Protocol of the Session on January 15, 2020

(Abg. Commerçon (SPD) )

Hier vor Ort müssen wir gleichzeitig unsere Industrie dabei unterstützen, sich so auszurichten, dass sie künftig weniger anfällig für Schwankungen am Markt ist. Ich werde nicht müde, an dieser Stelle immer wieder zu betonen, dass wir beim Krisenmanagement an der Saar unweigerlich auf die Hilfe des Bundes angewiesen sind und dies nicht in Form von leeren Worten, sondern von konkreten Taten und vor allen Dingen in Form von finanzieller Unterstützung.

Die Forderung nach einem milliardenschweren Maßnahmenpaket zur Bewältigung des Strukturwandels ist nicht nur in unserem saarländischen Interesse. Die Unternehmen sind gegenwärtig in ganz Europa nicht in der Lage, die Investitionen, die für die Zukunft nötig sind, zu tätigen. Der Landeshaushalt gibt eine finanzielle Unterstützung in diesem Ausmaß aber auch nicht her. Lieber Kollege Funk, die Billion klingt groß. Über den Zeitraum und für die gesamte Fläche berechnet müssen wir noch darüber streiten, wie viele Billionen es am Ende für ganz Europa im gesamten Zeitraum sein müssen. Aber wir müssen gemeinsam dafür arbeiten, dass tatsächlich Entsprechendes auf den Weg gebracht wird.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist auch nicht so, dass das Saarland nichts zu bieten hätte. Unser Land steht für gut qualifizierte, hart und ehrlich arbeitende Menschen. Was wir darüber hinaus brauchen, ist eine kluge Verbindung aus Wirtschaft und Wissenschaft, wenn wir das Land der Zukunft sein wollen. Das Potenzial dazu haben wir allemal. Man kann es an allen Ecken und Enden sehen. Das Saarland ist ein erfolgreicher Forschungsstandort. Wir haben erfolgreiche Hochschulen und Forschungseinrichtungen vorzuweisen, die durchaus in der Lage sind, Zukunftstechnologien zu entwickeln. Wir bieten beste Voraussetzungen, eine Modellregion für die Technologien von morgen zu sein, gerade in den Bereichen Künstliche Intelligenz und IT, in enger Zusammenarbeit beispielsweise mit den Automobilherstellern und Zulieferern. So steht bereits seit einiger Zeit das Thema autonomes Fahren auf der Agenda. Wir können also durchaus Zukunft in diesem Land. Ich sage aber auch, da muss noch mehr gehen. Da sind die Wissenschaftspolitik und die Unternehmen in diesem Land weiter gefordert.

(Beifall von der SPD.)

Ich bin aber davon überzeugt, dass wir auch diesen Strukturwandel schaffen können. Die Menschen im Saarland mussten sich schon oft neu erfinden und so oft neue Wege beschreiten, dass es uns auch dieses Mal wieder gelingen kann, wenn endlich das nötige Engagement auch seitens des Bundes und der Europäischen Union erfolgt. Es muss uns aber

bewusst sein, dass dieser Strukturwandel anders ist als die bisherigen. Er ist anders in seiner Qualität. Er ist aber auch in seiner Quantität und im Umfang anders.

Es gibt schon erste wichtige, vorbereitende Entscheidungen. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ist Ausdruck eines Versprechens des Bundes, die gleichwertige gesellschaftliche Teilhabe der Menschen in allen Regionen Deutschlands sicherzustellen. Das gilt insbesondere für die Finanzsituation unserer Kommunen.

Wir haben mit dem Saarland-Pakt zweifelsohne Großes geleistet und vorgelegt. Kollege Funk hat zu Recht darauf hingewiesen; zu Recht wiederhole ich es. Diese beispiellose kommunale Entschuldung war ein guter Aufschlag und wird den Kommunen mehr Handlungsspielraum verschaffen. Das Land ist seiner Verantwortung nachgekommen. Jetzt ist der Bund in der Pflicht.

