Protocol of the Session on February 17, 2011

Insbesondere durch die in der Öffentlichkeit über einen Monat hin mit hoher medialer Intensität geführte Diskussion über die bereits im Wahlkampf kritisierte Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung

auch das wurde von Landesverfassungsgerichtshöfen in Deutschland als Maßstab herangezogen - hat die mögliche Beeinflussungswirkung der gerügten Maßnahmen egalisiert oder vielleicht sogar ins Gegenteil verkehrt. Ich glaube, das legt uns die allgemeine Lebenserfahrung nahe.

Schlagzeilen - derer waren viele in den vier Wochen vor der Landtagswahl am 30.08.2009 - wie die der Saarbrücker Zeitung vom 01.08.2009 „Regierung verfeuert Steuern für Wahlkampf“ sowie vom 22.08.2009 „Maas wirft CDU Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler vor“ zeigen ja gerade, mit welch hoher Intensität über die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung in Hörfunk, Fernsehen und Printmedien berichtet wurde. Angesichts dessen scheidet eine Mandatsrelevanz für uns aus. Angesichts dessen bleibt festzuhalten, dass gerade die Diskussion im Vorfeld der Landtagswahl eine Mandatsrelevanz für nicht nahe liegend erscheinen lässt.

Selbst wenn man jedoch eine Mandatsrelevanz bejahen sollte, führt dies auch nicht gleichzeitig zu einer Ungültigkeitserklärung der Wahl, denn das Bundesverfassungsgericht hat auch im Falle der Relevanz eines Wahlfehlers für das Wahlergebnis nicht für jeden Fall die Auflösung des Parlaments als notwendige Rechtsfolge angesehen. Dies kommt insbesondere in seiner jüngsten Entscheidung zur Gültigkeit der Bundestagswahl 2005 zum Ausdruck, denn darin hat es trotz des von ihm damals festgestellten Verstoßes gegen die Prinzipien der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie offensichtlicher Mandatsrelevanz den Bestand des Parlaments den höheren Rang eingeräumt.

Für das Bundesverfassungsgericht gilt: Je tiefer und je weiter die Wirkungen eines Eingriffs in den Bestand einer Wahlentscheidung durch eine Wahlprüfungsentscheidung reichen, desto schwerer muss der Wahlfehler wiegen, auf den dieser Eingriff gestützt wird. Das wurde von uns im Wahlprüfungssausschuss an dem vorliegenden Fall der vom Verfassungsgerichtshof festgestellten Verletzungen des Neutralitätsgebots durch die Wahlwerbung der Landesregierung vor der Landtagswahl am 30.08.2009 angewendet. Dies bedeutet für die Abwägung: Auf der einen Seite steht der festgestellte Verstoß gegen das Neutralitätsgebot und Chancengleichheit, auf der anderen Seite ist das Bestandsinteresse der Wahlentscheidung in die Abwägung einzustellen. Auch dieses begründet das Bundesverfassungsgericht mit dem Demokratieprinzip, denn der schwerwiegendste Eingriff ist ja gerade die Ungültigkeit einer Parlamentswahl; sie macht die Entscheidung der Wahlbürger zunichte und greift ihrerseits mit höchster Intensität in das subjektive und das passive Wahlrecht und damit letztlich in die Souveränität des Volkes ein.

(Abg. Theis (CDU) )

