Ich bitte Sie, Herr Haan, die linke Hand auf die Verfassung des Saarlandes zu legen, die rechte Hand zum Schwur zu erheben und zu schwören.
Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.
Erste Lesung des von der PIRATEN-Landtagsfraktion, der DIE LINKE-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre (Drucksache 15/84)
Wir haben den Antrag eingebracht, das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken, und zwar sowohl für die Landes- als auch für die kommunale Ebene, aber nur das aktive Wahlrecht. Das passive Wahlrecht bleibt bei 18. Das ist in anderen Ländern bereits geschehen. Zwei andere Bundesländer haben bereits auf Landesebene das Wahlrecht ab 16. Auf kommunaler Ebene hat fast die Hälfte der Länder sieben von 16 - ein Wahlrecht ab 16. Wir wären also nicht die Ersten. Andererseits hätten wir die Chance, nicht die Letzten zu sein, die das entsprechend umsetzen würden. Das darf aber nicht der einzige Grund sein.
Für mich steht die Interessensfrage im Vordergrund. Es gab vorab schon die Theorie, dass in dem Moment, in dem Schüler mit abstimmen können, im Politikunterricht ein größeres Interesse bestünde. Das hat sich in den beiden Ländern, die es bereits eingeführt haben, bewahrheitet. Man muss dazu sagen, Bildungspolitik betrifft natürlich nicht nur die weiterführende Schule, sondern auch Studium, Erwachsenenbildung und so weiter. Aber Politikunterricht hat man vor allem in der weiterführenden Schule.
Häufig hört man als Gegenargument vor allem die geistige Reife. Das ist leider immer dieselbe Leier. Bei Jugendlichen denken viele im besten Fall an Pubertät, Hormone, Freierei; im schlimmsten Fall an Komasaufen und Facebook-Partys. Ich finde, dass es ein Zitat ganz gut trifft. Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Das Zitat zeigt meiner Meinung nach sehr gut beide Seiten der Medaille. Zum einen ist es die Sicht der Erwachsenen. Die zweite Seite der Medaille sieht man erst, wenn man weiß, von wem das Zitat stammt. Es ist nämlich von Sokrates und dementsprechend 2.400 Jahre alt. Es sagt damit sehr gut aus, dass es schon eh und je die Sicht der Erwachsenen ist und wir alle einmal jung waren. Auch unsere Eltern oder zumindest die Generation vor uns haben es entsprechend anders gesehen.
Der Staat hat hier eine klare Grenze eingezogen. Die Strafmündigkeit beginnt ab 14. Es gibt Diskussionen, sie über das 18. Lebensjahr hinaus auszudehnen. Immerhin beginnt das Jugendstrafrecht mit 14. Ich halte es für einen klaren Widerspruch, dass man 14-Jährige schon für mündig hält, Strafen und Moralethik zu verstehen, aber andererseits jemanden, der zwei Jahre älter ist, für zu blöd hält, SPD und CDU zu unterscheiden.
Es gab eine Frage zum passiven Wahlrecht. Das bleibt bei 18; das hatte ich schon gesagt. Da sehe ich es nicht ein. - Das gleiche Argument hatten wir schon an anderer Stelle. Ich hatte die Diskussion insbesondere mit Luxemburger PIRATEN. Viele der Argumente, die man gegen ein Wahlrecht ab 16 hört, wären valide, wenn wir das Luxemburger Wahlsystem hätten. Dort besteht Wahlpflicht. Nicht zur Wahl zu gehen, ist dort eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld bestraft wird. In dem Moment, in dem wir über ein Wahlrecht reden, sind eigentlich alle Argumente, die ich bislang gehört habe, hinfällig.
Ich möchte aber nicht nur Gegenargumente widerlegen, sondern auch noch ein paar Argumente dafür bringen, zum Beispiel einen Aspekt der Bildungspolitik. Wir haben jetzt G 8. Über die Gemeinschafts
schule kann man immer noch nach 13 Jahren Abitur machen. Die Regel ist aber eher G 8. Das heißt, man macht ungefähr zum 18. Geburtstag Abitur. Damit haben wir wirklich die strikte Trennung. Genau diejenigen, die Politikunterricht haben, sind diejenigen, die nicht wählen dürfen. Das erscheint mir durchaus obskur.
Die Bildung ist ein großer Bereich der Landespolitik. Genau deshalb bin ich für ein Wahlrecht ab 16 auf Landesebene. Auf Bundesebene müssen wir das ganz neu diskutieren. Aber auf Landesebene wollen wir es auf jeden Fall, denn dort ist die Bildung einer der größten Bereiche. Genau die, die es betrifft, dürfen nicht mitreden. Das finde ich nicht in Ordnung.
