heitliche einjährige Ausbildungsvorbereitung an der Berufsschule ersetzt werden, so heißt es in dem Entwurf, und das klingt auch vernünftig. Die Details werden wir, wie gesagt, im Ausschuss im Rahmen einer Anhörung in Ruhe erörtern können. Eines ist trotzdem mal wieder klar geworden, das zeigt der Berufsbildungsbericht 2019, der den Finger in die Wunde gelegt hat. Er sagt, dass viel zu viele junge Menschen heutzutage nach wie vor regelrecht abgehängt sind. Es gibt Warteschleifen, die zu Sackgassen werden können, wie etwa teilweise das Berufsgrundbildungsjahr und das Berufsvorbereitungsjahr. Das ist wirklich sehr kritisch zu sehen, da muss gehandelt werden.
Ich finde, wir können es uns überhaupt nicht mehr leisten, junge Menschen sozusagen in Bildungsmaßnahmen des Übergangssystems zu stecken, die zu keinem beruflichen Abschluss führen. Bundesweit sind das jedes Jahr etwa 270.000, und das sind 270.000 zu viel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir können es uns nicht leisten, dass zu viele junge Menschen überhaupt ohne berufliche Ausbildung bleiben oder nach dem Schulabschluss mehr als drei Jahre auf eine Ausbildung warten. Das sind echte Brüche in einer Biografie. Das System muss einfach mehr bieten, es muss mehr getan werden. Leider - das muss man auch sagen - bleiben für viele junge Menschen ohne oder auch „nur“ mit einem Hauptschulabschluss die Türen bei zahlreichen Ausbildungsbetrieben nach wie vor zu. Auch das wissen wir, ist ein Missstand, der weg muss.
Blicken wir in unser Land. Ich habe Angaben aus dem vorletzten Jahr gefunden; der SR hatte über Ergebnisse der Arbeitskammer berichtet: 3.100 Jugendliche hatten im Saarland keine Lehrstelle gefunden. Betroffen waren vor allem Jugendliche mit Hauptschulabschluss oder mit Migrationshintergrund, so hat das die Arbeitskammer berichtet. Die Zahl der Ausbildungsverträge hatte 2017 mit rund 6.700 in unserem Land einen historischen Tiefstand erreicht. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es völlig klar, dass wir alles unternehmen müssen, um zu handeln und die berufliche Bildung zu verbessern. Dazu gehört auch, dass die berufsbildenden Schulen mehr Personal, eine bessere Ausstattung bekommen. Die beruflichen Schulen haben ungerechterweise nie auf Augenhöhe mit den allgemeinbildenden Schulen gestanden. Wie oft haben wir das hier im Rahmen von Haushaltsdebatten diskutiert, auch bei jeder Podiumsdiskussion. Leider haben wir immer noch recht. Auch das muss sich ändern, damit eine Augenhöhe erreicht wird. Das wäre ein richtiger Schritt.
Es herrscht also großer Nachholbedarf bei der beruflichen Bildung insgesamt. Eine Aufwertung ist dringend geboten, darin sind wir uns alle einig. Beim Blick auf die duale Berufsausbildung gehört aber
auch ein Satz zu der Mindestausbildungsvergütung. Es ist völlig klar, dass diese armutsfest sein muss. Es ist doch kein Luxus, sondern dringend notwendig, dass ein Leben von jungen Azubis unabhängig von den Eltern auch während der Ausbildung möglich sein muss.
In vielen Fällen ist das, was die jungen Leute heute bekommen, nämlich keine Ausbildungsvergütung, sondern eine reine Zumutung. Azubis dürfen keine Billigarbeitskräfte werden. Hier muss dringend gegengesteuert werden.
Die Ausbildungsplatzumlage ist auch ein Thema, das wir immer heiß diskutieren, wenn wir uns bei diesen Podiumsdiskussionen treffen. Aber ich finde, wir haben recht, es sollte wirklich endlich geprüft werden; wer nicht ausbildet, wird „umgelegt“. So ist das dann.
