Ich zitiere Ihnen jetzt aus einer Analyse der Saarbrücker Zeitung vom 18.10.2011. Überschrift: „Politischer Sprengstoff im saarländischen Kulturskandal. Wie viel Verantwortung tragen Rauber, Kramp-Karrenbauer und Schreier? (...) Mit der fristlosen Kündigung von Vorstand Ralph Melcher ist der Fall noch lange nicht erledigt. Gerichte werden sich mit den von der Staatsanwaltschaft bereits angeklagten Tat
beständen der Untreue und Korruption ebenso wie mit den Kündigungsgründen beschäftigen. Neben dieser juristischen Klärung muss jetzt aber auch die Frage nach den politisch Verantwortlichen gestellt werden. Alle bisherigen öffentlichen Stellungnahmen der zuständigen Kulturminister Jürgen Schreier, Annegret Kramp-Karrenbauer und Karl Rauber sind unbefriedigend. Keiner der drei CDU-Politiker hat bisher die Verantwortung für die unglaublichen Vorgänge bei der Stiftung übernommen. (...) Denn die Erklärungsversuche, dass Melcher das in ihn gesetzte Vertrauen missbraucht und seine Kompetenzen eigenmächtig überschritten habe, greifen zu kurz. (...) Nähe und Vertrauen können den kritischen Blick nicht ersetzen. Unter Schreier wurde aber ein Stiftungskonstrukt etabliert (...). Der Erhöhung seines Gehalts“ - des Gehalts von Melcher - „durch KrampKarrenbauer lagen wohl diese positiven Bewertungen zugrunde. Eskaliert ist dann die Situation unter Rauber, der schwerwiegende Hinweise des Landesrechnungshofes über ein Fehlverhalten von Melcher vom Tisch wischte und gemeinsam mit den Mitgliedern des Kuratoriums sogar einen Persilschein für Melcher ausstellte. Bereits im vergangenen Jahr lagen Gründe für eine fristlose Kündigung des Vorstands vor. (...) Dies war von Rauber und auch dem damaligen Ministerpräsidenten Peter Müller nicht gewünscht. Sie haben in ihrer bekannten Abneigung gegen den Landesrechnungshof dessen Warnungen ignoriert. Da Schreier und Rauber der Regierung nicht mehr angehören, steht zwangsläufig KrampKarrenbauer im Kreuzfeuer (...). Dass Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet werden, ohne dass jemand dafür eine politische Verantwortung trägt, dürfte kaum vermittelbar sein.“ Nichts trifft den Punkt besser als diese Analyse der Saarbrücker Zeitung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Kollege Meiser hat eben die aus seiner Sicht unbestrittenen kulturellen Errungenschaften von Herrn Melcher gelobt und herausgestellt, ohne, wie er sagte, die Schattenseiten zu verschweigen. Ich sage Ihnen eines. Ich maße mir nicht an, die kulturellen Leistungen von Herrn Melcher einzuschätzen. Aber was ich feststellen kann, ist, dass er wohl große Zustimmung im Kreise der Feinschmecker hat.
Man sehe sich nur an, wie jemand nicht nur seine persönliche Reputation verspielt hat, sondern es auch in Zusammenarbeit mit anderen geschafft hat, die Reputation der gesamten Kulturlandschaft im Saarland und das Ansehen fast der gesamten politischen Klasse in diesem Land mit dem Hinweis zu beschädigen, die können noch nicht einmal ein Museum bauen, ohne dass ihnen die Kosten explodieren. Das ist das Eigentliche, was wir an Schaden festzustellen haben. Das System, das dahinterge
standen hat, hat nicht nur die Reputation eines Einzelnen ruiniert, sondern das Ansehen der gesamten politischen Klasse in diesem Land. Das ist der eigentliche Flurschaden, der zu beklagen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es greift zu kurz, in einer Regierungserklärung zu sagen, da haben wir einen Fehler gemacht, es tut uns leid, dass wir dort Leute enttäuscht haben. Das ist zu kurz gesprungen. Die Menschen und auch das Parlament erwarten zu wissen, wie das passieren konnte, was die Hintergründe sind, wer wann was wusste und warum er nicht reagiert hat. Das sind wir den Menschen schuldig. Wer glaubt, es unter den Teppich kehren zu können, der ist zu kurz gesprungen. Die Menschen haben ein Anrecht zu wissen, wie so etwas passieren konnte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wir kommen nun zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 14/599. Wer für die Annahme der Drucksache 14/ 599 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/599 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen aus CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Für den Antrag hat die SPDLandtagsfraktion gestimmt, die Fraktion DIE LINKE hat sich der Stimme enthalten. Somit ist er abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 14/610. Wer für die Annahme der Drucksache 14/610 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/610 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktionen aus CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Ablehnung der Fraktion der SPD und Enthaltung der Faktion DIE LINKE.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort. Im Rahmen der Einführung von Gruppen in die Parlamentsarbeit sind heute Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 b des Jo
hannes-Kepler-Gymnasiums in Lebach unter Leitung von Frau Irmtraud Dörr bei uns zu Gast. Seien Sie uns alle herzlich willkommen.
