Protocol of the Session on January 19, 2011

(Minister Toscani)

Ausschuss nachgefragt haben, was mit den großen Ketten wie Aldi, Lidl und Netto ist, die ja ihre Produkte von überallher beziehen, und mit Schlacht- und Zerlegebetrieben, wurde uns gesagt, es gebe keine Anhaltspunkte. Vertrauen ehrt, Herr Minister, Kontrolle ist besser. Bei meiner Nachfrage im Ausschuss, ob es im Saarland im Rahmen dieses erneuten Dioxin-Skandals zusätzliche Lebensmittelproben gegeben habe, wurde uns vom Vertreter des Ministeriums im Beisein des Ministers für Gesundheit und Verbraucherschutz gesagt, dass zum einen die Proben sehr teuer seien und zum Zweiten die Beprobung so lange dauere, dass man darauf verzichtet habe. Es wurden also keine Proben genommen.

SR und SZ haben nachgefragt, wie viele Proben im Jahr 2010 vor dem Skandal genommen worden seien. Das Saarland ist nach dem nationalen Kontrollplan verpflichtet, zehn Proben zu nehmen. Nachdem wir immer wieder nachgefragt hatten, zu welchen Ergebnissen sie geführt haben, hat sich herausgestellt, dass im letzten Jahr zehn Proben gezogen wurden und zwar im Mai, im Juni sowie am 03. September und am 26. Oktober zur Analyse nach Speyer geschickt worden sind. Das heißt: Proben, die im Mai, Juni und September bei Eiern und Fleisch gezogen wurden, sind nach Angaben des Ministeriums am 26. Oktober nach Speyer geschickt worden. Da frage ich Sie, Herr Minister: Was machen Sie? Die Ergebnisse haben bis letzte Woche nicht vorgelegen, und selbst wenn sie jetzt vorlägen und sich ein positiver Befund ergeben hätte, frage ich Sie, Herr Minister Weisweiler: Was wollen Sie mit diesem Befund? Was wollen Sie den Menschen sagen?

(Beifall bei der SPD.)

Das Fleisch und die Eier, die im Mai, Juni und September getestet wurden, sind doch längst verzehrt! Die Produkte der Palette sind alle längst gegessen. Die Sache ist gegessen. In Fachkreisen sagt man, erst gemessen, dann gegessen. Im Saarland heißt es, erst einmal gegessen, später schauen wir, was drin ist.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Man kann das nur sarkastisch und zynisch nehmen. Dass man nach Angaben des Ministeriums diese zehn Proben am 26. Oktober noch zur Analyse wegschickt, ist hinausgeworfenes Geld. Das sind 10.000 bis 15.000 Euro des Steuerzahlers, die rausgeschmissen sind. Mit diesen Analysen kann man nichts mehr anfangen. Das hat nicht mal mehr etwas mit Beruhigung zu tun, das ist Verbrauchertäuschung pur. Jeder Verbraucher und jede Verbraucherin, der oder die im SR gehört hat, dass im Jahr 2010 im Saarland zehn Dioxinproben gezogen wurden, ist davon ausgegangen, dass diese auch analy

siert wurden. Man glaubt doch nicht, dass diese Proben gezogen und ins Regal gestellt wurden.

(Lachen bei der SPD.)

Wenn jemand davon spricht, dass eine Probe gezogen wurde, dann meint man, sie sei auch analysiert worden. Sie haben also die Verbraucher im Saarland getäuscht und verschwenden Steuergelder. Das ist das Erste.

(Beifall von der SPD.)

Zweitens bezweifeln wir auch, dass die Proben am 26. Oktober nach Speyer geschickt worden sind. Warum? - Wir haben uns bei den saarländischen Laboren erkundigt. Wir haben gefragt, wie lange eigentlich eine Analyse von Dioxinproben dauert. Die saarländischen Labore, die derzeit von vielen Lebensmittelbetrieben Proben ziehen und diese an ein bayerisches Dioxinlabor weiterschicken, sagen, die Beprobung von Eiern und Fleisch dauert zirka vier Tage. Die Beprobung von Milch dauert acht Tage, weil es sich hierbei um eine schwierigere Matrix handelt. In der „Wirtschaftswoche“ steht, die Beprobung von Dioxin dauert in Deutschland zwischen vier und sieben Tagen. Da wir gerecht sein wollten, haben wir gestern in Rheinland-Pfalz, in Speyer nachgefragt, wie lange die Beprobung von Dioxin aktuell dauert. Man antwortete uns, es seien zehn Tage. Aber die zehn Proben, die im Jahr 2010 genommen wurden, sind angeblich am 26. Oktober nach Speyer geschickt worden. Das sind 85 Tage. Das würde bedeuten, dass es acht Mal länger dauert als die normale Probezeit. Herr Minister, ich sage, Sie haben das Parlament belogen. Ich gehe davon aus, dass Sie die Proben am 12. Januar nach der Ausschusssitzung nach Speyer geschickt haben und dass nächste Woche die Ergebnisse vorliegen.

