Protocol of the Session on February 13, 2019

Die nachhaltige Nutzung und Waldbewirtschaftung sowie eine Nutzung von Windkraftanlagen auch im Wald schließen sich nicht aus. Im Übrigen gab es auch einmal die Diskussion, dass Windkraft in der Biosphäre nichts zu suchen hätte. Aber da lehnt man sich dann auch von Fakten völlig unbeeindruckt zurück. Nachdem sogar das MAB-Komitee der Biosphäre ausdrücklich zugestimmt hat, dass es überhaupt keinen Widerspruch gibt zwischen Biosphäre und Windkraft, läuft trotzdem noch der eine oder andere herum und erzählt, das ginge nicht, das sei unvereinbar, bis hin zu anderen Argumentationsmustern.

Für uns ist klar, die Genehmigungsverfahren müssen gerichtsfest und in rechtsstaatlichen Verfahren überprüfbar und nachvollziehbar sein, und das ist genau das, was wir in den zurückliegenden Jahren auch gemacht haben. Ich sage das auch ganz klar mit Blick auf den ein oder anderen Text, den man da nachlesen kann, auch in dem entsprechenden Antrag, wo versucht wird zu interpretieren, wir würden weiterhin auf Teufel komm raus Staatswaldflächen in die Windkraftnutzung nehmen. Das ist schon seit dem Jahr 2016 nicht mehr der Fall, weil ich damals entschieden habe, die Angebotsflächen, die wir hatten, aufrechtzuerhalten. Weitere wird es nicht mehr geben.

Ich sage an der Stelle ganz klar mit Blick auf die Ausgangslage, wie sie auch in diesem Gesetzentwurf drinsteht, das wäre - der Kollege Thielen hat es bereits gesagt - grob verfassungswidrig. Wir würden nämlich hier in Rechte anderer eingreifen mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung, genauso in Bezug auf Eigentumsrechte Dritter, Privater. Deshalb sage ich, das, was Sie hier mit diesem Antrag wieder einmal unter Beweis stellen, ist nichts als Klischeedebatte und ein populistisches Schaulaufen. Ob Sie das hören wollen oder nicht, es ändert nichts an der entsprechenden Feststellung, und ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Minister Jost)

Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Oskar Lafontaine.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war ja eine muntere Debatte, es wurden Argumente vorgetragen, man hatte die Gelegenheit, auf Argumente einzugehen. Ich nehme zunächst einmal den Beitrag des Kollegen Jung. Er hat auf die Folgen des Klimawandels verwiesen, auf Starkregen, Gletscherschmelze, Erderwärmung etc. Das wird alles nicht in Abrede gestellt. Ich habe auch nicht gehört, dass irgendjemand das in Abrede gestellt hätte. Ich weiß nicht, warum wir immer Pappkameraden aufbauen - man kennt das ja rhetorisch - und darauf schießen. Nur sollte man dann sagen, ich habe selbst diesen Pappkameraden aufgebaut und nicht ein anderer.

Dann haben Sie gesagt, es gebe große Probleme im Wald. Das ist richtig. Das liegt aber teilweise auch das sehen Sie, wenn Sie sich mit dieser Frage beschäftigen - an der Waldbewirtschaftung, die viele, die sich für einen ökologischen Wald einsetzen, für grundfalsch halten, weil insbesondere die Dominanz des Fichtenwaldes

(Minister Jost: Wo denn?)

eben nicht -

(Minister Jost: Wo denn, im Saarland? - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das geht nicht!)

Es ist nicht üblich, von der Regierungsbank dazwischenzuquatschen.

Das ist richtig, dass Sie das anmahnen. Herr Minister, ich bitte Sie wirklich, sich zurückzuhalten. Es ist eine Unart, dazwischenzuschreien, wenn jemand am Rednerpult ist.

(Vereinzelt Beifall und Zurufe.)

Also noch einmal: Auch wenn das vielleicht nicht so bekannt ist, weise ich darauf hin, dass die Waldbewirtschaftung unter ökologischen Gesichtspunkten heftig kritisiert wird und insbesondere die über viele Jahre gewachsene Dominanz von Fichtenwäldern als falsch angesehen wird. Insofern ist dies zu berücksichtigen.

(Vereinzelt Zurufe.)

Sie mögen das ja infrage stellen, aber es ist eine weitverbreitete wissenschaftliche Erkenntnis.