Ein letzter Punkt. Das Ganze hat natürlich auch eine Rückkopplung. In dem Moment, in dem 16-Jährige wählen dürfen, hoffe ich, dass sich die Politik mehr um die Belange der 16-Jährigen kümmern wird.
Ich war selbst eine Zeit lang Gegner des Wahlrechts ab 16 und hatte lange Diskussionen geführt, habe mich aber überzeugen lassen. Ich persönlich komme zu dem Ergebnis, dass alle Gegenargumente letztlich mit der Begründung Wahlrecht gegen Wahlpflicht hinfällig sind und sehe genügend Gründe dafür. Darüber hinaus hat die Erfahrung in den anderen Ländern gezeigt, dass die Befürchtungen umsonst waren. Selbst die Shell-Studie belegt, dass ein Wahlrecht ab 16 sinnvoll sei. Der entsprechende Professor hat sich dafür ausgesprochen. Wenn sich selbst die Experten dafür aussprechen, dann sehe ich nicht, warum wir es nicht tun sollten. Von daher bitte ich, dem Antrag zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache aus meiner Sympathie für die Absenkung des Wahlalters keinen Hehl. Meine Partei und mein Jugendverband haben eine Absenkung des Wahlalters im Wahlprogramm gefordert und das aus gutem Grund. Junge Erwachsene müssen in einer älter werdenden Gesellschaft immer früher und immer mehr Verantwortung übernehmen. Wir wollen, dass Jugendliche früher in das Erwerbsleben einsteigen. Wir fangen mit Bildung bereits im Vorschulalter an. Wir wollen, dass junge Menschen ehrenamtlich in den Vereinen und Verbänden Verantwortung übernehmen. Den immer mehr werdenden Pflichten, die wir jungen Menschen abverlangen,
Da darf auch die Opposition klatschen. - Neben den von mir angesprochenen Pflichten ist es auch die demografische Entwicklung, die einen Grund darstellt, das Wahlalter abzusenken. Die Gruppe der jungen Menschen schrumpft kontinuierlich, während die Gruppe der Rentner wächst. Gesellschaftliche Minderheiten haben es per se schwierig, von der Politik wahr- und ernst genommen zu werden. In Zeiten, in denen immer mehr Entscheidungen getroffen werden, die ihre Wirkung erst mittelfristig entfalten, sollten auch die Generationen beteiligt werden, die davon am stärksten betroffen sein werden.
Eurorettung, Energiewende und Schuldenbremse wirken sich unmittelbar auf die Zukunft der heute 16-Jährigen und der nachfolgenden Generationen aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Absenkung des Wahlalters wäre eine Chance für die Demokratie. Die Politik stünde in einer stärkeren Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation.
Alle hier vertretenen Parteien erleben den schwindenden Einfluss der Jugend in ihren eigenen Reihen. Die Jugendverbände haben längst nicht mehr die Größe, um beispielsweise Parteitage zu dominieren. Über kurz oder lang wird der Mangel an Parteinachwuchs zu einer Überlebensfrage für die Volksparteien vor Ort. Die Jugendverbände der hier im Landtag vertretenen Parteien werben intensiv um junge Menschen, die sich politisch engagieren. Aber es gibt nicht nur immer weniger Jugendliche, nein, sondern auch immer weniger Jugendliche, die bereit sind, sich in Parteien zur engagieren. Lediglich ein Drittel der Jugendlichen schätzt sich gemäß der Shell-Studie als politisch interessiert ein. Das kann keine Partei zufriedenstellen. Doch die Absenkung des Wahlalters ist nicht der alleinige Schlüssel zur Steigerung des Interesses an der Politik.
Um unsere Politik und die Demokratie nachhaltig zu stärken, brauchen wir politisch und demokratisch denkende junge Menschen. Aus diesem Grund steht die SPD für mehr Teilhabe und Partizipation junger Menschen an politischen Entscheidungsprozessen. So fördern wir seit jeher die Einrichtung selbstverwalteter Jugendzentren, die Wahl von Jugendbeiräten und in der betrieblichen Mitbestimmung die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Wir machen uns stark für den Landesjugendring und seine Mitgliedsorganisationen. Aktionen wie den Wahlomat oder auch das Mini-Saarland befürworten wir und halten wir für sinnvoll. Eine spannende Gestaltung des Politikunterrichts an Schulen - mein Vor
redner hat es bereits gesagt - und der politischen Bildung an Schulen ist eine der bildungspolitischen Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Wir zeigen allerdings nicht nur mit dem Finger auf andere und deren Aufgaben, nein, wir öffnen auch unsere eigene Partei für Unterstützerinnen und Unterstützer, die einmal in das politische Geschäft hineinschnuppern oder auch nur projektbezogen mitarbeiten wollen. Damit wollen wir Lust auf Politik machen. Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Aufgabe, jungen Menschen Demokratie beizubringen, ist eine gesamtgesellschaftliche. Die Schulen, die Parteien, der Betrieb, die Kommune und das Elternhaus müssen ihren Beitrag zu dieser Aufgabe leisten.
