Dieses Zitat trifft die Sache auch fast vollständig, müsste eigentlich noch ergänzt werden. Die CDU hat quasi alle ihre Kernpositionen aufgegeben, nur um ihre Regierungsposition zu behalten. Das ist alles, was Sie noch interessiert. An dieser Stelle geht es dann zulasten der Kleinsten. Deswegen werden wir das nicht mitmachen. Die SPD-Fraktion wird heute gegen diesen Gesetzentwurf stimmen. Ich hoffe, Sie kommen noch zur Einsicht. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zentrale und entscheidende Botschaft dieses Gesetzentwurfes lautet: Viele Eltern müssen in Zukunft für die Betreuung ihrer Kinder auch im letzten Jahr vor der Schule zahlen. Das dritte Kindergartenjahr ist nicht mehr für alle Eltern beitragsfrei.
Das ist richtig, Frau Rink. Schön, dass Sie mir recht geben. - Damit haben Sie wiederum ein Wahlversprechen kassiert - der Kollege hat es in epischer Breite zu Recht ausgeführt -, von Ihrem Koalitionsvertrag ganz zu schweigen. Es ist fast schon müßig, das an dieser Stelle immer wieder aufzuzählen. Die Wähler sollen bei der nächsten Wahl entscheiden, wie sie damit umgehen. Sie bringen hier Änderungen auf den Weg auf dem Rücken von vielen Familien, die eine Entlastung dringend brauchen. Das ist das, was uns interessiert. Dagegen werden wir vorgehen, meine Damen und Herren.
Sie konnten doch zu Recht behaupten - das muss man Ihnen lassen -, dass die Beitragsfreistellung über die Grenzen des Saarlandes hinweg wahrgenommen wird. Wir haben von Ihnen in vielen Debatten gehört, dass Sie darauf ganz stolz waren. Herr Schmitt, wenn wir aber heute über die Grenzen des Saarlandes hinausschauen, dann stellen wir fest, dass in Rheinland-Pfalz der Besuch einer Kinderkrippe beziehungsweise einer Kindertagesstätte für alle Kinder vom zweiten Lebensjahr an kostenlos ist. Wenn die das jetzt noch toppen, dann umso besser für die Menschen, die dort wohnen.
Noch eine Zahl. Eine Durchschnittsfamilie wird damit um etwa 800 Euro pro Jahr entlastet, schreibt die FAZ zum Thema Rheinland-Pfalz. Ich meine, das ist kein Pappenstiel. Das ist eine spürbare Größenordnung. Das Land Berlin - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Debatten in diesem Haus - hat als
erstes und bislang einziges Bundesland die Kita-Gebühren zum 01. Januar 2011 vollständig abgeschafft. Das ist der richtige Weg, Kolleginnen und Kollegen. Diese Bundesländer zeigen deutlich, wie trotz schwieriger Haushaltslage die richtigen Prioritäten für frühkindliche Bildung gesetzt werden.
Blicken wir wieder zurück auf unser Land. Wir wissen, dass jedes sechste Kind in unserem Land arm ist. Diese Zahlen sind immer wieder beschämend; wir brauchen uns nicht um Nachkommastellen zu streiten. Jedes sechste Kind wächst unter schwierigen finanziellen Bedingungen auf. Ende letzten Jahres sind über 11.000 Unterschriften von Eltern gegen neue Gebühren für das dritte Kindergartenjahr gesammelt worden. Kolleginnen und Kollegen, bei zirka 30.000 Kita-Kindern im Land ist das enorm viel. Deswegen stellen wir fest, Sie machen in dieser Situation aus Kostengründen einen Rückzieher und sagen, dieses beitragsfreie Kindergartenjahr muss auf den Prüfstand. Schuld ist immer wieder die Schuldenbremse; so wurde das eben ausführlich in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes dargestellt. Dabei muss man sagen, es ist doch keine höhere Gewalt oder - wie Eugen Roth einmal gesagt hat es ist doch nicht von Gott gegeben, dass wir hier die Schuldenbremse haben müssen. Das ist nichts anderes als eine falsche politische Weichenstellung, die Sie bewusst gewählt haben, meine Damen und Herren.
