Protocol of the Session on February 15, 2012

Es geht in erster Linie nicht um Strukturdebatten. Wir haben das in den letzten Jahren immer wieder gesagt. Es geht zuallererst um die Qualitätsfrage in den Schulen. Es geht darum, was und wie Kinder lernen können und wie Unterrichtsgestaltung aussieht. Liebe Frau Kollegin Willger, von enormer Bedeutung ist hierbei, wie die Rahmenbedingungen in den Schulen sind. Es hat nicht geholfen, dass Ihr ehemaliger Minister zugestimmt hat, dass wir eine

massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer haben, die den Lehrerberuf immer unattraktiver machen. Sie sollten also keine Krokodilstränen weinen, sondern eher froh sein, dass dieser Spuk demnächst vorbei sein wird.

(Beifall von der SPD.)

Es ist schon etwas seltsam, wenn Sie mit dem Satz, die SPD habe erklärt, dass sie die Gemeinschaftsschule zum Erfolg bringen will, Ängste verbinden. Einen solchen Vorwurf zu machen, ist nachgerade lächerlich. Sie beziehen das auch noch auf das Schulordnungsgesetz, Frau Kollegin. Es war so, dass wir damals genau dieses Schulordnungsgesetz mit den Verhandlungen zur Verfassungsänderung verabschiedet haben wollten. Es war doch so, dass wir in den Verhandlungen gesagt haben: Lasst uns über die demografischen Auswirkungen reden, lasst uns vorab darüber reden, welche Schulen an welchen Standorten eingerichtet werden. All das waren genau die Dinge, die Sie und Ihr Minister uns damals verweigert haben. Er hat gesagt: Nein, das entscheiden wir erst nach der nächsten Landtagswahl 2014 und nach der gesetzlichen Vorgabe eigentlich erst nach dem Schuljahr 2016/2017. Wenn Sie sich nun ganz plötzlich im Jahr 2012 darauf besinnen, dass Sie alles schon vor der nächsten Landtagswahl am 25. März wissen wollen, liebe Frau Kollegin, dann glaubt Ihnen das draußen kein Mensch. Es ist völlig lächerlich, was Sie hier tun. Sie verunsichern die Menschen in diesem Land.

(Beifall von der SPD.)

Ich sage es Ihnen ganz deutlich. Die SPD in diesem Land wird alles dafür tun, dass dieses Zwei-SäulenModell und die Gemeinschaftsschulen in diesem Land zum Erfolg gebracht werden. Es ist völlig selbstverständlich, dass wir dies tun. Wir haben damals einer Verfassungsänderung nicht zugestimmt, weil viel zu viele Fragen ungeklärt waren. Wenn Sie nun beklagen, dass genau diese Fragen nicht geklärt sind, dann fällt das auf Sie und in erster Linie auf Ihren ehemaligen Minister zurück. Es fällt auf Klaus Kessler zurück, der damals leider die Voraussetzungen dafür nicht geschaffen hat. Also hören Sie mit dieser blöden Kampagne auf, die Sie gegen die Gemeinschaftsschule führen. Wir stehen dahinter, dass es diese Gemeinschaftsschule gibt. Wir werden alles dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler an dieser Gemeinschaftsschule ihren Schulabschluss erfolgreich erreichen können.

(Beifall von der SPD.)

Selbstverständlich wird es darum gehen, Standorte zu erhalten. Sie wissen ganz genau, dass wir mehr Standorte erhalten wollen, als bisher vorgesehen sind. Deshalb ist es völlig unsäglich, wenn Sie eine solche Standortdebatte führen wollen. Wir haben niedrigere Hürden und Kriterien vorgeschlagen, die

(Abg. Willger (B 90/GRÜNE) )

leider zurzeit in diesem Parlament nicht mehrheitsfähig sind. Das ist so. Deswegen wird am 25. März auch darüber entschieden, ob wir in diesem Land künftig kleinere Klassen und eine bessere Unterrichtsversorgung bekommen oder ob es so bleibt wie unter einem grünen Minister. Es wird darum gehen, ob wir wirklich echte Gleichwertigkeit zwischen den Gemeinschaftsschulen und den Gymnasien bekommen oder ob es weiterhin eine Schlechterstellung der Gemeinschaftsschule geben wird. Genau darüber wird am 25. März in diesem Land abgestimmt. Da gibt es eine klare Linie der SPD. Wer kleinere Klassen will, wer eine bessere Unterrichtsversorgung will, wer wirklich Gleichwertigkeit zwischen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien will, der hat am 25. März nur eine Chance, nämlich die, das Kreuz bei der SPD zu machen. Danach bekommt er genau das, was die SPD vor der Wahl gesagt hat.

