Protocol of the Session on December 11, 2018

Ich danke Ihnen.

Wir setzen unsere Beratungen zum Haushaltsplanentwurf 2019/2020 fort. Wir beraten heute Morgen den Haushalt des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums, am Nachmittag dann des Bildungsministeriums, des Kulturministeriums sowie des Umweltund Verbraucherschutzministeriums und gegen Abend den Haushalt des Justizministeriums.

Wir kommen zur Übersicht 7: Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr -, Einzelplan 16 Kapitel 16 08, Einzelplan 17 Kapitel 17 08 sowie Einzelplan 20 Kapitel 20 08 und 20 31.

Übersicht 7 - Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr (Abänderungsan- trag: Drucksache 16/674)

Die Berichterstattung wurde zu Protokoll gegeben (siehe Anlage 8). Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat als erster der parlamentarische Geschäftsführer der DIE LINKE-Landtagsfraktion Jochen Flackus.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Es ist jetzt nicht ganz einfach, nach so einem Ereignis wie gestern Abend einfach wieder in die Haushaltsberatungen einzusteigen. Gleichwohl, glaube ich, führt kein Weg daran vorbei. Aber auch ich möchte das in den Kontext stellen, dass wir alle sehr betroffen sind, dass das eine schlimme Geschichte ist direkt vor der Haustür.

Man bekommt plötzlich das Gefühl, dass es gar nicht so weit weg von einem ist. Man denkt, Kabul oder so ist weit weg, aber es ist manchmal eben auch um die Ecke.

Aufgrund der Redezeitbeschränkung, die wir hier haben, möchte ich mich auf zwei Punkte konzentrieren. Der Punkt Digitalisierung ist gestern in fast allen Reden mitgeschwungen. Kollege Funk freut sich schon, weil wir uns auf dem Gebiet immer gerne austauschen. Ich wollte mich außerdem dem Thema Nahverkehr zuwenden, das gestern ebenfalls häufiger angesprochen wurde. Bei der Digitalisierung ist der Stand der Dinge aufgrund der Beratungen des Einzelplans 08 im Haushaltsausschuss klar: Es gibt immer noch kein Leitprojekt. Wir haben sogar eine neue Titelgruppe, die sich mit dem Bereich Digitalisierung beim Wirtschaftsministerium beschäftigt, die Titelgruppe 73. Auch dort ist nach unserer Meinung das Chaos angestiegen, weil neue zuständige Institutionen geschaffen worden sind. Ich werde gleich etwas dazu sagen.

Ich komme erstmal zu dem Leitprojekt zurück. Sie haben im zweiten Jahr quasi Leitprojekte abgelehnt, die von uns in diesem Bereich beantragt wurden. Es wurde noch nicht mal darüber diskutiert, das finde ich ein bisschen schade. In diesem Jahr haben wir, mein Vorsitzender hat es gestern bereits erwähnt, das Thema Logistik angesprochen. Frau Rehlinger, ich glaube, wir sind uns einig, dass das ein wichtiger Punkt im Saarland ist. Gerade am Wochenende konnte man in der Sonntagsausgabe der FAZ lesen, Bernhard Simon, der Chef von Dachser, hat perspektivisch Stellung genommen zur Bedeutung der Branche. Es geht ja nicht nur um Amazon, es steht ja noch mehr hintendran. Wir sind uns einig, dass Logistik für den Standort eine sehr wichtige Bedeutung hat. Was wir brauchen, sind Aktivitäten in dem Bereich, weil das eben eng mit Digitalisierung zusammenhängt. Logistik ist mittlerweile sogar ein Treiber der Digitalisierung insgesamt. Wir haben ein Netzwerk Logistik im Saarland, wenn man aber ins Internet schaut, merkt man an den Filmen, die gezeigt werden und an dem, was an Aktionen läuft, dass Spinnweben daran hängen. Deshalb haben wir ein Netzwerk vorgeschlagen. Wir haben neue Einrichtungen, die wirklich etwas dazu beitragen können, ich nenne exemplarisch Power4Production, das DFKI und insbesondere - immer vernachlässigt, Sie kennen es, Frau Rehlinger - das IPL von Professor Schmidt. Diese Einrichtungen beschäftigen sich sehr dezidiert und angesehen mit Logistik. Wir haben auch die Hochschulen, die HTW hat sogar einige Logistiklehrstühle.