Was daraus werden kann, nämlich Kürzungen im Bildungsbereich zulasten von Familien, liegt heute mit diesem Entwurf auf dem Tisch. Sie müssen sich doch fragen lassen, wo Ihre Initiativen für eine gerechtere Steuerpolitik sind, die zu höheren Einnahmen führt. Warum kümmern Sie sich nicht endlich im Bundesrat um die Wiedererhebung einer reformierten Vermögenssteuer oder um die Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer? Frau Kramp-Karrenbauer hat dies auf dem letzten Sozialgipfel gefordert; es ging zumindest in diese Richtung. Oder haben wir Sie wiederum falsch verstanden, Frau Ministerin? War das die Erkenntnis einer Notwendigkeit oder war es einfach nur so dahingesagt, weil es so gut zum Sozialgipfel gepasst hat? Ich meine, Sie sind dringend in Zugzwang. Wir fordern Sie auf: Setzen Sie endlich im Bundesrat ein Zeichen für eine gerechtere Verteilung, anstatt weiter bei den Schwächeren zu kürzen!
Herr Schmitt, der Fairness halber muss man Ihnen beziehungsweise den Initiatoren dieses Gesetzentwurfes zugute halten, dass Sie versuchen, eine sogenannte soziale Staffelung hinzubekommen. Aber ich sage Ihnen, gut gemeint ist noch lange nicht gut
Das Thema soziale Staffelung nach Ihrer Lesart bedeutet enorme zusätzliche Bürokratie und mehr Personal. Sie haben zwei Einkommensgrenzen festgelegt. Für die Praxis vor Ort bedeutet das die Bearbeitung einer wahren Antragsflut, um die Einkommensgrenzen zu prüfen. Das wissen Sie auch. Das wird ohne zusätzliches Personal kaum handhabbar sein. Für den Saarpfalz-Kreis, den ich beispielhaft an dieser Stelle nenne, bedeutet das ein Plus von zwei bis drei Stellen, um das stemmen zu können. Wir wollen zwar den öffentlichen Dienst stärken, aber auf diese Art und Weise im Zuge des Wegfalls der Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr? Ich meine, da sind Zweifel angebracht.
Es geht auch immer wieder um die Betreuung von sechs Stunden in der Kita, dieses sogenannte Regelplatzmodell. Sie wissen selbst, dass es nicht mehr zeitgemäß ist und dass es oft an der Wirklichkeit vorbeigeht. Viele berufstätige Alleinerziehende sind auf ganztägige kostenlose Kinderbetreuung angewiesen.
Dürfte ich hier neben mir auf der Regierungsbank um etwas Ruhe bitten? Danke schön, die Herren Minister. - Dieses sogenannte Regelplatzmodell ist nicht mehr zeitgemäß, weil es eben um diese sechs Stunden geht. Viele berufstätige Alleinerziehende sind auf mehr angewiesen. Wenn sie mehr Betreuung wollen, weil sie es brauchen, zum Beispiel zwei Stunden, damit wir bei acht Stunden Kinderbetreuung in der Kita sind, müssen wieder Anträge an die Träger gestellt werden. Dann geht das Verfahren wieder los. Der Bürokratie sind an dieser Stelle keine Grenzen gesetzt. Ich verweise noch einmal auf Rheinland-Pfalz. Dort ist der in Anspruch genommene Betreuungsplatz komplett beitragsfrei - egal ob halbtags, sechs Stunden, sechseinhalb Stunden oder ganztags. Dahin müssen wir im Sinne der Entlastung von Familien, das muss das politische Ziel sein.