(Beifall von der SPD.)

Es ist ein echter Treppenwitz, wenn in einem Antrag der GRÜNEN, nachdem sie zwei Jahre den Bildungsminister gestellt hat, Aussagen stehen wie: „zukunftsfähig machen“, „Entwicklung der Bevölkerungszahlen anzusehen“, „würden die sich abzeichnenden Entwicklungen ignoriert, so ergäbe sich das Risiko von Schulschließungen“, außerdem „eine erhebliche Verschlechterung des regionalen Bildungsangebotes“, es gilt „rechtzeitig vorzubeugen“ oder „die Weichen einer Neuregelung sobald wie möglich zu stellen“. - Meine Damen und Herren, was hat dieser Minister in den letzten zwei Jahren getan, wenn er all diese Dinge nicht auf den Weg gebracht hat? Da ist es doch ein Witz, wenn das alles von Januar bis März schnell geregelt werden muss. Nein, meine Damen und Herren, wir werden das alles nach der Wahl in großer Ruhe hinbekommen. Wir werden genug Zeit haben. Die Gemeinschaftsschule wird zum nächsten Schuljahr in aller Ruhe auf den Weg gebracht. Worum es jetzt in allererster Linie geht, ist, dass wir in den Schulen Ruhe haben, damit wir die Gemeinschaftsschule erfolgreich auf den Weg bringen können.

Wir werden all das sehr vernünftig und zum Wohle der Schülerinnen und Schüler hinbekommen, aber nicht in einem überstürzen Verfahren und erst recht nicht, nachdem die GRÜNEN - aus ihrer Sicht dummerweise aus der Regierung herausgefallen sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist billigster Populismus. Es ist auch nicht im Sinne von Klaus Kessler, der mit der Gemeinschaftsschule etwas Gutes auf den Weg bringen wollte. Das haben wir ihm niemals abgesprochen. An bestimmten Stellen hat er aber leider keine ordentlichen Strukturen geschaffen. Es wird aber kein Problem sein, hier noch nachzusteuern und es hinzubekommen. Genau darum wird es am 25. März und in der Zeit da

nach gehen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD.)

Ich eröffne die Aussprache. - Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Gisela Rink das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Landes hängt in hohem Maße von einer umfassenden Bildung ab. Wir wollen allen saarländischen Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die besten Chancen eröffnen, einen möglichst qualitätsvollen Schulabschluss zu erreichen. Nach den Wahlkampfreden würde ich gerne sachlich über den Stand unserer Bildungspolitik im Saarland berichten und auch über die Umsetzung der neuen Gemeinschaftsschule.

Um das Ziel der Bildungsgerechtigkeit zu erreichen, haben wir durch die Verfassungsänderung ein Zwei-Säulen-Modell mit grundständigem Gymnasium, das nicht die Pflichtschule ist, und Gemeinschaftsschule eingeführt. Das Gymnasium bietet in acht Jahren den Weg zum Abitur an, die neue Gemeinschaftsschule, die ab dem 01. August 2012 aus Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen hervorgehen wird, wird alle Schulabschlüsse anbieten, auch das Abitur wie früher nach neun Jahren. Sie bietet somit eine pädagogisch wertvolle Alternative zum jetzigen achtjährigen Gymnasium. Eltern haben die Wahlmöglichkeit - und das halte ich für ganz wichtig -, orientiert an den individuellen Fähigkeiten und Neigungen ihrer Kinder die beste Schule auszuwählen. Beide Schulen sind in der Verfassung verankert und somit auch langfristig gesichert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Zwei-Säulen-Modell ermöglicht trotz der demografischen Entwicklung ein hohes Maß an Wahlfreiheit und eine regional ausgewogene Schulentwicklungsplanung - was Sie, Frau Willger ja auch schon angesprochen haben und was vor Ort bei den Schulträgern in der Tat ein Thema ist. Außerdem - und das halte ich für ganz wichtig - bietet es die Grundlage für ein Ende der oft ideologisch geführten Schulstrukturdiskussionen. Wir brauchen in unserem Land endlich Schulfrieden, wir brauchen die Konzentration auf Inhalte, auf Unterrichtsqualität und bestmögliche Lernbedingungen.

