Protocol of the Session on January 20, 2010

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Damit eines ebenfalls klar ist: Die Verträge und die Konstruktionen liegen spätestens seit dem Jahr 2006 offen und transparent auf dem Tisch. Ich habe mir die Unterlagen sowohl des Haushalts- als auch des Wirtschaftsausschusses gestern noch einmal intensiv angeschaut. Nichts in diesem Sonderbericht des Rechnungshofs ist neu. Alle Zahlen liegen seit damals offen. Das gilt sowohl für die Investitionsverträge als auch für die Mietverträge bis hin zu den Quadratmeterzahlen und dem Mietpreis.

(Abg. Commerçon (SPD) und Abg. Rehlinger (SPD) : Deswegen haben wir das von Anfang an kritisiert.)

Sie haben es kritisiert. Das kann auch geschehen. Unsere Bewertung bleibt. Wir können weiter darüber streiten, aber ich frage mich, wo die Aktualität liegt.

(Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Bitte ein bisschen Gelassenheit auf dieser Seite! Wir sind doch hier nicht im Tollhaus! Das ist ja furchtbar mit diesen Zwischenrufen! - Wir können auch weiterhin über dieses Invest diskutieren, aber eines können Sie sich jetzt natürlich abschminken: Die Angst, die Sie vor den Mietpreisen hatten, die uns angeblich in den Ruin getrieben hätten, ist jetzt wirklich erledigt. Jetzt haben wir die Situation, die der Rech

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

nungshof gerne wollte: Das Gebäude gehört uns; wir müssen das Invest jetzt tragen. Damit haben wir nunmehr offensichtlich einen Zustand, der für dieses Land ganz hervorragend ist. Also von daher muss die Aufregung bei Ihnen jetzt ganz gering sein; wir haben den Zustand, den Sie eigentlich wollten.

Kollege Meiser hat vorhin dem Rechnungshof nicht die Kompetenz abgesprochen, Dinge haushaltsmäßig zu bewerten und auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Darum geht es überhaupt nicht. Wirtschaftlichkeit oder Haushaltsmäßigkeit sind bei einem solchen Projekt und bei Investitionen auch nicht das einzige Thema, sondern es geht auch um Strukturpolitik, und die kostet Geld. Da muss man letztendlich abwägen, und am Ende dieses Abwägungsprozesses sind wir bei diesem Projekt zu einem anderen Ergebnis gekommen. Ich sage Ihnen einmal eines: Nichts zu machen kostet am allerwenigsten Geld; da spart man am allermeisten. Hätten wir nach dem Grundsatz gehandelt, es möglichst günstig für das Land zu machen, hätten wir zum Beispiel in Völklingen die Hütte abreißen müssen. Wir hätten dort alles plattgemacht und die Fläche anschließend revitalisiert. Dass man dies aus gutem Grund nicht getan hat, darüber sind wir uns, denke ich, in diesem Haus einig. Das Billigste für das Land wäre es gewesen, wenn wir auf das Ganser-Gutachten gehört hätten und das Gelände in einen Dornröschenschlaf hätten fallen lassen. Die Gebäude wären verfallen, nichts wäre passiert. Aber es ging hier um etwas anderes: Hier sollte eine Leitinvestition stattfinden, der Standort sollte aufgewertet werden, und mit dieser Leitinvestition sollten andere Investitionen nachgezogen werden. Wir waren bisher in einem erfolgreichen Prozess, und ich hoffe, dass er trotz der Entscheidung des Investors weitergeführt werden kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU.)

Das Wort hat Herr Abgeordeter Dr. Magnus Jung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Leitprojekt der saarländischen Landesregierung ist heute zusammengebrochen, und es ist Aufgabe des Parlaments und der gesamten Regierung, den Scherbenhaufen in den nächsten Monaten und Jahren zusammenzukehren.

(Beifall bei der SPD.)