(Beifall von der SPD. - Zuruf von den Regie- rungsfraktionen.)

Alles andere ist nicht zu erklären. Sie können aber gerne das Gegenteil beweisen. Wir müssen das in den Ausschüssen aufarbeiten. Ich bin mir sicher, dass das Parlament belogen wurde.

(Unmutsbekundungen bei den Regierungsfraktio- nen.)

Sie können doch nicht einfach guten Gewissens behaupten, das Saarland sei dioxinfrei, wo Sie keine einzige Lebensmittelprobe genommen haben. Frau Conrad, die Verbraucherschutzministerin aus Rheinland-Pfalz, hat am 12. Januar mitgeteilt, dass sie in Schlacht- und Zerlegebetrieben zusätzliche Lebensmittelproben genommen hat, um auf Dioxin zu testen. Und sie hat eine Menge zusätzlicher Proben genommen. Hier im Saarland wurde im Lebensmittelbereich keine einzige Probe genommen.

(Abg. Ries (SPD) )

Kommen wir zum Futtermittelbereich. Hier ist Minister Hartmann zuständig. Nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums wurden im Jahre 2010 sechs Proben genommen. Das sind die Pflichtproben. Als ich letzte Woche nachgefragt habe, lagen die Ergebnisse noch nicht von allen vor. Gestern konnten wir in der Zeitung nachlesen, dass die Ergebnisse vorlägen. Sie seien negativ gewesen. Auch hier sind die Analysen also zeitverzögert in Auftrag gegeben worden. Im aktuellen Dioxin-Skandal wurden sechs Futtermittelproben genommen, nachdem der Skandal aufgetreten ist. Diese wurden bei den vier größten saarländischen Legehennenbetrieben und bei zwei Schweinemastbetrieben genommen. Dabei gibt es im Saarland - man höre und staune - drei Futtermittelproduzenten, bei denen keine Proben genommen wurden, es gibt 48 Handelsbetriebe und 1.415 Tierhalter. Es wurden aber nur sechs Proben gezogen. Ich habe eine Prozentrechnung gemacht. Es wurden 0,4 Prozent der Betriebe beprobt. Bei der „Wucht“ der Kontrollen erfahren wir bestimmt, wenn etwas los ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 99,6 Prozent der Betriebe nicht beprobt wurden. Sie werden mir recht geben, meine Damen und Herren, dass man es dann auch gleich lassen kann.

Unsere erste Forderung im Antrag lautet, nicht nur Proben zu ziehen, sondern diese auch zeitnah zu analysieren. Alles andere ist Verbrauchertäuschung und herausgeworfenes Geld. Im zweiten Punkt unseres Antrags fordern wir, dass ein Dioxinlabor im Saarland benutzt wird, um die Analysen zu beschleunigen.

(Zuruf: Welches denn?)

Wir haben Kontakt zu saarländischen Laboren aufgenommen. Ich hätte mir gewünscht, die Regierungsfraktionen oder die Regierung selbst würde so etwas auch tun.

(Erneuter Zuruf.)

Wir wollten wissen, wie man es besser machen kann. Deshalb möchte ich die Forderung wiederholen: Wir brauchen ein saarländisches Dioxinlabor. Wir haben im Saarland drei Labore, die Tests vornehmen. Es wäre für die Landesregierung günstiger, es wäre schneller und würde mehr Verbraucherschutz und Verbrauchersicherheit bedeuten. Wir wissen, dass es im Saarland ein Labor gibt, das die Ausrüstung für Dioxinmessungen besitzt. Dafür braucht man ein hochauflösendes Massenspektrometer, das zwischen 600.00 und 1,2 Millionen Euro kostet. Dieses Labor besitzt es bereits. Es fehlt lediglich ein Untersuchungskit, also die Substanzen, die Chemikalien, um Dioxine zu messen. Sie kosten zwischen 10.000 und 12.000 Euro. Das Labor wäre bereit, dies anzuschaffen, wenn die Landesregie

rung ihrerseits bereit wäre, ihre Proben dort abzugeben.

