Protocol of the Session on August 24, 2011

Diesem Anspruch trägt der neue Name des Gesetzes, der übrigens auch in den meisten anderen Bundesländern verwendet wird, Rechnung. Wie Sie sicherlich gesehen haben, steht hinter dem neuen Namen des Gesetzes in Klammern noch die alte Abkürzung, die beibehalten wird, damit das Gesetz in den juristischen Datenbanken besser gefunden werden kann.

Zweitens. Die öffentliche Verantwortung, in der sich viele Schulen in freier Trägerschaft sehen, soll sich auch im Gesetzestext wiederfinden. Deshalb wird in § 2 die Aufgabe von Schulen in freier Trägerschaft deutlicher als bisher beschrieben. Ihre öffentliche Aufgabe, als Ersatz- oder Ergänzungsschulen das Schulwesen zu bereichern, wird nun ausdrücklich erwähnt. Außerdem wird noch detaillierter als bisher ausgeführt, dass Schulen in freier Trägerschaft das Angebot freier Schulwahl erweitern und das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts fördern können. Diese Formulierung entspricht im Übrigen weitgehend der gesetzlichen Formulierung in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Dort gibt es ähnlich lautende Gesetzestexte.

Drittens. Um die Schulqualität zu gewährleisten, muss die Schulleitung nach dem jetzt vorliegenden Gesetz nicht nur wie bislang persönlich, sondern auch fachlich geeignet sein, ihre verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen. Mit dieser Präzisierung folgt die Landesregierung dem Vorbild zahlreicher anderer Bundesländer wie Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, die alle dieses Kriterium in ihren entsprechenden Gesetzen verankert haben. „Fachlich geeignet“ bedeutet, dass Schulleiterinnen und Schulleiter über eine Lehrbefähigung verfügen müssen, damit sie das Lehrerkollegium in pädagogischer Hinsicht führen können. Damit dieses Kriterium erfüllt ist, müssen Schulleiterinnen und Schulleiter nicht zwingend über eine Lehramtsbescheinigung für den öffentlichen Schuldienst verfügen, die der jeweiligen Schulform entspricht. Sie müssen aber die fachlichen Anforderungen erfüllen, die im vorliegenden Gesetz für Lehrkräfte der Ersatzschulen gelten. Diese Anforderungen können Sie in § 23 Abs. 2, der unverändert geblieben ist, nachlesen.

Demnach müssen Schulleiterinnen und Schulleiter künftig wie die Lehrkräfte an den Schulen in freier Trägerschaft über eine erfolgreich abgeschlossene, fachliche, pädagogische und unterrichtspraktische Ausbildung verfügen, die der Qualifikation für das Lehramt an öffentlichen Schulen gleichwertig ist. In Ausnahmefällen können die wissenschaftlichen, künstlerischen oder technischen Fähigkeiten und die

pädagogische Eignung durch gleichwertige freie Leistungen nachgewiesen werden. Kollegiale Schulleitungen, die es an einigen Schulen in freier Trägerschaft gibt, werden durch die neue Regelung nicht beeinträchtigt.

Viertens. Mit dem Gesetzentwurf soll eine Art Bewährungszeit für Schulen in freier Trägerschaft eingeführt werden. Dabei ist zu betonen, dass dies selbstverständlich nur für künftige Neugründungen gelten kann. Bestehende Schulen genießen insofern Bestandsschutz. Um diese neue Bewährungszeit zu verankern, wird die staatliche Finanzhilfe zu den laufenden Personal- und Sachkosten nicht wie bisher an die Genehmigung einer Schule in freier Trägerschaft gekoppelt, sondern stärker an ihre staatliche Anerkennung. Damit führt die saarländische Landesregierung eine Regelung ein, die in ähnlicher Form bereits in allen anderen Bundesländern gilt. Während der Anfangszeit einer neuen Ersatzschule ist die staatliche Finanzhilfe zu den Personal- und Sachkosten dort überall eingeschränkt. Es gibt überwiegend Wartefristen von zwei bis drei Jahren oder sogar bis zum Vollausbau der Schule, wobei in diesem Fall Teilleistungen in der Zwischenzeit erfolgen.

