Deshalb bleibe ich bei dem, was ich eben gesagt habe. Ich denke, ich muss das alles nicht wiederholen, die Debatte haben wir geführt.
Ein kurzes Wort noch zur Leiharbeit. Auch dort sind wir nicht weit auseinander. Wir brauchen nicht lange zu beleuchten, warum die Wirtschaft dieses Instrument gesucht hat. Das Instrument ist gesucht worden, weil wir eine recht starre Regelung beim Kündigungsschutz haben.
Insofern sind wir international nicht vergleichbar. Ich lobe das System nicht, ich sage nur: Die Wirtschaft hat sich Auswege gesucht. Das ist kein Lob an die Wirtschaft, es ist nur eine Beschreibung der Fakten. Es muss doch erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass es genauso wenig zielführend ist, Leiharbeit grundsätzlich zu verbieten, wie die Leiharbeit einfach laufen zu lassen, wie sie läuft. Der richtige Weg ist vielmehr zu sagen: Leiharbeit muss begrenzt sein auf die Spitzen, die abgedeckt werden müssen. Leiharbeit muss fair sein. Das heißt, dort, wo keine Einarbeitung notwendig ist, muss es Equal Pay gleichen Lohn - ab dem ersten Tag geben. Ansonsten sollte eine andere Bezahlung auf die Zeit begrenzt werden, in der eine Einarbeitung notwendig ist. Damit hätten wir Leiharbeit auf die Fälle begrenzt, die man braucht, und hätten in der Leiharbeit einen fairen Umgang.
Neben der Tatsache - bei der hier Einvernehmen bestand -, dass die Förderkulisse in der Wirtschaftspolitik danach ausgerichtet werden soll, sollten wir sogar darüber nachdenken, wie wir das System belohnen können - das manche Firmen Gott sei Dank haben, aber viel zu wenige -, bei dem Leiharbeit wirklich in hohem Maße auch in feste Arbeitsverhältnisse mündet. Ich habe in der letzten Debatte einige Unternehmen genannt, es gibt gute, es gibt aber auch schlechte. Bei der Leiharbeit liegt die Wahrheit auch in der Mitte. Unsere Position zum Tariftreuegesetz muss ich nicht näher beschreiben; sie steht im Antrag, wir sind auf einem guten Weg.
Ich will noch zwei Punkte ansprechen, die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und den zweiten Arbeitsmarkt. Auch wenn wir eine gewisse Zeit auf einem Niveau von 5 Millionen und mehr Arbeitslosen waren und uns aktuell auf einer Zahl von unter 3 Millionen bewegen, so wäre es blauäugig zu argumentieren, dass alles ganz toll sei; es sind nämlich 3 Millionen zu viel. Da ist jeder in diesem Haus der gleichen Meinung. Das gilt genauso im Saarland. Dort können wir zwar sagen, Gott sei Dank haben wir uns bewegt, von weit über 50.000 hin zu etwa 35.000 Arbeitslosen. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass wir auf Dauer den zweiten Arbeitsmarkt brauchen. Das wird leider so sein. Im Bund müssen viele Ordnungspolitiker dazulernen, die meinen, der Markt könne das alles regulieren. Wir haben, wenn ich das so salopp, aber nicht abwertend formulieren darf, eben nicht mehr die Arbeitsverhältnisse, wo der Hof gekehrt wird, wo einfache Arbeiten gemacht werden. Diesen Bereich können wir über ordentliche Arbeitsverhältnisse nicht mehr erfassen. Wir werden diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Dauer haben. Auch die haben ein Recht darauf, in der Gesellschaft integriert zu sein, damit klar ist, dass sie gebraucht werden und in eigener Verantwortung für ihren Unterhalt sorgen können. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, wir werden einen zweiten Arbeitsmarkt auch dort brauchen und fördern müssen, wo er leider in zu wenigen Fällen zu festen und dauerhaften Arbeitsverhältnissen führt. Das ist die Lebenswirklichkeit, das halte ich für eine soziale Verantwortung.