(Zuruf: Warum tut man es nicht?)

Diese Frage stellt sich in der Tat. - Außerdem würden die Proben dort nur 400 Euro kosten, während die Landesregierung jetzt zwischen 1.000 und 1.500 Euro zahlt. Man würde also auch noch Geld sparen. Uns ist absolut unverständlich, warum noch keine Kontakte geknüpft wurden; vor Jahren gab es bereits diesen Vorstoß. Aber ich weiß, warum. Dann müsste man nämlich die Proben ausdehnen, man müsste mehr Proben ziehen und sie auch analysieren. Derzeit gilt aber das Motto: Wer nicht sucht, der findet nichts. Wenn nichts gefunden wird, ist man auch dioxinfrei, dann ist man frei von Lebensmittelskandalen und schmiert den Verbraucherinnen und Verbrauchern dafür einfach die Augen zu.

(Beifall von der SPD.)

Herr Minister, im Ausschuss haben Sie mir versprochen, dass Sie wenigstens versuchen, Kontakt mit diesem Labor aufzunehmen, um zu klären, wie es möglich sein soll. Die CDU-Fraktion hat direkt nach der Ausschusssitzung eine Pressemitteilung abgegeben, in Unkenntnis der Sache und ohne Prüfung. Sie hat mitgeteilt, dass wir kein saarländisches Dioxinlabor brauchen. Dazu kann ich nur sagen, dass Sie den Antrag deshalb abgelehnt haben, weil der Vorschlag von der Opposition kam. Eines hat mich sehr gefreut. Die Verbraucherzentrale des Saarlandes hat gestern Abend, was ich heute morgen auf meinem Rechner gefunden habe, ein Positionspapier für das Saarland verschickt. Darin fordert sie, dass eine umgehende Durchführung von Analysen sichergestellt sein müsse, unter Umständen auch durch die Einrichtung eines eigenen Dioxinlabors beziehungsweise einer Kooperation vor Ort.

(Abg. Roth (SPD) : Hört, hört!)

Wir haben also große Unterstützung, auch von der Verbraucherzentrale des Saarlandes. Deshalb bitte ich Sie, sich nicht stur zu stellen, sondern diese Möglichkeit zu prüfen. Das spart dem Steuerzahler Geld und es gibt mehr Verbrauchersicherheit im Saarland.

(Beifall von der SPD.)

Ich kann ebenso Ihre Vorgehensweise nicht verstehen, Herr Minister. Sie haben keine Dioxinproben genommen, weil es Ihnen einfach zu teuer war. Ich frage, warum Sie nicht auf PCB testen. Dies wäre eine Voranalytik. Es gibt in Deutschland acht PCBs, die man testet. Wenn bestimmte PCB-Werte erhöht sind, kann man mit achtzigprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass eine Dioxinbelastung vorliegt, und kann diese Probe dann an ein Dioxinlabor weitergeben. Eine PCB-Testung kostet 100 Euro. Man könnte viele Produkte auf PCB testen und nur in

(Abg. Ries (SPD) )

Einzelfällen, in denen bestimmte Werte erhöht sind, die Proben zur Dioxinanalyse weitergeben. Das würde eine Menge Geld sparen. Mir ist völlig unverständlich, dass so etwas hier im Land nicht gemacht wird.

Wir fordern drittens, den Kontrollabstand bei Futtermitteln zu verkürzen. Hier sind wir mit Frau Aigner auf einer Ebene. Die Verbraucherzentrale hat es ebenfalls gefordert. Wir fordern, die Lebensmittelkontrollen auszuweiten. Heute morgen wurde ein Antrag der Regierungskoalition eingereicht. Gestern Abend ging das nicht, weil der Minister drüberschauen und der Antrag noch zwischen allen Parteien abgeglichen werden musste, damit dieses Null-Papier, das keinerlei Aussage enthält, heute vorgelegt werden konnte. In diesem Papier ist kein einziger Satz über Futtermittel- oder Lebensmittelkontrollen enthalten. Kein einziger Satz! So ernst nehmen Sie die Situation für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Land!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wenn wir sagen, die Lebensmittelkontrollen müssen ausgeweitet werden, dann deshalb, weil derzeit ein Lebensmittelkontrolleur zwischen 350 und 400 Betrieben untersuchen muss. Das ist ein Missverhältnis, das kann nicht gut gehen. Deshalb habe ich mich gefreut, dass die FDP-Landtagsfraktion tatsächlich während des Dioxin-Skandals gefordert hat, die Lebensmittelkontrollen auszuweiten. Ich hoffe, Sie haben nicht nur auf die anderen geschielt, sondern sind der Meinung, dass das auch hier im Saarland der Fall sein muss. Ich setze auf Sie bei den Haushaltsberatungen in diesem Jahr. Vielleicht kann man als Regierungspartei auch vorher schon etwas machen.