Ich halte die Vorschläge von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Entschuldung von bundesweit 2.500 Kommunen für vorbildlich. Er ist der erste Bundesfinanzminister, der sich in dieser Sache so deutlich positioniert. Ich sage, das ist keine Selbstverständlichkeit, ist er doch ehemaliger Erster Bürgermeister der durchaus reichen und prosperierenden Hansestadt Hamburg. Ich habe wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass einige andere, auch mein geschätzter ehemaliger Kabinettskollege, der Innenminister, Olaf Scholz drängt, seinen Worten Taten folgen zu lassen.

Ich habe mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, dass auch auf die Haushälter in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eingewirkt wird, denn ich bin davon überzeugt, wir brauchen eine kommunale Altschuldenregelung. Ich bin leider auch davon überzeugt, wenn wir es in dieser Legislaturperiode des Bundes und dieses Landes nicht schaffen, dann wird es verdammt schwer. Lassen Sie uns deswegen gemeinsam in Berlin dafür werben.

Eine kleine Nebenbemerkung sei mir erlaubt. Es reicht nicht, wenn - wie ich heute lesen durfte - die CDU-Vorsitzende nicht im Wege steht. Ich glaube, es muss ein bisschen mehr gehen, als nur nicht im Wege zu stehen. Man muss auch mit anpacken.

(Beifall von SPD und LINKEN.)

Der Bund darf auch an anderen Stellen nicht aus der Verantwortung entlassen werden. In starken Zeiten hilft man den Schwachen. In schwachen Zeiten helfen einem die Starken. Jahrzehntelang hat das Saarland den deutschen Aufschwung mitgetragen.

(Abg. Commerçon (SPD) )

Saarländische Kohle und saarländischer Stahl hatten ihren wesentlichen Anteil am sogenannten deutschen Wirtschaftswunder. Jetzt, da das Saarland wieder einmal vor großen Umbrüchen steht, ist es nur gerecht, wenn wir Unterstützung vom Bund einfordern und auch erhalten, damit sich das Saarland für die Zukunft gut aufstellen kann.

Der Bund hat laut Grundgesetz das Ziel, für gleichwertige Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik zu sorgen. Das Saarland ist bereit, die Ärmel hochzukrempeln, wir brauchen aber auch die Mittel von außen, um erfolgreich zu sein. Unser Land hat großes Potenzial, das wir nutzen wollen. Wir sind das Land der kurzen Wege, das Land, in dem jeder jeden kennt oder zumindest einen kennt, der einen kennt, und wo die Leute gemeinsam eine Vision verfolgen. Es ist das Land, das von so vielen Grenzen umgeben ist und doch zunehmend keine Grenzen mehr kennt, weder auf der Karte noch in den Köpfen. Wir wollen das Potenzial unseres Landes nutzen. Dafür regieren wir gerne.

Der Saarland-Pakt ist ein Beweis dafür, dass diese Koalition gut regiert und Politik macht, die vor Ort ankommt - durch mehr Investitionsspielraum der Kommunen für Straßen, Schulen und Schwimmbäder. Wir wollen auch unsere Wissenschafts- und Forschungslandschaft weiter ausbauen, Disziplinen vernetzen und Impulse setzen, um die saarländische Wirtschaft stärker zu diversifizieren.

Mehr Diversifizierung - ich wiederhole es - ist notwendig. Die Geschichte unseres Landes ist zu sehr geprägt von monolithischen Strukturen und Fremdbestimmung, auch und besonders im Hinblick auf die Weltwirtschaft. Mehr Diversifizierung muss ein Projekt für Jahrzehnte sein, an dessen Anfang wir stehen.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich unserer Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger danken. Liebe Anke, du machst einen hervorragenden Job in einer angespannten Zeit. Du und dein Staatssekretär Jürgen Barke seid durchgehend unterwegs, um für den saarländischen Standort zu werben. Ihr seid dort, wo es brennt, auch dann, wenn es weh tut. Ich bin davon überzeugt, das merken die Menschen in unserem Land. Es gibt auch Ansiedlungserfolge und Zeichen nach vorne, auf die wir gemeinsam stolz sein können. Ich nenne als Beispiel nur die Firma Nobilia, die aber stellvertretend für viele weitere genannt wird. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir wollen auch die Attraktivität unseres Landes für seine Bürgerinnen und Bürger steigern, damit wir

