Protocol of the Session on May 15, 2019

(Abg. Zeyer (CDU) )

Land. Dafür werden wir sorgen. Wir brauchen kein Wahlalter mit 16. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für die SPD-Landtagsfraktion spricht nun der Abgeordnete Sebastian Thul.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Sebastian, was sagst du jetzt?)

Ja, Barbara, was sage ich jetzt? Ich bin nicht Mitglied der AfD-Fraktion. Das heißt, ich ändere meine Meinung auch nicht je nach dem, woher der Wind weht. - Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich der AfD gratulieren. Sie hat das erste Mal einen handwerklich guten Gesetzentwurf eingebracht. Das liegt aber nur daran, dass er von den LINKEN abgekupfert wurde.

(Beifall und Zurufe von der LINKEN.)

Es ist schon ein Meisterwerk, dass Sie es schon einmal geschafft haben, einen Gesetzentwurf einzureichen, über den man eigentlich diskutieren könnte, wenn es in Ihrer Argumentation nicht so aberwitzig wäre. Ich muss schon sagen, dass ich mich etwas verarscht fühle. Ich fühle dieses Parlament in ein schlechtes Licht gerückt dadurch, dass hier Parteien so kurz vor der Wahl ihre Meinung kassieren und Sie anführen, als wären Sie schon immer für die Absenkung des Wahlalters gewesen. Das zeigt, welche Meinung Sie von diesem Parlament haben. Das zeigt, welche Meinung Sie von der Politik haben. Sie verhohnepiepeln die Arbeit unseres Parlaments. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Aber erklären, warum Sie auf einmal in Ihrer Argumentation umschwenken, müssen Sie in erster Linie Ihren Wählerinnen und Wählern. Die können darüber befinden, wir haben in anderthalb Wochen eine Kommunal- und Europawahl. Ich freue mich jetzt schon auf die Gespräche am Wahlstand. Wie ich eben von einer Kollegin erfahren durfte, gibt es schon seit Längerem die Wahl-O-Mat-Tour, wo wir uns mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die Europawahlen austauschen. Da sitzt ein Vertreter Ihrer Partei drin und da kommt natürlich die Wahlalterfrage. Die wird von den Schülerinnen und Schülern übrigens gestellt, Herr Kollege Zeyer, und ich glaube nicht, dass es so eindeutig zu beantworten ist, wie Sie es eben angeführt haben.

(Beifall von der LINKEN.)

Aber da sitzt der Vertreter der AfD drin und sagt, er ist gegen die Wahlalterabsenkung, und beruft sich auf das Bundesprogramm und das Landesprogramm Ihrer Partei. Wenn das nicht aberwitzig ist, dann weiß ich es auch nicht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Müller, es fällt mir immer schwerer, Sie ernst zu nehmen. Wir waren vor nicht allzu langer Zeit in einer gemeinsamen Podiumsdiskussion hier im Landtag im Rahmen einer Besuchergruppe des IlltalGymnasiums und haben uns dort mit den Schülerinnen und Schülern unterhalten. Das hat Sie dazu gebracht, unsägliche Ausfälle von sich zu geben. Das hat die Schülerinnen und Schüler dazu gebracht, sich nachher in einem offenen Brief an die Landtagsverwaltung zu wenden, weil Sie solche Sachen gesagt haben, wie dass es Sie interessieren würde, ob die in den Dreißigerjahren auch so den Mund aufgemacht hätten. Ich will das nur einmal wiederholen. Ich frage mich, wie man als erwachsener Mann und Abgeordneter nur so die Fasson verlieren und so mit Jugendlichen reden kann. Das zeigt eigentlich, wessen Geistes Kind Sie sind.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Sie mögen sich als große taktische Strategen sehen, aber die Menschen durchschauen solche Spielchen, das zeigt nicht zuletzt die letzte Umfrage, bei der die AfD quasi halbiert wurde, was die Umfragewerte angeht. Ich kann nur hoffen, dass Sie sich noch einmal im Ergebnis halbieren und dass dieser Spuk in diesem Parlament bald ein Ende hat, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zu Fridays-for-Future, weil das der geschätzte Kollege Zeyer hier eben auch angesprochen hat: Es ist bekannt, dass die Koalitionsfraktionen unterschiedlicher Meinung zur Wahlalterabsenkung sind, und das nicht erst seit heute. Ich habe meine erste Rede im saarländischen Landtag auch zur Wahlalterabsenkung gehalten und damals schon gesagt, dass wir für die Absenkung des Wahlalters sind. Wir müssen, wie so oft bei bestimmten Themen, auf die Union und die Diskussionsprozesse innerhalb der Union warten. Ich erinnere mich an vielerlei Diskussionen um das Thema Öffnung der Ehe, da hat Ihre Fraktion auch darum gebeten, sich ein bisschen Zeit nehmen zu dürfen, damit man Sachen ausdiskutieren kann. Letzten Endes haben wir dann doch nicht auf das Ende der Diskussion in der Union gewartet, worüber ich froh bin. Wir haben im Bundestag die Mehrheiten genutzt.