Frau Aigner fordert auch einheitliche Qualitätskriterien und sagt, die Länder müssen kontrolliert werden. Nach dem Vorfall hier im Saarland ist es meines Erachtens dringend notwendig, dass das Kontrollgebaren der einzelnen Länder bundesweit koordiniert und kontrolliert wird.

Unsere fünfte Forderung: Die Betriebe müssen verpflichtet werden, die Ergebnisse der Eigenkontrollen an die Kontrollbehörden weiterzuleiten, und die Labore müssen verpflichtet werden, dies ebenfalls zu tun. Das ist keine neue Forderung. Man höre und staune: Diese Forderung wurde von Rot-Grün im Rahmen des BSE-Skandals schon umgesetzt, aber von CDU und FDP im Bund wieder zurückgenommen. Jetzt soll sie wiederkommen. Also neuer Skandal, neue Forderung, man will das wieder einführen. Und nicht einmal diese Forderung findet sich im Antrag der Fraktionen von CDU, GRÜNEN und FDP. Dort heißt es nur, es soll geprüft werden.

Wir sagen, diese Meldepflicht, die damals von RotGrün eingeführt worden ist, war richtig, die muss

auch in Zukunft wieder gelten. Für mich ist es auch unverständlich, dass das kein Mensch diskutiert. Im Umweltbereich, bei Wasser, Boden, Luft, Klärschlamm, gibt es gesetzlich verpflichtende Qualitätskriterien für die Beprobung - Schwermetalle, PCBs -, und das muss alles in einer Datenbank dokumentiert werden, damit die Behörden jederzeit Zugriff haben und sagen können, was an diesem oder jenem Tag war, welches Ergebnis die Beprobung erbracht hat. Es ist für mich völlig unverständlich, warum es das bei den Futtermittelbetrieben nicht gibt. Was in der Umwelt möglich ist, muss auch im Futtermittelbereich möglich sein. Aber es ist mir schon klar, warum das so ist. Ich zitiere an dieser Stelle den nordrheinwestfälischen Verbraucherschutzminister der GRÜNEN, Remmel. Er hat gestern in der Frankfurter Rundschau gesagt, ich zitiere mit Zustimmung des Herrn Präsidenten: „Die Bundesregierung steckt mit der Futtermittelindustrie unter einer Decke. Nur so lassen sich die Privilegien der Futtermittelindustrie erklären.“

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Hört, hört!)

Genau so sehe ich es auch. - Die Verbraucherinformation im Saarland muss schneller erfolgen und transparenter gestaltet werden. So haben wir im Saarland doch tatsächlich am 20. Tag des DioxinSkandals eine Pressemeldung vom Ministerium Weisweiler erhalten, in der verkündet wurde, dass Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt im Saarland informiert werden! Am 23. Dezember wurde der Skandal ruchbar, am 14. Januar wurden im Saarland die Verbraucherinnen und Verbraucher informiert.

(Zurufe von der CDU. - Sprechen.)

Der Skandal war dort, wo kontrolliert worden ist. Wir hoffen ja nicht, dass das hier der Fall ist. Aber den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Saarland vorzugaukeln, hier sei alles in Ordnung,

(Aufgeregte Zurufe von den Regierungsfraktio- nen)

ohne eine einzige Probe zu nehmen, das ist Verbrauchertäuschung, meine Damen und Herren von der CDU, der FDP und den GRÜNEN.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Auch Frau Aigner sagt, Kontrolle ist Sache der Bundesländer, auch Aufklärung ist Sache der Bundesländer -

Kollegin Ries, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jochem?

(Abg. Ries (SPD) )