Wir haben natürlich die klassischen Logistiker, haben aber auch Ausrüster, Dienstleister, Softwareentwickler und sogar Versicherer, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Das wären also klare The

menvorgaben, Softwareentwicklung, Datensicherheit, wir haben gestern viel zum Helmholtz-Institut gehört. Es geht um neue Geschäftsmodelle, wir können an der Stelle unsere Unternehmen und Wissenschaftler mit einbauen. Es geht in der Logistikbranche aber um noch mehr, das hat Herr Simon in dem Interview deutlich gemacht. Es geht selbstverständlich auch um grüne Logistik, damit ist Energieeffizienz und Klimaschutz gemeint. Er hat zum Beispiel gesagt, es ist ein ökologischer und ökonomischer Unsinn, dass die Logistiker zwei- bis dreimal am Tag in die Städte fahren, um sofort auszuliefern. Dem kann man nur zustimmen. Es geht um diese Themen und darum, wie man solche Prozesse vielleicht mit Digitalisierung besser steuern kann. Es geht wie immer in diesen Bereichen aber auch um die Fortund Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

So, Sie haben das jetzt abgelehnt, das wären 500.000 Euro gewesen. Ich finde, es ist ein bisschen kleines Karo, solche Projekte abzulehnen. Ich muss sagen, wenn man kein eigenes Projekt hat, ist es auch ein Mangel an Ideen, das muss man mal deutlich sagen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Der zweite Punkt ist diese Verwirrung im Bereich Technologietransfer, wir haben schon ein paarmal darüber diskutiert, sie geht mit diesem Haushalt weiter. Es wurden im Koalitionsvertrag weit über 20 neue Bereiche der Digitalisierung festgelegt. Im Haushaltsplan findet man jetzt neu immer die Begriffe „Digital Hubs“ und „Digitalisierungsakademie“. Ich frage mich wirklich ernsthaft und bitte auch um eine Antwort: Was machen die, was andere im Land in dem Bereich nicht machen? Diese Frage muss man sich doch stellen. Es werden immer neue Töpfe geschaffen, es ist auch ein Umgang mit den finanziellen Ressourcen. Dazu kommt parallel, wir haben gestern darüber diskutiert, ein neues Spin-off-Center für Helmholtz, und wir wollen laut Haushaltsplan einen MINT-Park in der Alten Schmelz. Wir machen alles schön, alles vielleicht nett, alles gut, aber ich frage wirklich: Wie soll man da noch durchblicken, selbst wenn man sich die Mühe gibt, die ganzen Aktivitäten zu sortieren?

Unsere Forderung lautet also -

(Ministerin Rehlinger: Es ist immer zu wenig oder zu viel.)

Nein, klare Ansage: Ordnen Sie bitte den Technologietransfer, das ist ein Schlüsselpunkt auch für den Standort. Da gibt es ein heilloses Durcheinander, es ist einfach so.

Mein zweiter Punkt ist natürlich der ÖPNV, ein zweiter wichtiger Standortfaktor. Auch das ist ein trauriges Kapitel der Landespolitik. Viele Menschen kriti

sieren unseren Nahverkehr, wir kritisieren ihn auch. Wir haben unlängst im Wirtschaftsausschuss heftig kritisiert, was dort diskutiert wird. Der Landespolitik wird vorgeworfen, sie diskutiere nicht notwendigerweise die Gestaltung, viele Nutzer des Nahverkehrs im Saarland fühlen sich nicht ernst genommen. Wenn man sich den Befund anschaut, kann man das nur unterstreichen. Nur jeder zweite Saarländer fährt überhaupt mit dem Nahverkehr. Ich schau jetzt mal zum Kollegen Georgi, das ist einer, der ihn täglich nutzt.

(Abg. Georgi (DIE LINKE) : Na ja!)

