Um das Thema der Behinderung der Betriebsräte noch einmal abzurunden, möchte ich das Folgende sagen: Das gibt es nicht nur im Handel oder in anderen prekären Branchen, das gibt es auch sehr häufig in sogenannten innovativen zukunftsorientierten Branchen. Allerdings ist die Beweisführung meistens sehr schwierig, das ist eine weitere Krux. Ich kenne Fälle, in denen Leute mir gesagt haben, dass sie, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten, am Ende des Tages entlassen wurden. Ich sage das so anonymisiert, ich nenne keine Namen, weil ich es nicht beweisen kann. Aber bei solchen Vorgängen fällt einem wirklich „der Kopf in Scheiben ab“! Das sind Unternehmer, die sich an anderer Stelle als Innovator feiern lassen. Dabei will ich es einmal belassen, wenn gewünscht beim Bier mehr; ich feiere ja heute ein Lebensjubiläum. Ein entscheidender Punkt ist also, wie so etwas bewiesen werden kann. Wie macht man das?
Es gibt bereits Lösungen im Betriebsverfassungsgesetz, auch das ein Punkt, weshalb wir mit dem von Ihnen beschrittenen Weg so unsere Schwierigkeiten haben. Im Betriebsverfassungsgesetz gibt es massive Schutzbestimmungen. Sie sind wesentlich massiver als das, was hier nun heute von Ihnen vorgeschlagen wird. Ich darf einmal § 119 BetrVG zitieren: Überschrift „Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder“. Es folgt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer (…) eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder
Versprechen von Vorteilen beeinflusst (…).“ Ich könnte das weiter zitieren, das wäre aber zu umfangreich. Ein Problem ergibt sich allerdings aus Absatz 2: „Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.“ Die Hinweise auf den Seebetriebsrat und Anderes zeigen, dass es sich um ein Bundesgesetz handelt. Darin liegt die nächste Schwierigkeit.
Wir haben also zwei Schwierigkeiten: Die Straforgane sind auf solche innerbetrieblichen Auseinandersetzungen nicht eingestellt. Deswegen gibt es kaum Verfahren auf dieser Basis. Wir haben also zwar eigentlich eine sehr starke gesetzliche Regelung, sie findet aber in der Lebenspraxis so keine Anwendung. Man mag sich fragen, warum das so ist. Auch der Fall Helvetia Packaging wird sich noch in diesem Monat vor einem Arbeitsgericht abspielen. Das ist natürlich eine ganz andere Herangehensweise, eine ganz andere Materie, die da verhandelt wird. Man geht aber nicht mit dem Strafrecht ran. Die Kollegen haben sich, warum auch immer, nicht getraut, mit dem schärfsten Schwert, das es bereits gibt, anzutreten. Das will ich gar nicht als Vorwurf verstanden wissen, denn so etwas hat meistens durchaus Gründe in innerbetrieblichen Zusammenhängen.
Unterm Strich heißt das: Würden wir Ihrem Antrag zustimmen, ergäbe sich zum einen absehbar das Problem einer Überschneidung mit der Rechtsmaterie des Betriebsverfassungsgesetzes, eines Bundesgesetzes. Darin liegt auch - und damit komme ich zum Vergaberecht - ein Problem: Vergaberecht ist Landesrecht. Es ist schon jetzt relativ kompliziert. Klar, ans Vergaberecht kommen wir, wie wir hier sitzen, ran - und darin liegt wohl auch die Intention der LINKEN.
Wir müssen aber auch sehen, wie die verschiedenen Dinge aus Sicht der Unternehmen handhabbar sind. Diese Seite sehe ich sehr wohl. Diesbezüglich liefert das Betriebsverfassungsrecht nicht die primäre Fragestellung, denn dieses Gesetz gilt als Bundesgesetz für sie. Aber nun im Landesgesetz dazu noch eine konkurrierende Säule aufzubauen, das wäre zumindest kritisch. Ich halte das sogar für rechtswidrig und würde vermuten, dass sofort jemand diese konkurrierende Säule zusammenklagen würde, unter anderem unter Verweis auf das Betriebsverfassungsgesetz.
das zunächst einmal nur den Bereich in einer Firma treffen, der mit öffentlichen Aufträgen befasst ist, nicht aber die ganze Firma. Nun gibt es in Firmen Leute, die an öffentlichen Aufträgen arbeiten, und es gibt Leute, die nicht an öffentlichen Aufträgen arbeiten. Aber auch der Bereich, der nicht an öffentlichen Aufträgen arbeitet, würde automatisch mitsanktioniert. Das liegt in der Natur der Sache.