Es geht um eine solidarische Umlagefinanzierung der beruflichen Ausbildung, eine Ausbildungsumlage, an der alle Unternehmen beteiligt werden.
Ich weiß, Sie, Herr Funk und der Kollege Wegner, hören das nicht gerne, aber darüber muss diskutiert werden.
Als erster Schritt geschieht sehr viel mit dieser Änderung des Schulordnungsgesetzes und des Schulpflichtgesetzes. Da gehen wir mit, wir stimmen dem Entwurf deshalb in Erster Lesung zu. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel des Gesetzentwurfs kommt unscheinbar daher „Gesetz zur Änderung des Schulordnungsgesetzes und des Schulpflichtgesetzes“, aber in Wirklichkeit handelt es sich meiner Auffassung nach um eine der großen Reformen im saarländischen Bildungswesen, weil wir mit diesem Gesetz den Übergang von der Schule zur Berufsausbildung neu ordnen. Wir helfen damit zuallererst den Jugendlichen, die den
Sprung von der Schule in eine duale Berufsausbildung nicht direkt über einen Schulabschluss schaffen. Mit diesem Gesetzentwurf erreichen wir mehr Transparenz, mehr Effizienz, bessere Bildungschancen und leisten einen großen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Die oberste Maxime lautet: Wir wollen den Jugendlichen bei der Erlangung der Ausbildungsreife helfen, damit sie in einem überschaubaren Zeitraum in eine duale Ausbildung wechseln und sich selbstbestimmt eine berufliche Perspektive erschließen können. Wir leisten gleichzeitig aber auch einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung, denn wo Bildungsarmut sich verfestigt, verfestigen sich auch andere gesellschaftlichen Problemlagen, für die im Nachhinein erhebliche Mittel aufgewendet werden müssen und wo der Erfolg am Ende manchmal sehr bescheiden ist. Nicht zuletzt begegnen wir mit diesem Gesetz auch dem Fachkräftemangel; wir stärken die Berufsausbildung.
Der Minister hat soeben das Übergangssystem umfangreich dargestellt. Es ist immer ein Wagnis, sich mit dem Thema zu befassen und es darstellen zu wollen, weil es wirklich sehr komplex ist. Mit dem Begriff Übergangssystem werden die Schulformen des Bereichs der beruflichen Bildung bezeichnet, die zwischen dem allgemeinbildenden Schulsystem und der dualen Berufsausbildung liegen und in der öffentlichen Diskussion wahlweise - Frau Spaniol hat es erwähnt - als Warteschleifen oder Bildungsschleifen bezeichnet werden. Bundesweit befinden sich derzeit rund 280.000 Jugendliche in diesem Übergangssystem. Das ist eine enorme Größenordnung. Anfang der 2000er-Jahre waren es über 400.000 junge Menschen. Diese Zahl ist über die Jahre auf rund 250.000 im Jahr 2014 gesunken und ist in den Jahren 2015 und 2016 bedingt durch den Zuzug noch einmal angestiegen. Was sich weitestgehend spiegelbildlich dazu verhält, ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse. Das bedeutet, es gibt einen Zusammenhang zwischen der dualen Ausbildung und der Größenordnung des Übergangssystems.
Die Vielfalt, auch das ist gesagt worden, reicht quer über alle Bundesländer; es ist nicht so, als hätten wir mit den Bundesländern ein einheitlich ausgestaltetes Übergangssystem. Die Vielfalt reicht über Einstiegsqualifizierung, Berufsvorbereitende Maßnahmen, Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) , Berufsgrundbildungsjahr (BGJ), Berufsgrundschule (BGS) und die zweijährigen Berufsfachschulen. Nun könnte man sagen, eine große Systemvielfalt ist immer zu begrüßen, aber angesichts der genannten Größenordnung von 280.000 Jugendlichen ist diese Systemvielfalt mit mangelnder Transparenz, Ineffizienz und mangelnden Bildungschancen verbunden. Oft ist die
Verweildauer im Übergangssystem problematisch, denn sie birgt die Gefahr der Verfestigung der sogenannten Maßnahmenkarrieren und der Sozialisation im Übergangssystem.
