 Milliarden Euro. Diese Werkzeuge haben wir landesseitig mit eigenen Mitteln geschärft und die Vergabe beschleunigt, indem wir eine Kleinunternehmer-Soforthilfe mit 30 Millionen Euro angesetzt haben, die mit über 58 Millionen Euro Antragsvolumen angefragt wurde. Dieses saarländische Soforthilfeprogramm wurde zwischenzeitlich über 13.900 Mal beantragt, wobei über 12.600 Mal positiv beschieden wurde. Das ist, so meine ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Quote, die sich wirklich sehen lassen kann.
Mit einem Mittelstands-Hilfsprogramm haben wir ein ähnliches Sofortprogramm über 82 Millionen Euro aufgelegt. Ergänzend dazu wirken unsere Liquiditätsprogramme, die Erleichterungen im Bereich der Steuervorauszahlungen, der Umgang mit Verlusten, die Anpassungen beim Arbeitslosengeld oder die Mehrwertsteuersenkung für unsere Gastronomie.
All das, meine Damen und Herren, wurde in den letzten Wochen unter Hochdruck und mit unglaublichem Einsatz unserer Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger und ihres Hauses geleistet. Dafür und auch für die ansonsten überaus gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb unserer Koalition möchte ich mich ausdrücklich bedanken, liebe Anke Rehlinger. Das ist nicht selbstverständlich, zeigt aber deutlich, dass wir in diesem Land bereit sind, alles zu geben, damit wir vorankommen.
Meine Damen und Herren, die staatliche Absicherung von Risiken, wie wir sie geschaffen haben, ist oberstes Gebot in einer Wirtschaftskrise. Denn es handelt sich eben um eine Wirtschaftskrise, die nun durch die Corona-Pandemie entstanden ist. Aber die
staatliche Absicherung allein wird nicht reichen, sie allein wird nicht alle Probleme lösen. Wir alle wissen: Vor uns liegt eine unglaublich schwere Zeit. Die neuesten Prognosen zur Entwicklung der Wirtschaftszahlen zeichnen für unsere Wirtschaft ein dramatisches Bild. Es droht uns ein spürbarer Verlust an Wertschöpfung und, schlimmer noch, an Arbeitsplätzen; daran konnten wir uns gedanklich noch gar nicht gewöhnen. Es wird daher eine wahre Herkulesarbeit werden, Insolvenzen wo immer möglich zu vermeiden und das Wegbrechen von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Dabei trifft die Krise das Saarland zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Unser Land befindet sich mitten in einem epochalen Strukturwandel, dies ganz ohne Corona-Pandemie. Auch ohne diese besondere Herausforderung war die Situation schwierig genug, wir haben hier ausführlich darüber debattiert. Alte Industrien sind noch nicht weit genug modernisiert und damit gefährdet. Neue Branchen und Wirtschaftszweige sind noch nicht weit genug entwickelt, um die zu erwartenden Verluste in den traditionellen Wirtschaftsbereichen zu kompensieren.
Uns allen muss klar sein: Die Corona-Krise wird, wie alle Krisen, die man in der Geschichte gesehen hat, Entwicklungen beschleunigen, positive wie negative. Branchen und Unternehmen, die vor der Corona-Krise schon gewackelt haben, sind jetzt vom Einsturz bedroht. Es gehört zur politischen Redlichkeit, klar auszusprechen: Wir werden nicht in der Lage sein, alle negativen Entwicklungen, dies es nun gibt, auszugleichen und für alle Ausfälle und Einbußen aufzukommen. Das wird nicht möglich sein. Wir werden aus der Krise nicht so herauskommen, wie wir in sie hineingegangen sind. Egal, wie gut wir die Dinge auch selbst regeln mögen: Es werden gerade auch für exportabhängige Regionen wie das Saarland zusätzliche Herausforderungen und Unwägbarkeiten aus den internationalen Verflechtungen erwachsen. Wir, Anke Rehlinger und ich, haben uns gerade gestern mit Unternehmern unterhalten: Das Problem ist ja, dass es zumindest denkbar ist, dass wir möglicherweise im Inneren das Problem noch halbwegs in den Griff bekommen, aber bezüglich des Absatzes in den Märkten außerhalb Deutschlands oder sogar außerhalb Europas stellt sich uns eine unfassbar große Herausforderung, die für die gesamte politische Klasse in diesem Land jede Menge Arbeit mit sich bringen wird.