Aber sehr oft, viel häufiger als ich beispielsweise. Wir sind auf dem vorletzten Platz im Bund, und zwar aus einem nicht hinnehmbaren Grund; allein im August gab es 1.800 Busausfälle im Saarland. Es gibt Fahrzeugmängel bei den Bussen. Die gibt es übrigens auch bei der Bahn, bei der Vlexx wird auch häufig kritisiert, dass es einfach Fahrzeugmängel sind. Es gab in diesem Spätsommer auch Linienkürzungen. Am Wochenende werden viele Linien eingeschränkt oder nur noch beschränkt angefahren, auch ein Kritikpunkt, der immer wieder kommt. Besonders nervt die Nutzer dieses Wabensystem, die Preisstruktur ist teuer und unübersichtlich.

Aktuell haben wir einen Haufen Probleme. Es gibt einmal den Arbeitsmarkt für die Busfahrer, wir haben in den letzten Wochen vieles dazu gehört. Ich habe mit Interesse gelesen, Frau Ministerin, dass Sie sich dieses Thema auf die Agenda gesetzt haben. Und wir haben ein Problem, das vielleicht nicht so im Fokus steht, das aber auch einmal diskutiert werden muss: Die Kosten des Managements unseres Nahverkehrs liegen weit über denen in Baden-Württemberg oder in Bayern. 1,5 Prozent der Regionalisierungsmittel gehen in das Management unseres Nahverkehrs - ganz schön viel.

Wir hatten die berühmte Notfallverordnung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, wir fahren zwar seltener, aber dafür pünktlich. Das empfinde ich schon als einen Hintertreppenwitz. Das muss man einmal aus der Sicht der Nutzer sehen! Am Wochenende haben wir Preiserhöhungen bekommen. Und wen treffen die? Ausgerechnet die Schüler. Wenn man weiß, dass die Schüler 80 Prozent der Nutzer des Nahverkehrs ausmachen, sieht man die Absurdität dieser ganzen Diskussion.

(Beifall von der LINKEN.)

Wenn man da einen Strich drunter zieht, kann man das, was Nahverkehr bei uns mittlerweile ist, glaube ich, gut und gerne als politischen Scherbenhaufen bezeichnen.

Was macht jetzt die Landesregierung? Sie antwortet mit Studien. In der letzten Ausschusssitzung - ich glaube, ich berichte nicht falsch - waren am Ende al

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

le Fraktionen der Meinung, es reicht jetzt mit Studien, vor allem mit Studien, die uns nerven und nicht weiterführen. Ich will nur ein Beispiel aus dem Ausschuss nennen. Da werden tausend Leute von einem Beratungsunternehmen aus Dresden gefragt. Die Hauptnutzer, die 80 Prozent Schüler, waren nicht dabei. Die sind nicht gefragt worden. Absurder kann man eine Umfrage eigentlich nicht aufbauen.

Und wir haben jede Menge runde Tische, zu allen Themen runde Tische. Ich habe unlängst ein Gespräch mit dem VCD gehabt, der nicht nur die Landesregierung kritisiert hat, sondern der auch den Landtag kritisiert hat und uns allen vorgeworfen hat, wir seien weit hintendran, was die Diskussion in diesen Bereichen betrifft.

Was fehlt, ist ganz klar: Es fehlen Ziele für die Zukunft und es fehlt der berühmte Verkehrsentwicklungsplan, der schon mehrmals angekündigt war und jetzt im nächsten Jahr kommen soll. Wir bitten wirklich darum, endlich zu handeln und diesen Plan pünktlich im Frühjahr vorzulegen, damit wir den auch hier diskutieren können.

Ich will - weil Sie gestern gesagt haben, wir hätten in vielen Bereichen keine Vorschläge - noch einmal sagen, was unsere Vorschläge für diesen Bereich sind. Erstens. Wir brauchen eine Reduktion der Anbieter. Wir haben im Saarland 17 Verkehrsunternehmen. Der AStA hatte neulich beklagt, dass er nicht mehr mit dem Semesterticket klarkommt, weil er mit 17 Unternehmen verhandeln muss. Wir sagen, ein Land, ein Betrieb. Einer reicht, das senkt auch die Managementkosten. Wir brauchen natürlich ein durchschaubares Tarifsystem, ein besseres Preissystem, eine bessere Abstimmung und Taktung.

