Protocol of the Session on November 18, 2010

Das Zweite, was wir vorschlagen, ist ein Mehr an Freiheit, wenn es um die Verpflegung geht. Wir wollen, dass die Menschen ein Wahlrecht haben, ob sie weiter Lebensmittelpakete in Anspruch nehmen wollen oder ob sie Geldleistungen bekommen wollen. Warum ein Wahlrecht? Wir wissen natürlich auch, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz so gering sind, dass es für Familien mit Kindern zum Teil schwer wird, mit den Geldleistungen überhaupt über die Runden zu kommen. Für manche kann es interessant sein, weiterhin die Sachleistung zu nehmen. Deshalb wollen wir den Menschen ein Wahlrecht einräumen, dann wird sich zeigen, welche Leistung die Menschen für die bessere halten.

Wir wollen, dass die Menschen einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Wir wollen im Lageralltag Verbesserungen durchführen. Wir wollen, dass die Menschen zum Beispiel über die Frage, ob sie Besuch bekommen dürfen, ob der Besuch auch über Nacht bleiben darf, alleine entscheiden können, ohne dass sie entsprechende Genehmigungen brauchen. Wir wollen auch - das ist ganz entscheidend -, dass das Saarland eine Bundesratsinitiative unternimmt, wonach die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angehoben werden. Seit 1993 sind diese Leistungen, die damals auf 75 Prozent des Leistungsniveaus nach dem Bundessozialhilfegesetz festgesetzt worden sind, nicht mehr angehoben worden. Wir wissen, dass die Lebenshaltungskosten seit dieser Zeit um ungefähr 35 Prozent gestiegen sind. Das heißt, die Menschen bekommen heute 35 Prozent weniger an Kaufkraft, als

dies 1993 der Fall war. Ich glaube, das ist eine unzumutbare Geschichte. Nicht zu Unrecht wird sich in nächster Zeit auch das Bundessozialgericht oder das Bundesverfassungsgericht mit dieser Frage befassen. Mein Appell: Der Gesetzgeber soll selbst handeln, bevor er auch an dieser Stelle von den Verfassungsgerichten noch einmal Handlungsbedarf bescheinigt bekommt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Nun ist natürlich alles, was ich vorgeschlagen habe, schon längere Zeit in der Diskussion. Wenn man sich entscheiden muss, braucht man Maßstäbe, an denen man diese Entscheidung orientiert. Ein möglicher Maßstab ist natürlich die Frage, welche finanziellen Auswirkungen das hat. Ja, wir wissen, dass, wenn die Menschen sich nach einem Jahr einen freien Wohnort suchen können, die Kostenträgerschaft auf die Kommunen übergeht und damit unter Umständen Mehrkosten für die Kommunen verbunden sind. Wir wissen es, wir halten es aber für vertretbar. Wir wissen auf der anderen Seite aber auch, dass für das Land Einsparungen eintreten werden, wenn 70 Prozent der Bewohner nicht mehr in Lebach leben. Wir plädieren dafür, dass diese Einsparungen in einem Kompromiss für die Kommunen verwendet werden, um deren Mehrbelastungen wenigstens zu einem Teil abzufedern.

Man kann diese ganze Diskussion auch unter dem Aspekt der inneren Sicherheit betrachten. Uns ist beispielsweise gesagt worden, man habe in den Jahren 1993/94 schlechte Erfahrungen mit der Auszahlung von Geldleistungen gemacht, weil es Clanchefs gegeben habe - das ist auch unbestritten so -, die damals das Geld abkassiert haben. Deshalb habe man auf Sachleistungen umgestellt. Es gibt aber ein gutes Argument, die Sache noch einmal neu zu überdenken. Wenn es Kriminelle gibt, die Geldleistungen abkassieren, kann es nicht sein, dass es deshalb auf Dauer keine Geldleistungen gibt. Vielmehr hat der Staat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Kriminellen verhaftet und aus dem Verkehr gezogen werden. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die Opfer solcher Kriminellen sind, nachher noch einmal die Folgen tragen müssen und deshalb keine Geldleistungen bekommen! Auch das ist für uns ein wichtiges Argument in der Debatte.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Eine weitere Perspektive, mit der man umgehen könnte, ist die Frage der Flüchtlingspolitik, die Einordnung der Asylsuche, der Flüchtlingsproblematik in die internationalen Beziehungen. Abschreckung ist sicherlich ein wichtiges Prinzip gewesen, nachdem damals der Asylkompromiss gemacht worden ist und nachdem auch heute an der einen oder anderen Stelle mit dem Thema umgegangen wird nach dem Motto: Wir wollen es den Menschen so unange

