Protocol of the Session on February 10, 2010

Es muss noch einmal erwähnt werden, dass wir - die SPD-Fraktion - bereits am 01. April des vergangenen Jahres diesen Antrag eingebracht hatten. Sie haben sich damals dem verweigert - nicht Sie, Herr Hans, Sie waren noch gar nicht da, aber andere. Die Grünen haben den Antrag übrigens damals noch mit unterstützt.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Wie so vieles.)

Was passieren muss - egal, ob man optieren will, ob man die Zahl der Optionskommunen halten oder ausweiten will -, ist, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen eindeutig geklärt werden müssen. Ich sage noch einmal, um die Namen zu nennen: Frau Bundesministerin von der Leyen, CDU, Herr Bundesminister Thomas de Maizière, CDU, und Herr Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble, CDU, haben in einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten am 29. Januar dieses Jahres, das Ihnen sicherlich bekannt ist, erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die als Experimentierklausel auf Betreiben von Herrn Koch aus Hessen eingeführte Optionsmöglichkeit angemeldet. In der Tat hat sich einiges bewährt. Aber dann darf man nicht von vornherein, wenn Verhandlungen noch gar nicht begonnen haben, sagen: „Wir geben jetzt die Bestellliste ab.“ Man muss dann ein Stück weit auch auf die eigenen Leute und ihre Fachkenntnis - auch im Bund - vertrauen. Man darf nicht sagen: „Alle müssen tun dürfen, was sie wollen“, oder: „Es können 80 sein oder 100 oder wie auch immer“. Wenn man diesem Modell dienen will, ist jetzt Zurückhaltung angesagt und nicht große Forderungsrhetorik!

Ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, um etwas anzusprechen, was mir sehr wichtig ist: die von den Kirchen - auch von der evangelischen Kirche, nicht nur von Bischof Ackermann, sondern auch von

der Diakonie - angestoßene Debatte um den öffentlichen Beschäftigungssektor. Das Grundproblem bei der sogenannten Hartz-Gesetzgebung ist nicht die Organisation von Jobcentern, es ist auch nicht am Ende die Frage der Höhe der Regelsätze. Das Grundproblem ist, dass Angebote fehlen. Diejenigen, die vermitteln, können, wenn ein Arbeitsmarkt erodiert, wenn Leiharbeit unkontrolliert grassiert, wenn der Niedriglohnsektor sich unkontrolliert ausweitet, im Handstand überall herumlaufen - sie können es, egal, wie sie sich anstrengen, nicht schaffen, die Menschen in ordentliche, gute Arbeit zu bringen!

(Beifall der Abgeordneten Ries (SPD).)

Da muss man ansetzen und muss denjenigen, die diese Gesetzgebung damals hauptsächlich von Unternehmensseite - auch von Kapitalseite - von der Politik gefordert haben, daran erinnern, dass auch sie ein Versprechen abgegeben haben, und dass sie ordentliche Arbeitsplätze zur Verfügung stellen müssen und nicht immer davon ausgehen dürfen, dass sie Renditen von mindestens 25 Prozent haben! Darum geht es eigentlich in der Botschaft hinter der Botschaft, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Herr Scharf, ich möchte noch etwas sagen. Ich möchte niemandem vorhalten, wann er wie abgestimmt hat. Mir ist aber eben zugerufen worden, dass damals Ihre CDU-Fraktion im Kreistag dem Optionsmodell zugestimmt hat. Das wird noch spannend. Das muss man dann alles noch einmal etwas genauer erklären. Das können Sie ja irgendwann tun.

Letzte Bemerkung von mir zu der Aussage: Der saarländische Arbeitsmarkt ist in Ordnung. Das sehe ich nicht so. Wegen dieser Niedriglohn-, Zeit-, Leiharbeits-, atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnisse haben wir einen erodierenden Arbeitsmarkt, der wie dünnes Eis ist, das schmilzt wie die Eisdecke auf dem Weiher in Saarbrücken im März.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das ist alles nicht schön. Lieber Hubert, vielleicht wird das Eis ja dicker, wenn nicht mehr geraucht wird; das weiß ich nicht.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Herr Abgeordneter, ich erinnere Sie an Ihre Redezeit.