Wir kommen auch nach dem Rücktrittsschreiben der Investoren nicht umhin, die Ursachen für das Versagen in den letzten Jahren aufzuarbeiten. Deshalb müssen Sie sich schon der Debatte und den unangenehmen Fragen stellen, die am heutigen Tag und sicherlich auch in den nächsten Wochen an die Lan

desregierung und vor allen Dingen an ihre Vorgängerin gestellt werden. Die Situation ist nämlich folgende: Der Schuldenstand unseres Landes hat derzeit die Grenze von 10 Milliarden Euro erreicht. Die Armut der öffentlichen Hand in unserem Land ist so groß, dass sich die Landesregierung in den letzten Jahren dazu gezwungen sah, über hundert Grundschulen zu schließen und junge Menschen mit Studiengebühren zu belasten. An den Schulen und bei der Polizei fehlt Personal. Viele Kommunen stehen vor dem Ruin. Der Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur ist in den Städten und Dörfern mit Händen zu greifen.

Die Bürger im Land spüren die öffentliche Armut und haben deshalb eine Erwartung an die Politik: Das wenige Geld, das überhaupt noch für Investitionen zur Verfügung steht, soll verantwortungsvoll eingesetzt werden, damit alle etwas davon haben und nicht nur wenige oder gar nur einer.

Der vorliegende Sonderbericht des Landesrechnungshofes zu Maßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Grube Reden belegt hieb- und stichfest, dass die Landesregierung vor diesen Erwartungen auf ganzer Linie gescheitert ist. Die Untersuchung, für die ich mich im Namen aller Steuerzahler ausdrücklich herzlich bedanke, zeigt eine skandalöse Verschwendung von Steuergeldern, die die Landesregierung nicht etwa fahrlässig, sondern vorsätzlich für die nächsten zwei Jahrzehnte vertraglich mit dem Investor und der beteiligten Bank vereinbart hat.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Im Einzelnen berichtet der Rechnungshof, dass der Gondwana-Park ursprünglich auf einer Hallenfläche von 8.000 Quadratmetern und einem Außenbereich von 12.000 Quadratmetern geplant war. Der Investor wollte ursprünglich 13,2 Millionen Euro investieren. Tatsächlich wurde es weniger - an Investitionen und Fläche. Dennoch hat die IKS volle 1,7 Millionen Euro Zuschuss bewilligt. Das Land bezuschusst den Park mit rund 2 Millionen. Weitere 3 Millionen wurden aus Landesgeldern durch die IKS für Erschließungsmaßnahmen ausgegeben. Der Rechnungshof kommt zu dem Schluss, dass damit jeder neu geschaffene Arbeitsplatz mit 500.000 Euro bezuschusst worden ist.

(Zurufe von der CDU.)

Herr Minister Jacoby, wenn Sie so 40.000 neue Arbeitsplätze im Saarland schaffen wollen, dann brauchen Sie dafür 20 Milliarden Euro. Das ist die Rechnung. Zum Thema Subventionsabbau sollten Sie deshalb zukünftig nichts mehr sagen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Doch offensichtlich reicht die hohe direkte Förderung nicht aus, um den Gondwana-Park zu finanzieren. Zur Umgehung des europäischen Beihilferechts

(Abg. Schmitt (CDU) )

schloss die Landesregierung mit dem Investor einen Mietvertrag für ein Verwaltungsgebäude auf dem Gelände in Reden, aus dem für das Land innerhalb von 25 Jahren ein Schaden von mindestens 16 Millionen Euro entsteht. Über 12.000 Quadratmeter wurden als Bürofläche zum weit überteuerten Preis von 8 Euro pro Quadratmeter angemietet, obwohl es sich bei einem großen Teil um Treppen, Flure und sonstige minderwertige Flächen handelt. Was würde eine schwäbische Hausfrau dazu sagen?