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

nehm wie möglich machen, damit sie entweder gar nicht erst nach Deutschland kommen oder möglichst schnell wieder freiwillig verschwinden. Das ist nicht der Maßstab, mit dem wir als Sozialdemokraten an diese Fragen herangehen. Unser Maßstab ist der Mensch, der einzelne Mensch, der dort lebt, der seine Menschenrechte hat, unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft, und diesen Menschenrechten müssen wir gerecht werden.

Es ist schon erstaunlich, dass nach über einem Jahr dieser Regierung dieses Thema innerhalb der Regierungskoalition noch nicht gelöst werden konnte. Ja, es ist erstaunlich, dass Sie es heute nicht geschafft haben - wie es sonst üblich wäre, wenn von unserer Seite ein Antrag kommt -, einen eigenen Antrag vorzulegen. Das unterstreicht die Zerstrittenheit und Zerrissenheit der Koalition in dieser Frage. Das ist kein Beitrag zur Lösung dieser Probleme. An dieser Stelle haben Sie bis heute versagt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Weil es eben nicht möglich ist, die Jamaika-Koalitionäre an dieser Stelle gemeinsam anzusprechen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die verschiedenen Einzelakteure anzusprechen. Da ist einmal das Innenministerium. Das Innenministerium hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass es eigentlich keine Änderung haben will. An vielen Stellen - das soll hier auch gesagt werden - fand ich Bemerkungen aus dem Innenministerium in der Anhörung zynisch. Wenn es beispielsweise um die Frage ging, was man dazu beitragen kann, dass die Aufenthaltsdauer der Menschen im Lager in Lebach verkürzt wird, ist die Antwort der Regierung: Die Leute sollen ausreisen. - Ich halte das für zynisch, wenn man sieht, dass viele Menschen einfach nicht ausreisen können, weil sie krank sind.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das war die Antwort des Innenministeriums. Ich sage ja, Jamaika ist nicht ansprechbar, hat an dieser Stelle keine Hausnummer. Wir müssen alle gesondert ansprechen, aber zu Ihnen komme ich auch noch, Herr Ulrich.

Da haben wir also vonseiten des Innenministeriums wenig zu erwarten. Aber die Einstellung, die dort herrscht, ist keine, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen würde. Bei den GRÜNEN hatten wir im Vorfeld die größten Erwartungen an eine Reform in diesem Bereich. Bei Ihnen waren ja vor der Wahl große Versprechungen gemacht worden, dass man an diese Sache herangehen würde. Nach der Wahl waren Ihnen andere Dinge wichtiger, wie zum Beispiel das Nichtraucherschutzgesetz, das Jagdgesetz oder das fünfte Grundschuljahr. Da sind Sie in den meisten Fällen bislang gescheitert. Ich muss Ihnen sagen, das Lager Lebach verdient Priorität; dort wohnen über 800 Menschen, die in ihren Freiheits