das wird sie auch gerne hören - wieder eine Million werden. Dazu müssen wir aber auch jedem jungen Menschen, der im Saarland gut ausgebildet wurde, eine Perspektive bieten. Wir brauchen deswegen eine saarländische Halteagentur, die dafür sorgt, dass möglichst viele junge Menschen hierbleiben wollen und hierbleiben können. Wir wollen aber auch, dass wieder mehr Menschen in das Saarland kommen. Dafür braucht es eine breite Volluniversität nicht nur für Landeskinder. Es braucht auch kluge Ansätze für Arbeitssuchende, zum Beispiel durch Vermittlung von Jobs für den Partner, Willkommenspakete, Steueranreize. Hier gibt es viel Potenzial, das wir nutzen können. Das Land muss noch attraktiver für junge Familien werden.

In diesem Zusammenhang wird es um Bildung gehen, denn Bildung macht stark und jeder Landeseuro, der in die Bildung investiert wird, zahlt sich früher oder später aus. Die saarländische Bildungspolitik hat Fortschritte gemacht, ich will das nicht weiter vertiefen, aber eines will ich noch einmal herausheben: Mit der Halbierung der Kitagebühren entlasten wir die saarländischen Familien um Hunderte, manchmal sogar Tausende Euro im Jahr. Hier wollen, hier müssen wir weiter ansetzen, damit Bildung im Saarland von der Kita bis zum Meister gebührenfrei wird. Das ist eine wesentliche Investition in die Zukunft und das macht unser Land attraktiver und zukunftsfähig.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 100 Jahre Saarland, das ist ein Grund zu feiern, stolz zu sein und vor allem ein Grund, nach vorne zu schauen! Ich will nicht weitere 100 Jahre vorausschauen, aber, sagen wir, ein Vierteljahrhundert. Das Saarland 2045: Ein Land, in dem alle Kinder einen beitragsfreien Kitaplatz in der Nähe haben, in dem sie in der Kita wie in der Schule mehrsprachig aufwachsen, weil die Landesregierung und das Parlament nicht nur eine Frankreichstrategie beschlossen, sondern auch der Bildungsministerin das nötige Geld zur Verfügung gestellt haben. Ein Land, in dem alle Frauen und Männer einen Arbeitsplatz haben, alle Menschen mit und ohne Behinderung einen Arbeitsplatz haben, von dessen Ertrag sie auch ihre Familie ernähren können. Ein Land, in dem keine Wohnungsnot in Ballungszentren mehr besteht, weil der Bauminister den sozialen Wohnungsbau in einer großen Kraftanstrengung nach vorne gebracht hat. Ich könnte das für jedes Ressort weiter fortführen, das machen wir aber an anderer Stellen. Aber ich will ein Land, in dem 1,1 Millionen Saarländer im Jahr 2045 gemeinsam mit ihren Nachbarn leben und arbeiten, Kultur schaffen und genießen und als Vorbild dienen für ein

(Abg. Commerçon (SPD) )

friedliches und freies, ein demokratisches und soziales geeintes Europa.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute stehen wir am Beginn des zweiten Jahrhunderts saarländischer Zeitrechnung und ich sage, lasst uns an das Saarland von morgen denken, an ein Saarland, das nicht nur von Zukunft spricht, sondern sie aktiv mitgestaltet. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Der Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Josef Dörr, hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön. Ich weise darauf hin, dass noch eine Redezeit von dreieinhalb Minuten zur Verfügung steht.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um unseren Antrag zu begründen, Sie haben es gehört, habe ich nicht sehr viel Zeit. Ich will mich daher auch blumiger Zukunftsvisionen, die hören wir ja dauernd und können sie dauernd lesen, enthalten und will auf die Grundlagen dessen hinweisen, die das begründen. Das heißt, das Saarland braucht dringendst vom Bund eine substanzielle Hilfe, und zwar rund es kann auch mehr sein - 10 Milliarden Euro für das Land und 3 Milliarden für die Kommunen. Wir sind der Ansicht, dass wir nicht als Bittsteller kommen, wir haben einen moralischen Anspruch. Es ist eben viel über die Geschichte gesprochen worden, dieser Anspruch begründet sich daraus. Wir haben aber auch einen juristischen Anspruch. Wir in der AfD haben niemanden in der Regierung in Saarbrücken und auch nicht in Berlin, aber Sie, sehr verehrte Kollegen der Mehrheitsfraktionen, Sie haben hier die Regierung und Sie bilden die Regierung in Berlin. Und da erwarten wir Saarländerinnen und Saarländer, dass Sie sich dort mit aller Kraft dafür einsetzen, dass uns dieses Geld, das wir dringend brauchen, auch zukommt. Wir wissen dann schon, was wir damit machen.