Auf jeden Fall muss an der Stelle etwas getan werden, es darf nicht nur schön geredet werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Magnus Jung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es schon mit Spannung erwartet: Was ist denn jetzt die Botschaft, die Sie loswerden wollten in dieser Aktuellen Stunde?

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es ist so gekommen, wie wir vermutet haben. Sie haben das wichtige Thema der Langzeitarbeitslosigkeit, der Reform, der Jobcenter im Wesentlichen dazu genutzt, lange zu reden, wenig zu sagen, damit die Themen, die die Saarländerinnen und Saarländer heute auch noch interessieren, erst so spät verhandelt werden können, dass die Medien kaum noch darüber berichten. Das ist diesem Thema nicht angemessen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sie hätten Zeit gehabt, zu vielen Themen etwas zu sagen, die die Menschen interessieren, die in den Kommunen alle interessieren, die jetzt die Haushalte beraten müssen. Sie hätten zum Beispiel etwas sagen können zum Thema Kosten der Unterkunft. Was ist die Strategie der Landesregierung? Die Kosten der Kommunen, die Ausgaben der Kommunen sind deutlich angestiegen. Nicht nur weil die Bundesbeteiligung von anfangs 32 Prozent auf jetzt - geplant für 2010 - 23 Prozent runtergegangen ist. Was damals den Kommunen versprochen wurde - ich nehme da alle großen Parteien mit in die Verantwortung -, nämlich eine finanzielle Entlastung, ist nicht eingetreten. Die Haushalte gerade der Landkreise und des Regionalverbandes explodieren, vor allen Dingen wegen des Bereichs Kosten der Unterkunft. Jetzt wäre die Möglichkeit, im Rahmen der Grundgesetzänderung, der Generalrevision an einigen Stellen etwas zu verändern - dazu ist nichts gesagt worden. Das ist ein wichtiger Punkt, da warten wir noch auf Aussagen von Ihnen.

Das Zweite, was im Unklaren geblieben ist, ist die Frage, was die Landesregierung überhaupt will. Frau Ministerin, Sie haben zuerst gesagt, für uns hat eine Grundgesetzänderung Priorität, dann ist die saarländische Lösung mehr oder weniger obsolet geworden, an einer anderen Stelle haben Sie das Gegenteil gesagt. Sie müssen dem Parlament wenigstens klar mitteilen, was Sie wollen. Ansonsten gehen wir ratlos heraus, wenn Sie sich selbst in Ihren Ausführungen widersprechen.

Ich will noch etwas sagen zum Kollegen Hermann Scharf. Jeder in der CDU-Fraktion hätte heute eine Lanze für die Option brechen und sagen dürfen, die

SPD soll da bitte mitmachen, nur nicht Hermann Scharf! Wir kämpfen in unseren eigenen Reihen dafür, dass es zu einem Kompromiss in Berlin kommt. Hermann Scharf hat damals nämlich in St. Wendel gegen seine eigene Überzeugung, das glaube ich wohl - gegen die Option gestimmt, weil er entsprechende Weisung von Peter Müller hatte. Damit hat er das Recht verwirkt, zum Thema Option etwas zu sagen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zurufe der Abgeordneten Scharf (CDU) , Meiser (CDU) und Schmitt (CDU). - Sprechen und Unruhe.)

Das Wort hat die Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der SPD! Vor allen Dingen sehr geehrter Herr Kollege Jung! Ich habe das Gefühl, hier kann man so lange reden und so dezidiert reden, wie man will, Sie sind immer noch ratlos, weil Sie es einfach nicht verstehen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Sprechen und Unruhe.)