rechten eingeschränkt sind. Sich dafür einzusetzen, dass es diesen Menschen besser geht, dafür würde es sich lohnen, in der Regierung zu sein. Meine Bitte an die GRÜNEN: Machen Sie an dieser Stelle endlich Druck in der Koalition!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Die FDP bleibt in der Öffentlichkeit relativ unklar, wie sie zu dieser Frage steht. Da ist bislang wenig an Engagement festzustellen. Das wäre doch eine Chance für den zukünftigen, neuen Fraktionschef, für Christian Schmitt. Herr Schmitt, hier geht es um die Freiheitsrechte der Menschen. Wenn die FDP eine Partei der Freiheit sein will, dann stimmen Sie bitte unserem Antrag zu. Sorgen Sie dafür, dass die Menschen, die in Lebach wohnen, dass die Flüchtlinge ein Mehr an Freiheit haben. Damit hätten Sie schon einmal einen guten Einstand als neuer Fraktionsvorsitzender.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wie sieht es mit der CDU aus? Die CDU saß viele Jahre im Bremser-Häuschen. Von daher hat man natürlich mit Spannung gewartet: Was bringt der neue Parteitag? Gibt es Bewegung in der CDU? Als Erstes, konnten wir feststellen, hat die CDU gesagt: Der Schwanz darf nicht mehr mit dem Hund wedeln. Die andere Bemerkung, an die ich mich erinnern kann: 5,9 Prozent sind nicht der Nabel der Welt. Nun gut, wir gratulieren der CDU zu diesen Einsichten. Es gab aber noch eine dritte Botschaft, die mir von den CDU-Parteitagen in Erinnerung geblieben ist. Das war: Das „C“ soll in der Politik wieder eine wichtigere Rolle spielen. Sie wollen wieder eine christlichere Politik machen.

(Zuruf: Aber nur an Weihnachten!)

Das führte natürlich auch zu Hoffnungen der SPD, dass Sie unserem Antrag zustimmen würden. Denn was beschließt die Evangelische Kirche am Wochenende zeitgleich mit den CDU-Parteitagen? Sie beschließt eine Resolution zum Thema Lebach, die in allen wesentlichen Punkten hundertprozentige Übereinstimmung mit unserem Antrag aufweist. Das heißt, wenn Sie das umsetzen wollen, was Sie sich am Wochenende vorgenommen haben, nämlich mehr Politik nach dem christlichen Menschenbild zu machen, gibt es keine bessere Möglichkeit als jetzt, gemeinsam mit den Kirchen, gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden dem Antrag von SPD- und Linksfraktion zuzustimmen. In diesem Sinne ist das jetzt Ihre Chance! - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

Vielen Dank, Herr Dr. Jung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Günter Becker von der CDULandtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich ein paar Vorbemerkungen machen. Zum einen ist vom Kollegen Jung mehrfach von „Lager“ gesprochen worden. Der Antrag spricht von „Landesaufnahmestelle“. Es handelt sich dort um die Landesaufnahmestelle. Was das Wort „Lager“ betrifft, da haben wir böse Zeiten erlebt, sowohl im Nationalsozialismus als auch in der Sowjetunion. Da gab es Lager. Das, was wir in Lebach haben, ist mit dem nicht zu vergleichen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Nächste Bemerkung: Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen und die Regierungskoalition hat darum gebeten, heute dieses Thema nicht zu behandeln, aus zwei Gründen. Zum einen ist der Innenminister, der gerne an dieser Debatte teilnehmen würde, auf der Innenministerkonferenz. Bei der derzeitigen Sicherheitslage ist es sicher auch verständlich, dass er heute dorthin gefahren ist. Zum anderen haben wir erklärt, dass wir nach wie vor in Verhandlungen stehen mit dem Städte- und Gemeindetag, mit dem Landkreistag, mit Institutionen, um Verbesserungen für die Menschen, die in Lebach wohnen, zu erreichen. Wir haben deshalb gebeten, nicht schon vorab Schnellschüsse zu machen, sondern abzuwarten, bis diese Verhandlungen abgeschlossen sind.

Das war nicht gewollt. Die SPD hat im Präsidium durchgesetzt, dass das heute auf die Tagesordnung kommt. Ich sage nur, Ihnen sind die Menschen dort und Verbesserungen für diese Menschen offenbar nicht so wichtig. Sie wollen heute hier Theater machen oder wollen die Regierungskoalition vorführen. Es ist ja angeklungen, wir wären untereinander uneins. Ich sage Ihnen: Die Koalition arbeitet hier Hand in Hand, wir arbeiten zusammen. Wir wollen etwas für die Menschen erreichen, nichts anderes.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Jost (SPD).)

