Protocol of the Session on February 7, 2018

Es handelt sich zunächst einmal um die Änderung der Bezeichnung. Künftig reden wir nicht mehr von dem Landesamt für Verfassungsschutz, sondern von der Verfassungsschutzbehörde. Nach Verabschiedung dieses Gesetzes sind wir eines von zehn Bundesländern, das die Organisation seines Geheimdienstes innerhalb des Innenressorts abbildet, also in der deutlichen Mehrheit. Nur Bayern, BadenWürttemberg, Hessen, Hamburg, Bremen und auch Sachsen führen den Verfassungsschutz wie das Saarland bisher weiter als Landesamt.

Wichtig ist mir zu betonen, dass diese Restrukturierung ausdrücklich nicht der Beseitigung etwaiger Missstände geschuldet ist, wie das 2013 und 2014 in anderen Bundesländern erforderlich wurde, denn der saarländische Verfassungsschutz leistet unter Leitung von Herrn Dr. Albert ganz hervorragende Arbeit. Er genießt unser höchstes Vertrauen. Ich darf im Namen meiner Fraktion - ich denke, da spreche ich auch für die Kolleginnen und Kollegen des Koalitionspartners - von dieser Stelle der Leitung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein ganz herzliches Dankeschön sagen für die gerade in diesen Zeiten besonders schwierige, besonders verantwortungsvolle und auch belastende Arbeit, die Sie leisten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Erwartungen, die sich mit der Umorganisation verbinden, hat Herr Minister Toscani eben schon erläutert. Es geht darum, dass unser Verfassungsschutz künftig noch enger in ministerielle Besprechungen und Abläufe integriert ist, dass er dem Minister besser zuarbeiten und sich mit seinem Wissen einbringen kann, oder auch darum, dass bei einzelnen Verwaltungsaufgaben Synergien genutzt werden können. Bessere Abstimmung, einfachere Berichts- und Entscheidungswege, Gremienarbeit aus

einer Hand, das sind die Stichworte, unter denen man sich eine Optimierung der Arbeit des Verfassungsschutzes verspricht.

Unser Verfassungsschutz ist eine Art Frühwarnsystem unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Seine Aufgabe ist es, verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen zu beobachten, die politisch Verantwortlichen und die zuständigen Stellen über Entwicklungen und drohende Gefahren zu unterrichten, aber auch - und das ist ein immer entscheidenderes Aufgabenfeld - präventiv tätig zu sein, das heißt Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden oder Vereine unseres Landes aufzuklären, Verfassungsfeinde zu kontaktieren und auf deren Deradikalisierung hinzuwirken.

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass wir auch im Saarland eine wachsende Bedrohungslage haben. Da war der Flüchtlingszuzug. Wir haben ihn hervorragend gemanagt, aber nun müssen wir auch achtsam sein, dass die Integration in unseren Rechtsstaat gelingt und sich unter dem Deckmantel der Religion keine staatsfeindlichen Kräfte Raum verschaffen. Hier ist der Verfassungsschutz verstärkt gefordert und unsere Bevölkerung erwartet zu Recht, dass wir hier sehr wachsam sind. Daneben sind sowohl die rechte als auch die linke Szene in unserem Land erstarkt und obendrauf haben wir es immer mehr mit gefährlichen Irren zu tun, sogenannten Reichsbürgern, die unseren Rechtsstaat explizit nicht anerkennen.

Unabhängig von der Frage also, ob als Landesamt oder Abteilung, muss der Verfassungsschutz deshalb auch in einem kleinen Bundesland maximal handlungsfähig sein. Er profitiert von der föderalen Organisation, weil er die regionalen Strukturen kennt, gleichzeitig muss er sich konsequent horizontal und vertikal vernetzen. Es bedarf außerdem zeitgemäßer Methoden zur Durchsetzung seiner Befugnisse, wenn er den zunehmend international und digital geprägten Bedrohungslagen begegnen will.

Die Fraktion DIE LINKE wird ja nicht müde, den Verfassungsschutz zu diskreditieren und seine Abschaffung zu propagieren; wahrscheinlich müssen wir uns das gleich wieder anhören. Da ist man immer wieder aufs Neue verstört. Ich habe auf der Homepage der Bundestagsfraktion DIE LINKE gefunden, dass dort der Verfassungsschutz als „Fremdkörper in der Demokratie“ bezeichnet wird.