Wir von der AfD haben es nie abgestritten, wenn irgendetwas Gutes geplant worden ist, und haben auch beispielsweise beim Saarland-Pakt mitgestimmt. Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass wir die ersten Früchte ernten können, weil einige Gemeinden jetzt diesem Pakt beitreten können. Aber wir wissen auch, es wird Städte und Gemeinden geben, die das nicht können, weil sie ihren An

teil nicht leisten können. Und da ist der Bund gefragt!

Der Bund könnte jetzt schon einmal - es ist schon gesagt worden und ich schließe mich zu 100 Prozent an - den anderen Teil der Schulden für die saarländischen Kommunen übernehmen. In der letzten Zeit kann man der Zeitung und dem Fernsehn entnehmen, dass der Bundesfinanzminister nicht weiß, was er mit seinen Überschüssen tun soll. Wir wissen es, wir können es ihm sagen, er soll einen Teil an das Saarland überweisen. Und ich bitte im Namen meiner Fraktion alle Verantwortlichen alles dafür zu tun, dass in Berlin etwas für uns getan wird! - Danke schön!

(Beifall von der AfD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen in der Aussprache vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen. Das ist die Drucksache 16/1137. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1137 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1137 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE, dagegen gestimmt hat die AfD-Landtagsfraktion.

Wir kommen dann zur Abstimmung über die Anträge der AfD-Landtagsfraktion, zunächst über den Antrag Drucksache 16/1144. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1144 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1144 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Abgeordneten der AfD-Fraktion, dagegen gestimmt haben alle anderen Abgeordneten.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion, Drucksache 16/1145. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1145 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1145 ebenfalls mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfDLandtagsfraktion, dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE.

Wir kommen dann zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung:

(Abg. Commerçon (SPD) )

Aussprache über die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der DIE LINKELandtagsfraktion betreffend: Klimawandel und Klimaschutz (Drucksache 16/1135)

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Blackout-Vorsorge im Saarland stärken (Drucksache 16/1141)

Zur Aussprache über die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der DIE LINKE-Landtagsfraktion betreffend Klimawandel und Klimaschutz erteile ich Herrn Abgeordneten Ralf Georgi das Wort.

(Vizepräsidentin Ries übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Starkregen, verheerende Hochwasserschäden, längere Dürreperioden, steigende Waldbrandgefahr, die Folgen des Klimawandels sind nicht zu bestreiten. Wir erleben sie täglich. Die Anzahl der heißen Tage im Saarland hat deutlich zugenommen. Die längeren Dürreperioden haben negative Folgen zum Beispiel für den Weizenanbau und verursachen massive Schäden im Wald, Stichwort Borkenkäferbefall. Das alles hat die Antwort auf unsere Große Anfrage eindrücklich bestätigt. An dieser Stelle auch vielen Dank an diejenigen, die unsere Fragen so ausführlich beantwortet haben.

(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen.)

Gab es im Jahr 1990 keinen Starkregen und kein extremes Unwetter, wurde das Saarland allein im vergangenen Jahr von fünf Starkregen und extremen Unwettern mit extremen Stürmen und Überflutungen heimgesucht. Heftige Niederschläge haben für Überschwemmungen wie in Kleinblittersdorf, in Heusweiler oder im Mandelbachtal gesorgt. Die Feuerwehren waren Tag und Nacht im Einsatz.