Damit eine Ersatzschule im Saarland staatlich anerkannt wird, muss sie die Gewähr bieten, dass sie dauernd die nach dem saarländischen Privatschulgesetz an sie gestellten Anforderungen erfüllt. Unser Gesetzentwurf sieht wie die bereits geltende Verordnung vor, dass Ersatzschulen vom Land anerkannt werden, wenn sie drei Jahre ohne Beanstandung gearbeitet haben. Das bedeutet, dass eine Ersatzschule erst nach einer erfolgreichen Gründungsphase die volle staatliche Finanzhilfe bekommt. Selbstverständlich lässt die saarländische Landesregierung die Gründer von Ersatzschulen nicht im Regen stehen, denn - wie schon zu Beginn gesagt - stellen sie eine wichtige Bereicherung unseres Bildungssystems dar. Deshalb sollen die Träger dieser Schulen nach unserem Gesetzentwurf bis zu ihrer Anerkennung einen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe in Höhe von 25 Prozent ihrer laufenden Ausgaben bekommen. Nach ihrer Anerkennung haben sie Anspruch auf weitere 25 Prozent ihrer laufenden Ausgaben, die in der Zeitdauer zwischen der Genehmigung und der Anerkennung angefallen sind. Damit wird den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen in besonderem Maße Rechnung getragen und das Privatschulwesen nicht infrage gestellt. Das stark verschuldete Land muss nun aber nicht mehr alleine das Risiko eines Fehlschlages bei der Gründung einer privaten Schule tragen.

Fünftens. Eine ähnliche Änderung betrifft die Investitionszuschüsse. Ihre Gewährung soll künftig ebenfalls einer Bewährungszeit unterliegen, denn insbesondere Bauzuschüsse verfehlen ihren Zweck, wenn eine Schulgründung scheitert. Deshalb sollen

(Minister Kessler)

Investitionszuschüsse künftig erst ab Anerkennung der Schule und damit in der Regel drei Jahre nach ihrer Genehmigung gewährt werden. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die saarländische Verfassung eine Verpflichtung zur Gewährung von Finanzhilfen für Neubauten, Umbauten und Erweiterungsbauten nicht vorgibt. In den einzelnen Bundesländern gibt es große Unterschiede bezüglich der Investitionshilfen. Etliche Bundesländer handeln hier weitaus restriktiver als das Saarland, indem sie Finanzhilfen sogar nur nach Maßgabe des Landeshaushalts in Aussicht stellen. Auch hier enthält die saarländische Regelung meines Erachtens eine deutliche Abmilderung. Das Land erstattet Privatschulen mit ihrer Anerkennung rückwirkend, das heißt nachträglich, 50 Prozent der bis dahin angefallenen Investitionskosten.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, durch diese Änderungen, die sich gut begründen lassen, hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Qualität der Schulen in freier Trägerschaft sichert und ein Gesetz schafft, das im Vergleich mit anderen Bundesländern nun wieder auf dem neuesten Stand ist. Es trägt sowohl den Anliegen und Anforderungen des Privatschulwesens als auch der finanziellen Situation unseres Landes Rechnung. In diesem Sinne bitte ich Sie, den Änderungen des Privatschulgesetzes zuzustimmen beziehungsweise um die Überweisung an den zuständigen Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister Kessler. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 14/543 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung einstimmig mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen ist.

Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsge- setz) (Drucksache 14/547)

Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordneten Rolf Linsler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sterben muss man sich leisten können - so haben die Saarbrücker Zeitung und die Bildzeitung in den letzten Tagen und Wochen getitelt. Hohe Bestattungskosten waren schon oft Thema in den Medien, weil zum Beispiel eine Urnenbestattung in Saarbrücken 3.500 Euro kostet. 3.900 Euro kostet eine Beerdigung. Im Schnitt kostet eine Erdbestattung in Deutschland in der Grundausstattung rund 5.000 Euro.

