Protocol of the Session on April 13, 2011

Meine Damen und Herren, die Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit habe ich bereits erwähnt. Sie beträgt jetzt immerhin mindestens 7,60 Euro für die alten und 6,65 Euro für die neuen Bundesländer. Diese verbindliche Lohnuntergrenze für die Zeitarbeitsbranche wird zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass der saarländische Landtag im September 2010 das Saarländische Vergabe- und Tariftreuegesetz verabschiedet und damit die gesetzliche Grundlage zum fairen Wettbewerb bei öffentlich zu vergebenden Aufträgen geschaffen hat, um negativen Auswirkungen der am 01. Mai in Kraft tretenden Erweiterung der Arbeitnehmerfreizügigkeit entgegenzuwirken.

Mit der Einrichtung der EURES-Beratungsstellen haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Grenzregion Saar-Lor-Lux darüber hinaus ein Informations-, Beratungs- und Vermittlungsnetzwerk, das künftig durch die „Task Force Grenzgänger“ weiter ausgebaut wird. Nicht vergessen werden darf man in diesem Zusammenhang, dass der saarländische Arbeitsmarkt auch bezüglich der möglichen Folgen der Ausweitung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch die Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle (IBA) beobachtet und analysiert wird. Auf der Grundlage dieser Analysen entwickelt die IBA Prognosen und auch Handlungsempfehlungen für die künftige Arbeitsmarktentwicklung in der Großregion.

Ich möchte zum Schluss meiner Ausführungen nochmals betonen, dass die CDU-Fraktion in der Aufnahme der Leiharbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz und in der Festsetzung der Lohnuntergrenze im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein

(Abg. Scharf (CDU) )

wertvolles Instrument sieht, gleiche Wettbewerbschancen für inländische und ausländische Zeitarbeitsfirmen zu gewährleisten und gleichzeitig negative Auswirkungen für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterbinden. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle nochmals die vorrangige Verantwortung der Tarifpartner bei der konkreten Ausgestaltung der angesprochenen Punkte. Wer die Tarifautonomie ernst nimmt, muss den Tarifpartnern dieses Feld überlassen, solange sich die Möglichkeit auf eine Einigung ergeben kann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Tarifautonomie ist ein in hohem Maße schützenswertes Instrument unserer sozialen Marktwirtschaft. Allen politisch Verantwortlichen kommt über Parteigrenzen hinweg die Aufgabe zu sicherzustellen, dass der Sozialstaat wirkt. Dies geht am besten in Gemeinsamkeit, in einem breiten Konsens und nicht im Streit. Lassen Sie uns daher die noch anstehenden Probleme gemeinsam angehen und gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten in die Wege leiten. Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Scharf. - Das Wort hat nun Professor Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE unterstützt den Antrag der SPD-Fraktion, weil er die richtige Stoßrichtung hat mit der Überschrift „Arbeitnehmerfreizügigkeit politisch gestalten, Lohn- und Sozialdumping verhindern“. Das ist die Zielrichtung und ich entnehme den Worten des Kollegen Scharf, dass er in die gleiche Richtung denkt, wenngleich wir sicherlich in dem einen oder anderen Punkt unterschiedlicher Auffassung sind und ich der Meinung bin, dass das, was er zum Gesetzesvorhaben und den sonstigen Maßnahmen vorgetragen hat, nicht ausreichend ist. Aber immerhin - das erkenne ich an - ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

In der Tat geht es darum, bei der Leiharbeit dem Grundsatz „Equal Pay“ zum Durchbruch zu verhelfen, das halte ich für sehr wichtig. Ich halte es allerdings auch für sehr wichtig, dass wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn bekommen, und da reicht die genannte Untergrenze aus unserer Sicht nicht. Wir sind der Auffassung - Eugen Roth hat es angesprochen -, dass wir einen Mindestlohn von 10 Euro brauchen, wobei ich allerdings noch einen Satz hinzufügen möchte. Wir fordern nicht 10 Euro, weil wir diejenigen sind, die immer die höchsten Forderungen erheben, sondern weil wir der

