Protocol of the Session on February 10, 2010

(Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (LINKE).)

Herr Lafontaine, ich halte keine Büttenrede,

(Lachen bei der LINKEN)

sondern versuche, mich ernsthaft mit Ihrem Beitrag auseinanderzusetzen. Seit Abschluss der Koalitionsverhandlungen und der Regierungsbildung gibt es von Ihnen einen einzigen Beitrag in diesem Lande, der besteht aus skandalisieren, diffamieren und beleidigen. Sie können es nicht verkraften, dass Sie mit dem Ziel, einen Regierungswechsel herbeizuführen, gescheitert sind. Es war ja amüsant, über Monate zu verfolgen, wer Ministerpräsident wird: Maas oder Lafontaine, Lafontaine oder Maas - Müller ist es geworden. Eines bescheinige ich Ihnen heute gerne. Ich habe darüber nachgedacht, was den Mann wohl bewegen mag, dass es nur noch eine Frage gibt, nachdem er sich in Berlin gerächt hat an allen, die gemeinsame politische Freunde waren. Da ist mir klar geworden: Herr Lafontaine kann sich nicht vorstellen, dass das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es sprengt seine Vorstellungskraft, dass Koalitionsverhandlungen vielleicht an inhaltlichen Fragen und an Personen gescheitert sind. Während der Sondierungsgespräche so mein Kenntnisstand, Sie mögen widersprechen - haben

(Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜNE) )

Sie mitgeteilt, Personen wie Frau Spaniol und in Zusammenhang damit deren Ehemann Pollak seien kein Problem, das angebliche Problem werde man bereinigen. Deshalb frage ich Sie: Was bilden Sie sich eigentlich ein in Ihrer grenzenlosen Arroganz und Überheblichkeit, die sich hier heute noch mal zeigt,

(Beifall bei den Regierungsfraktionen)

wenn Sie meinen, außer Ihnen wäre niemand in der Lage, hier verantwortlich eine Regierungsbildung vorzunehmen? Und was bilden Sie sich ein, wenn Sie meinen, hier nur mit Skandalisierung agieren zu können nach dem Motto: Gesundheitlich angeschlagen, auf der Bundesebene trete ich nicht mehr an? Ich will hier nicht persönlich werden, denn ich habe Respekt vor Ihrer Gesundheit.

(Lachen bei der LINKEN. - Abg. Schramm (LIN- KE) : Schämen Sie sich!)

Wer dann sagt: Für das bisschen Landtag reicht es noch, der muss sich hier zur Rede stellen lassen, wenn er so wie Sie mit Regierung, Parlament, Staatsanwälten und Steuerverwaltung umgeht, wie heute geschehen.

(Starker Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deshalb schreibe ich Ihnen ins Stammbuch - und Ihr hämisches Grinsen können Sie gerne fortsetzen -: Was Sie hier unterstellen, entspricht exakt Ihrer Denkweise und Ihrer Handlungsweise in den Achtziger- und Neunzigerjahren.

(Starker Beifall bei den Regierungsfraktionen und Zurufe: Genau so ist es.)

Daher bin ich sehr froh, dass Sie als Kosmopolit hier den Gesamtzusammenhang hergestellt haben - zu Untersuchungsausschüssen im Bund und zu Berlusconi. Und Sie haben Recht: Wenn man hinterfragt, was dahinter steckt, soll man die Betrachtung schon etwas weiter schweifen lassen. Und Sie haben Recht: „Der Spiegel“ hat nicht nur über Herrn Ostermann getitelt, sondern 1992 auch über „Luxuspolitiker und Selbstbedienung im Staate Lafontaine“.

Jetzt komme ich mal zu dem Punkt der Transparenz und der Forderung, alles müsse offengelegt werden. Herr Lafontaine hat - was erledigt ist - zu seinem Amtssalär zusätzliche Pensionsbezüge erhalten und hat ehrenwerterweise 228.772,08 DM zurück bezahlt. Was hat er dann auf einem Medienkongress 1993 in Magdeburg gesagt, ich zitiere wörtlich: „Die Veröffentlichung geschützter Daten sollte selbst dann gesetzlich untersagt werden, wenn sie der Aufdeckung von Missständen dient.“

(Beifall und große Heiterkeit bei den Regierungs- fraktionen.)

Respekt!

(Zurufe von den Regierungsfraktionen: Hört, hört! - Weiterhin Beifall und Heiterkeit bei den Regie- rungsfraktionen.)

Herr Lafontaine, Kompliment! Wer in diesem Hause außer Ihnen hat es geschafft, ein Riesenkapitel in einem Buch gewidmet zu bekommen mit dem Titel „Der Sumpf - Korruption in Deutschland“? Ich empfehle jedem, es in Vorbereitung zum Untersuchungsausschuss zu lesen, damit wir den, der heute den Antrag gestellt hat, richtig einschätzen können.