Bei einer Bestattung in einem Reihengrab muss man in Saarbrücken alleine für Grabnutzungs- und Bestattungsgebühren rund 2.500 Euro zahlen; in Saarlouis sind es 2.000 Euro. Das kann sich nicht jeder leisten. Weil sich der Tod nicht anmeldet, steht der eine oder andere Angehörige vor der Frage, das Geld schnell zusammenzubekommen. Das ist nicht für alle, aber für viele ein Problem. Deshalb muss das Sozialamt bei immer mehr Menschen einspringen. Alleine in Saarbrücken waren es im Jahr 2009 352 Fälle, bei denen das Sozialamt einspringen musste, wenn die Angehörigen die Bestattung nicht bezahlen konnten.

Das wird teuer, auch für die Bürgerinnen und Bürger beziehungsweise den Steuerzahler. Der Regionalverband Saarbrücken musste im letzten Jahr mehr als 430.000 Euro für Armenbegräbnisse zahlen; im Jahr davor sogar über eine halbe Million. Der Bund hat sich aus seiner Verantwortung in der Weise gezogen, dass die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 - wie bekannt - das Sterbegeld abgeschafft hat. Die trauernden Angehörigen, die das notwendige Geld nicht haben, stehen dann alleine da.

Gleichzeitig wollen immer mehr Menschen gar nicht traditionell auf einem Friedhof bestattet werden. Es gibt Umfragen, nach denen gerade einmal die Hälfte der Befragten traditionell beerdigt werden will. Immer mehr Menschen wünschen sich dagegen eine Bestattung nach ihren eigenen Vorstellungen - individuelle Freiheit statt starrer Vorschriften. Es gibt inzwischen einen regelrechten Bestattungstourismus in europäische Nachbarstaaten mit liberaleren Vorschriften. Da werden Tote zum Beispiel in die Niederlande gebracht, weil dort das Verstreuen der Asche anders als im Saarland erlaubt ist und nur 70 Euro kostet. Anbieter im Internet werben mit einem Komplettpreis von 1.800 Euro für die Bestattung eines Verstorbenen aus Saarbrücken in der Schweiz - inklusive Überführung. Es geht dort ohne Friedhofszwang.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat nichts mehr mit Pietät zu tun. Es geht um Menschen; es geht um

(Minister Kessler)

würdevolle Bestattungen; es geht um einen pietätvollen Abschied von einem geliebten Menschen. Es ist ein wichtiges Anliegen der Bevölkerung, dass hier Abhilfe geschaffen wird. Die Wünsche der Verstorbenen sollen und müssen im Vordergrund stehen und nicht die finanziellen Interessen und das Beharren auf starren Vorschriften.

Andere Länder machen es uns vor. Unter anderem in der Schweiz, in den Niederlanden und in Großbritannien - ganz zu schweigen von den USA - kann selbstverständlich die Asche eines Verstorbenen zuhause auf dem Privatgrundstück der Angehörigen aufbewahrt werden. Es gibt eine Diskussion, die ich nachvollziehen kann: Was ist, wenn die Urne auf dem Grundstück bestattet und das Grundstück verkauft wird? Dann machen wir die gleiche Vorschrift, wie sie andere Länder in Europa oder außerhalb auch haben. Das ist machbar. Es ist in meinen Augen ein vorgeschobenes Argument. Wenn man will, dann geht das. Nach europäischem Recht ist das kein Problem.

Bei uns gibt es aber einen Friedhofszwang. Dieser Friedhofszwang verbietet es auch, dass die Asche eines Verstorbenen verstreut werden kann. Nicht einmal auf einem Friedhof ist das erlaubt. Anders in Nordrhein-Westfalen: Das dortige Bestattungsgesetz erlaubt auch ein Verstreuen der Asche. Und was in Nordrhein-Westfalen möglich ist, könnte und müsste doch auch im Saarland möglich sein. Wenn die Asche eines Verstorbenen auf dem Friedhof verstreut werden darf und damit dem Wunsch des Verstorbenen gefolgt wird, wertet dies auch unsere saarländischen Friedhöfe auf; dann braucht man keinem Bestattungstourismus mehr nachzugehen.

Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP beispielsweise machen immer gegen staatliche Einmischung mobil und treten für mehr Eigenverantwortung ein, und das Thema wurde hier im Landtag schon vor Jahren erörtert. Der Antrag, das saarländische Bestattungsgesetz zu liberalisieren, wurde damals auf Wunsch der FDP - soweit ich informiert bin - diskutiert. Deshalb, denke ich, muss es möglich sein, dass wir heute vielleicht sogar zu einer Einigung kommen. Wir wollen den Friedhofszwang aufheben. Jeder soll selbst entscheiden können, wo seine letzte Ruhestätte ist. Der Wille des Verstorbenen soll erfüllt werden; alle Religionsgemeinschaften sollen respektiert werden. Das sorgt für mehr Freiheit und hilft gerade denen, die sich die hohen Bestattungskosten auf staatlichen Friedhöfen nicht leisten können.

Ich hatte vorhin darauf hingewiesen, dass sich der Landtag mit diesem Thema schon einmal befasst hat. Nach meinem Kenntnisstand ist er damals zu keinem Ergebnis gekommen. Das ist jetzt ein paar Jahre her; die Zeit ist fortgeschritten. Andere Länder haben es uns vorgemacht. Wir sollten in meinen Au

gen denen, die eine andere Bestattungsform für ihre Verstorbenen wünschen, Rechnung tragen. Es ist ein so wichtiges Thema, das viele Menschen sehr direkt betrifft. Deshalb würden wir uns freuen, wenn die Möglichkeit bestünde, gemeinsam einen Antrag zu verabschieden. Überlegen Sie bitte bei allen unterschiedlichen Auffassungen einmal, ob Sie unserem Gesetzentwurf folgen können, gegebenenfalls mit einem von Ihnen gestellten Änderungsantrag. Sicherlich, Kollege Scharf, ist das kein Streitthema. Das habe ich hier auch nicht so vorgetragen. Es ist ein Thema, das man würdevoll behandeln soll, und vielleicht gibt es dazu eine Einigung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Linsler. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Hans von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Was die Raupe das Ende der Welt nennt, das nennt der Rest der Welt Schmetterling.“ Was der chinesische Philosoph Laotse mit diesen Worten umschreibt, ist auch der Hintergrund dafür, dass es im christlichen Abendland eine Bestattungskultur, einen würdevollen Umgang mit unseren Verstorbenen gibt, weil wir eben glauben, dass nach dem Tod nicht alles zu Ende ist. Deshalb möchten wir an einen Ort zurückkehren, an dem wir Verstorbener gedenken können. Pietät, würdevoller Umgang, das ist die Frage, die sich uns als Koalition, aber auch als CDU-Fraktion beim Thema Bestattungsgesetz stellt. Mit Pietät, mit würdevollem Umgang hat das, was Sie hier vorgetragen haben, Herr Kollege Linsler, nichts zu tun.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie versuchen hier, allein mit Kostenaspekten zu argumentieren. Sie stellen die Frage: Muss es nicht für Menschen, die sich eine Bestattung nicht leisten können, möglich sein, die Asche ihrer Verstorbenen auf irgendeine andere Art zu entsorgen? Das halte ich für pietätlos.

(Zuruf von der LINKEN: Entsorgen ist die falsche Wortwahl.)

Pietätlos finde ich es auch, wenn Sie an diesem Rednerpult sagen, dass Sie sich bei diesem Thema wünschen, eine Einigung hier im Haus zu erzielen, und gleichzeitig fälschlicherweise darauf hinweisen, dass es in einer Anhörung im saarländischen Landtag ein Anliegen der FDP-Landtagsfraktion gewesen sei, eine entsprechende Regelung herbeizuführen. Das ist nicht der Fall. Dazu muss man damals in diesem Haus nicht als Fraktion vertreten gewesen sein. Man kann anhand der Landtagsprotokolle nachvoll

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

ziehen, dass das so nicht war, Kollege Linsler. Und außerdem: Wenn man denn beabsichtigt, eine gemeinsame Gesetzesinitiative hier voranzubringen, dann nimmt man doch, wie ich meine, vorher einmal Kontakt mit anderen Fraktionen auf. Das war jedoch nicht Ihr Ansinnen. Ihr Ziel war es einmal wieder, einen Keil zwischen die Koalitionspartner zu treiben. Ich sage Ihnen, ohne etwas vorwegnehmen zu wollen: Das ist Ihnen damit sicherlich nicht gelungen, und vor allem gelingt das nicht auf dem Rücken von Menschen, die sich um ihre Verstorbenen sorgen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe von der LINKEN.)