Diesen Veränderungen müssen wir uns alle stellen, die Betriebe wie die Politik. Wir dürfen dabei nicht von unserem Weg des konsequenten Strukturwandels, den wir hier im Saarland gehen, abrücken. Wir müssen Chancen finden und dann auch für uns nutzen. Warum sollte unser schönes Bundesland nicht in einer Zeit, in der der inländische Tourismus ansteigt, eben auch einen großen Anteil daran haben?
Und warum nehmen wir nicht den neuen Schwung auf, den beispielsweise die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft in den letzten Wochen erfahren hat? Wer hätte denn geglaubt, dass man ohne Weiteres nicht mehr die Frage stellt: Kann man das per Videokonferenz machen?“, sondern dass die einzigen Fragen sind: „Wer lädt ein?“, „Ist es in einer halben Stunde oder in einer Stunde?“? Warum überführen wir nicht diesen Schwung in neue Geschäftsmodelle, Wertschöpfungsketten und Beschäftigungschancen in zukunftsfähige Wachstumsstrukturen? Ich denke: Genau dies sollten wir als zentrale Aufgabe für die kommenden Wochen und Monate begreifen.
Hinzu kommt: Unser „Jahrzehnt der Investitionen“ der Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung und in Wissenschaft und Forschung - muss auch und gerade unter den Corona-Bedingungen unbedingt Realität werden! Daran lohnt es sich zu arbeiten.
Wir setzen dabei darauf, mit Innovationen aus der Krise zu kommen, mit Digitalisierung und Zukunftstechnologien, mit der beschleunigten Modernisierung auch unserer Traditionsindustrien, die dort eifrig mitmachen. Jetzt erst recht gilt das Bekenntnis zu unseren Zukunftsschwerpunkten, zu KI, Künstlicher Intelligenz, und Cybersicherheit, mit denen wir das Saarland zur Herzkammer für KI und Cybersicherheit in Europa machen wollen, das Bekenntnis zu unseren Exzellenzclustern in den Lebenswissenschaften, in Materialwissenschaften, aber auch zu Smart Factory und Smart Home. Das sind wichtige Themen für uns hier im Saarland, die wir weitertreiben müssen. Insbesondere ist es aber wichtig, Modernisierung und Zukunftsinvestitionen auch in der Wirtschaft nicht nur weiter voranzutreiben, sondern zu beschleunigen, insbesondere die Digitalisierungsprojekte auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0 weiterzuverfolgen. Den im Saarland vorhandenen Unternehmergeist und Gestaltungswillen wird die Landesregierung nicht nur begrüßen, sondern unterstützen und fördern. Die im angelsächsischen Raum bekannte Mentalität des Wiederaufstehens und der zweiten Chance sollten wir hierbei spiegeln! Das sind Dinge, die viele Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrer DNA haben. Dabei müssen wir sie jetzt unterstützen!
Ein Schutzschirm für die Wirtschaft ist der erste Schritt in einer umfassenden wirtschaftspolitischen Antwort auf die Corona-Krise. Doch weitere Schritte werden notwendig sein, damit Wirtschaft und Gesellschaft den Weg aus der Krise heraus auf einen sozial ausgewogenen, nachhaltigen Wachstumspfad finden können. Die Landesregierung wird deshalb ihre Strukturwandelinitiative dazu nutzen, in den nächsten Wochen die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die saarländische Wirtschaft fortwährend zu
analysieren. Sie soll bereits eruierte Handlungsbedarfe anpassen, innovative Ansätze fortentwickeln und auf dieser Basis Vorschläge erarbeiten, wie intelligente private und öffentliche Maßnahmen und Investitionen mobilisiert werden können, um die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Wir haben das gestern, liebe Anke Rehlinger, Strukturwandelinitiative-Update genannt. Über dieses Update wird die Landesregierung dem Parlament berichten. Wir werden vor allem aber auch die Akteure einbinden.
