Protocol of the Session on January 19, 2011

(Abg. Ries (SPD) )

Natürlich freuen wir uns, dass jetzt im Saarland informiert wird. Aber das muss früher gehen. Eine umfassende und schnelle Information der Verbraucherinnen und Verbraucher ist vor allem in Krisenfällen besonders wichtig und trägt dazu bei, Verunsicherung zu vermeiden.

Frau Kollegin Ries, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Karl-Josef Jochem?

Ja, gerne.

Abg. Jochem (FDP) mit einer Zwischenfrage: Frau Kollegin Ries, Sie haben sich jetzt etwas undeutlich ausgedrückt, auf jeden Fall nicht klar. Ich frage Sie, wo gab es einen Skandal im Saarland?

(Zuruf von der CDU: Gute Frage!)

Das sage ich Ihnen gerne, Herr Jochem. Ein Skandal ist es, den Verbraucherinnen und Verbrauchern Proben vorzugaukeln, die gar nicht genommen wurden, und ihnen Sicherheit vorzugaukeln, während man nur Bücher überprüft und Eiernummern kontrolliert hat. Alle Verbraucherinnen und Verbraucher sind im Saarland davon ausgegangen, dass hier auch beprobt worden ist. Das war nicht der Fall. Das ist ein Skandal im Skandal.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Nach allen diesen Schweinereinen im wahrsten Sinne des Wortes gibt es überall Aktionspläne, Absichtserklärungen - das gibt es ja immer - und schließlich den Antrag, der heute Morgen von Schwarz, Gelb und Grün vorgelegt worden ist. Wenigstens sind Sie so ehrlich, in diesem Antrag gleich zu sagen, dass Sie nichts verändern wollen, denn er enthält im wahrsten Sinne des Wortes nur Gegacker. Es wundert mich, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, dass, nachdem der grüne Umweltminister Remmel in NRW die Verursacher wie die Hühner bejagt, die GRÜNEN im Saarland einem solchen Antrag zustimmen. Sie sind eigentlich gar nicht mehr grün.

(Zuruf und Lachen.)

Hier steht: Die Einführung einer Futtermittel-Positivliste auf Europaebene soll geprüft werden. Eine Meldepflicht sollte eingeführt werden, wenn die Betriebe nicht sowieso melden. - Hier muss gemeldet werden, immer! Die Betriebe müssen melden, und die einzelnen Labore müssen melden, wie das auch schon der Fall war. - Sanktionen sollen überprüft werden. Konsequenzen sollen gezogen werden, ei

ne umfassende Information der Verbraucher muss sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren, einen solchen Antrag hätten Sie sich sparen können, der hätte heute Morgen nicht mehr vorgelegt werden müssen. Wir fordern Sie auf, den Antrag der SPD-Fraktion zu unterstützen. Damit unterstützen Sie auch die Forderungen der Verbraucherzentrale des Saarlandes, diese in ihrem Positionspapier formuliert hat. - Vielen Dank.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Astrid Schramm.

(Sprechen.)

Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, mir ist ein Fehler unterlaufen. Uns liegt ein zweiter Antrag vor, der Antrag der Koalitionsfraktionen, der muss zuerst begründet werden. Das macht für die Koalitionsfraktionen Herr Fraktionsvorsitzender Christian Schmitt. Ich bitte, das zu entschuldigen, Frau Kollegin Schramm. Sie haben danach das Wort.

Bitte, Herr Fraktionsvorsitzender Schmitt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ries! Sie haben recht, es gibt einen Skandal im Saarland. Der Skandal ist, dass Sie hier einen falschen Eindruck in puncto Lebensmittelsicherheit im Saarland erwecken.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Wahrheit ist, dass es glücklicherweise bisher keinen Vorfall im Saarland gab. Sie verunsichern skandalgemäß die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Land. Ich hoffe aber, alle Parteien in diesem Parlament sind sich in den folgenden Punkten einig: Erstens. Der Dioxin-Skandal muss Konsequenzen haben. Die Verursacher dürfen nicht ungeschoren davonkommen. Zweitens. Der Verbraucher muss vor Futter- und Lebensmittelskandalen besser geschützt werden. Wir müssen deshalb transparentere Rahmenbedingungen schaffen. Drittens. Wir müssen das Bewusstsein der Verbraucher für hochwertige, kontrollierte und regionale Nahrungsmittel schärfen. Die Landesregierung tut alles, um die saarländische Bevölkerung zu schützen und der spürbaren Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher entgegenzuwirken.

Sowohl das Verbraucherschutzministerium als auch das Landwirtschaftsministerium haben von Beginn an größtmögliche Transparenz geschaffen und die Öffentlichkeit zu jeder Zeit informiert.

(Abg. Ries (SPD) : Das war nicht so! - Weitere Zurufe.)