Auffassung sind, dass eine Arbeit, die mit unter 10 Euro in der Stunde entlohnt wird, erhebliche Probleme mit sich bringt im Hinblick auf die Existenzsicherung und vor allen Dingen - was oft übersehen wird im Hinblick auf die Alterssicherung. Denn ein Lohn unter 10 Euro führt garantiert in die Altersarmut, und deswegen fordern wir einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich möchte auch etwas sagen zum Thema Tarifautonomie. Das hört sich immer ganz gut an. Selbstverständlich sind wir uns sehr schnell einig, dass wir die Tarifautonomie zu achten haben. Nur mussten wir in den letzten Jahren erleben, dass auch die Tarifautonomie Grenzen hat - das zeigt sich sehr deutlich -, dass es viele Bereiche gibt, die über die Tarifverträge nicht mehr abgedeckt sind. Ich glaube, in einer solchen Situation ist die Politik gefordert, ist auch der Gesetzgeber gefordert, sozusagen eine Untergrenze einzuziehen. Deswegen plädieren wir für den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Ich glaube, das Einziehen einer Untergrenze hilft auch der Tarifautonomie, weil wir andernfalls das Problem haben, dass diese unterschritten wird.

In dem Zusammenhang möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das, was hier jetzt angesprochen worden ist mit der neuen Regelung zur Freizügigkeit ab dem 01. Mai, im Rahmen eines sehr viel größeren Problems zu sehen ist. Ich rede von dem sehr großen Sektor prekärer Arbeit, gekennzeichnet durch Niedriglohn. Ich möchte daran erinnern, dass in der Bundesrepublik Deutschland, einem Land, dem es wirtschaftlich recht gut geht, ein Fünftel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Löhnen arbeitet, die als Niedriglöhne zu bezeichnen sind, das heißt weniger als die Hälfte des Durchschnittslohns, und dass der Teil, der noch weniger erhält, immer größer wird.

Wir haben gerade im Saarland Anlass, uns dieses Problems anzunehmen, weil der prekäre Sektor hier besonders stark ausgeprägt ist und in zunehmenden Maße Menschen nicht mehr von ihrer Arbeit leben können, sondern von Armut bedroht sind. Das ist ein Punkt, der mit berücksichtigt werden muss.

Der vorliegende Antrag geht aus meiner Sicht in die Richtung, dass wir Grenzen ziehen müssen hinsichtlich prekärer Arbeit und Verhältnisse schaffen müssen, dass man von seiner eigenen Arbeit auch leben kann. Daher finde ich es auch richtig, dass das Konzept der guten Arbeit angesprochen worden ist. Im Gegensatz zu prekärer Arbeit bedeutet gute Arbeit, dass man von ihr leben kann, dass sie anständige Bedingungen aufweist. Ich glaube, das ist auch Grundlage für eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung. Daher ist es auch wichtig, dass eine Initiative dieses Landtages in diese Richtung zielt, zumal

(Abg. Scharf (CDU) )

wir uns in einem interregionalen Rahmen bewegen, in der Großregion, wo wir besondere Probleme haben etwa in Bezug auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, der für uns zentral ist und wo wir zusehen müssen, dass hier entsprechende Regelungen Platz greifen.

Ich möchte noch etwas zu Europa sagen. Der Kollege Hermann Scharf hat vorhin seinen Beitrag eingeleitet mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Es ist überhaupt gar keine Frage, dass wir gegenwärtig eine relativ gute wirtschaftliche Entwicklung haben, die sich nach dem Jahr 2010 im Jahr 2011 fortsetzen wird; mit etwas geringeren Raten, aber sie wird sich fortsetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in Europa eine gespaltene Entwicklung haben, was die Wirtschaft angeht. Wir haben auf der einen Seite Länder wie Deutschland, Finnland und die Niederlande mit einer relativ gut gehenden Ökonomie. Auf der anderen Seite haben wir zahlreiche Länder wie etwa jüngst Portugal, die erhebliche Probleme haben.

Wenn wir in dem Zusammenhang über die Freizügigkeit in Europa reden, dann müssen wir uns auch darum kümmern, wie eine gemeinsame Entwicklung in Europa möglich wird. Wir haben gegenwärtig erhebliche Risiken bezogen auf die europäische Entwicklung, die bei der Wirtschaft beginnen und sich auch in den politischen Verhältnissen niederschlagen. Wir haben erhebliche Probleme, was den europäischen Zusammenhalt angeht. Ein Punkt dabei ist das Handelsungleichgewicht, das wir zwischen den Ländern in Europa haben. Das heißt, den deutschen Überschüssen in der Handelsbilanz entsprechen Schulden der anderen Länder.