Bevor ich die Aussprache zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung - dem Nachtragshaushaltsgesetz 2011 und dem Gesetz zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 sowie dem Haushaltsgesetz 2012 und dem Haushaltsbegleitgesetz 2012 - eröffne, weise ich nochmals darauf hin, dass alle Gesetzentwürfe wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs in der Aussprache gemeinsam behandelt werden. Das Erweiterte Präsidium ist übereingekommen, als Redezeit für die Aussprache das zweifache Grundredezeitmodul vorzusehen. Ich gehe davon aus, dass das Haus mit dieser Verfahrensweise einverstanden ist. Dann wird so verfahren.
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2011 (Nach- tragshaushaltsgesetz - NHG 2011) (Drucksa- che 14/602)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (Drucksache 14/603)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2012 (Haushaltsgesetz - HG - 2012) (Drucksache 14/600)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Haushaltsbegleitgesetzes 2012 (HBeglG 2012) (Drucksache 14/601)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Herausforderungen, denen sich unser Land gegenübersieht, sind existenziell. Aktuell bewegen wir uns auf einen Schuldenstand von über 12 Milliarden Euro zu. Im aktuellen Haushaltsplan für 2012 sind mehr als 500 Millionen Euro alleine für Zinsen vorgesehen. Nach der mittelfristigen Finanzplanung steigt diese Belastung auf über 600 Millionen Euro. Hinzu kommen Unwägbarkeiten hinsichtlich der weiteren Zinsentwicklung. Die daraus fol
genden eventuellen Mehrbelastungen sind für jeden klar erkennbar. Es erwachsen zusätzlich Probleme hinsichtlich weiterer Kostenfaktoren, beispielsweise ein starker Anstieg im Bereich der Personalkosten und hierbei insbesondere Lasten für Pensionen und Beihilfen, die von zurzeit 38 Prozent im Jahr 2011 auf über 41 Prozent im Jahr 2015 ansteigen als Anteil an den Personalkosten, die von 1,36 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf etwa 1,46 Milliarden im Jahr 2015 ansteigen. Darüber hinaus gibt es Unsicherheiten, was den Konjunkturverlauf angeht und abhängige Steuerentwicklungen.
Für uns heißt das, kleinkarierte parteipolitische Scharmützel und gegebenenfalls lieb gewonnene Rituale sind fehl am Platz. Es kann nicht nach dem Motto gehen, weil der eine dafür ist, muss der andere dagegen sein. Wir machen als Sozialdemokraten in diesem Punkt eine klare Aussage, die da lautet: Es gibt keinen Raum für Scheingefechte, Einsicht in die notwendigen Veränderungen ist, wie ich finde, bei allen vorhanden, nur die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind teilweise sehr unterschiedlich.