Ich will Ihnen Folgendes in Erinnerung rufen. Es gab in den Neunzigerjahren ein System Lafontaine, Kasper, Erich Müller.

(Abg. Spaniol (LINKE) : Worum geht es heute?)

Auch darüber können Sie heute hämisch lachen. Sie haben Minister Jacoby vorgeworfen, er wisse nicht, was in der Spitze seines Hauses los sei. Sie haben 1992 zu Ihrem Minister Kasper gesagt: Der Minister hat in jedem Fall so gehandelt, wie sich der Regierungschef dies wünscht. Dann hat Herr Kasper im Zusammenhang mit den Steuerverfahren, Steueraffären und Skandalen - bei denen übrigens viel rausgekommen ist: an Spenden und Skandalen - gesagt: In diesem Zusammenhang wolle er, Finanzminister Kasper, nicht ausschließen, dass aus der Führung seines Hauses in Steuerverfahren eingegriffen wurde, ohne dass er informiert worden sei. Er hat nicht gesagt, er habe bei ordentlichen Steuerverfahren nicht eingegriffen, sondern auch bei Steuerskandalen habe er nicht eingegriffen, aber er schließe nicht aus, dass die Führung seines Hauses dies gemacht habe.

Deshalb will ich Ihnen Folgendes sagen. Wer in den Neunzigerjahren erwiesenermaßen - das sind also keine Behauptungen - bei Steuern Skandale produziert hat ohne Ende und in einem Handstreich Parteispenden für die SPD generiert hat, wie es Erich Müller getan hat, Ihr damaliger Zuschläger in der Steuerverwaltung, der heute sinnigerweise meines Wissens wegen anderer Vergehen, die in der Qualität vergleichbar sind, in Haft ist - das ist das System Lafontaine, Erich Müller, Letzterer Leiter der Personal- und Zentralabteilung im Finanzministerium und Chef der Steuerfahndung -, wer damals so gehandelt hat, sollte heute etwas bescheidener, mit Demut und nicht hämisch grinsend hier sitzen und sich mal hinterfragen, was er anrichtet, wenn er Menschen derart diffamiert und beleidigt.

Denn damals hat der Verantwortliche in der Steuerverwaltung, den Sie später strafversetzt haben, der Leiter der Strafsachenstelle bei den Finanzbehörden, klar gesagt: Hier ist Strafvereitelung begangen worden und der Versuch, auf Steuerverfahren Einfluss zu nehmen, und so weiter. Ich könnte die Reihe fortsetzen, aber ich denke, dazu haben wir noch genügend Zeit, um im Untersuchungsausschuss zu

(Abg. Meiser (CDU) )

beleuchten, wie damit umzugehen ist. Ich will heute nur Folgendes sagen. Wenn man sich diese Hintergründe betrachtet, sind Sie genau der Richtige, wenn es um das Thema politische Kultur und um das Thema politische Korruption geht. Auf dem Gebiet sind Sie führend in Deutschland, das können wir Ihnen gerne schriftlich geben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deshalb sage ich Ihnen noch etwas. Es ist in Ordnung, wenn Sie wie üblich ganze Bevölkerungsgruppen beleidigen. Zum dringenden Tatverdacht, dass es in der Steuerverwaltung nicht mit rechten Dingen zugeht: Der Löwenanteil der Verantwortlichen dort ist in der SPD oder bei der Stadtverwaltung. Dort ist die Oberbürgermeisterin Britz von der SPD. Davon zu sprechen, dass auch dort offensichtlich Korruption im Gange ist, passt damit zusammen.

Herr Pauluhn, noch kurz ein Punkt. Selbstverständlich ist es richtig, dass das Steuergeheimnis als Individualrecht des Betroffenen im bisherigen Verfahren gilt. Insofern haben Sie recht, dass ein Untersuchungsausschuss bei Geheimhaltungspflichten weitere Aufklärung bringen kann. Das ist auch unser Interesse, wenn er eingerichtet wird. Aber Sie werden uns nicht unterstellen, dass wir andere Kenntnis haben. Deshalb sage ich abschließend: Enthaltung heißt, der Untersuchungsausschuss ist überflüssig. Aber wenn er schon eingesetzt wird, sind wir froh, wenn offenkundig gemacht wird, dass Steuerverwaltung und Staatsanwaltschaft rechtmäßig gehandelt haben, und wenn offenkundig gemacht wird, dass hier nichts einen Zusammenhang mit der Regierungsbildung hat. Die neue Koalition - Herr Lafontaine, ob Sie es glauben wollen oder nicht

(Sprechen bei der LINKEN)

ist das Ergebnis seriöser und solider Koalitionsverhandlungen. Frau Spaniol, Sie haben in einem recht. An Sie persönlich, aber auch insgesamt ist es eine Absage an Rot-Rot und eine Absage an die Fortsetzung und Neuauflage des dubiosen Systems Lafontaine im Saarland. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsfraktio- nen. - Sprechen bei der LINKEN.)