Zu dem Tarifsystem will ich noch etwas sagen. Wir haben gestern gelesen, dass der Ministerpräsident von Luxemburg gesagt hat, Luxemburg wird das erste Land, das ticketfreien Nahverkehr insgesamt haben wird. Es ist klar, dass wir uns das nicht leisten können. Ich will aber sagen, man kann sich Ziele setzen. Luxemburg hat es vorgemacht - und das wäre ein Punkt, den wir hier einmal wirklich abstimmen sollten -, Luxemburg hat am Wochenende ticketfreien Verkehr. So etwas können wir nun wirklich auch einmal probieren, um damit die Nutzerquoten ein bisschen anzuheben.

Die zweite Forderung - neben der Reduktion der Verkehrsunternehmen - ist also: Weg mit dem Wabensystem! Das muss weg. Es ist untauglich und schafft keine Transparenz.

(Beifall von der LINKEN.)

Frau Ministerin, dazu braucht man auch kein Gutachten, das kann man, glaube ich, in einem Satz festhalten und auch machen.

(Ministerin Rehlinger: Wo war denn der Abände- rungsantrag in zweistelliger Millionenhöhe, um das zu finanzieren?)

Die Abschaffung des Wabensystems?

(Ministerin Rehlinger: Ja. Wo? - Vereinzelt Hei- terkeit.)

Sie haben doch gerade deshalb ein Gutachten in Auftrag gegeben.

(Ministerin Rehlinger: Genau. Wie man etwas fi- nanziell umsetzen kann. - Ministerin Bachmann: Im Parlament.)

Ja, und da gibt es Vorschläge aus dem ganzen Land. Ich muss doch nicht einen Vorschlag mit einem zweistelligen Millionenbetrag akzeptieren! - Da winken Sie ab. Das ist doch keine Antwort!

(Ministerin Rehlinger: Ich habe Ihnen gerade mei- ne gegeben. - Abg. Ries (SPD) : Dann sollen die LINKEN auch einen Abänderungsantrag einbringen. - Abg. Schramm (DIE LINKE): Hätten wir ihn gestellt, hättet ihr ihn abgelehnt.)

Ich glaube, was ich sage, tut weh, sonst würden Sie nicht so reagieren. Was hat das mit Abänderungsanträgen an dieser Stelle zu tun?

(Abg. Pauluhn (SPD) : Weil das einen zweistelligen Millionenbetrag kostet.)

Das ist dann ein Problem, das man anders diskutieren muss. Das ändert doch nichts an der Forderung! Ich habe hier drei Forderungen aufgestellt. Die können Sie gut oder schlecht finden, Sie können auch gerne sagen, die sind nicht finanzierbar. Dann kucken Sie sich einmal bei Nutzern um, wie die das Wabensystem finden.

(Ministerin Rehlinger: Mach weiter. - Abg. Pauluhn (SPD) : Er hat ihn nur nicht gestellt, weil wir ihn abgelehnt hätten. - Lachen bei den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat der Abgeordnete Jochen Flackus.

(Abg. Pauluhn (SPD) : So ruhig wie jetzt war es doch noch nie!)

Sie wollen immer alles. Sie haben gestern gesagt, wir machten keine Vorschläge. Sie haben gesagt, was wir vorgeschlagen haben, ist viel zu teuer, das kann man gar nicht machen. Wenn wir etwas vorschlagen, ist es auch falsch und auf jeden Fall zu teuer. Noch einmal, damit das auch einmal klar ist: Wir haben den Landeshaushalt nicht aufgestellt. Den haben die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen aufgestellt. Ich kann sagen, wenn wir den

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Haushalt aufgestellt hätten, wäre er anders strukturiert und ich hätte vielleicht das Geld für den Nahverkehr.