Lieber Herr Dörr, ich weiß nicht, ob Sie der Grundrechenarten mächtig sind, aber es gibt hier heute auch keine Mehrheit für die Wahlalterabsenkung, weil es

(Abg. Zeyer (CDU) )

eben nicht reicht, dass SPD, AfD und DIE LINKE dafür sind, weil wir die Verfassung ändern müssen und weil die Union da mitstimmen müsste. Schon deswegen ist Ihr Rechenexempel falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Fridays-for-Future ist in aller Munde. Die Schülerinnen und Schüler diskutieren und die Reaktionen der Gesellschaft auf diese Demonstrationen sind, wie ich finde, sehr skurril. Ich will das an dieser Stelle auch einmal sagen, der Umgang mit Greta, insbesondere vonseiten der AfD - unsägliche Hass-Posts, unsägliche Sharepics -, da wird sich an einem Kind abgearbeitet. Und heute stellen Sie sich hin und sagen, die muss man ernst nehmen, denen muss man das Wahlrecht zusprechen. Das ist doch lächerlich!

Ich stelle mich schützend vor diese jungen Menschen, die da demonstrieren, und ich bin der Auffassung, dass es ihnen nicht gerecht wird, wenn wir sie diskreditieren, und es ihnen nicht gerecht wird, wenn wir hier Debatten über die Schulpflicht führen. Das sind junge Menschen, die sich einbringen, so etwas hat das Land schon lange nicht mehr gesehen. Uns würde es gut zu Gesicht stehen, wenn wir uns hinter diese jungen Menschen stellen und ihnen endlich Beteiligung ermöglichen.

(Beifall von der SPD und der LINKEN.)

Wir haben uns in den letzten Jahren - ich will fast sagen: Jahrzehnten - immer wieder mit Studien konfrontiert gesehen, wonach das Politikinteresse der jungen Menschen abgenommen hat beziehungsweise das Interesse an Parteipolitik abgenommen hat. Ich will mal sagen, das erleben wir auch in den Volksparteien. Wir haben nicht mehr die große Jugendbasis wie früher, als wir aus dem Vollen schöpfen konnten. Das gilt für alle Parteien im Übrigen, nicht nur für CDU und SPD. Aber ich glaube, es hat auch seinen Grund in den Ritualen und Strukturen der Parteien, dass wir uns zu lange nicht verändert haben und dass wir zu lange nicht attraktiv waren für junge Menschen. Ich bin sehr dafür, dass wir in unseren Parteien auch für Veränderungen kämpfen, dass wir uns moderner aufstellen und mehr Möglichkeiten zur Beteiligung schaffen.