Aber, Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich sehr gern zu diesem Thema äußern, weil ich schon der Meinung bin, dass es ein Thema ist, das die Menschen im Land betrifft. Jeder muss sich im Laufe seines Lebens damit auseinandersetzen, nahe Angehörige zu verlieren. Oftmals wird schon in der letzten Lebensphase eines Menschen über die Form seiner Bestattung gesprochen, doch spätestens nachdem der Tod eingetreten ist, haben sich die Angehörigen mit der Frage zu befassen, wie sie ihn bestatten möchten.

So beständig der Tod ist, so beständig ist auch der Wandel. Die Art, wie wir unsere Verstorbenen bestatten, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten und insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten, die auch ich überblicken kann, stark gewandelt. Ich erinnere mich noch daran, dass man sich, als ich noch als Kind mit auf den Friedhof gegangen bin, in meinem Heimatort aufgeregt hat, wenn sich jemand für eine Platte auf dem Grab entschieden hat. Später wurde diese Aufregung von der Aufregung über Rasengräber abgelöst, und dann kam irgendwann die Aufregung über Urnenbestattungen. Das heißt, ich erkenne an, hier hat sich etwas gewandelt. Es ist ernst zu nehmen, dass inzwischen auch in meinem Heimatort Urnenbestattungen eine Selbstverständlichkeit sind und niemand mehr daran Anstoß nimmt, dass sich dadurch niemand mehr in seiner sittlichen Gefühlswelt beeinträchtigt fühlt. Schauen wir uns die Zahlen an. In Deutschland wählen derzeit über 41 Prozent der Menschen die Urnenbestattung als Bestattungsform, in Großbritannien sind es 71 Prozent.

Sie sehen: Weil die Bestattungsformen im Wandel sind, hat sich auch das Hohe Haus damit beschäftigt. Das haben Sie ja schon erkannt. Im Jahr 2003 wurde das saarländische Bestattungsgesetz grundsätzlich novelliert; in den Jahren 2005 und 2006 gab es eine weitere Liberalisierung. Zum Beispiel wurde es den Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die aus dem südeuropäischen Ausland in das Saarland gekommen sind, ermöglicht, oberirdische Grabkammern zu errichten. In den Jahren 2009 und 2010 wurden Anpassungen europarechtlicher Art am Bestattungsgesetz vorgenommen.

Im Ergebnis, Kolleginnen und Kollegen, haben wir im Saarland eines der liberalsten Bestattungsgesetze in der Bundesrepublik. Wir haben weitaus mehr Bestattungsmöglichkeiten, als die Kommunen tatsächlich nutzen. Jeder, der kommunalpolitisch tätig ist, weiß, dass dies so ist. Und ich sage hier ganz deutlich: Das Saarland kann sich mit seinem derzeit geltenden Bestattungsgesetz, was die Liberalität anbelangt, im bundesweiten Vergleich durchaus sehen lassen, meine Damen und Herren.

Herr Kollege Linsler, Sie haben die Verstreuung der Asche des Verstorbenen angesprochen. Wahrscheinlich wissen Sie es nicht genau: Auch dies war Thema der breit angelegten Anhörung im damaligen Ausschuss für Gesundheit und Soziales des saarländischen Landtags. Im Ergebnis wurde im Saarland kein Bedarf für eine solche Bestattungsform gesehen. Insbesondere die Kirchen haben in dieser Anhörung ihre Bedenken geäußert und darauf hingewiesen, dass es nicht nur aus ihrer weltanschaulichen Sicht, sondern auch aus ihrer Erfahrung mit der Trauerarbeit mit Menschen heraus wichtig ist, dass man an einen Ort des Trauerns zurückkehren kann. Man hat in der damaligen Anhörung auch gesagt: Wenn der Gesetzgeber unbedingt meint, so eine Möglichkeit einräumen zu müssen, sollte man zumindest auch vorschreiben, dass an solchen Aschefeldern Gedenktafeln angebracht werden. Man muss nur nach Luxemburg fahren, um zu sehen, wie so etwas aussieht. An Allerheiligen zum Beispiel liegen diese Aschefelder voll mit Kränzen. Wenn Sie also so etwas aufgreifen, Herr Kollege Linsler, hätte ich schon erwartet, dass dies auch in Ihrem Gesetzentwurf geregelt ist. Aber das regeln Sie nicht. Sie wissen: Bisher ermöglichen nur drei von 16 Bundesländern, nämlich Nordrhein-Westfalen, MecklenburgVorpommern und Brandenburg, die Verstreuung der Asche von Verstorbenen. Also die Notwendigkeit dafür wird auch im bundesweiten Vergleich nicht unbedingt gesehen.