Der erfolgreiche und zukunftsfeste Neustart unserer Wirtschaft ist wirklich eine gigantische Herausforderung, ich hoffe, das konnte ich deutlich machen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir sie bewältigen können. Was wir dafür brauchen, ist ein langer Atem, die Fähigkeit, schwierige Situationen und Unsicherheiten auszuhalten, wir brauchen aber auch den unternehmerischen Mut, neue Wege zu gehen, sich auf disruptive Entwicklungen einzustellen und die Werkzeuge und Fähigkeiten im Krisenmanagement zu verbessern. Wir brauchen das Engagement und die Leidenschaft unserer kleinen und großen Betriebe im Saarland, die mit harter Arbeit und auch Glück letztendlich gestärkt aus der Krise hervorgehen sollen. Und wir brauchen Tatkraft und Zuversicht, um für dieses Land und die Saarwirtschaft die Dinge zum Guten zu wenden. Hierzu bin ich bereit. Diesem Ziel werden ich und die Landesregierung unsere ganze Kraft widmen. Ich bin sicher, dass es dafür auch die Unterstützung dieses Hohen Hauses geben wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, was vielen Erwachsenen gar nicht so bewusst ist: Am meisten gelitten unter den Einschränkungen der letzten Monate haben die Familien. Die Schließung der Kitas und Schulen war mit erheblichen Folgen für unser gesamtes soziales Zusammenleben verbunden. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sie mit der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf nicht alleingelassen werden. Da sind schon Dilemmata und Widersprüche entstanden. Auf der einen Seite ist gesagt worden: Großeltern sehen, das geht jetzt nicht, das ist eine gefährdete Gruppe. Auf der anderen Seite ist aber erwartet worden, dass man zur Arbeit geht, auch wenn keine Kinderbetreuung da ist. Das zusammenzubringen, war schlichtweg nicht möglich.
Am 16. März 2020 haben wir die vorübergehende Aussetzung des Präsenzunterrichts und der Betreuung auf den Weg gebracht. Wir wussten, dass dies ein massiver Eingriff in den Alltag der Kinder und Eltern ist. Deshalb hat die Landesregierung unmittelbar und zeitgleich eine Notbetreuung unter strengen Vorgaben organisiert, um die Gesundheit unserer Kinder und die des Betreuungs- und Schulpersonals zu gewährleisten.
Mit der verstärkten Wiederaufnahme des Arbeitsund Wirtschaftslebens steigt nun natürlich auch der Betreuungsbedarf. Uns hat dabei auch der Gedanke geleitet, dass die Kindertagesbetreuung die erste institutionelle Bildungseinrichtung in der Bildungsbiografie der Kinder ist, die auch erheblich zur Bildungsgerechtigkeit in unserem Land beiträgt. Unter Wahrung der Anforderungen des Gesundheitsschutzes ist uns die Ausweitung der Notbetreuung bis hin zur Öffnung deshalb für die Kinder ein ganz wichtiges bildungspolitisches Anliegen. Deshalb hat auch die weitere Öffnung der Kindertageseinrichtungen unter Beachtung der Schutzvoraussetzungen für uns eine ganz besonders hohe Priorität. Wir orientieren uns dabei an einem Vierstufenplan, den die Fachministerinnen und Fachminister von Bund und Ländern gemeinsam verabschiedet haben und der immer wieder neu überprüft und an die Gegebenheiten hier im Land angepasst wird. Die vier Phasen sind: erstens Notbetreuung, zweitens Ausweitung der Notbetreuung, drittens eingeschränkte Rückkehr zum regulären Betrieb und viertens Rückkehr zum regulären Betrieb.
Aktuell - und die Bildungsministerin hat das gestern noch mal mitgeteilt - befinden wir uns in der Phase der ausgeweiteten Notbetreuung. Schon in dieser Woche werden auf Antrag und unter Beachtung der Hygienevorschriften Gruppen mit bis zu zehn Kindern möglich sein. Zudem erarbeiten das Gesundheitsministerium und das Bildungsministerium gemeinsam mit den Trägern im Land ein Konzept, wie und wann wir in die nächste Stufe des eingeschränkten Regelbetriebs eintreten können. Unser Ziel ist, dies möglichst schnell umzusetzen. Es ist natürlich klar, dass auch bei Zehnergruppen noch Kinder ausgeschlossen sind und die Menschen zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehren müssen. Wir sind optimistisch, dass, wenn alles gutgeht, die Zahlen weiter stabil bleiben. Ich glaube, dass das mit Sicherheit bis zum 01. Juni auch der Fall sein kann. Das ist ein gutes, ein wichtiges Signal an die Familien in unserem Land.