Ein weiterer Punkt. Die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule ist in verschiedenen Artikeln geregelt. Hier plädieren wir dafür - die Anhörung wird zeigen, wie Sie den Trägern entgegenkommen -, dass die Wünsche der Kita-Träger stärker berücksichtigt werden. Die Schulen bekommen zusätzliche Lehrerstunden, um den Kontakt zur Kita zu halten. Wenn eine wirkliche Kooperation beziehungsweise Gleichstellung mit der Schule funktionieren soll, dann brauchen auch die freien Träger mehr Personal. Auch das muss klar sein, wenn Sie es hier ernst meinen.
Zum Stichwort Kinder aus einer Familie und der Besuch der Tageseinrichtung des gleichen Trägers. Es ist irgendwo in diesem riesigen Rucksackgesetzentwurf versteckt. Ich frage Sie, wie verfahren wird, wenn ein Träger nicht das Komplettangebot an Betreuungsplätzen vorhalten kann, wenn zum Beispiel eine Kita keine Krippenplätze anbietet. Gibt es dann keine Geschwisterermäßigung mehr, weil die Kinder verschiedene Betreuungseinrichtungen besuchen müssen? Also das kann es nun wirklich nicht sein! Hier erwarten wir von Ihnen klare Antworten im Rahmen der Anhörung.
Ein letzter Punkt aus dem Entwurf; ebenfalls in diesem Artikel. Es ist der Satz: „Die Städte und Gemeinden tragen mindestens 60 Prozent der angemessenen Sachkosten.“ Meines Wissens ist es eine neue Regelung. Das bedeutet für die Kommunen eine höhere Belastung. Auch hier herrscht dringender Klärungsbedarf.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Kosten dürfen keine Hürde vor dem Besuch einer Kita sein. Mit Kindergartenpflicht und Gebührenfreiheit haben wir als LINKE ein Rezept für Chancengleichheit von Anfang an. Wir haben Vorschläge dazu gemacht. Sie lehnen das ab. Ich habe diesen Gesetzentwurf gerade eben überladen genannt. Er wirft jedenfalls mehr Fragen auf als er beantwortet, aber wir sind erst in der Ersten Lesung. Wir hoffen auf die Anhörung. Darauf sind wir gespannt. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, da es nach den Redebeiträgen des Kollegen Commerçon und der Kollegin Spaniol notwendig ist, einige Dinge klarzustellen.
Frau Kollegin, ich darf bei Ihrer Anmerkung beginnen. Die 60-Prozent-Regelung der Sachkostenbeteiligung bei den Kommunen gibt es auch heute schon. Nehmen Sie die Verordnung zur Hand; dort finden Sie das jetzt schon. Das ist keine Veränderung; es bleibt so, wie es ist.
Und wenn Sie vorschlagen, wir sollten uns an Berlin ein Beispiel nehmen, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: In Berlin werden die Beiträge freigestellt. Das ist richtig. Die Frage ist nur, wie lange das durchgehalten werden kann angesichts dessen, dass Nehmer- und Geberländer miteinander darüber diskutieren, wie die Finanzsituation der Länder künftig zu regeln ist. Ich glaube nicht, dass es sich Geberländer
Aber mir ist ein Satz noch viel wichtiger, und es wäre jetzt gut, wenn Sie ihn wirklich aufmerksam verfolgen würden. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) proklamierte jetzt in Berlin zwar die Beitragsfreiheit, aber er räumte zugleich ein, dass das Land nun kein Geld mehr für mehr Personal in den Kitas habe, was Erzieherinnen und Gewerkschaften gefordert hatten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns geht es zum einen um eine Beitragsentlastung - was ja mit dem heutigen Gesetz zum Ausdruck kommt -, zum anderen aber auch darum, die gute Qualität in unseren Einrichtungen zu erhalten, denn ich denke, das ist für die Bildung unserer Kinder ganz wichtig.