Nach Meinung der SPD fehlt ein klares und für alle verständliches und auch verbindliches Konzept, wie das Land nach der Herkulesaufgabe Schuldenbremse, die wir anzugehen haben, aussehen soll. Der Haushalt 2012 bietet die Möglichkeit, für eine klare Kante, für ein verbindliches Konzept und vor allen Dingen für eine verlässliche Politik im Land zu sorgen. Darum geht es auch bei der Diskussion um den Haushalt 2012, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dabei ist die Auseinandersetzung um den richtigen Weg kein Herumnörgeln, sondern sie ist unabdingbares Element einer streitbaren Demokratie. Es geht darum, um den richtigen und sinnvollen Weg zur Bewältigung unserer Probleme zu streiten. Da geht es auch nicht um Majestätsbeleidigung - das sage ich an dieser Stelle auch einmal -, sondern um das Aufzeigen von Alternativen und dort, wo es notwendig ist, auch von Versäumnissen. Auch darum geht es bei den Haushaltsberatungen für das Jahr 2012. Es gilt, für ein eigenständiges und handlungsfähiges Saarland zu streiten. Dabei lohnt jede konstruktive und auch harte Diskussion. Wer dies nicht erkennt, der hat auch die Herausforderungen, vor denen das Land steht, nicht begriffen.
Die Vergangenheit und die aktuelle Situation haben in diesem Zusammenhang auch eine Fülle von Gemeinsamkeiten aufgezeigt, wo es im Interesse des Landes gelungen ist, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und auch erfolgreich bestimmte Herausforderungen zu meistern. Die Sozialdemokratie hat das in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht unter Beweis gestellt.
Ich möchte nur vier Beispiele nennen: das Thema SaarLB, unsere Mitarbeit in der Haushaltsstrukturkommission, gestern das Thema Polizeistrukturreform oder heute aktuell das Thema Erwerb von VSE-Anteilen. Das zeigt, dass sich die Sozialdemokratie einer konstruktiven Mitarbeit nicht verweigert, dass wir trotz Streits um die richtige Richtung immer auch einen Platz für gemeinsames Handeln haben. Ich denke, es ist an dieser Stelle notwendig, auch dies einmal hervorzuheben.
Das zeigt neben dem Gestaltungsanspruch in der Opposition auch das Interesse an einem starken und vor allen Dingen selbstständigen Saarland, von dessen Überlebensfähigkeit und -willen die SPD nach wie vor überzeugt ist. Angesichts dieses Anspruchs, dieses Willens und dieses Auftrages, den die SPD in diesem Land hat, wollen wir uns mit der Politik der Landesregierung auseinandersetzen und Alternativen aufzeigen. Der Landeshaushalt 2012 gibt genügend Anlass für Fragen, Feststellungen und auch für Kritik.
Ich möchte mit dem ersten Beispiel beginnen, das ist das Thema Kommunen. Es erfolgt auch im Jahr 2012 ein erneuter Eingriff in die kommunale Finanzausgleichsmasse. Mit 16 Millionen Euro werden die Kommunen zur Finanzierung an den Kulturausgaben herangezogen. Ich zitiere aus dem Haushaltsbegleitgesetz 2012, wo es in der Begründung heißt: „Nach Untersuchungen der Haushaltsstrukturkommission des Landes ist das Saarland das einzige Flächenland, in dem sich die kommunale Ebene nicht an der Finanzierung kultureller Einrichtungen beteiligt.“ Es seien daher erhebliche Einsparungen vorzunehmen und die Finanzierung des Kulturbetriebes könne zukünftig nicht unverändert bleiben. Und weiter: „Die Kommunen sollen deshalb im Jahre 2012 einen Finanzierungsbeitrag zu den Kulturausgaben des Landes in Höhe von 16 Millionen Euro leisten.“
Wir fragen uns erstens, warum ausgerechnet und wieder die Kommunen zur Entlastung herangezogen werden. Kein anderer Bereich hat in den vergangenen Jahren so stark für den Landesetat bluten müssen. Über 350 Millionen Euro wurden durch sogenannte Solidarhilfen aus dem kommunalen Finanzausgleich entnommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es muss Schluss damit sein, dass man glaubt, bei denen Lasten ablegen zu können, die sich am wenigsten wehren können. Deswegen sagen wir, es ist ein Fehler, erneut einen Griff in die Taschen der Städte und Gemeinden zu tätigen.
Die zweite Frage, die sich daraus ergibt. Im Haushaltsbegleitgesetz steht, dass dies nur für 2012 gilt. Ich denke, die Städte und Gemeinden, die kommu
nale Seite hat ein Anrecht darauf zu erfahren, ob es auch tatsächlich nur beim Jahr 2012 bleibt oder ob dies der Einstieg in eine dauerhafte Finanzierung von Landeskosten durch die kommunale Seite sein soll. Die Städte und Gemeinden haben ein Recht zu wissen, wie es in den kommenden Jahren weitergeht.