(Beifall bei der CDU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Weichen zur Einführung der neuen Gemeinschaftsschule sind gestellt. Die Vorbereitungen, auch die Anmeldungen laufen bereits, alle Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen werden zu Gemein

(Abg. Commerçon (SPD) )

schaftsschulen umgewandelt. Auch in der derzeitigen politischen Situation steht die Fortführung dieses bildungspolitischen Projektes gar nicht infrage, das Projekt wird konsequent weitergeführt. Es bedarf auch nicht der sofortigen Verabschiedung des Schulordnungsgesetzes. Ich halte diese Diskussionen und Debatten für unzulässig und auch für nicht hilfreich, insbesondere weil sie zur Verunsicherung der Eltern, der Lehrer und auch der Schüler führen. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Es bedarf nicht der sofortigen Verabschiedung des Schulordnungsgesetzes. Das bildungspolitische Projekt, die Etablierung des Zwei-Säulen-Modelles, wird konsequent umgesetzt.

(Beifall bei der CDU.)

Im Gunde genommen kann ich dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Es wird eine zügige Umsetzung gefordert, das heißt aber nicht eine sofortige Umsetzung, Frau Kollegin. Wir brauchen auch nicht die sofortige Umsetzung des Gesetzes. Die neuen Gemeinschaftsschulen werden auf dem Erlasswege errichtet, und wie ich hörte, ist dies auch in den vergangenen Jahren schon oft geschehen, so etwa bei der Umwandlung der Realschulen in die Erweiterten Realschulen. Die Vorsitzende des Bildungsausschusses nickt zustimmend. Ich frage mich, warum das, was 1996 auf dem Erlasswege umgesetzt wurde, heute nicht gehen soll. Warum soll das jetzt strittig sein? Die Umwandlung der Realschulen in Erweiterte Realschulen ist so vonstatten gegangen, und wir werden jetzt die Umwandlung der Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen ebenfalls auf dem Erlasswege umsetzen.

Es gibt auch keinen juristischen Handlungsbedarf. Hier nenne ich nur den § 40 des Schulordnungsgesetzes.

Ich sage auch ganz deutlich: Aufgabe des neu gewählten Landtages wird sein, sich unmittelbar nach der Konstituierung erneut und zügig mit der Beratung und Verabschiedung des Schulordnungsgesetzes zu befassen. Ich sehe dies als Aufgabe des neu gewählten Parlamentes und natürlich auch der neu gewählten Landesregierung.

Die derzeit geltende Zügigkeitsregelung wurde in den letzten Jahren an vielen Standorten schon unterschritten. Somit gibt es hier einen Anpassungsbedarf. Dies haben wir schon bei der Ersten Lesung so dargelegt, dies gilt auch weiterhin. Aber nochmals: Dies soll Aufgabe des neuen Parlamentes sein, da die Errichtung der neuen Gemeinschaftsschule nicht davon abhängig ist.

Wir haben im Saarland eine zukunftsfähige Bildungslandschaft auf den Weg gebracht. Es gilt, diese auch im neuen Parlament weiterzubegleiten und zügig die notwendigen Änderungen umzusetzen. In diesem Sinne können wir dem Antrag von BÜNDNIS

90/DIE GRÜNEN zustimmen. Wir sagen allerdings, „zügig“ heißt nicht „sofort“, wir werden die Befassung mit dem Gesetz dem neu gewählten Parlament überlassen.

Ich komme jetzt zum SPD-Antrag. Diesen Antrag können wir nur ablehnen. Lassen Sie es mich an zwei Punkten verdeutlichen, Herr Kollege Commerçon. Sie schreiben in Ihrem Antrag, bei der Verfassungsänderung hätten Strukturfragen vor Qualität gestanden. Dies weise ich entschieden zurück.