(Vereinzelt Beifall bei der LINKEN.)

Sie sehen, da wird noch geklatscht! Schön, dass die Debatte übertragen wird und die Bevölkerung dies erfährt. - Ich kann nur sagen: falsch, völlig falsch. Der Verfassungsschutz ist eben kein Fremdkörper, er ist vorgelagerter Demokratieschutz.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Er ist integraler Bestandteil unseres Rechtsstaates, jedenfalls nach meinem Staatsverständnis und nach dem Verständnis meiner Fraktion. Deshalb ist es auch richtig, dass wir ihn mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärker in die ministerielle Arbeitsstruktur integrieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Anhal- tendes Sprechen bei der LINKEN.)

Natürlich darf diese Integration nicht so weit gehen, wie uns die LINKE in ihrem Antrag zum Haushalt 2018 nahelegen wollte, als sie vorschlug, den Verfassungsschutz aufzulösen und „die wichtigen Aufgaben der Terrorismusbekämpfung mit polizeilichen Mitteln zu erledigen, damit eine bessere demokratische Kontrolle gewährleistet ist.“ - Nein! Das ist wieder völlig falsch und absolut daneben. Die Kontrolle obliegt ja nicht zuletzt Ihnen durch die Informationsrechte, die Sie im Verfassungsschutz-Ausschuss haben. Es gilt völlig zu Recht das Trennungsgebot zwischen Verfassungsschutz und Polizei mit der wichtigen Maßgabe: Wer alles weiß, soll nicht alles dürfen, und wer alles darf, soll nicht alles wissen. Das ist ein ganz entscheidender Grundsatz. Meine Damen und Herren, die Zeiten, in denen unser Land durch eine Mauer getrennt war, die jetzt genauso lange weg ist, wie sie da war, und in einem Teil unserer Republik gegen diesen Grundsatz sträflich verstoßen wurde, sind noch nicht lange her. Wir sollten die Auswirkungen nicht vergessen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LINKE). - Weiter Sprechen bei der LINKEN.)

Wir dürfen uns auch nicht vorwerfen lassen, dass wir aus den Versäumnissen im Informationsaustausch - wie im Fall Amri - nicht gelernt hätten. Deshalb sind unsere Vorgaben an das Ministerium im Zuge der Umorganisation, die Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes genauso wie seine Kontrollierbarkeit weder personell noch organisatorisch zu beeinträchtigen.

(Erneut Sprechen bei der LINKEN.)

Im Gegenteil. Die Erwartungshaltung lautet ganz im Sinne der Koalitionsvereinbarung, dass diese Maßnahme den Verfassungsschutz personell und auch in seiner Effizienz stärkt. Hierauf wird bei der organisatorischen Umsetzung und im weiteren parlamentarischen Verfahren zu achten sein. - Ich bitte insoweit um Zustimmung in Erster Lesung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Lutz Hecker von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf der Regierung des Saarlandes soll bewirken, dass das Landesamt für Verfassungsschutz kein eigenständiges Landesamt mehr sein soll, sondern eine Abteilung Innenministerium, wenngleich das eine vereinfachte Umschreibung ist.

Sie beziehen sich bei der Problem-Ziel-Beschreibung auf den Koalitionsvertrag und darauf, dass die Landesregierung sich darin zum Ziel setzt, den Verfassungsschutz auch personell zu stärken. In dem Punkt sind wir bei Ihnen, denn in Zeiten des auch durch Frau Merkel selbst importierten islamistischen Terrors brauchen wir maximale Sicherheit für die Bürger in unserem Land und eine deutliche personelle Erhöhung von Polizei, Sicherheitsbehörden und selbstverständlich auch unserer Nachrichtendienste.

Auch wir sind für kürzere Dienstwege und schnelleren Wissenstransfer, vor allem aber für wesentlich schnellere Entscheidungsprozesse und in der Konsequenz auch für eine konsequente Anwendung und Durchsetzung bestehender Gesetze sowie für eine Anpassung von Gesetzen, um den Herausforderungen der heutigen Zeit gewachsen sein zu können. Im Gegensatz zur LINKEN wollen wir auch keinesfalls eine komplette Abschaffung des Verfassungsschutzes. Wir wollen im Gegenteil eine Reformierung und Stärkung unseres Inlandsnachrichtendienstes.