Ich komme zum letzten Punkt, den ich ansprechen will. Gerade vor dem Hintergrund habe ich es für richtig und wichtig gehalten - ich schau jetzt auf Eugen Roth -, vonseiten des DGB gemeinsam mit der Arbeitsministerin temporär schon mal zu sagen, es kann nicht wahr sein, dass wir genau wissen, diese Probleme werden bleiben, und zerstören dann die Trägerlandschaft. Wir brauchen die. Wir haben heute über eine Transfergesellschaft gesprochen. Wenn eine Transfergesellschaft erfolgreich sein soll, brauchen wir Träger, die stark sind, die in der Ausbildung, in der Fortbildung und in der Weiterbildung wirklich etwas leisten können; wir haben gute Träger im Saarland. Wenn die erst zerschlagen sind, wird es viel schwieriger sein, diese Landschaft wieder aufzubauen. Deshalb sind wir, glaube ich, beieinander, wenn ich sage, wir wollen die Trägerlandschaften stabilisieren. Wir können die Welt vom Bund her nicht verändern. Wenn dort Milliarden in diesem Bereich eingespart werden, können wir zwar jammern und Resolutionen verabschieden, müssen uns aber dennoch der Lebenswirklichkeit stellen. Deshalb betonte ich, dass die CDU-Landtagsfraktion und die CDU Saar auch nach der Wahl dazu stehen werden, dass man in diesem Bereich zwar nicht in der Lage sein wird, die finanziellen Probleme zu kompensie
ren, die sich von der Bundesebene her stellen, aber dass die Träger so gut aufgestellt werden müssen, dass sie in Zukunft diese Probleme auffangen und mit lösen können.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend noch einmal festhalten, dass sich die Überschrift „Faire Sozialpartnerschaft“ in Unternehmen, bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Gewerkschaften und der staatlichen Seite bis zur kommunalen Ebene durchsetzen soll. Ich beziehe bewusst auch diejenigen in die faire Partnerschaft mit ein, die nicht fest im Arbeitsmarkt integriert sind, und die Träger. In diesem Sinn sollten wir uns gemeinsam bemühen voranzukommen. Auch wenn wir in manchen Punkten ideologisch auseinander liegen, ist mein Appell, Frau Kollegin Ries, dass wir das mit Ernsthaftigkeit tun und nicht mit plumper Anmache. Ich glaube, die Ziele haben wir gemeinsam, die sollten wir uns nicht absprechen. Wir haben das in diesem Hause oft genug gemeinsam bewiesen. Vielen Dank.
Zur Begründung des Antrages der SPD-Landtagfraktion Drucksache 14/727 erteile ich Herrn Abgeordneten Eugen Roth das Wort.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vier Tage vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag wiederholen wir eine Debatte, die wir bereits vor vier Wochen in diesem Plenum fast inhaltsgleich geführt haben. Damals mit dem klaren Ergebnis, dass eine umfassende Überarbeitung oder Neustrukturierung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik des Saarlandes auch unter Einbeziehung wesentlicher gesellschaftlicher Kräfte, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bis zu den Arbeitgebervereinigungen, ausführlich beraten werden soll. Das hat der Ausschuss für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport am 29. Februar mit der Gegenstimme der heutigen Antragstellerin festgestellt. Mittlerweile sind insgesamt 32 Organisationen und Verbände eingeladen worden, die teilweise ihre Stellungnahme abgegeben haben.
Es wird heute versucht, der saarländischen Öffentlichkeit vorzuführen, es ginge hier nur um ein Ja oder Nein bei dem Mindestlohn. Das ist nach meiner Auffassung zutiefst unglaubwürdig und ist der Öffentlichkeit auch nicht die Wahrheit eingeschenkt.
Ich will zu dieser Frage der Glaubwürdigkeit nur anmerken, Kollegin Claudia Willger, in den zurücklie
Mehr war es ja bald nicht, sagen wir Jamaika-Regierung. - Sie haben in der Zeit alleine hier im Landtag vier Mal dem Thema Mindestlohn Ihre Zustimmung verweigert.