(Beifall bei CDU und der LINKEN.)

Eine weitere Passage: „Nach der Verfassungsänderung Mitte 2011 müssen diese Schulen im Eiltempo eine Schulreform umsetzen (...)“.

(Zurufe.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der Verfassungsänderung wurde selbstverständlich diskutiert, es wurden Dinge besprochen, es gab Anhörungen. Die Aussage, dies müsse im Eiltempo umgesetzt werden, weise ich entschieden zurück.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn ich im Antrag lese, dass mitten im Reformprozess durch das Scheitern der Landesregierung zusätzliche Unsicherheit bei den Schülern, Eltern und den Lehrerkollegien hervorgerufen wird, dann kann ich nur sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Durch solche Anträge wird Verunsicherung hervorgerufen, durch solche Diskussionen, aber nicht durch das, was wir tun.

(Beifall bei der CDU.)

Das heißt, wir werden den SPD-Antrag ablehnen. Wir haben durch die Verfassungsänderung im Saarland eine zukunftsfähige Bildungslandschaft geschaffen. Die Vorbereitungen für die neue Gemeinschaftsschule laufen wie vorgesehen, die Fortführung des Projektes steht nicht infrage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen ein modernes, leistungsfähiges und gerechtes Bildungssystem. Dies ist das bildungspolitische Ziel der CDU. Mit der Einführung des Zwei-Säulen-Modells und der neuen Gemeinschaftsschule, die am 01.08.2012 startet, sind wir auf einem guten Bildungsweg zum Wohl der Schülerinnen und Schüler dieses Landes. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU. - Zuruf von der LINKEN.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Barbara Spaniol.

(Abg. Rink (CDU) )

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sehr geehrter Herr Commerçon! Der Antrag, den Sie vorhin zur dieser Debatte hereingegeben haben, finden wir in weiten Teilen ganz hervorragend. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, mit wem Sie das alles umsetzen können.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir können alles voll unterschreiben, außer den einen Satz, dass wir uns diesen Forderungen verweigert hätten. Das ist natürlich Nonsens. Ansonsten aber sind wir hin und weg von dem, was Sie alles wollen: die gesetzliche Garantie kleinerer Klassen, die Sicherung kleiner Schulstandorte, der Klassenteiler und so weiter und so fort. Herr Commerçon, mit der CDU in diesem Lande wird es sehr schwierig werden, das alles umzusetzen. Wir stehen bereit und bieten Ihnen das an dieser Stelle nochmals an!

(Beifall bei der LINKEN.)

Sie hätten in dieser Situation mehr machen können, das wissen Sie auch. Sie verstecken sich jetzt hinter einem Antrag, den man nach den Gegebenheiten, wie sie seit Wochen der Presse zu entnehmen sind, nur als den besten Showantrag bezeichnen kann, den wir seit Langem auf dem Tisch hatten. Sie hätten besser einen Gesetzentwurf zur Zweiten Lesung gemacht, um vor der Wahl konkret Farbe zu bekennen, wie die Reise weitergeht. Diese Möglichkeit hätten Sie gehabt, meine Damen und Herren.

(Zurufe.)

Es geht hier um Inhalte und das Verfahren. Ich sage Ihnen, die Eltern, Lehrer und Schüler in diesem Land wollen wissen, wie es mit unseren Schulen künftig weitergeht. Die Eltern - das sage ich Ihnen auch - brauchen Planungssicherheit, an welcher Schule sie ihre Kinder für das neue Schuljahr anmelden können, sie wollen wissen, wie diese Schule künftig ausgestaltet sein wird. Diese Planungssicherheit haben die Eltern derzeit nicht. Der Grund dafür ist auch die Meldung, dass es eben kein Schulordnungsgesetz vor der Wahl gibt, das viele dieser Fragen regelt bis hin zum -

(Abg. Scharf (CDU) : Dummes Zeug!)

Das ist kein dummes Zeug. Ich sage Ihnen genau, wie es geht und wie es ist. Es war ein absolutes Possenspiel, was sich diese Woche im Ausschuss zum Schulordnungsgesetz abgespielt hat. Viele Fragen zum Thema Schule sind heute wieder offener denn je!