Ich sage Ihnen aber auch, dass man durchaus in Form einer Anhörung noch einmal darüber diskutieren kann. Denn zumindest gibt es bei dieser Form der Bestattung einen letzten Ort der Totenruhe. Anders verhält es sich bei Ihrem Vorschlag, die Urne mit den Überresten des Verstorbenen an den Erben oder Berechtigten zu übergeben. Sie sagen zu Recht, dass dies beispielsweise in der Schweiz möglich sei. Ich sage ganz deutlich, dass die Wahrung der Totenruhe, die sich letztendlich auch aus den Menschenrechten ableitet, in Deutschland ein Grundsatz, ein hohes Kulturgut ist, dessen Verletzung im Übrigen auch strafbewehrt ist. Hiervon sollten wir in diesem Haus nicht abrücken. Kein Bestattungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland sieht eine Regelung vor, wie Sie sie vorschlagen, bei der vom Grundsatz der Wahrung der Totenruhe Abstand genommen werden soll. Die Urne mit der

(Abg. Hans (CDU) )

Asche von Verstorbenen soll Angehörigen einfach in die Hand gegeben werden. Ich glaube, das sollte in diesem Lande nicht möglich sein. Dabei werden wir auf keinen Fall mitmachen. Das wird es mit der Koalition nicht geben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch begründen, warum wir der Auffassung sind, dass man es nicht so machen kann, wie Sie es vorschlagen. Sie haben Ihre Regelung meines Erachtens viel zu weit gefasst. Sie werden Fragen, die sich in der praktischen Handhabung stellen, nicht gerecht. Das beweist wieder einmal, dass es Ihnen möglicherweise mit diesem Vorschlag gar nicht ernst ist, denn Sie wissen, dass dies so nicht mitgetragen werden kann. Sie äußern sich zum Beispiel nicht dazu, wie weit der Wunsch des Verstorbenen überhaupt gehen kann. Sie äußern sich nicht dazu, wie die Totenruhe gewahrt werden kann, wenn die Urne mit der Asche eines Verstorbenen auf einem Privatgrundstück bestattet wird. Sie sagen nichts dazu, wie die Ehrung und Andenkenpflege für jedermann möglich sein kann, wie es auf öffentlichen Friedhöfen oder in einem Friedwald möglich ist. Wie soll das ermöglicht werden, wenn jemand die Urne im Schrank aufbewahrt? Sie sagen außerdem nichts dazu, wie nach dem Tod desjenigen, der die Asche verwahrt, mit der Asche verfahren wird. Auch dazu gibt es in Ihrem Gesetz keine Regelung. Sie sagen nichts dazu dieses Beispiel haben Sie selbst angeführt -, was passiert, wenn jemand auf einem Privatgrundstück begraben wurde, wenn dieses Grundstück möglicherweise veräußert wird.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das kann ich in einer Verwaltungsverordnung machen. Dazu brauche ich kein Gesetz.)

Ich glaube fest, Herr Kollege Linsler, wenn Saarländerinnen und Saarländer ein Haus kaufen, möchten sie später nicht feststellen müssen, dass sich auf ihrem neu erworbene Grundstück ein wie auch immer geartetes Grab, eine wie auch immer geartete Gedenkstätte befindet. Das hat nichts mit der Würde und der Ehrung der Würde des Verstorbenen zu tun. Das machen wir nicht mit.