So weit die Vorbemerkungen. - Meine Damen und Herren, bei einer Podiumsdiskussion vor einigen Monaten, veranstaltet durch den Flüchtlingsrat, wurde ich vom Moderator gefragt: Würde der Günter Becker gerne in Lebach wohnen? Da habe ich geantwortet: Der Günter Becker wohnt mit seiner Familie in einem sehr schönen Haus. Das Haus zahlt er seit Jahren mit seiner Frau ab. Er wohnt in einer schönen Umgebung. Ich würde mein schönes Haus nicht gegen Lebach austauschen. - Ich habe

weiter gesagt: Würde ich aber in einem Land wohnen, in dem ich Angst haben müsste, dass nachts eine Miliz oder irgendwer in mein Haus einbricht, meine Frau vergewaltigt, umbringt, meine Kinder umbringt, mich umbringt, wäre ich froh, wenn ich aus diesem Haus flüchten könnte. Wenn ich nach Lebach kommen könnte, hätte dort ein Dach über dem Kopf, hätte Kleider und Essen, könnte dort in Ruhe und Frieden schlafen und leben, dann würde ich gerne tauschen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Genau dies, meine Damen und Herren, ist die Ausgangslage. Die Menschen, die in Lebach wohnen, sind nach Deutschland gekommen und haben angegeben, dass sie in ihrem Heimatland an Leib und Leben bedroht sind. Von den rund 850 Bewohnern der Landesaufnahmestelle sind zurzeit 270 Personen in einem laufenden Asylverfahren. Das heißt, über deren Asylantrag wurde noch nicht abschließend entschieden. Bei rund 500 Personen, die dort wohnen, ist die Entscheidung getroffen, nach mehreren Instanzen. Diese Leute sind ausreisepflichtig, vollziehbar ausreisepflichtig. Das heißt, ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass sie in ihrem Heimatland nicht an Leib und Leben bedroht sind, sondern aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen sind. Deshalb kann kein Asylrecht gewährt werden.

Rund 60 Personen wohnen aus den unterschiedlichsten Gründen in der Aufnahmestelle, obwohl sie dort nicht wohnen müssten. Zur Länge der Verfahren kann man sagen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet derzeit in der Regel innerhalb von drei Monaten über einen Asylantrag. Das heißt, bei gewissen Herkunftsländern haben wir innerhalb von drei Monaten eine positive Entscheidung. Das sind die anerkannten Asylbewerber, die nicht mehr verpflichtet sind, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Sie können sich innerhalb des Landes ihren Wohnsitz frei wählen. Werden Asylanträge aber abgelehnt, ist es in der Regel so, dass Klagen vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht angestrengt werdend, die normalerweise jeweils ein halbes Jahr dauern, sodass in fast allen Fällen nach etwa zwei Jahren das Asylverfahren abgeschlossen ist. Allein schon diese Zeitfolge - zwei Jahre - führt dazu, das Ihre Forderung, die Menschen sollen spätestens nach einem Jahr die Landesaufnahmestelle verlassen, schon aus praktischen Gründen Unsinn ist. Sie wissen genau wie ich, dass über 90 Prozent der Asylanträge abgelehnt werden und die Verfahren sich deshalb so lange hinziehen.

Zur Aufenthaltsdauer ist Folgendes zu sagen. Rund 360 Personen befinden sich seit zirka zwei Jahren in der Landesaufnahmestelle. Dieser Personenkreis befindet sich noch im Asylverfahren oder ist kurz vor

Beendigung des Asylverfahrens. Darüber hinaus leben dort bis zu drei Jahre 50 Personen, bis zu vier Jahre 62 Personen, bis fünf Jahre 29, bis sechs Jahre 64, bis sieben Jahre 53, bis acht Jahre 79, bis neun Jahre 38, bis zehn Jahre 63, bis elf Jahre 16, bis 12 Jahre 12 Personen, bis dreizehn Jahre 1 Person und über dreizehn Jahre sind es zwei Personen. Dazu muss man sagen, dass diese Personen zum größten Teil das Land verlassen müssten. Sie sind vollziehbar ausreisepflichtig, sind aber nicht gewillt auszureisen. Ihr Aufenthalt kann durch eine Abschiebung nicht beendet werden, weil in der Regel keine Pässe vorliegen. Ohne Pass kann niemand abgeschoben werden. Man muss auch feststellen, dass die meisten Personen selbst dazu beigetragen haben, dass keine Papiere vorhanden sind. Und sie wissen genau, dass sie deshalb nicht abgeschoben werden können. In dem Zusammenhang muss die Frage erlaubt sein, ob diejenigen, die nach einem abgelehnten Asylverfahren das Land wieder verlassen, die Gelackmeierten sind, und diejenigen, die unser Land an der Nase herumführen, indem sie ihre Pässe verstecken oder wegwerfen, die Gewinner. Müssen die nachträglich belohnt werden? Diese Frage müssen wir uns stellen.