Trotz diverser Pannen und Skandale in der Vergangenheit leistet der Verfassungsschutz einen wichtigen, nicht zu unterschätzenden Beitrag gerade auch bei der Terrorabwehr. In Zeiten des Terrors die Geheimdienste oder Nachrichtendienste abschaffen zu wollen, wie die LINKE dies möchte, ist nicht nur abenteuerlich, sondern zeugt von einer gewissen Realitätsverweigerung.

Den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzesänderungen können wir dennoch nicht zustimmen, da wir einen anderen Ansatz bevorzugen. Unserer Vorstellung nach sollte der Verfassungsschutz auf Bundesebene zentralisiert werden, dies unter Federführung des Bundesinnenministers und mit entsprechenden Dependancen in den Bundesländern. Damit sollen letztlich die Landesämter und die Abteilungen des Landesinnenministeriums abgeschafft werden.

Der Sicherheitsföderalismus als solcher hat aufgrund der Bedrohungslage punktuell seine Grenzen erreicht. Gerade der Fall Anis Amri hatte gezeigt, dass ein potenzieller Gefährder einfach aus dem Blick der Behörden verloren gehen kann, auch oder gerade wegen eines Flickenteppichs an eigenständigen Sicherheitsbehörden in verschiedenen Bundes

(Abg. Meyer (CDU) )

ländern. Mit dieser Auffassung stehen wir im Übrigen nicht alleine da, sondern wir haben prominente Befürworter, unter anderem den geschäftsführenden Bundesinnenminister Thomas de Maizière oder den obersten Verfassungsschützer Dr. Hans-Georg Maaßen. Auch diese beiden sprechen sich für eine Abschaffung der Landesämter für Verfassungsschutz aus und präferieren eine zentrale Behörde auf Bundesebene, bei der die Informationen dann eben auch zentral zusammenlaufen.

Dass mit den Stimmen der Regierungsfraktionen dem vorliegenden Gesetzentwurf heute in Erster Lesung mit einhergehender Überweisung in den Ausschuss zugestimmt werden wird, steht für uns außer Frage. Für uns steht auch nicht die Frage im Vordergrund, ob es sinnvoller ist, den Verfassungsschutz als eigenständiges Landesamt zu erhalten oder als Abteilung in das Innenministerium einzugliedern. Unserer Auffassung nach sind beide Ansätze in Zeiten zunehmender terroristischer Bedrohungen nicht der richtige Weg. Daher werden wir Ihrem Antrag wie bereits erwähnt nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall von der AfD.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Dennis Lander von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verfassungsschutz und die Polizei sind in Deutschland rechtlich getrennt und das aus gutem Grund. Wir wollen nämlich nie wieder eine Geheime Staatspolizei oder ein Ministerium für Staatssicherheit. Deshalb ist es immerhin konsequent, dass der Gesetzestext Folgendes besagt: Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes werden von einer Abteilung wahrgenommen, die nicht in einer für die Polizei zuständigen Abteilung eingegliedert oder mit Polizeidienststellen organisatorisch verbunden werden darf.

Tatsächlich organisieren einige Bundesländer ihren Verfassungsschutz als eigenständige Abteilung im Innenministerium. Aber eine rein organisatorische Änderung macht die Sache weder besser noch schlechter. Wir haben es eben gehört. Sie wollen den Verfassungsschutz nicht abschaffen. Wir sind aber nach wie vor der Überzeugung, dass der Verfassungsschutz so, wie er bisher aufgestellt ist, falsch und völlig aus der Zeit gefallen ist.

(Beifall von der LINKEN.)

Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass der Einsatz von V-Leuten beendet werden muss. Schließlich führte genau dieser Einsatz von V-Leuten 2003 zum Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens, weil niemand mehr sagen konnte, wer ist über

zeugter Nazi der NPD und wer ist im Auftrag des Verfassungsschutzes unterwegs und wird von ebendiesem bezahlt.

Auch müssen wir die Konsequenzen aus dem NSUDesaster ziehen. Daher ist die Stärkung des Verfassungsschutzes für uns der völlig falsche Weg. Stattdessen sollten wir lieber die Polizistinnen und Polizisten draußen auf der Straße stärken, gerade in personeller Hinsicht.