Wenn es um die Frage geht, wie viele Jugendliche den Sprung vom Übergangssystem in die duale Berufsausbildung schaffen, dann sagen die Bildungsforscher, es ist gar nicht so aussichtslos, es ist relativ erfolgreich, rund die Hälfte schafft es nämlich. Dann muss man aber auch sagen, rund die Hälfte schafft es eben nicht. Das, glaube ich, ist unsere Aufgabe, auch ihnen ein selbstbestimmtes berufliches Leben zu ermöglichen.
Im jetzigen System haben die Schülerinnen und Schüler mehrere Möglichkeiten des Zugangs. Die Voraussetzungen reichen von keiner Versetzung in Klasse 9, Versetzung in Klasse 9 ohne Hauptschulabschluss, Hauptschulabschluss, Hauptschulabschluss mit mindestens Note 3,0. Je nach Voraussetzung kommen dann die Schülerinnen und Schüler ins BVJ, BGS, BGJ oder in die Berufsfachschulen. All das zeigt, wie kompliziert dieses System ist.
Ich will ein saarländisches Beispiel aufzeigen. Ein Schüler verlässt die Gemeinschaftsschule ohne Versetzung in die neunte Klasse. Er muss dann zur Erfüllung der Berufsschulpflicht das Berufsvorbereitungsjahr absolvieren. In dieser Zeit entschließt er sich, den mittleren Bildungsabschluss zu erwerben. Das kann er aber nur, wenn er die zweijährige Berufsfachschule erfolgreich abschließt. Diese aber wiederum kann er nur besuchen, wenn er einen Hauptschulabschluss mit mindestens Note 3,0 hat. Da die Gemeinschaftsschule ohne Abschluss verlassen wurde, benötigt er also noch einen Hauptschulabschluss. Da er die im BVJ abzulegende Prüfung nicht macht, weil sie mit Aufwand verbunden ist, sie in einem gesonderten Verfahren erfolgt und er keine Versetzung in die Klasse 9 hat, muss er das Berufsgrundbildungsjahr beziehungsweise die Berufsgrundschule noch ein Jahr besuchen.
In unserem Beispiel besucht der Schüler dann schließlich die BGS für das Berufsfeld Sozialpflege. Diese beendet er mit einem Hauptschulabschluss Note 2,5 und jetzt kann er auf die Berufsfachschule wechseln und den mittleren Bildungsabschluss erwerben. Am Ende hat er den mittleren Bildungsabschluss erst vier Jahre nach Verlassen der Gemeinschaftsschule. Ich glaube, all das verdeutlicht, wie viele Ressourcen, wie viele Potenziale, auf diesem Weg auch für unsere Gesellschaft verloren gehen. Da müssen wir schneller werden.
Hinzu kommt, dass der Schüler für den mittleren Bildungsabschluss fünf Jahre Fremdsprachenunterricht nachweisen muss und es im BVJ und BGJ/BGS keinen Fremdsprachenunterricht gibt. In der Folge hat
er auch wenig Fachpraxis, weil wenig Nähe und kaum Kontakt zu Ausbildungsbetrieben. Also: Nach vier Jahren verfügt der Schüler immer noch nicht über die erforderliche Berufsorientierung zur Aufnahme einer dualen Berufsausbildung. Welche verschwendeten Potenziale!
Es wird aber auch deutlich, wie komplex insgesamt das Übergangssystem ist und wie wichtig genau diese Reform ist. Die geplanten Änderungen sind eben genannt worden. Ich glaube, ich brauche nicht mehr gesondert darauf einzugehen.
Folgendes möchte ich noch erwähnen. Um den Lehrkräften und allen Beteiligten ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu geben, werden wir voraussichtlich das Gesetz noch vor der Sommerpause beschließen. Aber die Regelungen kommen erst 2020/2021 zur Anwendung. Ich glaube, das ist eine gute Vorgehensweise, damit wir auch alle mitnehmen können und diese Reform auch zum Erfolg führen kann.