Des Weiteren bitte ich einfach einmal zu bedenken, wer die Schulden abzahlt, die wir alle hinterlassen. Wir wissen, dass sehr viel mit Schulden finanziert wird. Diese Schuldenlast müssen später die Kinder tragen, für die wir heute Wohltaten verteilen. Ich würde auch gern bei der alten Regelung bleiben,
wenn es denn finanziell machbar wäre, Herr Kollege. Aber wir haben auch die Verantwortung, die Dinge so zu gestalten, dass sie nicht nur mit Schulden finanziert werden, die wir unseren Kindern hinterlassen.
Ein weiterer Punkt ist uns wichtig, nämlich die gerechte Verteilung. Herr Kollege Commerçon, wenn Sie eben sehr engagiert von Wahlversprechen und anderen Dingen gesprochen haben, dann empfehle ich Ihnen: Schauen Sie bitte auch einmal in andere Bundesländer. Schauen Sie nach Sachsen-Anhalt. Auch dort war das beitragsfreie Kindergartenjahr vorgesehen, aber die Große Koalition, die ja wiedergewählt wurde, wird dieses Projekt nicht umsetzen, und zwar nicht deshalb, weil sie es nicht will, sondern weil sie sich in der Verantwortung sieht und sagt, dass man sich dies einfach nicht leisten könne. Oder sehen Sie nach Baden-Württemberg: Die neue Regierung spart im Bildungsbereich. Auch dort war der beitragsfreie Kindergarten angekündigt, aber es wird nicht umgesetzt werden.
Ein weiterer Punkt. Lesen Sie die Pressenachrichten. Auch heute noch werden Lehrerstellen abgebaut, und auch dies findet in Baden-Württemberg statt. Da finde ich es nicht in Ordnung, wenn wir hier eine Diskussion darüber führen sollen, wie wir uns weiterhin Dinge leisten, obwohl wir sie nicht finanzieren können - insbesondere im Bereich der Bildung.
Schauen Sie in unsere Nachbarländer. RheinlandPfalz nehmen Sie immer gern als Beispiel, aber andere Bundesländer, in denen die SPD oder die LINKE in der Verantwortung ist, werden natürlich nicht als Beispiele angeführt, Sie lassen sie gern unter den Tisch fallen. Ich denke, wir sollten hier wirklich an der Sache orientiert diskutieren. Das wird uns weiterbringen.
Was ich in Ihrem Redebeitrag ebenfalls nicht verstanden habe, ist die angebliche Verschlechterung der frühkindlichen Bildung. Sie sprechen davon, dass wir sparen und die frühkindliche Bildung verschlechtern. Das Gegenteil ist der Fall: Seit die CDU in der Regierungsverantwortung steht, hat die frühkindliche Bildung hier im Saarland einen Stellenwert erhalten, den sie zu Zeiten einer SPD-Regierung nicht hatte.
Ich habe die Zahlen hier an diesem Rednerpult schon so häufig verdeutlicht und immer wieder darauf hingewiesen, wie viele zusätzliche Tages- und Krippenplätze geschaffen wurden, wie insbesondere auch die Tagesbetreuung weiter ausgebaut wurde. Es wird von Ihnen einfach nicht zur Kenntnis genommen. Aber vielleicht nehmen Sie jetzt einmal zur Kenntnis, dass wir für die frühkindliche Bildung einen Bildungsplan hatten,
Den haben Sie nicht kritisiert. - Entschuldigen Sie bitte, wenn Sie sagen, die frühkindliche Bildung habe sich verschlechtert, was bringen Sie dann an Beispielen? Ich zähle es Ihnen auf: Die Plätze wurden weiter ausgebaut, der Bildungsplan wurde eingeführt, die Ausbildung der Erzieherinnen wurde sehr stark verbessert. Im Saarland kann ein Studiengang „Frühkindliche Bildung“ belegt werden. Wir haben die Trägeranteile abgesenkt.