Obwohl es keinen Skandal im Saarland gibt, obwohl es keinen Vorfall hier im Saarland gibt, hat das Verbraucherschutzministerium letzte Woche auf die allgemeine Verunsicherung reagiert. So wurde beispielsweise in Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Erzeugercodes für Eier direkt vor Ort den Verbrauchern die Möglichkeit gegeben, sich zu informieren. Dieser Einsatz ist vorbildlich präventiv. Hierfür danken wir Ihnen, Herr Minister Weisweiler.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Doch müssen auch wir im Saarland weitere Konsequenzen aus dem Dioxin-Skandal ziehen. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen den vorliegenden Antrag mit weiter reichenden Maßnahmen formuliert. Der Antrag der SPD-Landtagsfraktion enthält hingegen Forderungen, die entweder bereits im Saarland auf hohem Niveau umgesetzt werden oder die erkennbar nicht zweckgerichtet sind. Die Opposition, liebe Frau Ries, versucht krampfhaft, wie bereits im Ausschuss, einen saarländischen Skandal herbeizureden - auch um den Preis der unnötigen Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Ziel Ihres Antrages, Frau Ries, ist so beschämend wie entlarvend. Dass die Regierungskoalition sich bereits seit Längerem um sichere und hochwertige Nahrungsmittel kümmert, wird unter anderem aus der Kampagne „Aus der Region - für die Region“ deutlich. Hier wirbt das saarländische Wirtschaftsministerium seit letztem Jahr gezielt und mit Erfolg für regionale Produkte. Gerade solche Lebensmittelskandale zeigen wieder, dass wir verstärkt auf heimische Produkte setzen müssen, um die Lieferkette kurz zu halten und die Produzenten aus der Anonymität herauszuholen. Auch die Forderung der SPD nach mehr Anreizen für den Ausbau des Ökolandbaues hinkt offen gesagt der Entwicklung der letzten Jahre weit hinterher.

(Abg. Ries (SPD) : Das ist in eurem Antrag auch drin.)

Sie müssen Ihren eigenen Antrag durchlesen, dann sehen Sie, dass Sie uns vorwerfen, hier nicht ausreichend aktiv zu sein. Der Ökolandbau ist im Saarland aber bereits auf hohem Niveau. Wenn Sie hier einen Bedarf sehen, mehr Anreize zu schaffen, Frau Ries, können Sie das in einem gesonderten Antrag gerne genauer zum Ausdruck bringen. Durch Ihre Formulierung unterstellen Sie uns aber, wir hätten Anreize abgebaut. Und das ist bei allem Verständnis für die Oppositionsarbeit nicht der Fall.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ganz im Gegenteil, erst letztes Jahr wurden die Aktivitäten verstärkt, die bereits Minister Mörsdorf eingeleitet hat. So wird ein landwirtschaftlicher Betrieb bei der Umstellung auf Bioproduktion gefördert. Auch

führt das Umweltministerium kostenlose Beratungen für Landwirte durch, die ihre Produktion auf Ökolandbau umstellen möchten. Darüber hinaus fördert das Umweltministerium unter anderem die Vermarktung lokaler Bioerzeugnisse.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Um es noch einmal deutlich zu machen: Die Urheber dieses Skandals dürfen sicher nicht aus der Verantwortung genommen werden. Kriminelles Verhalten muss strafrechtliche Konsequenzen haben. Allein mit Strafrecht werden wir allerdings die Probleme nicht lösen. Wir müssen früher ansetzen und hierbei die Futtermittelhersteller stärker in die Pflicht nehmen. Eine betriebliche Eingangsuntersuchung bei der Produktion halte ich deshalb für erforderlich. Auch müssen wir die Kontrollmechanismen weiter verbessern, zum Beispiel auf bundeseinheitliche Standards abstellen. Ebenso ist über eine Zulassungspflicht für Betriebe nachzudenken, die Futterfette oder Futterfettsäuren herstellen. Eine produktionstechnische Trennung zwischen Futter- und Industriefettproduktion scheint ebenfalls notwendig zu sein - wie auch eine verbindliche Positivliste für Futtermittelhersteller auf EU-Ebene. Deshalb fordern die Fraktionen von CDU, FDP und B 90/GRÜNE im vorliegenden Antrag die Landesregierung auf, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher zu ergreifen, sie aktiv zu begleiten und die gute Arbeit fortzusetzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Astrid Schramm.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit mehr als drei Wochen beschäftigen wir uns mit dem Dioxin-Skandal. Herr Schmitt, ich stelle fest, dass Sie in dieser Angelegenheit Wahrnehmungsprobleme haben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die Fraktion DIE LINKE hat aus diesem Grund das Thema auf die Tagesordnung der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses gesetzt. In dem Bericht der Landesregierung haben Sie, Herr Minister Weisweiler, dem Ausschuss mitgeteilt, dass bislang keine aktuellen Erkenntnisse über dioxinbelastete Lebensmittel über offizielle Lieferwege von den betroffenen Betrieben in das Saarland gelangt sind. Für die saarländischen Verbraucher bestünde keine akute Gesundheitsgefahr - selbst wenn belastete Lebensmittel wie Fleisch und Eier verzehrt worden sein sollten. - So Ihre Worte, Herr Minister.