Setzt man nun beides ins Verhältnis zueinander, dann ist auf die Schwere und Intensität der Auswirkungen des festgestellten Wahlfehlers zurückzugreifen. Entscheidend ist also, ob der Wahlfehler zu einer Situation geführt hat, in der zwischen Regierung und Opposition gerade keine Waffengleichheit mehr bestand und in der der Wähler seine Wahlentscheidung nicht mehr unbeeinflusst treffen konnte. Auch hier ist die öffentliche Diskussion im Vorfeld der Landtagswahl von Bedeutung, denn durch die Kritik der Opposition und durch die Berichterstattung in den Medien hatten die Wähler ja gerade die Möglichkeit, sich mit einer möglichen Beeinflussung durch die Regierung auseinanderzusetzen. Sie hatten gerade deshalb die Möglichkeit, eine freie und unbeeinflusste Wahlentscheidung zu treffen. Daraus ergibt sich, dass der festgestellte Wahlfehler in der notwendigen Abwägung mit dem Interesse an der parlamentarischen Stabilität nicht das Gewicht hat, die Aufhebung der Landtagswahl von 2009 zu rechtfertigen, denn eine Neuwahl würde weit schwerer in das Demokratieprinzip eingreifen als der bereits im Vorfeld der Wahl öffentlich diskutierte Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien. Eine Aufhebung der Wahlentscheidung vom 30.08. kommt daher nicht in Betracht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu den Themenkomplexen kommen, die sich mit der Aufstellung der Listen der Partei DIE LINKE in Neunkirchen befassen. Die Vorwürfe und die Rügen an den Verfahren und Vorgängen in Zusammenhang mit der Listenaufstellung vom März 2009 sind zahlreich: Verstöße gegen die Geheimheit der Wahl und gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl, Teilnahme von nicht wahlberechtigten Personen, die sich auf die Wahlergebnisse durchaus hätten auswirken können, unfaires Verfahren bei der Listenaufstellung, Vorwürfe des Stimmenkaufs gegen einen nahen Angehörigen des Spitzenpersonals der Linksfraktion. Meine sehr verehrten Damen und Herren, all das hat den Wahlprüfungsausschuss nicht in voller Intensität beschäftigt, denn der Verfassungsgerichtshof hat uns in seiner Entscheidung vom 31.01.2011 aufgetragen, diese Fragen nach Aktenlage zu entscheiden. Da bei fast allen Vorwürfen, die hier im Raum stehen, sozusagen Aussage gegen Aussage steht, war ein Nachweis der vorgetragenen Wahlrechtsverstöße durch den Ausschuss nicht möglich. Dafür wäre eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen.

Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass die aufgeworfenen Fragen und Vorwürfe, die ja doch sehr substantiiert und von vielen vorgetragen wurden, mehr als ein schiefes Licht auf den Zustand der innerparteilichen Demokratie im saarländischen Ableger der Nachfolgepartei einer großen Volkspartei in Ostdeutschland werfen.

(Vereinzelt Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Lautes Sprechen bei der LINKEN.)

Sehr geehrter Herr Lafontaine - er ist leider nicht mehr da; es wäre aber spannend, darüber mit ihm zu reden -, Sie haben ja lange versucht, das alles als Querulantentum irgendwelcher Spinner darzustellen, die zufällig bei Ihnen Mitglied geworden seien, und das als die große Intrige gegen die Helden der Arbeiterklasse darzustellen, die von einem bösartigen CDU-Rechtsanwalt unterstützt wurde, der Ihnen böse mitspielen wollte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit der letzten Woche geht diese Lesart aber nicht mehr, denn selbst Ihre Bundesschiedskommission hat festgestellt, dass es bei den innerparteilichen Wahlen bei den LINKEN im Saarland schon mal ganz schön heftig daneben gehen kann, dass sogar Herr Lafontaine nicht ordentlich Delegierter werden konnte und dass es bei Ihnen nicht immer - auch was die Satzung angeht - mit rechtsstaatlichen Maßstäben zugeht.

(Anhaltendes Sprechen bei der LINKEN.)

Daraus mag sich jeder ein Bild machen. Damit beschäftigen sich Schiedskommissionen, Staatsanwälte und Gerichte. Das bedarf eigentlich meiner Kommentierung schon nicht mehr. Das kommentiert sich selbst, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Fortge- setztes Sprechen bei der LINKEN.)