Wir sind dazu aufgerufen, hier etwas zu unternehmen. Das hat etwas mit dem Thema zu tun; nicht dass Sie meinen, ich würde allgemein über europäische Wirtschaftspolitik reden wollen. Ein ganz zentraler Punkt für diese Handelsüberschüsse und für das Ungleichgewicht liegt darin, dass wir gemessen an der Produktivitätsentwicklung in Deutschland eine zu geringe Lohnentwicklung haben, was objektiv dazu führt, dass unsere Exporterfolge in hohem Maße auf einem deutschen Lohndumping beruhen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Dazu zählt auch das Thema Niedriglohnsektor und das Thema prekäre Arbeit. Deswegen müssen wir etwas tun, damit sich die Einkommensentwicklung verändert, der Niedriglohnsektor eingeengt wird und wir andere Einkommensverhältnisse haben. Das ist ein Beitrag über dieses konkrete Moment hinaus zur Entwicklung eines einheitlichen Europas. Deswegen bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bierbaum. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Christoph Kühn von der FDP-Landtagsfraktion.

Verehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Der europäische Gedanke lebt vom Zusammenwachsen. Es ist Aufgabe der Politik, diese Chancen und Risiken, die sich aus dem Zusammenwachsen ergeben, auszubalancieren. Die Bevölkerung soll Arbeitnehmerfreizügigkeit als Bereicherung und nicht als Bedrohung ansehen. Ab Mai dieses Jahres wird die Arbeitnehmerfreizügigkeit für weitere acht Länder - ich erspare mir die Wiederholung dieser Länder - endlich auch in Deutschland als eines der letzten Länder möglich sein.

In Deutschland spricht jeder von Fachkräftemangel. Es wurde eine besondere Green Card für IT-Spezialisten eingeführt. Besonders Frauen und Männer aus Indien wollten wir so in das schöne Deutschland locken. So sollten wir nun auch die Möglichkeit nutzen und die Menschen aus unserer unmittelbaren europäischen Nachbarschaft integrieren. In Großbritannien, Dänemark, Irland und Schweden konnten seit der EU-Erweiterung Osteuropäer auf den Arbeitsmarkt gelangen. Das hat der Wirtschaft dieser Länder nachweislich genutzt. Beispielsweise ist die Beschäftigungsquote in Großbritannien gestiegen. Der Anstieg hat keinerlei Auswirkungen auf die im Vereinigten Königreich geborenen Arbeitnehmer; vor allem haben sich Arbeitskräfte im britischen Arbeitsmarkt integrieren können. Die meisten Arbeitnehmer hatten ein mittleres bis höheres Qualifikationsniveau und füllten häufig Lücken, für die ein Fachkräftemangel bestand. Die Lohnquote ist ebenfalls gewachsen, da vor allem junge und motivierte Arbeitnehmer auf den Arbeitsmarkt strömten. Insgesamt konnte in Großbritannien so ein wirtschaftlicher Nettozuwachs von zirka 500 Millionen Pfund in den ersten elf Monaten nach der EU-Osterweiterung verzeichnet werden. Hier hat aus meiner Sicht Deutschland mit dem verspäteten Lockern der Bedingungen eine Möglichkeit verpasst.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will eine Anmerkung zum Lohn- und Sozialdumping in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit machen. Ein Mindestlohn in der Zeitarbeit ist aus liberaler Sicht nicht nötig. Es gibt aus unserer Sicht aktuell keinen Grund, einen Mindestlohn in der Zeitarbeit einzuführen. Wir haben eine nahezu einhundertprozentige Tarifbindung. Welchen Sinn sollte ein Mindestlohn vor dem Hintergrund dieser hohen Tarifbindung haben? Es bleibt die Frage, wegen der Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa notwendigerweise zu einem Mindestlohn bei der Zeitarbeit zu kommen. Darüber sollten wir in Ruhe nachdenken.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Zunächst einmal glaube ich, dass die Vorstellung, Deutschland würde mit Herstellung der Freizügigkeit von ausländischen Zeitarbeitern überrannt beziehungsweise überzogen werden, falsch ist. Zum einen brauchen die Verleiher nach der Herstellung der Freizügigkeit eine Zulassung in Deutschland, wenn sie hier tätig sein wollen. Zum anderen stellt sich die Frage, wie viele Menschen zu welchen Löhnen tatsächlich in Deutschland als Zeitarbeiter tätig werden wollen. Zurzeit gibt es neun polnische Leiharbeitsunternehmen in Deutschland.