Nun weisen Sie auf die nächste Kommunalwahl hin, das ist aber wirklich zu billig, denn es ist letztendlich

so, dass wir in dieser Frage seit Jahren eine gewisse Auffassung haben. Sie mögen eine andere Auffassung haben, aber auch das ist ein Pappkamerad, der immer aufgebaut wird. Ich könnte mich lustig machen und sagen, Sie denken natürlich nie an die Kommunalwahl. Wir bekennen reuig, dass wir ab und zu auch an Wahlen denken. Insofern werden wir uns an Ihrem leuchtenden Beispiel zu orientieren versuchen.

(Vereinzelt Heiterkeit.)

Nun komme ich zum Kollegen Hecker, der hier einen sehr sachlichen Vortrag gehalten hat. Der Hinweis auf die Übergangsfristen ist richtig, es wäre im Ausschuss ohne Weiteres möglich, entsprechende Übergangsfristen einzurichten. Insofern ist das ein Argument, das aufgegriffen werden könnte, wenn man eine Beratung haben wollte.

Jetzt kann ich zum Kollegen Thielen kommen, der sich auch dazu geäußert hat. Da gibt es zunächst einmal ein Argument - ich komme auf das andere nachher im Zusammenhang mit dem Umweltminister noch zu sprechen -, das Sie gebracht haben, dass die Leute überall sagen: Wir sind für Umweltschutz, aber da und da ziehen wir nicht mit, wir können die Steinkohle-, Braunkohle-, Kernkraftwerke etc. - - Das ist alles richtig. Das hat aber mit der Diskussion, die wir hier führen, relativ wenig zu tun, denn es geht hier nicht in erster Linie um die Kernenergie oder sonst etwas, es geht in erster Linie um die Reduktion der CO2-Belastung. Das ist das immer wieder vorgetragene Argument. Es geht einzig um die Frage, ob es andere Möglichkeiten gibt, das CO2 zurückzuführen, als Anlagen in den Wald zu stellen. Das haben wir schon oft hier besprochen.

Wir sind der Meinung, es gibt viele andere Möglichkeiten, CO2 zu reduzieren, wenn man das will. Ich hatte Ihnen schon zu Beginn der ganzen Debatte einmal gesagt, würde man die vielen Milliarden, die aufgewandt wurden, um diese Technologie zu finanzieren, beispielsweise für die Wärmedämmung der Wohnhäuser einsetzen, hätte man erstens einen viel größeren Beschäftigungseffekt und zweitens die gleiche CO2-Reduktion. Ich sehe, dass ein Kollege, der dem Handwerk verbunden ist, nickt. Das kann man ja diskutieren. Natürlich, wenn einer ein großes Grundstück hat, wo eine Anlage draufsteht, wird er immer der Meinung sein, dass die Windenergie die beste überhaupt ist. Insofern muss man das berücksichtigen. Also, diese Alternativen sollte man nicht ausklammern, sonst kommen wir nicht zu einer sachlichen Debatte. Es gibt immer Alternativen, wenn man CO2 zurückführen will. Man kann nicht sagen, es gibt nur diese Mühlen, zumal -

(Abg. Funk (CDU) : Wir brauchen aber auch Strom!)

Ja selbstverständlich! Selbstverständlich brauchen wir auch Strom, aber aus Zeitgründen kann ich jetzt auf die europäische Wirkung unseres Vorgehens nicht hinweisen. Es ist nur so, dass viele immer wieder argumentieren, dass wir mit unserer Vorgehensweise letztendlich europaweit gesehen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen überhaupt nicht zu einer CO2-Reduktion kommen. Aber mir fehlt jetzt die Zeit, das noch näher auszuführen.

Ich komme zu einem anderen wichtigen Punkt, den Sie genannt haben und der mir im gesamten Kontext von Bedeutung ist, das ist die Preissteuerung. Sie haben auf das Ökosteuergesetz hingewiesen. Ich konnte mich damals an einer entscheidenden Stelle nicht durchsetzen, an der Stelle nämlich, an der ich die Auffassung vertreten habe, dass wir die Preissteuerung nicht nur über die Ökosteuer machen dürfen, sondern gleichzeitig etwa bei Rentnern, sozial Bedürftigen etc. höhere Renten und höhere soziale Leistungen ins Auge fassen müssen. Warum? Meine Auffassung war die, dass diejenigen, die im untersten Einkommensbereich sind, die größten Probleme haben, unsere wunderbare Energiewende mitzumachen, wenn Sie höhere Preise zu bezahlen haben. Das heißt, das ist generell. Sie sehen das jetzt auch beim Thema Diesel, das ist dasselbe. Das ist eine Ansage an alle, die vorrangig immer nur den Umweltschutz sehen. Damit meine ich insbesondere eine Partei, die in diesem Haus jetzt nicht mehr vertreten ist. Umweltschutz, der nur für die sogenannten Besserverdiener kein Problem ist, ist für uns kein Umweltschutz.