Und es gibt noch einen Punkt, der das Vorhaben schwierig macht. Es tut mir leid, dass ich das jetzt so ein bisschen sezieren muss, weil die Stoßrichtung durchaus richtig ist; wir glauben aber nicht an das Instrument. Der weitere Punkt: Unser Ministerium ist ja kein Ersatzgericht. Würde so etwas realisiert, bräuchten wir entsprechendes Behördenpersonal, das das umsetzt. Das sei erwähnt, einmal abgesehen von der Frage, ob so etwas nicht doch eher in den Bereich der Justiz gehört und nicht zum Wirtschaftsministerium. Zudem wäre die Frage zu stellen, wie diese Leute zu schulen sind, und so weiter. Wir würden damit ein ganz neues Fass aufmachen, weshalb das im Betriebsverfassungsgesetz ja auch anders geregelt wurde.
Zum nächsten Aspekt: Wo ist Beginn und wo ist Ende der Geschichte? Wir haben heute Morgen sehr emotional über die Gusswerke diskutiert. Natürlich sind bei den Gusswerken auch Betriebsräte behindert worden. Hätte das nun aber zur Folge gehabt, dass die Gusswerke keine öffentliche Förderung hätten bekommen können - herzlichen Glückwunsch! Damit hätten wir das Problem vergrößert, statt es zu verringern. Wenn man in diese Materie also vertieft einsteigt, ist sie alles andere als profan.
Es gab ja auch den Hinweis: „Ja, Sie haben doch angekündigt, etwas machen zu wollen.“ Das sollte über die Schiene des - das hat ja heute als Arbeitstitel immer etwas modische Namen, festgelegt ist noch nichts, aber es ist etwas in Arbeit, ich schaue dabei auch auf den Kollegen Wegner - Fairer-LohnGesetzes laufen. Die Kollegin Wirtschaftsministerin hat das hier seinerzeit in der Debatte ja angesprochen. Dieses Gesetz wird aber einen ganz anderen Ansatz haben. Wir orientieren uns dabei am Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag haben wir - übrigens nach einer heftigen Debatte, weil auch das nicht simpel ist, und da habe ich auch viel Verständnis für das Hin und Her - vereinbart, dass wir uns künftig bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an repräsentativen Tarifverträgen orientieren wollen. Das ist schon rein juristisch betrachtet anspruchsvoll, daher hat das länger gedauert. Hinzugekommen sind noch individuelle Probleme, die ich hier nun nicht ausbreiten möchte. Tatsächlich hat das nun etwas
Welchen Ansatz verfolgen wir? Wenn wir die Tarifbindung stärken, stärken wir auch die Beteiligung von Betriebsräten und überhaupt auch die Gründung von Betriebsräten. So können wir über die Stärkung der Tarifbindung bei öffentlichen Aufträgen Einfluss nehmen. Wir tun das aber nicht, indem wir einzelne Punkte herausgreifen, wie beispielsweise den nun von Ihnen ausgewählten, der in der verfolgten Form zudem noch in Konkurrenz zum Betriebsverfassungsgesetz stünde und dessen Umsetzung schwer bis gar nicht praktikabel wäre.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe dargelegt, was wir vorhaben, habe das zumindest in einer oberflächlichen Darstellung umrissen. Ich gehe davon aus, dass es auch nicht mehr allzu lange dauern wird, bis wir diesbezüglich etwas konkreter werden können. Der Intention, die wir durchaus unterstützen, können wir aber nach unserer Überzeugung auf dem von Ihnen verfolgten Wege nicht gerecht werden. Es gibt mehrere Gründe, warum es gemäß Stirnbandtheorie rein juristisch, aber auch im praktischen betrieblichen Alltag nicht weiterhelfen würde, das Ziel auf diesem Weg zu verfolgen. Deswegen bitte ich zu respektieren, dass wir dem Entwurf nicht zustimmen können. - Danke.