Wir wissen aus dem Saisonarbeitergeschäft, dass die Polen längst an Deutschland in Richtung England vorbeigezogen sind. Man kann insgesamt sagen, dass der Einfluss ausländischer Entleiher auf das Gesamtgeschehen der Zeitarbeit - in Deutschland bisher jedenfalls - vernachlässigbar ist. Auch wenn sich dies künftig in einem bestimmten Maß ändern sollte - darauf müssen wir natürlich ein Auge haben - bleibt doch die Frage, ob es zu echten, gravierenden Marktverwerfungen kommen wird. Ich glaube, für unser Saarland bietet das saarländische Tariftreuegesetz gute Möglichkeiten, auf eventuell auftretende Verwerfungen zu reagieren. Das wurde bereits mehrfach angesprochen. Jedenfalls besteht heute nach unserer Auffassung kein Anlass für ein vorschnelles, überzogenes Handeln beziehungsweise für alle Maßnahmen, wie sie uns im Antrag der SPD vorliegen. Wir als FDP-Fraktion werden diesen Antrag daher ablehnen. - Danke.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nur die Abgeordnete Willger von BÜNDNIS 90/GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich bei den Themen Niedriglohnsektor und Mindestlohn eine ganz andere Auffassung vertrete als der Kollege Kühn, so möchte ich meine Rede trotzdem damit beginnen, dass ich ihm in puncto Arbeitnehmerfreizügigkeit voll zustimmen möchte. Genau diese Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Ich glaube, dass sie auch eine bedeutende Rolle für die Zukunft der EU spielen wird. Sie ist ein zentrales Element der europäischen Identität. Sie hat gerade für uns im Saarland eine hohe Bedeutung, wenn es um Fachkräftemangel geht. Gerade das Saarland ist besonders von demografischen Veränderungen betroffen.

Von daher möchte ich die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht so sehr unter dem Aspekt der Sorgen und Ängste diskutieren, sondern eher unter dem Aspekt, dass sie Chancen für soziale und wirtschaftliche

Entwicklungen mit sich bringt, insbesondere dann, wenn wir gute Standards haben. Ich gehe auch davon aus, dass wir diese guten Standards teilweise schaffen und teilweise erhalten müssen - je nach dem.

Wir müssen auch weltoffen sein. Es geht darum, sich flexibel, modern und der Zukunft zugewandt dem Wettbewerb um die klügsten und besten Köpfe zu stellen. Sieben Jahre lang hat Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt, während andere europäische Mitgliedsstaaten die Integration forciert und vor allem von der Migration der Qualifizierten profitiert haben - und zwar durch Migration in den Arbeitsmarkt und nicht in die Sozialsysteme.

Das Saarland hat mit dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt eine Reihe von Erfahrungen. Von daher kennen wir die Bedeutung, die es hat, wenn man den Arbeitsmarkt über die Grenzen hinweg öffnet. Wir wissen auch, dass dieser Prozess gestaltet werden muss. Unsere Aufgabe ist es deshalb, uns gemeinsam um arbeitsmarktpolitische Integration zu bemühen. Das haben wir bereits getan, als es beispielsweise um die EURES-Beratungsstellen gegangen ist. Wir tun dies aber auch, wenn es um die Arbeitsmarktbeobachtungsstelle geht. Das sind mit Sicherheit Dinge, die notwendig sind und die wir absichern müssen.

Die Zuwanderung und vor allem auch die legale Wanderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen wir gestalten. Von daher, denke ich, tut uns alles gut, was ein Mehr an europäischem Geist, ein Mehr an Großregion, ein Mehr an europäischer Integration beinhaltet und was mehr Information und Rahmenbedingungen für hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schafft. Wir wissen alle, dass auf den Jobbörsen im EU-Ausland nicht nur deutsche Arbeitsvermittler aktiv sind und sich mit besonderen Angeboten überbieten. Trotzdem ist in einigen Branchen der Arbeitskräftemarkt ziemlich ausgeschöpft. Auch das wissen wir. Deshalb ist es wichtig, dass wir gerade auch im Hinblick auf den 01. Mai 2011 keine Angstdebatte über die Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse führen, sondern dass wir uns den Dingen sehr offen stellen.

Auf der anderen Seite ist auch klar, dass der Niedriglohnsektor ein großes Problem darstellt. Aus unserer Sicht heraus ist er aber ein Problem, das sich über längere Zeit entwickelt hat. Es hat zunächst einmal überhaupt nichts mit dem 01. Mai 2011 zu tun, sondern reicht viel weiter zurück. Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn bei uns zunehmend Führungskräfte fehlen, weil sie abwandern. Der Niedriglohnsektor hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen, und das Aufstocken der Löhne kostet die Bundesrepublik rund 11 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn etwa 6,5 Millionen Menschen nicht

(Abg. Kühn (FDP) )

von ihrer Arbeit leben können, dann ist das für diese Menschen unwürdig. Die Lohnaufstockung ist gegenüber den Steuerzahlern einfach unfair. Das ist jedenfalls unsere Feststellung.

(Beifall des Abgeordneten Roth (SPD).)