(Beifall von der LINKEN und bei der SPD.)

Wir müssen auch immer diejenigen sehen, die große Schwierigkeiten haben, Preissteigerungen zu bezahlen. Herr Kollege Thielen, ich bin immer noch bei Ihrer Argumentation - - Herr Kollege Thielen!

(Abg. Thielen (CDU) : Ja!)

Kein Problem, ich quatsche auch manchmal nach hinten. - Auf jeden Fall müssen wir die Preissteuerung im Auge behalten. Ich will jetzt auch nicht die Dieseldebatte als inkonsequent anführen. Da habe ich es immer für richtig angesehen. Wir können nicht hingehen und Regelungen machen, nach denen der kleine Mann, der sich vor 15 Jahren ein altes Auto gekauft hat, das überhaupt nicht mehr den modernen Technologien entspricht, der sich aber ein modernes Auto nicht kaufen kann, nicht mehr reinfahren darf, aber der Wohlhabende, der sich morgen wieder einen größeren Schlitten mit modernster Technik kaufen kann, reinfahren darf. Das ist eine Art von Umweltschutz, die von der sozialen Frage losgelöst ist und die wir für grundfalsch halten. Deshalb bin ich Ihnen dankbar, dass Sie diese Preissteuerungen einmal hier angeführt haben.

(Beifall von der LINKEN.)

Nun komme ich ganz kurz zu dem Beitrag des Umweltministers, der auch wieder Pappkameraden aufgebaut hat. Da muss ich zunächst noch einmal darüber informieren: Selbst der amerikanische Präsident zieht den Klimawandel nicht in Zweifel.

(Zuruf und Sprechen.)

Sie werfen immer alles durcheinander. Er zieht ihn nicht in Zweifel. Er bestreitet nur, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Das ist ein großer Unterschied, auch wenn es vielleicht etwas schwer ist, das einzusehen. Aber ich will doch noch einmal versuchen, Ihnen das nahezubringen.

(Zuruf.)

Selbst diejenigen auch von der AfD, die beispielsweise immer wieder im Deutschen Bundestag vortragen, dass sie den menschengemachten Klimawandel in Zweifel ziehen, behaupten nicht, der Klimawandel würde nicht stattfinden. Sie weisen vielmehr darauf hin, dass es Klimawandel schon immer gab und dass nur gestritten wird, worin die Ursachen liegen. Wenn man also versucht, von oben herab die Argumente abzubürsten, sollte man zumindest in den Grundfragen einigermaßen informiert sein.

(Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Es gibt niemanden, der den Klimawandel als solchen leugnet, außer ein paar Irren. Aber von denen müssen wir jetzt hier wirklich nicht ausgehen. Temperaturmessungen und so weiter kann man schlecht infrage stellen. Darauf wollte ich nur noch einmal hinweisen.

Es hat auch niemand gesagt, es gebe einen kompromisslosen Kahlschlag. Wer hat denn das hier gesagt? Was für ein Unfug, so etwas hier in die Debatte zu stellen! Oder es gebe einen Raubbau! Es gibt schlicht und einfach die Meinung unserer Fraktion, dass in den Wald keine Windkraftanlagen gehören.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Genau. - Beifall von der LINKEN.)

Da kann man anderer Meinung sein. Das ist für uns überhaupt kein Problem. Aber das sollte man doch nicht dramatisieren, damit man sich entsprechend in Szene setzen kann. Es gibt einfach die Meinung, dass das nicht geschehen sollte.