Ich danke dem Abgeordneten und rufe als weiteren Redner Herrn Abgeordneten Lutz Hecker von der AfD-Landtagsfraktion auf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich kann zwar mit dem Kollegen Lafontaine und ganz sicher mit dem Kollegen Roth nicht mithalten, aber auch ich werde im nächsten Jahr seit schon 30 Jahren Mitglied der IG Bau sein.
Arbeitnehmervertretungen blicken in Deutschland auf eine lange Geschichte zurück, in der vieles erreicht werden konnte. Insbesondere durch Tarifverträge wurden Erfolge erstritten und erkämpft, die dazu führten, dass Arbeitnehmer heutzutage oftmals einen tariflichen Anspruch auf 30 Tage Urlaub haben, auf Urlaubsgeld, auf eine Wochenarbeitszeit von weniger als 40 Stunden und vieles mehr. Das alles sind Erfolge, die den Gewerkschaften zu ihrem guten Ruf in den Reihen der unzähligen Arbeiter im Lande verholfen haben. Und das zu Recht!
Heute ist die Situation allerdings eine etwas andere. Trotz all dieser erkämpften Rechte sind die Mitgliederzahlen rückläufig, was nicht zuletzt an einer zunehmenden Schwerpunktverlagerung innerhalb der Gewerkschaften liegt. Zumindest bei der IG Metall scheint der Kampf gegen den sogenannten Rechtspopulismus und insbesondere gegen die AfD eines der wichtigsten Anliegen geworden zu sein, wie man beim zurückliegenden Gewerkschaftstag wieder einmal eindrucksvoll feststellen durfte.
Beispielsweise dürfen zukünftig Funktionäre der größten Oppositionspartei im Bundestag, und sei es nur der Kassenwart im AfD-Ortsverband, zukünftig keine Vertrauenspersonen oder gar Betriebsräte für die IG Metall mehr sein.
Das, liebe Kollegen, ist Ausgrenzung und Diskriminierung in ihrer reinsten Form und wird dementsprechend von vielen Mitgliedern quittiert werden. Was das nämlich alles noch mit dem Erkämpfen von Arbeitnehmerrechten und dem Schutz von Arbeitsplätzen zu tun haben soll, ist vielen Mitgliedern schlichtweg nicht vermittelbar. Genauso wie die Lobhudelei in Richtung hüpfender Schulschwänzer bei Fridaysfor-Future, während Tausende Stahlarbeiter vor dem Landtag für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstrieren, die unter anderem genau wegen dieser vorherrschenden Klimahysterie in Gefahr geraten sind.
Doch zurück zum vorliegenden Antrag. Der saarländische Landtag soll heute nun entscheiden, dass zukünftig keine öffentlichen Aufträge mehr an Unternehmen vergeben werden dürfen, die, vereinfacht gesagt, die Gründung oder Tätigkeit von Betriebsräten oder Gewerkschaften verhindern. Um das zu erreichen, soll das Saarländische Tariftreuegesetz geändert werden. Diesem Antrag können und werden wir heute nicht zustimmen, und das hat einen einfachen Grund; wir sehen für eine solche Änderung des Saarländischen Tariftreuegesetzes keinen Bedarf.
Herr Roth, ich komme gleich dazu. - Denn es gibt bereits eine Grundlage für solche Fälle, wie sie von der LINKEN in ihrem Antrag aufgeführt werden, das ist das Betriebsverfassungsgesetz. In diesem ist klar geregelt, dass solche Verstöße mit Geldstrafe oder mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden können, der Kollege Roth hat das alles bereits erwähnt. Auch wenn wir keinen Handlungsbedarf seitens des saarländischen Landtages sehen, ist diese
Debatte dennoch wichtig und notwendig, denn der Alltag entspricht in vielen Fällen eben nicht der Theorie. Die Berichte von Arbeitnehmern, denen offen oder hinter vorgehaltener Hand suggeriert wird, dass sie sich mit dem Gedanken an eine Betriebsratsgründung oder eine entsprechend aktive Beteiligung nicht unbedingt mehr Vorteil im Betrieb verschaffen würden, sind allseits bekannt. Solche schwarzen Schafe gibt es eben auch in deutschen Unternehmen, hier sollte konsequenter durchgegriffen werden, gerade seitens der Staatsanwaltschaft, die sich oftmals davor scheut, Arbeitgeber als potenzielle Straftäter zu brandmarken, selbst wenn die Indizien eine andere Sprache sprechen. Daher kommt es in solchen Fällen selten zu Anklagen.