Nun muss man auch feststellen, dass immer mehr Erwachsene nicht zur Wahl gehen. Sie machen nicht von ihrem Recht Gebrauch, sich in politische Prozesse mit einzubringen. Die Wahlbeteiligung befindet sich im freien Fall, und insgesamt ist ein spürbarer Vertrauensverlust in die Fähigkeit der Politik, die Probleme der Menschen zu lösen, festzustellen. Das Ansehen von Politikerinnen und Politikern fällt immer mehr und damit auch die Akzeptanz unserer Entscheidungen. Wir können jedoch nicht einfach so tun, als sei die Absenkung des Wahlalters die Lösung für diese Probleme, sondern müssen anfangen, an uns selbst und unserem politischen System zu arbeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Um Glaubwürdigkeit und das Interesse der Menschen zurückzuerobern, sollten wir damit anfangen, authentisch zu sein und eine klare Linie zu vertreten. Ich muss beim vorliegenden Gesetzentwurf davon ausgehen, dass er lediglich dazu dient, die unterschiedlichen Standpunkte der Koalitionspartner öffentlich breitzutreten. Wer dies tun will, braucht allerdings keinen Gesetzentwurf in das Parlament einzubringen, sondern muss nur die Saarbrücker Zeitung aufschlagen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich habe als Juso-Landesvorsitzender im Juli dieses Jahres öffentlich gesagt, dass der Koalitionspartner die Absenkung des Wahlalters verhindert. Die Autoren des Gesetzentwurfs wissen also genau, dass dieser keine Mehrheit hat, und nutzen die heutige Debatte lediglich, um Sand in das Getriebe der Koalition zu streuen. Ich stehe hier und kann authentisch vertreten, dass meine Partei eine Verfechterin des Wahlalters ab 16 ist, doch ist es uns nicht gelungen, den Koalitionspartner in den Verhandlungen von den Vorteilen der Absenkung des Wahlalters zu überzeugen.
Viele andere Dinge wie das Tariftreuegesetz, über das wir heute diskutieren, der Mindestlohn und auch die Einsparungen infolge der Verkleinerung des Kabinetts waren für uns vorrangig; sie wurden erfolgreich verhandelt und in den Koalitionsvertrag aufgenommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt hören Sie am besten gut zu, Herr Kollege Ulrich. Es gehört zu meinem Verständnis von ehrlicher und authentischer Politik, auch zuzugeben, dass man in einer Koalition nicht hundert Prozent des eigenen Programms durchsetzen kann. Das ist allemal aufrichtiger als das Verhalten des Gesetzentwurfverfassers BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie, Herr Kollege Ulrich, sind zum Inbegriff des Opportunismus in diesem Land geworden. Sie haben 2009 links geblinkt und sind danach rechts abgebogen. Viele junge Menschen, die grün gewählt haben - bei den Jungwählern schneidet Ihre Partei ja bekanntlich sehr gut ab -, haben sich schwarzgeärgert, um einen Begriff des Kollegen Lafontaine aufzugreifen. Die Stimme der Jugend wurde missbraucht, Ihrer Macht wegen, Herr Kollege Ulrich. Ihre Parteijugend hat rebelliert und war bitter enttäuscht. Heute tun Sie so, als seien Sie der Vertreter dieser Generation. Das ist unredlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Inhaltlich fand man die Forderung der GRÜNEN nach Absenkung des Wahlalters lediglich in einem Prüfauftrag der damaligen Jamaika-Koalition wieder. Ich frage Sie, lieber Herr Kollege Ulrich: Haben Sie die Absenkung geprüft? Haben Sie sie durchgesetzt? Wenn ich sehe, wie wenig verhandlungsbereit die CDU in diesem Punkt ist, muss ich an der Ehrlichkeit dieses Prüfauftrags der Jamaika-Koalition ernsthaft zweifeln.
Da wir uns in den Koalitionsverhandlungen nicht auf eine Absenkung des Wahlalters einigen konnten, wird sich meine Fraktion an dieser Stelle gemäß dem Koalitionsvertrag verhalten und den Gesetzentwurf der Opposition ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Augustin hat unseren gemeinsamen Gesetzentwurf eben schön begründet und den Inhalt sehr treffend auf den Punkt gebracht. Ich brauche nicht zu wiederholen, warum wir heute hier im Parlament diese Debatte führen wollen und warum wir wollen, dass hier in dieser wichtigen Frage Farbe bekannt wird. Ich will noch einmal einige markante Eckpfeiler
der Debatte in diesem Sommer kurz aufzeigen und vielleicht zum besseren Verständnis für manche Befindlichkeiten Revue passieren lassen.