Deshalb ist die Forderung nach Equal Pay - gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort - etwas, das wir grundsätzlich bundesweit unterstützen. Nur stellt sich für uns natürlich auch die Frage, warum gerade jetzt eine Bundesratsinitiative gestartet werden soll, wo wir doch bei den Verhandlungen über den Hartz4-Kompromiss schon ein bisschen weiter waren. Das ist für uns durchaus eine Frage, die beantwortet werden sollte. Damals gab es eine Situation, in der das Saarland eine entscheidende Rolle hätte mitspielen können und in der sich insbesondere Hubert Ulrich und unsere Fraktion darum bemüht haben, etwas in Richtung einer Lösung zu erreichen.

Frau Abgeordnete, das rote Licht muss Sie nicht irritieren. Sie werden heute von jeder Seite beschenkt. Die FDP hat Ihnen 4 Minuten und 37 Sekunden geschenkt.

Vielen Dank für die Mitteilung. - Als sich insbesondere der Fraktionsvorsitzende Hubert Ulrich darum bemüht hat, Kompromisse auch mit Blick auf dieses Problem zu finden, ist er von Heiko Maas angegriffen worden, der gesagt hat, er veranstalte hier ein Schmierentheater. Als der große Mann aus Rheinland-Pfalz den Preis der SPD festgelegt hat und keine Lösung für Equal Pay gefunden wurde, war das Ganze eine andere Sache. Von daher ist für uns das Ansinnen einer Bundesratsinitiative schon etwas merkwürdig, zumal wir davon ausgehen, dass es der SPD geschuldet ist, dass es keinen Verhandlungserfolg gegeben hat. Auch die Annäherungsbereitschaft, die vonseiten der FDP bundesweit angedeutet worden ist, wurde nicht genutzt.

Bezogen auf den flächendeckenden Mindestlohn ist Ihnen bekannt, dass wir eine unabhängige Kommission fordern. Der Mindestlohn soll 7,50 Euro nicht unterschreiten. Wir wollen aber auch branchenspezifische Mindestlöhne und sind dafür, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz für weitere Branchen geöffnet wird. Ferner gehen wir davon aus, dass es notwendig ist, eine Besserstellung bei der Leiharbeit zu erreichen. Es ist die Förderung von uns GRÜNEN, dass eine Gleichbehandlung mit der Stammbelegschaft erfolgt. Wir wollen das Synchronisationsverbot wieder einführen. Wir wollen mehr Mitbestimmungsrechte für die Betriebsräte. Auch die maximale Quote von 10 Prozent, bezogen auf die Leiharbeit, gehört zu unseren Forderungen, die hier

durchaus bekannt sind und von denen ich an dieser Stelle nicht abweichen möchte.

Im Hinblick auf Ihren Antrag habe ich natürlich die eine oder andere Frage, zum Beispiel zum ersten Spiegelstrich, wo es darum geht, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen und hierzu eine gemeinsame politische Initiative in der Großregion Saar-Lor-Lux zu starten. Hier stellt sich mir die Frage, ob die Kolleginnen und Kollegen aus Lothringen und Luxemburg bereit sind, sich auf 8,50 Euro absenken zu lassen, und um welches Gesetz es geht, wenn etwas in der Großregion geregelt werden soll. Bezüglich des fünften Spiegelstrichs wollte ich darauf hinweisen, dass die saarländische Landesregierung keine Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte ausweiten kann. Dazu hat sie nicht die Gesetzgebungskompetenz. Und wenn es beim siebten Spiegelstrich um eine Aufklärung bereits im Herkunftsland über die Gefahren auf dem Arbeitsmarkt geht, dann frage ich mich natürlich, wieso dies nur für den deutschen Arbeitsmarkt gelten soll. Ich denke, die Arbeitsmärkte in den anderen Regionen - weil Sie auch die Großregion ansprechen - haben auch ihre Tücken und Fallen. Wir sollten den deutschen Arbeitsmarkt miteinander gestalten und nicht ängstlich vor bestimmten Gefahren warnen.

Von daher bin ich gespannt darauf, welche Auswirkungen tatsächlich auf dem saarländischen Arbeitsmarkt und auf dem Arbeitsmarkt der Großregion nach dem 01. Mai 2011 eintreten werden. Wir sollten alle, wie ich meine, offen und flexibel darauf reagieren. Gleichzeitig sollten wir die Arbeitnehmerfreizügigkeit als große Chance sehen. Wir sollten sie ernst nehmen und mit sehr viel mehr Optimismus als bisher begleiten. - Vielen Dank.