Da von interessierter Seite oftmals so getan wird, als wären wir Unmenschen und würden willkürlich handeln, wollte ich noch einmal auf diese Fakten und Tatsachen hinweisen. Ich vergesse dabei nicht, dass es sich um Menschen handelt und dass Kinder dabei sind, die dort wohnen und für ihre Situation nichts können und dass Menschen dort wohnen, die unverschuldet in diese Lage gekommen sind. Denen muss man, zumindest solange sie hier sind, im Rahmen unserer Möglichkeiten helfen und wir helfen auch.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Verbesserungen vorgenommen. Gestatten Sie mir, dass ich ein paar Beispiele hier anführe. Bis 1999 lebten bis zu sechs Einzelpersonen oder Familien in einem Zimmer. Seit 2009 sind es noch zwei Personen pro Zimmer. Jede Familie hat ihre abgeschlossene Wohneinheit. Dies ist natürlich auch möglich geworden - das will ich hier nicht verschweigen -, weil die Belegungszahlen zurückgegangen sind. Aber die Verbesserungen, die tatsächlich für die Menschen, die dort wohnen, eingetreten sind, sind gegenüber 1999 enorm. Familien haben Anspruch auf eine abgeschlossene Wohnung. Je nach Anzahl der Familienmitglieder erhalten sie Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern, Küche, WC und Flur.

Die ausgegebenen Essenspakete sind wesentlich variabler, als das in den früheren Jahren der Fall war. Die Zusammenstellung der Verpflegung erfolgt auf der Grundlage der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernähung. Diese Empfehlungen sind speziell für Asylbewerber erarbeitet worden.

Der Verpflegung liegt ein Vier-Wochen-Plan zugrunde, wonach sich die aus den Lebensmitteln zubereiteten Mahlzeiten nicht wiederholen. Es werden auch Menüvorschläge gemacht, auf Anregung er Bewohner werden auf Wunsch zusätzliche Nahrungsmittel wie zum Beispiel Öl, Mehl, Zucker, Reis, Bulgur und Getränke ausgegeben. Wir haben individuelle Verpflegungsformen. Ich will hier einmal einige nennen, um mit einer Mär aufzuräumen: Es gibt Kost für Moslems speziell für alleinstehende Personen, es gibt Kost für Hindus ohne Rindfleisch speziell für alleinstehende Personen, Kost für Christen für alleinstehende Personen, Kost für europäische Christen, Kost für Christen aus Vietnam, Sri Lanka, Ostasien, Kost für europäische Moslems, Kost für afrikanische Moslems, Kost für Moslems aus Ostasien, Kost für Moslems aus arabischen Ländern, Kost für Moslems speziell für große Familien, Kost für Christen speziell für große Familien, Kost ohne Fleisch mit Fisch speziell für Vegetarier, Kost für Kinder von ein bis drei Jahren, Kost für Kinder von vier bis fünf Jahren, Zusatzkost für Kinder bis 12 Jahre, Zusatzkost für Jugendliche von 13 bis 18 Jahren, Kost für Stillende, Kost für Schwangere, Kost für Babys bis vier Monate, Kost für Babys von fünf bis 15 Monaten nach Bedarf, Schon- und Diätkost usw. usw. Auf Wunsch der Bewohner wurde die Zusammenstellung der Nahrung immer wieder angepasst. Es steht der Vorschlag im Raum, einen Beirat zu installieren, der dafür Sorge tragen soll, dass den Bewohnern ein erweitertes Mitspracherecht bezüglich der Zusammenstellung der Lebensmittel eingeräumt werden kann. Darüber hinaus soll das Warenangebot noch erweitert werden. Bei all dem von einseitiger Ernährung zu sprechen oder davon, dass man den Bewohnern dort irgendetwas vorsetzt, ist völlig absurd und aus der Luft gegriffen und entspricht absolut nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Aufnahmestelle.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

An diesem Sachleistungsprinzip werden wir auch weiterhin festhalten. Es gibt gute Gründe, die uns dazu bewegen, weiterhin keine Geldleistungen, sondern Sachleistungen zu geben.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Steht das schon fest?)