Auch der Hinweis auf die Wiederaufforstung - das ist ein Argument - ist nicht so ohne Weiteres zu akzeptieren. Wenn man sieht, wie ein engagierter Waldschützer wie Peter Wohlleben - den will ich hier in die Debatte einführen - gewachsenen Wald und neu aufgeforsteten Wald einander gegenüber stellt, wenn man seine Bücher gelesen hat und dieses Engagement für die Wälder und Bäume erkennt, kommt man zu ganz anderen Urteilen, als sie hier vorgetragen worden sind.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Es ist auch nicht so, dass irgendjemand vorgeworfen hat, es würde nicht nach Recht und Gesetz entschieden. Wir haben gesagt, die jetzigen Gesetze ermöglichen solche Vorgehensweisen. Man sollte also hier nicht irgendwelche Pappkameraden aufbauen, die mit der sachlichen Debatte überhaupt nichts zu tun haben.

(Beifall von der LINKEN.)

Es gibt dann zwei Argumente, auf die niemand eingegangen ist. Ich will Ihnen etwas sagen und kann Ihnen das nachher auch zeigen. Da ich tatsächlich ab und zu spazieren gehe und auch oft Rad fahre, fahre ich immer an Schildern „Vorsicht Eisabwurf! Lebensgefahr“ vorbei. Wir hatten heute Morgen eine interessante Debatte. Ich wollte da noch Gustav Regler anführen als jemand, der europaweit eine gewisse Rolle gespielt hat. Das habe ich aus Zeitgründen aber nicht getan. Aber immer wenn ich auf dem Gustav-Regler-Weg gehe - oben, wo rechts und links viele Windkraftanlagen stehen -, muss ich daran denken, dass er wahrscheinlich jetzt um diese Zeit mit seinem Vater nicht dort hätte laufen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der mit seiner Familie dort gelaufen wäre, wenn da „Lebensgefahr“ gestanden hätte. Ein verantwortungsvoller Mensch läuft da nicht. Das gilt jetzt nicht nur für diesen Weg. Es gibt eine ganze Reihe von Wegen. Es gilt auch für den Wald. Sie mögen das für vertretbar halten. Aber es gibt Leute, die im Wald spazieren gehen möchten, auch wenn Schnee liegt oder so. Die lesen dann „Vorsicht Eisabwurf! Lebensgefahr“ und empfinden das nicht unbedingt als eine Verbesserung der Lebensqualität. Man könnte zumindest einmal auf dieses Argument eingehen.

(Zuruf und Beifall von der LINKEN.)

Nun will ich Ihnen zuallerletzt noch etwas zur ökonomischen Nutzung sagen, die in der Vergangenheit immer wieder angeführt worden ist. Ich hatte die Gelegenheit, vor einigen Jahren den Dirigenten Enoch zu Guttenberg kennenzulernen, der über einen großen Waldbesitz verfügte und gesagt hat: Ich habe mich bei meinen ganzen Kollegen, die ebenfalls familiären Waldbesitz haben, völlig unbeliebt gemacht, weil ich als Naturschützer der Meinung bin, es gehören dort keine Anlagen hin. Es entgehen mir zwar Millionen Einnahmen, aber weil ich es mit dem Naturschutz ernst meine, werde ich solche Anlagen auf meinem Besitz nicht zulassen. - Das ist für mich eine sehr respektable und vorbildliche Haltung. Man muss die nicht teilen. Aber man sollte einmal sehen, dass es zumindest auf ein Engagement schließen lässt, wenn jemand zu einer solchen Haltung kommt.

Ich fasse also zusammen: Man kann auch solch eine Frage sachlich diskutieren. Es gibt niemanden, der den Klimawandel leugnet, außer einer ver

schwindenden Minderheit. Es gibt eine Minderheit der Wissenschaftler, die sagt, der Klimawandel ist nicht menschengemacht, sondern auf die Sonnenaktivitäten zurückzuführen. Die große Mehrheit der Wissenschaftler ist der Meinung, er sei menschengemacht. Da geht es aber um die CO2-Reduktion, und da gibt es unterschiedliche Technologien, die man einsetzen kann, um CO2 zu reduzieren. Wir sind dafür, CO2 zu reduzieren. Deshalb werden wir heute Nachmittag noch einmal einen entsprechenden Antrag von uns einbringen und diskutieren. Wir halten aber bei Abwägung des Pro und Contra die Zerstörung des Waldes und seiner Erholungsfunktion für den falschen Weg. Deshalb bleiben wir bei unserem Gesetzesvorschlag und akzeptieren auch, dass Sie ihn ablehnen. Aber wir sind überzeugt davon, dass unser Standpunkt sehr viele und gute Gründe hat.

(Beifall von der LINKEN.)