Deswegen sollten sich auch diejenigen Stellen um die zunehmende Gefahr des Terrors von rechts sowie die islamistische Gewalt kümmern, welche sich sowieso schon an Recht und Gesetz halten müssen und transparent arbeiten müssen, also die Polizei, die Staatsanwaltschaften und die Gerichte.

Ich zitiere: „Können wir einen Verfassungsschutz gebrauchen? Aber sicher! Wir haben eine Verfassung, die es zu schützen lohnt. Sollte es einen Verfassungsschutz geben? Bloß nicht! Der Rechtsstaat lässt sich nicht mit Mitteln schützen, die jenseits des Rechtsstaates liegen.“ Das sagte der Publizist Jakob Augstein. Ich finde, er hat recht. Er hat auch recht damit, dass sich „der Verfassungsschutz mit der Bekämpfung der wahren Feinde der bundesdeutschen Verfassung ohnehin nie beschäftigt hat. Oder hat man je davon gehört, dass im Frankfurter Bankenviertel ein V-Mann enttarnt wurde?“ Zitat Ende.

(Zurufe: Oh! - Zuruf von der CDU: Um Gottes Willen!)

Auch mehr Transparenz beim saarländischen Verfassungsschutz wäre wünschenswert. Es ist daher nicht ausreichend, dass der Verfassungsschutz zukünftig den Minister für Inneres und Sport über die Auswertungsergebnisse informiert, wie es der Gesetzestext besagt. Es ist deshalb schon ein Fortschritt, dass die Leiter der Geheimdienste auf Bundesebene wenigstens einmal pro Jahr der Öffentlichkeit im parlamentarischen Kontrollgremium Rede und Antwort stehen müssen.

Auch dazu werden wir demnächst in diesem Haus Anträge stellen, die jedoch ein wenig weitreichender sein werden. Wir wollen das demokratischer gestalten, damit das Plenum diese Fragen stellen kann und damit jeder Abgeordnete das Recht wahrnehmen kann, den Leiter des Geheimdienstes zu befragen. Aber die demokratische Aufsicht des Verfassungsschutzes ist schon deshalb schwer, weil sich der Verfassungsschutz regelmäßig hinter seiner Geheimhaltungspflicht versteckt. Dazu fragte der Publizist Heribert Prantl zu Recht: Wer schützt eigentlich unsere Verfassung vor dem Verfassungsschutz?

Ich möchte an dieser Stelle auch an den NSA-Skandal unter Barack Obama erinnern. Die Amerikaner sagten uns damals: Don’t worry, we are the good. Also: Macht euch mal keine Sorgen, wir sind doch

(Abg. Hecker (AfD) )

die Guten. Aber jetzt sitzt jemand wie Donald Trump im Weißen Haus. Daran erkennt man doch, wie schnell die politische Lage kippen kann. Wir haben ähnliche Vorgänge in Polen, Ungarn und jetzt auch in Österreich, wo Rechtspopulisten an der Macht sind. Alleine deshalb gehört der Verfassungsschutz nicht weniger, sondern mehr kontrolliert. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Stefan Pauluhn, Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eine Lanze für den saarländischen Verfassungsschutz brechen, weil die Debatte hier in eine falsche Richtung läuft. Das wahre Ansinnen der Kollegen der LINKEN ist es, das Landesamt für Verfassungsschutz abzuschaffen oder es in ein größeres, länderübergreifendes Amt zu überführen. All das haben wir von den LINKEN schon gehört. Das wird nun zum wiederholten Male damit begründet, dass Verfassungsschutzämter in anderen Bundesländern oder auch die Arbeit von Geheimdiensten oder Donald Trump doch fürchterlich wären. Das wäre die Begründung, um hier diesbezügliche Veränderungen im Saarland vorzunehmen.

Kollege Lander, diese Begründung ist an den Haaren herbeigezogen. Sie ist deshalb an den Haaren herbeigezogen, weil insbesondere unser Landesamt für Verfassungsschutz in den letzten Jahren und Jahrzehnten skandalfrei gearbeitet hat und sich tatsächlich der Aufklärung auch von extremistisch geprägten Straftaten im Vorfeld möglicher Polizeiermittlungen gewidmet hat. Ich erinnere nur an die Sauerland-Gruppe.

(Abg. Lander (DIE LINKE) : NSA war das.)