Ich möchte hier einmal erwähnen, dass die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen in den Neunzigerjahren passiert ist. Das war also zu einer Zeit, als diejenigen regiert haben, die heute hier die Sachleistungen abschaffen und wieder Geldleistungen einführen wollen. Es war keine Erfindung der CDU, von Geld- auf Sachleistungen umzustellen, aber ich sage heute noch - obwohl wir es nicht gemacht haben, sondern die damalige SPD-Landesregierung unter Führung von Herrn Lafontaine -, es war richtig, was damals gemacht wurde, weil gute Gründe dafür sprachen und diese Gründe gibt es heute immer noch. Die Geldleistungen wurden nämlich nicht für

(Abg. Becker (CDU) )

den vorgesehenen Zweck der Versorgung verbraucht. Die Versorgung von Frauen und Kindern war nicht mehr gewährleistet, weil das Geld an Clanchefs abgegeben wurde. Das war einer der wesentlichen Gründe, warum wir Anfang der Neunzigerjahre von Geld- auf Sachleistungen umgestellt haben. Unsere Nachfrage in der Anhörung, ob dies heute noch der Fall ist, hat man uns im Ausschuss eindeutig beantwortet. Die Strukturen sind heute noch genauso, wie sie damals waren. Durch die Sachleistung stellen wir sicher, dass Frauen und Kinder vom ersten Tag bis zum letzten Tag des Monats versorgt sind.

Die Bewohner in der Landesaufnahmestelle sind so verunsichert, dass sie sich nicht an Sicherheitskräfte wenden, sondern an die Bediensteten. Sie wenden sich vertrauensvoll an die Bediensteten, weil sie Angst haben vor Repressalien der Clanchefs. Das ist in der Aufnahmestelle gang und gäbe. Es ist schlimm! Wir können wenig dagegen tun, aber eines können wir tun. Wir können verhindern, dass Geld an andere zwangsweise abgeführt wird. Und das Sachleistungsprinzip hilft uns das zu verhindern. Aber, meine Damen und Herren, neben der wohnlichen Verpflichtung und dem Sachleistungsprinzip gibt es noch einen weiteren Aspekt von besonderer Art in Lebach, und zwar die Arbeit der Wohlfahrtsverbände, die dort Großartiges leisten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Und da meine ich nicht den Flüchtlingsrat, dessen Aufgabe sich offensichtlich darauf beschränkt, miese Bilder zu machen, Leute aufzuwiegeln oder Demonstrationen zu veranstalten. Hilfe für die Menschen, insbesondere für Kinder, das machen andere wie Caritas, das Deutsche Rote Kreuz oder das Diakonische Werk. Die engagieren sich wirklich dort. Und obwohl für Asylbewerber und abgelehnte Asylbewerber kein gesetzlicher Anspruch auf Integrationsmaßnahmen besteht, werden diese Institutionen tätig und helfen den Menschen in ausgezeichneter Weise. Zum Beispiel in der Kindergartenbetreuung mit Sprachförderung. Derzeit besuchen 38 Kinder aus der Einrichtung die Kindertagesstätte der Caritas, davon 35 den Kindergarten, zwei davon die Kindertagesstätte und ein Kind die Kinderkrippe. Wir haben die Hausaufgabenhilfe für alle Schulkinder. Derzeit nehmen alle Kinder, die die Grund- und Hauptschule besuchen, auch an der Hausaufgabenhilfe der Caritas teil. Im Gegensatz zum landesweiten Trend, wonach 45 Prozent aller türkischen Kinder im Saarland ohne Hauptschulabschluss sind, führt diese Förderung zu guten Hauptschulabschlüssen, mittleren Bildungsabschlüssen und sogar zur Fachhochschulreife.