Eine Relevanz für die Zusammensetzung des Landtages konnte nach Aktenlage daher nicht nachgewiesen werden. Daraus ergibt sich auch keine teilweise Ungültigkeit der Landtagswahl vom 30.08.2009. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses. - Herzlichen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Sprechen bei der LINKEN.)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Theis. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Anke Rehlinger von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag des Saarlandes hat gemäß Art. 75 Abs. 1 der saarländischen Verfassung die Aufgabe, die Gültigkeit der Landtagswahl zu prüfen und schlussendlich auch darüber zu entscheiden. Sinn und Zweck dieser Wahlprüfung ist es, die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen als entscheidendem Modus der Legitimation des Parlaments einerseits und die mangelfreie Zusammensetzung des

(Abg. Theis (CDU) )

Landtags andererseits zu gewährleisten. Würde man etwas weniger verfassungstheoretisch vorgehen, könnte die Frage lauten: Ist im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2009 alles ordnungsgemäß abgelaufen, und sitzen wir in der konkreten Zusammensetzung, wie wir auch heute hier in diesem Plenarsaal sitzen, zu Recht so? Letztendlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es nämlich um die Frage: Entspricht dieser saarländische Landtag, gemessen an geltenden Wahlrechtsgrundsätzen, dem korrekten personellen Ausdruck des Wählerwillens? Darum geht es hier; um nicht mehr, aber auch um nicht weniger. Der Prüfungsmaßstab, den wir dabei zu beachten haben, ergibt sich aus allen wesentlichen Wahlvorgaben wie dem Landtagswahlgesetz und der Landeswahlordnung, aber auch den Wahlgrundsätzen, wie sie in Art. 60 Abs. 1, Art. 61 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 1 der saarländischen Verfassung niedergelegt sind, ferner aus allen anderen Gesetzen, die unmittelbar wahlbezogene Regelungen enthalten.

Sowohl Sinn und Zweck als auch Prüfungsmaßstab bilden den Rahmen, in dem sich der Wahlprüfungsausschuss ganz konkret mit den uns vorliegenden fünf Anfechtungserklärungen zu befassen hatte. Vorgetragen wurde von den Anfechtungserklärenden eine Vielzahl von Sachverhalten, bei denen die jeweils Erklärenden davon ausgingen, dass sie Relevanz für die Gültigkeit der Landtagswahl haben. Einige Anfechtungen waren sicherlich sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht einfach und auch einvernehmlich zu beurteilen, so zum Beispiel, wenn es um die Frage ging, ob bei der Stimmabgabe die Verwendung eines Bleistifts statt eines Kugelschreibers korrekt ist. Andere Fragestellungen sind ebenfalls schon angesprochen worden. Wieder andere bedurften hingegen einer eingehenderen Prüfung und konnten letztendlich auch nicht einvernehmlich beantwortet werden. Ich nenne hier nur die Gestaltung des Stimmzettels beziehungsweise die bereits als verfassungswidrig festgestellte Wahlwerbung der ehemaligen CDU-Landesregierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich auf einzelne und insbesondere natürlich die streitigen Anfechtungsgründe näher eingehe, will ich hier noch zwei Umstände anführen, die ich in diesem Wahlprüfungsverfahren für bemerkenswert halte. Der erste Punkt ist, dass dem saarländischen Landtag - man mag es zwar kaum glauben, zumindest jedoch für erstaunlich halten - erst in diesem Wahlprüfungsverfahren, also erst in der 14. Legislaturperiode quasi aufgefallen ist, dass er bisher kein ausreichendes Verfahrensrecht hatte, anhand dessen sich zum Beispiel umfassende Sachverhaltsaufklärung betreiben ließe. Alle anderen Bundesländer wie auch der Bundestag haben dieses Recht schon sehr viel früher für sich normiert. Dieser Erkenntnis ist das Saarländische Wahlprüfungsgesetz erwachsen.

Wir haben über dieses Gesetz hier schon hinlänglich diskutiert; ich brauche nicht noch einmal auf die einzelnen Punkte einzugehen.