Ein weiteres Problem ist sicherlich auch, dass es sich bei der vorhin angesprochenen Strafnorm um ein Antragsdelikt handelt. Damit ein solcher Fall also überhaupt erst strafrechtlich verfolgt werden kann, muss ein entsprechender Antrag von der Arbeitnehmervertretung beziehungsweise von einer betroffenen Gewerkschaft gestellt werden. Wenn überhaupt könnten wir hier einen Handlungsbedarf sehen, dass nämlich aus dem absoluten Antragsdelikt beispielsweise ein relatives Antragsdelikt wird. Dann könnte die Staatsanwaltschaft auch ohne einen Antrag die Strafverfolgung aufnehmen, sofern sie ein besonderes öffentliches Interesse sieht. Aber auch an dieser Stelle könnte man wiederum die Frage in den Raum stellen, ob das ausreichend wäre oder ob man sogar einen Schritt weitergehen sollte in Richtung Offizialdelikt. Wie auch immer, in jedem Fall wäre dafür eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes notwendig, dafür ist der Landtag eben nicht der geeignete Ort.
Generell sehen wir im Betriebsverfassungsgesetz am ehesten die Möglichkeit, Arbeitnehmervertretungen zu schützen und zu stärken. Wenn man dieses Paket eines Tages tatsächlich aufmachen sollte, muss auch über viele andere Dinge gesprochen werden, zum Beispiel über eine Ausweitung der Schutzbestimmungen in § 78 des Betriebsverfassungsgesetzes. Diese Diskussion würde an dieser Stelle allerdings zu weit führen. Mit dem Saarländischen Tariftreuegesetz haben wir unserer Meinung nach eine ordentliche rechtliche Grundlage, die in diesem Punkt keiner Änderung bedarf. Wenn es allerdings beispielsweise um die Herabsetzung des geschätzten Auftragswertes, Schwellenwertes, geht oder um die Erhöhung der zu zahlenden Mindestlöhne bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, dann, denke ich, sind wir durchaus einer Meinung. Dies wäre zwar längst überfällig, und die öffentliche Hand sollte hier durchaus mit gutem Beispiel vorangehen, das
wird allerdings von der SPD-CDU-Mehrheit in diesem Hause nicht gewünscht. Das diesbezügliche Abstimmungsergebnis im März dieses Jahres hat es gezeigt.
Den vorliegenden Antrag lehnen wir heute auf der einen Seite ab, weil wir einen eventuellen Handlungsbedarf in dieser Thematik nicht im saarländischen Landtag sehen, sondern im Bundestag. Wir sind andererseits dennoch froh, dass diese Debatte heute und an dieser Stelle geführt und vielleicht künftig bei gegebenem Anlass weitergeführt wird. Vielleicht hat diese Diskussion zumindest eine kleine Signalwirkung in Richtung Berlin, wenngleich das in der jetzigen Situation nicht sehr wahrscheinlich ist. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Saarländische Tariftreuegesetz ist seit Februar 2013 in Kraft. Wir haben heute Morgen bereits gehört, dass der Kollege Eugen Roth Geburtstag hat, und als ich den Antrag der LINKEN zum Tariftreuegesetz gelesen habe, ist mir als erstes Eugen Roth eingefallen, weil 2012 unsere beiden Arbeitskreise unter unser beider Leitung genau dieses Gesetz sehr stark und sehr intensiv beraten haben. Dieses Gesetz ist sechseinhalb Jahre alt und hat sich in seiner Form doch bewährt. Ich glaube, lieber Eugen, man kann sagen, dass wir damals eine ganz gute Arbeit gemacht haben und dass dieses Gesetz sowohl bei den Arbeitnehmern als auch auf Arbeitgeberseite auf Akzeptanz gestoßen ist.