Die dritte Feststellung. Ja, es stimmt, der kommunale Finanzausgleich steigt. Genauso richtig ist aber auch die Feststellung, dass der Bedarf hinsichtlich der zusätzlichen Hilfe für die Städte und Gemeinden nirgendwo so groß ist wie bei uns im Saarland. 1,2 Milliarden Euro Kassenkredite, 2,7 Milliarden Gesamtverschuldung. Bis auf eine Handvoll Städte und Gemeinden sind alle anderen von der Pleite bedroht. Jeder Euro wird gebraucht. Oder anders herum: Jeder Euro, der fehlt, fehlt in den Städten und Gemeinden für Schulen, Kindergärten, Straßen und die Infrastruktur und damit für die Steigerung und das Halten von Lebensqualität.
Nur wenn die Kommunen stark, attraktiv und lebenswert sind, bleiben die Menschen und fühlen sich wohl. Der Minister hat in seiner gestrigen Rede auf das Thema der demografischen Entwicklung abgestellt, die bei uns im Saarland negativ ist. Die Bevölkerungszahl geht stärker zurück als anderswo. Das ist nicht alleine mit zurückgehenden Geburtenzahlen zu erklären. Das ist auch mit dem negativen Wanderungssaldo zu erklären. Nirgendwo sonst verlassen prozentual gesehen mehr Menschen ein Bundesland als bei uns. Nirgendwo sonst ist der Saldo zwischen Wegzügen und Zuzügen negativ, so, wie das bei uns der Fall ist. Das hat auch etwas mit der Lebensqualität vor Ort zu tun.
Starke Kommunen, die ihre Aufgaben erfüllen und attraktiv sind, können helfen, ein Ausbluten des Landes auch finanziell zu verhindern. Deswegen sagen wir ganz deutlich: Es muss Schluss sein mit weiteren finanziellen Entnahmen bei der kommunalen Familie. Die brauchen jeden Euro dringender denn je, um zukunftsfest zu bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es stellt sich für uns die Frage, wie wir den Kommunen die notwendige Luft zum Atmen verschaffen können. Hierbei sind die Forderungen von Städteund Gemeindetag, Landkreistag und SPD deckungsgleich. Es geht um die Frage, ob wir wie andere Länder auch einen Entschuldungsfonds auflegen, um Hilfe zur Entlastung bei den entsprechenden Zinskosten der Städte und Gemeinden geben zu können. Es wäre ein Anreizsystem mit dem Ziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Das Argument der Landesregierung, es sei hierfür kein Geld da, ist aus unserer Sicht nur bedingt richtig und schon gar nicht
hilfreich. Im Nachtragshaushalt 2011 wurden aufgrund der guten Steuereinnahmen 47 Millionen Euro aus Steuermehreinnahmen in die „Zukunftsinitiative“ überführt. Sie dienen zur Finanzierung anderer Maßnahmen. Ich beziehe mich auf die Rede von Minister Jacoby. Er sagte, es gehe darum, Vorsorge für unerwartete und unvermeidbare Haushaltsbelastungen in der Zukunft zu treffen.
Wir fragen uns: Wäre es nicht besser und hilfreicher, diesen Betrag oder zumindest einen Teil davon in Form einer besonderen Finanzierung als Grundstock für einen Entschuldungsfonds zu nutzen? Gleiches gilt für die zu erwartenden zusätzlichen Steuermehreinnahmen laut Steuerschätzung vom November; auch darauf ist der Minister gestern eingegangen. Man könnte einen Teil dieses Geldes ebenfalls dafür zur Verfügung stellen, um intelligent und vor allen Dingen hilfreich Möglichkeiten zur Unterstützung der kommunalen Familie zu geben. Das wäre ein wichtiges, notwendiges und vor allen Dingen richtiges Zeichen gegenüber der kommunalen Familie nach dem Motto: Solidarität ist keine Einbahnstraße. Das Land bedient sich nur bei den Kommunen. Vielmehr soll das Land einen Teil zurückgeben, damit die Kommunen wieder Luft zum Atmen bekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.