Sie haben im Bundesrat bei mindestens zwei Initiativen, zuletzt am 09. Dezember 2011, Ihre Zustimmung verweigert beziehungsweise für eine Neutralisierung der saarländischen Landesregierung gesorgt. Jetzt stellen Sie sich hierher und tun so, als würden Sie vier Tage vor der Landtagswahl den Mindestlohn retten und wir, die SPD, wären angeblich die Verräter. Damit wird wirklich die gesamte Debatte um den Mindestlohn völlig auf den Kopf gestellt.
Abg. Willger (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Teilen Sie auch die Einschätzung, die seitens der SPD oft geteilt worden ist, dass der Koalitionsvertrag von Jamaika mit vielen grünen Inhalten gefüllt war, dass wir sehr viele von diesen Punkten umgesetzt haben, dass wir selbst bezogen auf das Thema Mindestlohn und das Thema Tariftreuegesetz erhebliche Fortschritte erreicht haben? Teilen Sie diese Auffassung?
Es steht mir schwerlich an, Ihren Koalitionsvertrag von 2009 zu beurteilen, aber eines fällt mir dabei auf - da haben Sie mir als Handballer gerade den Ball auf den Siebenmeter gelegt -: Offensichtlich war Ihnen das Thema Mindestlohn nicht so wichtig wie zum Beispiel die Verschärfung des Nichtraucherschutzes, ansonsten wären wir bei dem Thema etwas weiter gekommen!
(Anhaltende Zurufe der Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und Rehlinger (SPD). - Unruhe und Sprechen.)
Also, noch einmal, damit das der Öffentlichkeit klar ist - - Herr Kollege Ulrich - - Herr Präsident, ich kann bei dieser Lautstärke leider nicht reden.
Ich kann auch lauter, aber das habe ich nicht mehr gemacht, seitdem ich nicht mehr auf den Kreuzungen stehe. Deswegen bitte ich Sie zuzuhören oder Fragen zu stellen. - Wir wollen - um der geneigten Öffentlichkeit zu zeigen, dass es um wesentlich mehr geht als um das wichtige Thema Mindestlohn - einmal eine kleine Tour d’ Horizon machen, worüber wir in dieser Anhörung reden wollen, warum wir diese 32 Organisationen eingeladen haben. Wie gesagt, sie haben schon teilweise Stellungnahmen abgegeben. Die wären obsolet, wenn wir jetzt einfach Ja oder Nein sagen würden.
Da ist zum einen wie gesagt das Thema gesetzlicher Mindestlohn. Die SPD im Saarland - nur, damit das noch einmal erwähnt sei - hat seit dem November des Jahres 2003 einen Beschluss für einen gesetzlichen Mindestlohn. Kollege Meiser, ich sehe das anders als Sie eben. Wenn die Kollegin Ries sich da vehement zu Wort meldet, ist das für mich etwas Normales, weil damals Isolde mit mir noch gekämpft hat. Das Thema Mindestlohn ist ja nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Das war, Herrmann, schon nicht so ohne. Die Gewerkschaften wollten den damals, 2003, noch nicht. Wir haben unsere Klärung 2006 beim DGB-Bundeskongress herbeigeführt, und das aus bestimmten Gründen. Das ist ein Punkt.
Der nächste Punkt ist das sogenannte echte Tariftreuegesetz. Da würde auch eine Lohnuntergrenze eine Rolle spielen. Dann kommt das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, Equal-Pay-Regelungen ab dem ersten Tag, eventuell mit einem sogenannten Sozialzuschlag. Auch das ist ein nicht ganz unkritisches Thema.
Dann geht es darum, transparente und an niedrigen Quoten von Zeit- und Leiharbeit orientierte Wirtschaftsförderung zu betreiben. Das ist ein ganz breites Thema, etwas, was im Land sehr stark beeinflusst werden kann, wesentlich stärker als die Mindestlohndebatte. Ob wir das so hinbekommen und was die Saarwirtschaft und die Gewerkschaften dazu meinen, werden wir sehen. Der dauerhaft geförderte öffentliche Beschäftigungssektor ist das nächste Thema. Dann die Trägerlandschaft. Die Träger sind auch eingeladen, Landesarbeitsgemeinschaft für Beschäftigung & Qualifizierung. Wie sichern wir die ab? Temporär ist das gelungen seit dem letzten Landtag, aber nicht dauerhaft. Das ist also ein sehr
Letztendlich geht es noch um Gleichstellungsfragen angefangen von gleicher Lohn für gleiche Arbeit, für Frauen und Männer, also geschlechterneutral, bis hin zur Vertretung von Kolleginnen in Aufsichtsräten, in Aufsichtsgremien bis hin zu einem Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft.