Der zweite Punkt, den ich hier noch als bemerkenswert ansprechen möchte, ist, dass der Verfassungsgerichtshof in einem an Deutlichkeit sicherlich kaum zu überbietenden Urteil festgestellt hat, dass das Wahlprüfungsverfahren inklusive des quasi vorgelagerten Gesetzgebungsverfahrens viel zu lange gedauert hat und dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist. Vor allem Letzteres hat dann dazu geführt, dass verschiedene taktische Manöver - insbesondere der Regierungsfraktionen - ein jähes Ende finden mussten und nun binnen zweieinhalb Wochen möglich wurde, was bislang in anderthalb Jahren nicht möglich sein sollte. Der Landtag entscheidet nämlich endlich über die Gültigkeit der Landtagswahl und macht damit auch den Weg für eine unabhängige verfassungsgerichtliche Überprüfung frei. Kollege Theis, ich verstehe natürlich den Versuch der Regierungsfraktionen, insbesondere der CDU-Fraktion, auch die SPD hierfür in Mithaftung zu nehmen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Zu Recht.)

Das ist aus Ihrer Sicht durchaus nachvollziehbar. Sie wollten natürlich nicht allein im Regen stehen. Indes, mit der Realität hat es natürlich wenig zu tun.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Ich darf nur daran erinnern, dass ich meines Wissens in jeder Ausschusssitzung - ich denke, man kann es nachlesen - und insbesondere während des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder gesagt habe, dass wir dieses Verfahren nicht weiter verzögern dürfen. Ich kann sogar wörtlich zitieren, weil es immer wieder der gleiche Ausspruch war. Ich habe immer wieder gesagt, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nur das Recht auf eine ordnungsgemäße formell- und materiellrechtliche Prüfung, sondern auch auf eine zeitnahe Prüfung haben. Jetzt zu leugnen, dass Sie aus taktischen Gründen versucht haben, das alles in die Länge zu ziehen, geht sicherlich an der Sache vorbei. Ihr Schauprozess indes auch gegen die LINKE - musste abgeblasen werden. Also es gab an dieser Stelle sicherlich eine Verschleppungstaktik.

(Beifall bei der SPD.)

Wir haben auch den Beweisbeschlüssen nicht zugestimmt, sondern uns enthalten, wenn Sie sich vielleicht daran erinnern mögen - um das an dieser Stelle auch noch einmal klarzustellen. Aber ich glaube, das ist hier überhaupt nicht der Streitpunkt, denn es geht um etwas sehr viel Wichtigeres und Existenzielleres, meine sehr verehrten Damen und Herren: um

(Abg. Rehlinger (SPD) )

den saarländischen Landtag. - Bitte schön, Herr Theis.

Abg. Theis (CDU) mit einer Zwischenfrage: Frau Abgeordnete Rehlinger, Sie haben darauf hingewiesen, dass die SPD für ein zügigeres Verfahren plädiert habe. Könnten Sie mir bitte die Punkte aufzeigen, bei denen Sie während der Koalitionsverhandlungen darauf gedrungen haben, das Wahlverfahren und das Wahlprüfungsverfahren durchzusehen? Könnten Sie mir bitte die Punkte aufzeigen, bei denen Sie während der Sondierungsgespräche zur Koalitionsbildung für die Bildung und Konstituierung des Wahlprüfungsausschusses plädiert haben? Und können Sie mir bei jedem Punkt, den ich Ihnen vorhin genannt habe und den das Verfassungsgericht als verzögernd aufgelistet hat, sagen, wo Sie jeweils für Beschleunigung plädiert haben?

(Beifall bei der CDU. - Sprechen und Zurufe.)

Herr Kollege Theis, leider gab es hier in diesem Land Entscheidungen, die es uns unmöglich gemacht haben, eine relevante Rolle bei Koalitionsgesprächen einzunehmen. Leider sind wir ja über die Sondierungsgespräche nicht hinausgekommen. Ansonsten darf ich Ihnen Folgendes sagen: Ab dem Zeitpunkt, zu dem sich der Wahlprüfungsausschuss konstituiert hat, haben wir auf ein zügiges Verfahren gedrungen. Ersparen Sie es sich als Regierungsfraktion, dass ich Ihnen hier das Schauspiel darstelle, als es darum ging, den Gesetzesvorschlag noch einmal zu überprüfen, und von Ihren Koalitionspartnern Vorschläge kamen, die ein heilloses Chaos angerichtet haben! Ich denke, das erspare ich Ihnen besser. Wir konzentrieren uns auf den Punkt, um den es heute hier geht: die Gültigkeit der Wahl.