Über Schnellwarnsysteme wollen Sie frühzeitig von anderen Bundesländern informiert werden. Sobald

(Abg. Schmitt (FDP) )

es Anlass dazu gäbe, wollen Sie umgehend Gegenmaßnahmen wie Rückrufe und Kontrollen der belieferten Händler ergreifen. Bei größeren Geflügel- und Schweinehaltern würden derzeit zusätzliche Futtermittelproben erhoben und auf Dioxin untersucht. Dies alles wurde in einer gemeinsamen Presseerklärung des Gesundheits- und Wirtschaftsministeriums vom 12. Januar 2011 um 17.30 Uhr bekannt gegeben. Der besagte Gesundheitsausschuss tagte auch am 12. Januar um 9.30 Uhr, also am gleichen Tag vormittags. In der Ausschusssitzung musste eigentlich allen klar werden, dass Sie sich lediglich auf die anderen verlassen haben und durch Aussitzen glänzen. Daher schnell noch abends eine Presseerklärung, herausgegeben zur Beruhigung.

Wenn in der vorerwähnten gemeinsamen Presseerklärung des Verbraucherschutzministeriums und des Wirtschaftsministeriums mitgeteilt wird: Für die saarländischen Verbraucherinnen und Verbraucher bestünde auch im Fall eines Verzehrs belasteter Lebensmittel keine akute Gesundheitsgefahr, so handelt es sich hier um eine bewusste Vernebelungsund Beschwichtigungstaktik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, soll wegen der Langfristeffekte auch die Aufnahme geringer Mengen - wenn möglich - vermieden werden. Denn auch geringe Mengen von Dioxin in Nahrungsmitteln können für Menschen auf Dauer schädlich sein, da sich der fettlösliche Stoff im Körper ansammelt. Im Hinblick auf die grundsätzliche Giftigkeit und die krebserregenden Eigenschaften von Dioxin ist größte Vorsicht geboten, zumal es zu Dioxinen nach wie vor nur vergleichsweise wenige wissenschaftliche Informationen gibt. In Tierversuchen zum Beispiel war die Substanz tausendmal giftiger als Zyankali. Dioxin zählt zu den giftigen organischen Verbindungen und trägt die Bezeichnung Ultragift. In Deutschland liegt die durchschnittliche tägliche Belastung der Bevölkerung mit Dioxin bei täglich zwei Pikogramm pro Kilogramm Körpergewicht. Das ist bereits am oberen Limit dessen, was die Europäische Union als gerade noch akzeptabel erachtet, wobei hier eine Senkung auf ein Pikogramm pro Kilogramm angestrebt wird. Dioxine stehen im Verdacht, Krebs zu verursachen. Besonders problematisch sind mit Dioxin belastete Lebensmittel für Schwangere und stillende Frauen und deren Kinder. Unabhängig davon, ob nun eine akute Vergiftung zu erwarten ist oder nicht, eine potenzielle Gesundheitsgefährdung ist allemal gegeben.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher im Saarland wollen aufgrund der Langzeitwirkung keine Lebensmittel, die mit überhöhten Dioxinwerten belastet sind. Man muss sich in diesem Zusammenhang auch einmal vor Augen führen, dass nicht wenige

Länder, auch außerhalb der Europäischen Union, im Zuge des Dioxin-Skandals stärkere Kontrollen oder teilweise sogar einen Importstopp für Lebensmittel aus Deutschland verhängt haben. Herr Minister, ganz offenkundig gibt es hier eine differenziertere Betrachtung des Skandals. Müssen denn erst Skandale stattfinden, um Änderungen bei den Lebensmittelkontrollen durchsetzen zu können? Das kann doch alles nicht wahr sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Der Gipfel der Heuchelei ist jedoch, wenn der CDUVerbraucherexperte weiterhin tapfer auf die Selbstkontrolle der industriellen Zulieferbetriebe und die verwertenden Großabnehmer verweist. BSE, Gammelfleisch, jetzt abermals Dioxin - es hat sich doch immer wieder gezeigt, dass die Selbstkontrollen der Firmen nicht greifen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir von der Linksfraktion wollen mehr Kontrollen. Die Umfragen zeigen, dass auch die meisten Bundesbürger strengere Gesetze und Kontrollen bei Lebensmitteln wollen.

Die Linksfraktion im saarländischen Landtag hat bereits im Oktober des vergangenen Jahres, also vor dem jüngsten Dioxin-Skandal, darauf hingewiesen, dass angesichts der knapp 15.000 Lebensmittelbetriebe im Saarland die Zahl von 14 Lebensmittelkontrolleuren und 15 Amtstierärzten zu gering sei. Der in diesem Kontext gegebene Hinweis der Landesregierung auf die prekäre Haushaltslage ist allerdings nicht hilfreich, muss doch der Schutz der Bevölkerung oberste Priorität haben.

(Beifall von der LINKEN.)