Sinn des Gesetzes ist, Lohndumping zu verhindern, vor allen Dingen bei öffentlichen Aufträgen, und einen fairen Wettbewerb zu gestalten. Ich glaube, dass wir dafür die notwendige Grundlage gelegt haben. Eben ist gesagt worden, dass die LINKE bereits Anträge gestellt hat, um den Mindestlohn nach oben zu setzen und letztendlich eine zusätzliche Einnahmesituation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gestalten. Darüber kann man mit Sicherheit streiten. Ich glaube aber, das, was wir 2013 in diesem Gesetz bestimmt haben, dass eine unabhängige Kommission von Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingesetzt wird, die letztendlich die wirt
schaftliche Akzeptanz der Lohnfindung und des Mindestlohns sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen abwägt, war genau der richtige Weg und sollte es auch bleiben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir 2013 auch eine gute Vorlage für das Bundesmindestlohngesetz geliefert haben, denn im Bundesmindestlohn sind genau ähnliche Faktoren zum Tragen gekommen. Wir werden nie einen Wettbewerb gegen Sie gewinnen, Herr Lafontaine, wenn es darum geht, die Höhe des Mindestlohnes zu platzieren. Sie werden wahrscheinlich immer ein Stückchen höher liegen als das, was wir für richtig halten. Deshalb hat der Gesetzgeber richtigerweise entschieden, dass man das letztendlich in der Hand der Gewerkschaften, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Arbeitgeberverbände belassen sollte, weil ein Lohn Ausdruck dessen ist, was an Wertschöpfung über die Leistung erbracht werden kann. Deshalb halte ich das auch für richtig.
Was mir beim Thema Tariflohn und Tariftreuegesetz auch besonders am Herzen liegt, der Kollege Eugen Roth hat es bereits gesagt: Wir reden über fairen Lohn, wir reden darüber, wie wir auch in Vergaben öffentlicher Aufträge dafür sorgen, dass letztendlich eben nicht der Mindestlohn zum Tragen kommt. Wenn man sich zum Beispiel im Baubereich bewegt, gibt es für einen Ungelernten einen Mindestlohn von 12,80 Euro. Das ist auch richtig. Je nach Tätigkeit, die dort ausgeübt wird, muss es entsprechend angemessen sein.
Deshalb glaube ich, dass man bei der einen oder anderen Regelung hier sicherlich auch Initiativen ergreifen muss. Ich sage das auch in meiner Rolle als Handwerkskammerpräsident, dass wir gerade für die Leistungen, die in diesen produktiven Bereichen erbracht werden müssen, mit Sicherheit in der Zukunft auch höhere Löhne haben müssen, wegen des Deltas, das wir heute Morgen besprochen haben, da wir bei Halberg Guss oder in der Stahlindustrie natürlich ein ganz anderes Lohnniveau haben als zum Beispiel im Handwerk und in anderen Dienstleistungsbereichen, und dass man zu den 600 HalbergGuss-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, die jetzt arbeitslos werden, nicht einfach sagen kann, ihr müsst jetzt in die Handwerksberufe hineingehen und damit auch einen gewissen Lohnverzicht akzeptieren. Auch da muss es so weit kommen, dass die Leistung, die in diesen Gewerken erbracht wird, besser honoriert wird, damit dieses Delta nicht so groß wird.
Das ist also ein wichtiges Thema. Ich bin kein großer Fan - das wissen alle - von staatlicher Lohnfin
dung, Mindestlöhnen und dergleichen; das ist, glaube ich, nicht der richtige Weg. Ich bin ein großer Fan der Tarifautonomie. Ich glaube, dass in den Gewerken, in den Branchen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Arbeitgeberverbände zusammensitzen müssen, um das für ihr Gewerk richtige Entgelt zu finden. Das ist die Notwendigkeit, die wir haben. Aber ich sehe gerade diese Tarifautonomie in Gefahr. Eben ist schon einmal angeklungen, dass wir immer weniger Mitglieder in den Gewerkschaftsverbänden haben. Ich kann das Gleiche für die Arbeitgeberverbände sagen. Viele Unternehmer, junge Unternehmer, gehen nicht mehr in die Innungen, gehen nicht mehr in die Arbeitgeberverbände. Deshalb bekommen wir eine Schieflage, sodass letztendlich Tarifverhandlungen für über 50 Prozent der in dieser Branche Beschäftigten nicht mehr stattfinden. Dagegen müssen wir natürlich auch argumentieren und etwas dafür tun, dass das auch stattfindet und dass die Unternehmen wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier organisiert bleiben. Das macht mir ehrlich gesagt Sorge.