(Beifall bei der SPD. - Zurufe.)

Wenn Sie diesen Punkt hier so herausstreichen, zeigt das für mich zweierlei. Erstens: Sie sind hart getroffen, möglicherweise auch durch die einstimmige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Zweitens: Sie wollen vom eigentlichen Thema ablenken. Darauf lasse ich mich nicht ein, sondern ich komme genau darauf zurück.

(Beifall bei der SPD.)

Frau Rehlinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hinschberger?

Bitte sehr.

Abg. Hinschberger (FDP) mit einer Zwischenfrage: Frau Rehlinger, sind Sie bereit, den Ausdruck „heilloses Chaos“ zurückzunehmen?

(Lachen. - Zuruf des Abgeordneten Maas (SPD).)

Doch, lieber Heiko, ganz genau so ist es. - Also sind Sie bereit, diesen Ausdruck zurückzunehmen, wenn Sie sich zurückerinnern, dass wir versucht haben, substanziell auch für die Zukunft hinsichtlich von Volksentscheid und Volksbegehren im Wahlprüfungsgesetz Regelungen einzubringen?

Herr Kollege Hinschberger, auch Ihnen erspare ich es jetzt, auf diese Fragestellung näher einzugehen. Sie wollten in der Tat auch die Volksgesetzgebung und die direkte Demokratie noch in das Verfahren einbringen. Das hätte sicherlich zu einem heillosen Chaos geführt.

(Beifall bei der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dem saarländischen Landtag liegt heute ein Antrag des Wahlprüfungsausschusses vor. Danach sollen die Anfechtungen zurückgewiesen und die Gültigkeit der Landtagswahl vom 30. August 2009 festgestellt werden. Dieses Ausschussvotum ist mit den Stimmen der Regierungsfraktionen, aber auch mit den Stimmen der Fraktion DIE LINKE zustande gekommen. Die SPD-Fraktion, der ich angehöre, hat diesem Antrag im Ausschuss nicht zugestimmt, und wir werden auch in der heutigen Plenarsitzung dem vorliegenden Antrag auf Feststellung der Gültigkeit der Landtagswahl nicht zustimmen. Ich will im Einzelnen darauf eingehen.

Wir sind der Auffassung, dass eine Zurückweisung der Wahlanfechtungen mit § 46 Abs. 2 des Landtagswahlgesetzes zumindest insoweit nicht im Einklang steht, als sich die Anfechtungen auf die Aspekte „verfassungswidrige Wahlwerbung“ und „Ausgestaltung des Stimmzettels“ stützen. Hier bestehen aus unserer Sicht erhebliche Zweifel an der Wahlrechtskonformität. Ich will im Einzelnen kurz auf diese Punkte eingehen. Die unstrittigen Punkte sind ja eben bereits aufgeführt worden. Ich denke, hierzu reicht es aus, einen Hinweis auf die Antragsbegründung zu geben. Ich meine insbesondere Twitter-Veröffentlichungen, Schreibfehler und Ähnliches.

Der erste Punkt, den ich benennen möchte, ist die verfassungswidrige Wahlwerbung. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 01. Juli 2010 bereits festgestellt, dass die damalige CDU-Landesregierung durch entsprechende Publikationen und Schreiben an Landesbedienstete gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und gegen den Grundsatz der Chancengleichheit bei

(Abg. Rehlinger (SPD) )

Wahlen verstoßen und damit die Verfassung verletzt hat. Diese Verfassungsverstöße stellen unserer Meinung nach schwere Demokratieverstöße im Sinne von § 46 Abs. 2 des Landtagswahlgesetzes dar, insbesondere weil sie schwerwiegende und fortlaufend gravierende Verletzungen des Verbots der amtlichen Wahlbeeinflussung darstellen.