All das, was ich verkürzt wiedergebe, auf das Thema Mindestlohn ja oder nein zu reduzieren, geht an dem, was in diesem Landtag abgelaufen ist und jetzt abläuft, völlig vorbei und hat mit den Debatten, die wir hier anstoßen wollen, nichts zu tun. - Bitte schön.
Abg. Willger (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Hat die SPD-Fraktion bei den Fragen, die sie vorhin aufgeworfen hat, eigentlich noch ein Erkenntnisproblem? Immerhin sind in diesem Antrag noch einmal Forderungen aufgenommen worden, die die SPD an anderer Stelle bereits in den letzten -
(Abg. Maas (SPD) : Sie haben sich in den letzten zwei Jahren dazu nicht zu Wort gemeldet. - Abg. Ries (SPD): Sie reden doch immer von Bürgerbeteiligung!)
Das sind immerhin Punkte, die in SPD-Anträgen enthalten waren. Welche neuen Erkenntnisse erwarten Sie sich eigentlich davon? Sind die Positionen der Fraktionen nicht längstens klar?
Wenn das alles so klar wäre, dann weiß ich nicht trotz Ihres Hinweises auf den Koalitionsvertrag -, warum Sie das bisher noch nicht mit uns umgesetzt haben. Das verschließt sich mir.
Das war ja eine lange Zeit. Aber ich will in Beantwortung dieser Frage, bevor ich wieder zur normalen Rede komme, nur ein Beispiel nennen, das wir heute in unserem Antrag angesprochen haben. Ich werde noch gleich zu dem Thema Tarifmindestlohn kommen. Ich möchte nur einmal einen Abschnitt aus unserem vierseitigen Antrag vortragen, der fast deckungsgleich mit dem vom 15. Februar ist und überschrieben ist mit „Gute Arbeit sichert Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe“. Ich zitiere aus diesem Antrag: „Die Betriebsräte in den Entleihbetrieben brauchen zudem Mitbestimmungsrechte zur Kontrolle des ordnungsgemäßen Einsatzes der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer und des Umfangs und der Dauer der Leiharbeit. Folgerichtig sollen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl für die be
triebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerte mitgezählt werden. Die Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses, die Koppelung der Befristung an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) außerhalb der Probezeit und der Einsatz als StreikbrecherIn muss gesetzlich verboten werden. Der Landtag des Saarlandes fordert daher die Landesregierung auf, entsprechende Initiativen nicht nur auf der Bundesebene zu unterstützen: Auch die Kriterien für Wirtschaftsförderung des Landes müssen so verändert werden, dass das Prinzip ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit’ zum Förderkriterium wird“.
Dazu finde ich beispielsweise in dem Antrag von BÜNDNIS 90/GRÜNE keinerlei Aussage. Das ist bei aller Liebe doch ein Thema mit großer Tragweite. Das ist nur eines, das ich jetzt herausgegriffen habe. Ich könnte noch einige hier aufzählen, wo selbst wir oder ich nicht so vermessen sind zu glauben, dass wir nur der Wirtschaft unseren Antrag abgeben müssen und dann wird der einfach umgesetzt. Was also Ihre Frage betrifft, ob es hier noch Erkenntnisprobleme gibt, ob es hier noch Kommunikationsbedarf gibt, so ist das natürlich der Fall, dass es da noch Kommunikationsbedarf gibt. Liebe Frau Willger, Ihre Partei hat sich Bürgerbeteiligung auf die Fahne geschrieben. Wenn Sie jetzt sagen, wir brauchen keine, wir können einfach abstimmen, verstehe ich das auch wieder nicht, aber gut.