Das Wort hat Minister Peter Jacoby.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lafontaine, ich möchte mich direkt auf das beziehen, was Sie vorhin an mich gerichtet formuliert haben. Ich möchte anknüpfen an unsere Debatte über die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Sie hatten in dieser Debatte an den Ministerpräsidenten und an mich Fragen gerichtet. Ich ha

be diese Fragen von dieser Stelle aus beantwortet. Ich stelle fest, auch drei Monate danach habe ich kein Wort von dem, was ich von dieser Stelle aus gesagt habe, zurückzunehmen. Ganz im Gegenteil. Das war die erste Bemerkung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die zweite Bemerkung. Die Fragen, die ich aus der spontanen Reaktion heraus nicht ansprechen konnte, sind minuziös aufgearbeitet worden, und dies, wenn ich mich recht erinnere, in mehreren Terminen im Haushaltsausschuss und im Rechtsausschuss. Ich weiß nicht, ob Sie die Gelegenheit hatten, an diesen Gesprächen, Verhandlungen und Informationen teilzunehmen.

(Unruhe und Sprechen.)

Nach Ihrer Einlassung von vorhin vermute ich allerdings, dass Sie nicht nur keine Gelegenheit hatten, sondern dass Sie alles das, was in den zurückliegenden Wochen zum Besteuerungsverfahren Ostermann auch öffentlich abgehandelt worden ist, zu keinem Zeitpunkt für sich persönlich in Rechnung gestellt haben, weil es Sie in der Sache ja gar nicht interessiert. Ganz im Gegenteil. Sie wollen ein Thema politisch instrumentalisieren und das in einer widerlichen Art und Weise, wie wir es heute erlebt haben, um das ganz klar zu sagen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Lafontaine, ich habe etwas von widerlicher Art und Weise gesagt. Ich habe Ihren Beitrag eben als für einen ehemaligen Ministerpräsidenten und ehemaligen Bundesfinanzminister wirklich für abstoßend und unwürdig gehalten. Ich will Ihnen das wie folgt begründen.

(Sprechen und Unruhe.)

Die Einstellung sämtlicher Steuerstrafverfahren gegen Ostermann erfolgte ausschließlich in der Verantwortung und in der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Die allein war zuständig für die Einstellung der Verfahren. Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt. Die Einstellung erfolgte auf der Basis der Ergebnisse von Betriebsprüfungen, die im Frühjahr des Jahres 2009 abgeschlossen waren. Die Betriebsprüfungen sind von den dafür zuständigen Finanzämtern vorgenommen worden. Das eine ist zuständig für die Veranlagung; das andere ist das Finanzamt in Saarbrücken. Diejenigen, die dafür die Verantwortung haben, haben nach Recht und Gesetz gehandelt und haben dargelegt, dass sie in keinem Stadium des gesamten Verfahrens irgendeiner Erwartung oder einer politischen Weisung ausgesetzt waren. Wenn das der Hintergrund ist, dann frage ich mich, wer Ihnen das Recht gibt, sich hierher zu stellen und sogar die Formulierung Korruption in den Mund zu nehmen. Ich denke, das war eine

(Abg. Meiser (CDU) )

schäbige Art und Weise, wie Sie versucht haben, dieses Thema hier zu behandeln.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn im Ausschuss für Haushaltsfragen, im Rechtsausschuss oder wo auch immer gesagt wird, man habe sich hinter das Steuergeheimnis verschanzt, so sage ich: Selbst in meinem Beitrag jetzt unterliege ich den Bestimmungen der Abgabenordnung. Das wissen Sie, aber Sie wollen es nicht wissen. Und wenn mich morgen jemand in der Öffentlichkeit auf ein mögliches Steuerverfahren in der Causa Lafontaine anspricht, dann werde ich mich ebenfalls auf das Steuergeheimnis beziehen und werde nicht dem Versuch unterliegen, in billiger Art und Weise in der Art zu argumentieren und zu agieren, wie Sie dies auch heute wieder entsprechend getan haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn Sie schon aus Untersuchungsausschüssen und Parlamentsdebatten in Ihrer Zeit als Ministerpräsident zitieren, so konnte ich und kann ich im Unterschied zur Situation damals und in Abweichung von Ihrer Regierungspraxis von dieser Stelle aus sagen: In zehn Jahren gab es in keinem Fall im Saarland eine politische Einflussnahme oder die Formulierung einer Erwartung der politischen Führung weder durch mich noch durch den Staatssekretär. Sie stellen sich hierher und sagen, wir wollen einmal untersuchen, in welcher Weise hier Korruption an der Tagesordnung ist, und beschwören Zustände an der Saar. Und dann sagen Sie, Herr Lafontaine, es ginge Ihnen um politische Kultur