Offensichtlich - so erfahren wir aus dem Bericht des Rechnungshofes - hat das Finanzministerium sich lange aus den gleichen Gründen, die auch der Rechnungshof aufführt, gegen dieses mehr als fragwürdige Geschäft gewehrt. Herr Jacoby, Sie konnten sich in dieser Frage wohl nicht durchsetzen. Dem Druck Ihres Kollegen Rauber sind Sie erlegen. Ich frage Sie daher: Haben Sie diesen Mietvertrag, von dem Ihnen wohl alle Experten Ihres Hauses abgeraten haben, selbst unterschrieben oder haben Sie sich hinter einem Ihrer Mitarbeiter versteckt? Ich bitte Sie um Auskunft vor dem Parlament.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Zum Schluss ein weiterer Ausschnitt aus dem Rechnungshofbericht, der zeigt, dass teurer als Verramschen das Verschenken ist. So hat die IKS eine Halle, deren Wert der Rechnungshof mit circa 1,4 Millionen Euro angibt, ohne ausreichende vertragliche Grundlage für 0 Euro an die Gondwana Invest übertragen. Mittlerweile räumt die IKS wohl ein, dass ein Schaden entstanden ist, und bemüht sich in Nachverhandlungen um Ausgleichszahlungen. Der Rechnungshof schreibt hierzu, dass für ihn „die Argumente der Landesregierung nicht nachvollziehbar“ sind. Für Nachverhandlungen sieht der Rechnungshof „keine Erfolgsaussichten“. Ich frage den IKS-Aufsichtsratsvorsitzenden Minister Rauber: Können Sie heute ausschließen, dass der IKS infolge der Finanzierungsverträge ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist?

Kollege Dr. Jung, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern?

Ich komme zum Ende und fasse zusammen: Die Jamaika-Vorgängerregierung hat Geld der Bürger in zweistelliger Millionenhöhe verschleudert. Sie hat es nicht fahrlässig getan, sondern vorsätzlich. Herr Ministerpräsident Müller, meine Herren Jacoby und Rauber, Sie tragen dafür die Verantwortung und die Konsequenzen. Ich hoffe, Sie sind Manns genug.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Barbara Spaniol.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) verlässt den Saal. Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Roth (SPD): Gehst du eine rauchen? - Anhaltendes Lachen bei den Oppositionsfraktionen.)

Nur zu! Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg muss ich für meine Fraktion sagen: Wir wenden uns ganz klar gegen eine Verunglimpfung des Landesrechnungshofes als oberste Rechnungsprüfungsbehörde. Herr Rauber, die Krokodilstränen, die Sie heute Morgen vergossen haben, sind unglaubwürdig. Sie haben ein millionenschweres Projekt in den Sand gesetzt und bekommen heute die Quittung dafür. Das ist der Sachstand.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Gerade eben wurde von Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit gesprochen. Nehmen wir einmal einen saarländischen Handwerksmeister, der sich selbstständig machen will. Er will eine eigene, tragfähige Existenz aufbauen, er will Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Er lässt sich beraten. Er trifft auf zehn verschiedene Zuständigkeiten. Er bekommt viele gute Wünsche und ein paar wenige brauchbare Tipps. Er erstellt einen sogenannten Businessplan. Er sucht einen Standort. Er bemüht sich vor allem um eine Finanzierung und landet letztlich bei seiner Hausbank. Er geht also ein großes Risiko ein. Und er ist ganz allein. Er bürgt mit allem, was er hat, und mit allem, was seine Familie hat. Er hat Angst vor dem Versagen und vor Hartz 4. Das ist die tägliche Realität in diesem Land.

(Zuruf des Abgeordneten Wegner (CDU).)