Das hat natürlich auch Gründe. Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen. Wenn Sie sich mit Herrn Schlechter oder mit dem ehemaligen Geschäftsführer Herrn Malter über die Metall- und die Elektroindustrie unterhalten, dann sagen die, wir haben es nicht geschafft, in den Tarifverhandlungen das so zu gestalten, wie es wünschenswert wäre. Letztendlich sind immer die Industrieunternehmen ausschlaggebend, die sich dann mit ihren Mehrheiten durchsetzen. Kleine und mittlere Unternehmen in diesen Bereichen sind nicht in der Lage, diese Leistungen entsprechend zu gewähren. Deshalb findet auch da eine gewisse Tarifflucht statt. Das macht mir durchaus Sorge. Dagegen müssen wir vorgehen.
Herr Lafontaine, Sie haben ja zu Beginn Ihrer Rede gesagt, jedes sechste Unternehmen behindert Betriebsräte. Ich habe mir diesen WSI-Brief, den Policy Brief, auch angeschaut. Es geht da hauptsächlich um die IG Metall beziehungsweise die IG BCE. Dort hat man 835 neu zu gründende Betriebsräte betrachtet und bei 16,3 Prozent hat es Beeinträchtigungen gegeben. Der Kollege Eugen Roth hat schon einmal gesagt, es ist nur schwer begründbar, wie stark diese Beeinträchtigungen waren. Wir reden hier also über etwa 130 Fälle. In dem gleichen Brief - das hat mich dann noch einmal ein bisschen positiv gestimmt - haben 10.445 Räte als Rückmeldung gegeben, dass nur 1,7 Prozent dort Probleme hatten. Das heißt also, über 98 Prozent in der Mitbestimmung - das ist doch relativ unproblematisch und die Mitbestimmung ist auch von den Arbeitgebern und den Unternehmen anerkannt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will damit nicht das Problem wegreden. Der Kollege Eugen Roth hat es ja deutlich gemacht. Ich glaube auch als jahrzehntelanger Arbeitgeber -, dass es in unseren mittelständischen Unternehmen nicht das große Problem ist. In größeren Unternehmen haben Sie eigentlich auch die Notwendigkeit, dass, wenn Sie wirklich erfolgreich sein wollen, Sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen. Da ist die Mitbestimmung mit Betriebsräten genau der richtige Punkt, sonst haben Sie ein zu großes Delta zwischen den CIOs, wie man das so schön neudeutsch sagt, und denen, die an der Werkbank arbeiten. Von daher muss man dieses Thema mit Sicherheit im Auge behalten und muss, wie der Kollege eben auch schon gesagt hat, diese Dinge über das Betriebsverfassungsgesetz angehen.
Ich glaube, dass wir heute beim Tariftreuegesetz keinen Handlungsbedarf haben. Ich bin mir sicher, dass wir ein gutes Gesetz auf den Weg gebracht haben. Sie haben eben selbst gesagt, Sie wissen, dass das nur wenig Wirkung haben wird. Ich glaube schon, dass wir ein klares Bekenntnis zur Mitbestimmung auch hier im Plenum geben sollten. Das halte ich für richtig und auch für notwendig. Aber - das ist auch schon gesagt worden - wie will man es rechtlich greifen? Ist es ein Gerücht, dass jemand entlassen worden ist? Kann man es wirklich beweisen? Ist es gerichtsfest, ist es nicht gerichtsfest? Wer soll das als öffentlicher Auftraggeber prüfen? Wie soll eine solche Prüfung stattfinden? Also ein riesiger Aufwand, der letztendlich von einer zusätzlichen Behörde begleitet sein würde. Deshalb glaube ich, dass wir hier den richtigen Weg eingeschlagen haben.