Ich habe darauf hingewiesen, dass quer durch alle Bundesländer die Übergangssysteme unterschiedlich angelegt sind. Das macht es auch so schwer, eine Vergleichbarkeit herzustellen. Das macht es auch der Bildungsforschung so schwer, einheitliche Empfehlungen zur Gestaltung des Übergangssystems zu geben. Es gibt keine Blaupause für dieses saarländische Unterfangen. Deshalb war bei der Erstellung des Gesetzentwurfs auch besondere Sorgfalt angesagt. Deshalb nehmen wir uns auch die eben erwähnte einjährige Übergangszeit zur Vorbereitung.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Minister, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, dass diese überaus wichtige Reform jetzt auf den Weg gebracht wird. Ich freue mich auf die Beratungen im Bildungsausschuss. Mehr Transparenz, bessere Effizienz, bessere Bildungschancen, mehr Bildungsgerechtigkeit - ich glaube, das ist die Zeit wert, die wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen werden. - Ich bitte Sie um Zustimmung in Erster Lesung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bildungsminister hat hier einen Gesetzesantrag vorgelegt. Er ist uns vor ein paar Tagen zugegangen. Wir hatten leider bisher nicht die Gelegenheit, ihn ausführlich zu bearbeiten und zu diskutieren. Das werden wir dann natürlich im Ausschuss nachholen. Beim ersten Durchsehen sind mir allerdings ein paar
Zuerst einmal ist hier die Rede von einer „Bildungsschleife“. Das kommt auch in den Redebeiträgen der Kollegen dauernd vor. Mir gefällt dieses Wort überhaupt nicht, weil auch eine Schule damit gemeint ist. Das ist zum Beispiel das Berufsvorbereitungsjahr. Das hört sich so an, als ob die Kinder dort abgeliefert würden, wenn sie aus der Schule kommen, dort dann ruhig herumsitzen und nach einem Jahr irgendwo sonst abgeliefert werden. Das ist nicht so. Ich habe über Jahrzehnte mit den Berufsschulen zusammengearbeitet
und da ist es wichtig, dass man das einzelne Kind im Auge hat. Bei uns waren das zum Beispiel Kinder, die hatten den Hauptschulabschluss, auch mit Prädikat, es waren aber auch andere Kinder, die hatten den Hauptschulabschluss nicht. Da gab es die verschiedensten Wünsche, und das wurde mit der Berufsschule besprochen.
Es ist so, dass in der Regel die gesetzlichen Vorschriften, die auch den Fachleuten meist unübersichtlich erscheinen - den Betroffenen vor Ort allerdings nicht, da muss ich widersprechen; die haben schon gewusst, was möglich ist und was gemacht werden muss -, oft hinderlich sind. Ich denke, ein wichtiger Schritt wäre, zuerst einmal die Überreglementierung zu beseitigen, sodass es vor Ort mehr Spielraum für die Betroffenen gibt. Das ist nämlich ein ganz wichtiger Augenblick im Leben der Jugendlichen.
(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Dazu gehören immer zwei! - Abg. Renner (SPD): Vielleicht doch einmal einen Blick in den Gesetzentwurf werfen! Sprechen auf der Regierungsbank.)
Das Zweite ist die sogenannte Unübersichtlichkeit auch der Einrichtungen. Welchem Umstand ist das denn geschuldet? Das ist dem Umstand geschuldet, dass die offiziellen Einrichtungen den Bedürfnissen nicht in vollem Maße entsprechen. Deshalb sucht man Auswege. Diese Auswege findet man auch. Das wird dann für den Betrachter, der sich das ab und zu einmal ansieht, von außen unübersichtlich, aber für die Beteiligten, die davon profitieren, ist es durchaus übersichtlich. Es gibt ja auch Beratungen. Ich denke, wir schauen uns das noch ein bisschen genauer an und werden dann bei der Zweiten Lesung hoffentlich genau informiert sein - unsere Fraktion ist auch vorher nicht angehört worden -, was der Minister wirklich will.