Wir wollen diese Lust am Politischen nicht einfach beiseitelassen oder ein paar Diskussionen mit der Führerin dieser Freitagsdemos führen. Ist nicht ihr Enthusiasmus, ihr Glaube an eine bessere Welt und die Vehemenz, mit der sie für ihre Ziele kämpfen, genau das, was viele von uns einmal in die Politik geführt hat? Ich bin mir sicher, es geht dem Kollegen Zeyer genauso wie mir, dass wir uns mit Enthusiasmus und Begeisterung für Politik in die Partei begeben haben und hier für unsere Ziele kämpfen. Genau das eint uns eigentlich mit den jungen Menschen, die sich bei Fridays-for-Future formieren.

Ich sehe auch keine Vereinnahmung der GRÜNEN, was Fridays-for-Future angeht. Wir brauchen den GRÜNEN da keine Vorhaltungen zu machen, wir sind es eigentlich, die diese Menschen aufnehmen müssen, die diesen Menschen Möglichkeiten zur Beteiligung geben müssen. Ich finde es unglaublich unfruchtbar, wenn wir diese Diskussion nur auf das Schuleschwänzen reduzieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei SPD und der LINKEN.)

Eine Solidarisierung mit den jungen Schülerinnen und Schülern, die da auf die Straße gehen, heißt nicht, dass man all ihre Ziele und all ihre Forderungen teilt. Und Anke Rehlinger hat das letztens so schön gesagt, wir müssen freitags vor den Schülerinnen und Schülern dieselbe Antwort geben können, wie wir sie an den Werktoren von ZF oder von Bosch oder von Eberspächer geben. Das heißt nicht, dass wir alles adaptieren, was diese jungen Menschen fordern, aber das heißt, dass wir das vereinbaren müssen. Wir als Politik müssen die Brücke schlagen, das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der SPD.)

Es geht aber auch nicht, dass wir von den Schülerinnen und Schülern - und das erlebe ich sehr oft in der Diskussion - erwarten, dass sie zu ihren Forderungen schon fertige Konzepte präsentieren. Das ist nicht deren Aufgabe. Übrigens ist es genauso wenig Aufgabe der Gewerkschaften, wenn sie demonstrieren, die finanziellen Probleme der Arbeitnehmer zu lösen. Das heißt, dass wir in den Dialog treten müssen.

Begreifen wir doch die Lust am Politischen endlich als Chance für unser Land. Vielleicht ist es genau diese Generation, die imstande ist, Politik grundlegend zu verändern. Dazu bedarf es aber nicht nur der Politik auf der Straße, es braucht junge Menschen, die die Politik selbst in die Hand nehmen. Die 68er hatten verstanden, dass die notwendige Konsequenz ihrer politischen Forderungen der Marsch durch die Institutionen ist. Die Rechtspopulisten haben das leider auch verstanden.

Es liegt nun an uns und an den jungen Menschen, dieses Land besser zu machen. Ich appelliere an diese Menschen, treten Sie in die Parteien und in die Jugendorganisationen ein. Ich rede jetzt nicht nur für die SPD, sondern ich finde, alles, was sich im demokratischen Spektrum bewegt, macht Politik nur besser. Und ich sage immer, wenn ich hier vor jungen Menschen, vor Besuchergruppen rede: Es ist mir letzten Endes egal, ob derjenige oder diejenige den Weg in die Partei findet, aber sie soll sich einmischen, egal auf welchem Weg. - Dahinter stehe ich und deswegen werde ich mich immer hinter das Engagement junger Menschen stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Thul (SPD) )

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LIN- KEN.)

Lassen Sie uns diskutieren, wie wir die Politik im Allgemeinen in unserem Land für junge Menschen wieder attraktiver machen können. Aus der Sicht der SPD ist die Absenkung des Wahlalters ein wichtiger Schritt, um junge Erwachsene besser zu beteiligen. Aber auch bei unserem Koalitionspartner ist Bewegung festzustellen. Ich freue mich über die Signale aus St. Wendel, offensichtlich das progressive Zentrum des Koalitionspartners in Fragen der Wahlalterabsenkung.