Auch bei den schrittweisen Schulöffnungen gehen wir verantwortungsvoll, behutsam und immer mit dem Blick auf das Infektionsgeschehen vor. Unter diesen Voraussetzungen konnten am 04. Mai 2020 die ersten Klassen - die Abschlussjahrgänge, insbesondere die Klassenstufen 9 und 10 an Gemeinschaftsschulen, angehende Abiturientinnen und Abiturienten an den Gymnasien und Gemeinschaftsschulen, Klassenstufe 4 an Grundschulen - wieder in den Schulen unterrichten werden. Nach den ersten Tagen kann man feststellen, dass dies sehr gut funktioniert. Die Bildungsministerin Streichert-Clivot hat darüber gestern dem Ministerrat berichtet. Ich glaube, es ist uns beiden ein Anliegen, heute Danke zu sagen an die Schülerinnen und Schüler und auch deren Eltern, die das diszipliniert mitgemacht haben, vor allem aber natürlich an die Lehrerinnen und Leh
rer, die das mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Schulen organisiert haben. Dass das so gut geklappt hat, ist ein großes Dankeschön wert.
Das gibt uns im Übrigen auch Mut, mit unserem Ziel weiter voranzukommen, bis zu den Sommerferien alle Schülerinnen und Schüler in geeigneter Form wieder in die Schulen zurückkehren zu lassen.
Wir haben in den vergangenen Wochen aber auch festgestellt, dass wir echtes digitales Lernen als weiteren Baustein massiv vorantreiben und intelligent mit Präsenzunterricht verschränken müssen. Es wurden von Lehrerinnen und Lehrern sowie von Schulleiterinnen und Schuleitern in kurzer Zeit zahlreiche pragmatische Ansätze entwickelt, die Kinder auch online zu unterrichten. Hierfür muss man sich einfach bei allen Beteiligten bedanken. Gleichzeitig wurden aber auch die Lücken in unserem digitalen Bildungsangebot sichtbar. Wir brauchen in Deutschland auch Angebote für die digitale Bildung, bei denen die inhaltlichen und pädagogischen Möglichkeiten der Digitalisierung ausgeschöpft werden. Zudem müssen wir endlich die Herausforderung annehmen, für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrkräfte angemessene Ausstattungen zu gewährleisten, was die digitalen Mittel angeht. Die Verfügbarkeit privater Endgeräte darf nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium sein. In der HomeofficeZeit brauchen auch Eltern ihre Laptops, Tablets und Smartphones, dann ist eben oft in den Familien für die Kinder kein Gerät mehr da. Dieses Problem müssen wir angehen, wenn wir die Kinder in den Schulen auf das digitale 21. Jahrhundert vorbereiten wollen.
Nur so erhalten wir die Fachkräfte, die wir in der Zukunft brauchen. Meine Damen und Herren, überall in der Welt setzt man auf Wissenschaft und Forschung, auch gerade jetzt, um diese Pandemie zu bekämpfen. Von daher sind auch unsere Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen derzeit in besonderer Weise gefordert. Sie setzen Forschungsimpulse und leisten rasch und kompetent ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Gleichzeitig sollen sie dazu beitragen, Wirtschaft und Gesellschaft mit innovativem Schwung und neuen Technologien aus der Krise zu begleiten. In dieser Corona-Pandemie werden sie allerdings auch selbst vor große Herausforderungen gestellt, das muss man erwähnen. So werden zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungsaufträge aus der Wirtschaft in diesen Tagen nicht wie geplant durchgeführt, sodass wichtige Drittmittelerträge fehlen. Aus diesem Grund konzipieren derzeit die EU, der Bund und das Saarland Instrumente und Pro
gramme, um einen nachhaltigen Kapazitäts- und Kompetenzverlust im Bereich der öffentlichen Forschung zu verhindern.