Wir haben ganz deutlich gesagt, die erste Priorität für uns als saarländische Landesregierung ist und war, für eine Grundgesetzänderung zu kämpfen. Und ich war darin einig mit den Landkreisen, den SPD-Landräten, den Personalräten, bei denen viele SPD-Mitglieder aktiv sind, weil sie gesagt haben, wir brauchen diese rechtliche Sicherheit, unabhängig davon, wie wir es vor Ort ganz genau und ganz konkret organisieren. Wir sind für diese Grundgesetzänderung eingetreten, und es gab viele Presseerklärungen, auch von der SPD, in denen gesagt wurde: Das müsst ihr erreichen! Heute stellen wir fest, wir haben es erreicht, wir haben in den eigenen Reihen für Bewegung gesorgt, jetzt ist es an Ihnen, sich zu bewegen. Ich hoffe, dass Sie mit Ihren Kollegen der Bundestagsfraktion Tacheles reden, damit sich zum Beispiel mit Blick auf die Ausweitung der Optionskommunen etwas bewegt; das ist auch eine Conditio sine qua non, damit es zur Grundgesetzänderung kommt. - Das zum einen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zum Zweiten. Ich habe eben ausgeführt, es gibt zurzeit eine Auseinandersetzung zwischen dem BMA auf der einen Seite und Hamburg und dem Saarland auf der anderen Seite über die Frage, ob die Erteilung einer Landesoption rechtlich möglich ist. Das BMA ist der Auffassung, es ist nach dem jetzigen Rahmen rechtlich nicht möglich. Hamburg hat - auch im Auftrag des Saarlandes - entsprechende Rechtsgutachten eingeholt, die zu dem Ergebnis kommen,

(Abg. Roth (SPD) )

es ist möglich. Der Ministerpräsident hat in seinem Schreiben an die Kollegin von der Leyen angeregt, wenn wir jetzt über das Thema Verfassungsänderung reden, dann sollte man das auch rechtlich prüfen und eventuell auch die Voraussetzungen schaffen, damit eine Option möglich ist. Ich sage, wir können mit einer Landesoption durchaus ein Modell beschreiben. Ich sage auch, dieses Modell entwickeln wir, wenn wir die Möglichkeit haben, gemeinsam mit den Kreisen, mit den Verantwortlichen der BA. Es wird keine einseitige Vorgabe der Landesregierung geben. Wenn es nicht zu dieser Landesoption kommt, können wir in den Verhandlungen über die Gestaltung der Grundgesetzänderung und die Gestaltung des Begleitgesetzes versuchen, die Weichen so mitzustellen, dass wir das verankern können, was im Saarland konstruktiv und anders als in anderen Bundesländern ist. Alle Beteiligten auf Landesebene arbeiten nämlich sehr eng zusammen und ziehen im Sinne einer einheitlichen Arbeitsmarktpolitik an einem Strang. Es geht genau darum, diese Einheitlichkeit zu bewahren, die wir uns erarbeitet haben und die von Vorteil für die Betroffenen ist, entweder in einem eigenen Landesmodell oder in dem gesetzlichen Rahmen, wie er uns vorgegeben ist. Auf das Ergebnis kommt es an und nicht auf die Frage, ob wir ein Modell durchsetzen oder nicht.

Ein Weiteres ist der Punkt Kosten der Unterkunft. Sehr geehrter Herr Kollege Jung, wenn Sie sich ab und zu in Protokolle des Bundestages und des Bundesrates vertiefen würden, wüssten Sie, dass zurzeit ein Vermittlungsverfahren anhängig ist. Es geht zwischen Bundestag und Bundesrat genau um die Kosten der Unterkunft. Wir haben gesagt, wie andere Landesregierungen, dass die ursprünglich getroffene Vereinbarung absolut nachteilig für die Kommunen in unserem Land ist, weil sie einen grundsätzlichen Webfehler hat, sie stellt nur auf die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften ab. Die sind im Saarland zwar rückläufig, aber die Kosten der Bedarfsgemeinschaften steigen. Auf diese Kostensteigerungen ist in der Struktur, wie sie vereinbart worden ist, keine Rücksicht genommen worden. Deswegen kämpfen wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern dafür - unabhängig, ob A- oder B-seitig -, dass das geändert wird. Das ist jetzt in einem Vermittlungsverfahren, und ich gehe davon aus, dass die Dinge miteinander besprochen werden. Auch da ist es wichtig, dass wir uns gut vernetzen und gut abstimmen, auch mit den Kollegen der SPD. So viel zu Ihrer Aufklärung. Die Dinge sind längst am Laufen, die Dinge sind längst in die Hand genommen und im Interesse der Kommunen auf die Tagesordnung gebracht worden. Vielleicht hätte man vorher fragen und sich kundig machen sollen, bevor man hier ein vermeintliches Versäumnis der Landesregierung anzuprangern versucht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will noch eines deutlich sagen: Es gibt in dieser Debatte um die Frage Option oder nicht Option niemanden, keine Partei - keine der Parteien, die damals Verantwortung getragen haben -, die für sich behaupten kann, wir haben schon immer von Anfang an uneingeschränkt hinter den Optionen gestanden. Es gab viele Diskussionen darüber, viele Argumente, die dafür oder dagegen gesprochen haben. Da war zum einen die Unsicherheit: Übernehmen sich die Kommunen mit dieser Aufgabe, schaffen Sie das, laufen sie nicht Gefahr, anschließend auf den Kosten sitzen zu bleiben? Das war mit das Hauptargument. Es gab auch die Frage: Ist nicht damit verbunden, dass sich der Bund aus seiner Verantwortung für eine nationale Arbeitsmarktpolitik zurückzieht? Das ist schon an anderer Stelle genannt worden, ich glaube vom Kollegen Bierbaum. Auch das war ein wichtiges Argument.