(Beifall des Abgeordneten Renner (SPD) und vereinzelt Heiterkeit.)

Schade, dass der Kollege Bouillon nicht da ist. Es zeigt auch, dass die ablehnende Haltung innerhalb der Union so langsam bröckelt. Es ist aus unserer Sicht ein gutes Zeichen, dass dort die Forderung von einem etablierten Landrat kommt, den wir sehr schätzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Oh-Rufe und vereinzelt Lachen.)

Es ist noch nicht allzu lange her, dass der Kollege Zeyer und der Kollege Lander im Bildstocker Rechtsschutzsaal an einer Diskussion mit dem Landesjugendring teilgenommen haben. Ich erinnere mich, dass der Kollege Zeyer da gesagt hat, dass er eigentlich auch nicht so generell ablehnend sei, was das Wahlalter mit 16 angeht,

(Ach! bei der LINKEN)

aber in der Partei sind die Mehrheiten nun mal so, wie sie sind.

(Weitere Zurufe von der LINKEN.)

Ich glaube, auch bei der Jungen Union wächst so langsam die Erkenntnis, dass die Wahlalterabsenkung vielleicht kein Teufelswerk ist.

Herr Kollege Zeyer, Sie haben eben gesagt, die Wahlbeteiligung sei so schlecht in den Ländern, wo Wahlen durchgeführt werden. Ja, das kann man von den Prozenten her sagen. Aber Fakt ist doch, dass dann mehr Menschen zur Wahl gehen. Ich kann doch nicht einfach die prozentualen Zahlen holen und sagen, sie sind schlechter als die der Älteren. Wenn ich so argumentiere, kann ich auch sagen, wer über 80 ist, geht traditionell auch weniger wählen, dann könnte man denen ja das Wahlrecht aberkennen. Das ist doch eine hanebüchene Argumentation! Mir ist jeder Mensch, der zusätzlich wählen geht, sehr recht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben sich ja vor Kurzem auch dahingehend geäußert, dass Sie sich mehr Partizipationsprojekte und Beteiligung wünschen, ob kommunale Jugendbeiräte, Jugend

landtag oder andere; es liegen ja mehrere Vorschläge auf dem Tisch. Es wäre ein starkes Zeichen, wenn der saarländische Landtag im zuständigen Ausschuss im Rahmen einer Anhörung diskutieren würde, wie die Beteiligung junger Menschen im Saarland verbessert werden kann. Unabhängig von der Abstimmung heute würden wir deshalb als SPDFraktion vorschlagen, dass wir im Ausschuss eine Anhörung machen, in der wir uns genau mit diesen Themen auseinandersetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Mein geschätzter Kollege Fraktionsvorsitzender hat vor Kurzem auch gesagt, dass wir als SPD das Thema gerne wieder im Koalitionsausschuss aufrufen, wo wir uns auch darüber unterhalten wollen, wie es mit der Wahlalterabsenkung weiter vorangeht. Ich appelliere an unseren Koalitionspartner, dass sie in der Diskussion vielleicht ein bisschen schneller vorankommen, als das beispielsweise bei der Öffnung der Ehe der Fall war, dann können wir uns vielleicht noch in dieser Legislatur damit befassen, dass wir das Wahlalter absenken. Das wäre auf jeden Fall in unserem Sinne, auch im Sinne von vielen Jugendlichen hier im Lande.

Wir lehnen den AfD-Antrag selbstverständlich ab. Es wurde eben auch schon gesagt, dass Ihre Argumentation - - Darauf möchte ich aber nicht mehr weiter eingehen. Sie wissen, ich bin auch Sprecher für Behindertenpolitik im Land, ich habe selber lange in der Behindertenhilfe gearbeitet. Das Menschenbild, das hinter Ihrem Antrag steht, verurteile ich und lehne es konsequent ab. Deswegen werden wir auch Ihren Antrag mit Entschiedenheit ablehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.