Die Staatskanzlei unterstützt aktuell mit Fördermitteln mehrere Projekte in der Virologie des Universitätsklinikums Homburg. Wissenschaftler forschen dort unter anderem an Testsystemen mit dem Ziel, herauszufinden, inwieweit SARS-CoV-2-Antikörpertests eine „falsch-positive“ SARS-CoV-2-Immunantwort anzeigen könnten und sorgen damit für valide Testergebnisse. Es bringt uns ja nichts, wenn irgendein Test vorhanden ist, der aber nicht aussagefähig genug ist. Hier brauchen wir weitere Forschung. Eine weitere von uns geförderte Studie erforscht Marker, welche die Diagnose und Prognose der Lungenerkrankung durch COVID-19 erleichtern. Die saarländische Forschungsexzellenz mehrerer Einrichtungen hat sich hierfür zusammengeschlossen: Die Projektleitung wird aus Professorinnen und Professoren verschiedener Bereiche des UKS, des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung und des DFKI gebildet.
Auch das Projekt SaarCoScreen hat bundesweite Beachtung gefunden. In dieser Studie - sie ist mehr für das bekannt, was sie tut, und nicht dafür, wie sie heißt - werden alle Pflege- und Senioreneinrichtungen im Land untersucht - alle! Infektionseinträge in solchen Einrichtungen sollen damit frühzeitig erkannt und eine Ausbreitung der Infektion gerade bei den gefährdeten Personengruppen unterbunden werden. Da staunen im Moment viele, was wir auf die Beine gestellt haben: Nicht nur, dass wir es geschafft haben, in den Einrichtungen, in denen Fälle aufgetreten sind, spezielle Schutzkonzepte auf den Weg zu bringen, nein, wir haben wirklich alle anderen Pflegeeinrichtungen, die bislang nicht betroffen waren, durchgetestet. Dass das gelungen ist, ist auch Ausweis dafür, dass die saarländische Forschungslandschaft zusammensteht. Dass die UdS, das UKS, das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik und das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung gemeinsam daran mitwirken, zeigt ein weiteres Mal die gute Vernetzung unserer Wissenschaft hier im Land.
Schließlich - auch das belegt die Spitzenposition unserer saarländischen Forschungslandschaft - erwähne ich die Beteiligung des CISPA Helmholtz Zentrums an der Entwicklung einer Corona-Warn-App. Das CISPA hat von Anfang an auf seinen dezentralen Ansatz gesetzt und geholfen, diesen auch durchzusetzen, obwohl das in der Bundesregierung nicht unbedingt die favorisierte Methode war. Das zeigt, dass der Ruf des CISPA mittlerweile ein wirklich guter ist. Ich glaube, damit hat es einen maßgeblichen Beitrag zur Datensicherheit und damit auch zur Akzeptanz dieser App in der Bevölkerung geleistet. Da kann man Professor Backes und seinem Team wirklich mal Dankeschön sagen.
An dieser Stelle möchte ich mich daher nochmals bei allen an den Forschungsvorhaben beteiligten Professorinnen und Professoren sowie den dort eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - das machen ja nicht nur die Chefs alleine - für ihr Engagement bedanken. Das ist wirklich beeindruckend. Ich habe mir das mehrfach vor Ort angeschaut. Dort herrscht an Sonntagen nicht nur Normalbetrieb, sondern es wird im Mehrschichtbetrieb gearbeitet, dort verzichten Leute nicht nur auf Urlaub, sondern auch darauf, Freizeit zu haben; sie geben wirklich alles, um hier weiterzukommen. Das zeigt, wie wichtig die Wissenschaftsnation Deutschland jetzt ist und wie wichtig es auch ist, dass wir unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht diskreditieren, egal ob das in Talkshows ist oder in beiläufigen Bemerkungen. Deutschland ist eine Wissenschaftsnation! Wissenschaft und Forschung leben teilweise auch davon, jeden Tag etwas Neues zu entdecken. Das muss kommuniziert werden, das stelle ich nicht infrage. Aber wir sollten an der Seite unserer Wissenschaftler und Forscher sein.
Zur DNA - um in der Wissenschaftssprache zu bleiben - des Saarlandes gehört: Keiner fällt bei uns durchs Netz! Für viele Saarländerinnen und Saarländer, denen es schon ohne eine Krise am Nötigsten fehlt, war und ist die COVID-19-Pandemie vor allem eine soziale Herausforderung. Denn diese Krise trifft die sozial Schwachen härter als diejenigen, die finanziell abgesichert sind. Auch hier müssen wir dafür sorgen, dass wir die Menschen bei der Bewältigung dieser Probleme nicht alleinlassen.