Es war damals wirklich eine Front, die quer durch alle Parteien ging. Ich muss sagen, wir haben aus den letzten Jahren gelernt. Wir haben auch dank Optionskommunen wie St. Wendel gesehen, dass es geht. Auch die Kommune kann ihre Verantwortung dort tragen. Die BA zieht sich nicht zurück.

Aber das, was wir jetzt im Auge behalten müssen, ist die Frage im Lichte der angestrebten neuen Regelungen, wie Aufsichtsrechte, wie Durchgriffsrechte so gestaltet sind, dass sie zwar dem durchaus legitimen Interesse des Bundes und der BA gerecht werden, hier Kontrolle zu haben, aber auf der anderen Seite die Optionskommunen und die kommunalen Teile in den Argen nicht so beschneiden, dass sie quasi nur noch Befehlsempfänger sind und nicht eigenständig agieren können. Auch das liegt nicht in unserem Interesse.

Hier ist noch sehr viel Feinarbeit zu leisten. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn man nicht versuchen würde, Schaugefechte von gestern, von heute oder von morgen zu führen, sondern sich hier der Feinarbeit widmete, denn die ist absolut notwendig, damit wir nachher eine Lösung haben, die für alle Beteiligten trägt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Damit sind wir am Ende der Aktuellen Aussprache angelangt. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung:

Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Isolde Ries (SPD) betreffend: Förderschulen „Lernen“ durch die Landesregierung gemäß § 58 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtages des Saarlandes (Druck- sache 14/14)

(Ministerin Kramp-Karrenbauer)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern Nachmittag ist die schriftliche Antwort der Landesregierung auf diese Kleine Anfrage beim Landtag eingegangen und wurde unverzüglich verteilt.

(Beifall bei der LINKE-Fraktion. - Abg. Spaniol (LINKE) : Wie hast du denn das gemacht? Pünktlich!)

Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage erteile ich zunächst dem Minister für Bildung, Herrn Klaus Kessler, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, ich kann an dieser Stelle auf das Verlesen der Antwort verzichten. Die Antwort der Kleinen Anfrage liegt Ihnen vor. Ich denke allerdings, dass das Parlament ein Recht darauf hat zu erfahren, warum es zu einer Verzögerung gekommen ist. Dazu möchte ich eine Erklärung abgeben.

Die Anfrage ist verschickt worden mit Datum vom 11.11.2009, ein Tag nach der Vereidigung der neuen Landesregierung. Insofern kann sich allein daraus schon eine gewisse Verspätung ergeben haben. Sollte diese Verspätung mein Haus betreffen, möchte ich mich hier in aller Form dafür entschuldigen. Die Anfrage bezieht sich allerdings nicht nur auf Daten, die in meinem Haus erhoben werden können, sondern auch auf Daten, die die Schulträger betreffen, die die Landkreise respektive den Regionalverband angehen. Insofern ist mein Haus nicht allein mit der Erstellung der Beantwortung dieser Anfrage befasst, sondern auch die Landkreise. Es gibt dazu einen erhöhten Erhebungsaufwand von Daten, insbesondere im Hinblick auf die Kostenermittlung, die die Anfrage beinhaltet. Dazu haben wir eine Erklärung abgegeben.