Herr Wegner, Sie wissen, dass wir den Mittelstand brauchen. Wir brauchen den mittelständischen Unternehmer. Was tut dieser mittelständische Unternehmer? - Er zahlt Umsatzsteuer, Einkommens-, Gewerbe- und Grundsteuer. Er hat ein Recht darauf, dass dieses Geld nicht verschleudert wird. Jetzt sind wir beim springenden Punkt: Im Fall Gondwana war das alles ganz anders, meine Damen und Herren. Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die Investitionskosten des Investors im Fall Gondwana gegen Null tendieren. Das bedeutet, hier musste der Investor kein Risiko eingehen. Die Landesregierung hat den Investor mit Steuermitteln in die Lage versetzt, dass keine Bürgschaft gebraucht wurde. Hier zahlt die Landesregierung über ein dubioses und überteuertes Mietvertragskonstrukt die Investitionen. Letztlich bürgen also wir alle, wenn es schief geht. Hier wurde in unverantwortlicher Weise durch Schenkungen und Kostenübernahme ein riesen

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

großer Blankoscheck ausgestellt. Das ist unverantwortlich.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Worauf haben sich die Ausgaben des Investors bis jetzt beschränkt? - Sie beschränken sich bislang auf Al Gore. Er war da. Er durfte kommen. Zunächst durfte die Öffentlichkeit nicht teilnehmen. Das war das einzige Highlight in dieser Diskussion. Es hatte den bitteren Beigeschmack, dass die Öffentlichkeit und die Presse damals zunächst ausgeschlossen waren. Das ist alles, worauf es sich reduzieren lässt.

Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie sind und da beißt die Maus keinen Faden ab - ein unvertretbares Risiko eingegangen. Sie haben über Umwege etwas zu 100 Prozent finanziert, an dem das Land Sachsen zuvor jede Beteiligungsfinanzierung abgelehnt hat. Das hätte Ihnen letztlich zu denken geben müssen. Sie und die IKS, eine Beteiligungsgesellschaft des Landes, waren in Ihrer Ansiedlungspolitik jahrelang dermaßen erfolglos, dass Sie offensichtlich nach jedem Strohhalm gegriffen haben, der sich angeboten hat. Das Ergebnis haben wir heute. Es ist verheerend. Es zeigt ganz eindeutig, dass Sie nicht haushalten können. Das ist bekannt. Sie haben unter dem Vorwand der Einsparungen lieber vordergründig Schulen geschlossen. Sie haben Gruben geschlossen, anstatt echte Ansiedlungen an Land zu ziehen.

Vor dem Hintergrund drohender Arbeitsplatzverluste - ich nenne den von Ihnen propagierten Kohleausstieg, die fehlenden Ersatzarbeitsplätze und alles, was dazugehört - kamen Ihnen die Dinosaurier gerade recht. Das zeigt ganz deutlich, dass wir neue gesetzlichen Regelungen brauchen, damit sich eine solche Misswirtschaft nicht wiederholt. Dazu gehört auch das Verbot einer Umwegsfinanzierung über langfristige Mietverträge.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, „mitmachen statt miesmachen“ war und ist Ihre einfach gestrickte Devise gegenüber der Opposition. Ich sage Ihnen Folgendes: Heute Nachmittag unterhalten wir uns an dieser Stelle über Armutsbekämpfung. Jeder Forderung der Opposition werden Sie entgegenhalten, es sei kein Geld, kein Cent für diese Maßnahmen vorhanden. Sie werden wieder über die Schuldenbremse schwadronieren und die Haushaltsnotlage beschwören, aber angesichts dieses Gondwana-Desasters sind wir sehr gespannt, wie Ihre neue Regierung diesen Glaubwürdigkeitsspagat hinbekommen will.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich komme zum Schluss. Ein Berg von Fragen ist übrig geblieben; die müssen beantwortet werden. Und da ist eine Landesregierung in der Verantwortung, und zwar in Gänze!

Frau Barbara Spaniol, ich darf Sie bitten zum Schluss zu kommen.

Wenn man sich zum Steigbügelhalter einer CDU macht, die dieses haushaltspolitische Desaster verschuldet hat, ist man mit verantwortlich. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Günter Heinrich.