Protocol of the Session on September 15, 2010

Ich habe mitbekommen, dass die Hamburger eine solche Stelle eingerichtet haben. Ich weiß aber auch, dass alle anderen das nicht gemacht haben, weder die Berliner noch die Bremer, die ja die entsprechenden Gesetze schon verabschiedet haben.

Sie haben ja auch von Rheinland-Pfalz und anderen gesprochen, die schon seit Ewigkeiten über Tariftreue reden, aber nicht in die Gänge kommen. Ich gehe mal davon aus, dass Herr Beck jetzt in die Gänge kommt, um vor den Wahlen noch schnell das Fähnchen hochhalten zu können, dass er ein Tariftreuegesetz gemacht hat. Ich sage Ihnen aber auch, dass es in der Form, in der es letztlich wohl verabschiedet wird, in einzelnen Punkten, auf die ich noch eingehen werde, nicht gerichtsfest sein wird.

Nun gut, die Hamburger haben eine solche Behörde eingeführt. Das ist unstrittig. Es liegen aber noch keine Erfahrungen vor, wie man dort mit der Aufgabe zurechtkommt. Wir sehen uns nicht in der Lage, noch eine Ausweitung vorzunehmen. Das ist aber doch auch gar nicht Sinn und Zweck des Gesetzes. Wir haben ein Vergabeverfahren gewählt, bei dem der Auftraggeber, die Verwaltung also, in die Lage versetzt wird, die Einhaltung der in diesem Gesetz enthaltenen Regelungen ordentlich zu prüfen, einer ordentlichen Kontrolle zu unterziehen. So, wie das Gesetz formuliert ist, kann dies auf eine für die Unternehmen möglichst unbürokratische Art und Weise erfolgen.

Meine Damen und Herrn, sprechen wir über den Bürokratieaufwand, den dieses Vorhaben mit sich bringt. Ich will die einzelnen Punkte, die der Kollege Roth genannt hat, aufgreifen. Ich kann feststellen, dass wir auch in diesem dritten Anhörungsverfahren gut zugehört haben. Wir haben keineswegs gesagt, dass es ja schon zwei Anhörungsverfahren gegeben habe und es deshalb keinen Änderungsbedarf geben könne. Sie haben einen Aspekt ja schon erwähnt, dass wir das „Verfallsdatum“ von 2015 auf

(Abg. Wegner (CDU) )

2020 verschoben haben. Herr Kollege Roth und auch andere Redner haben in der Debatte am heutigen Morgen die Frage aufgeworfen, warum man für ein Gesetz einen Endzeitpunkt festsetzen sollte. Nun, das geschieht doch nicht, um es zu diesem Zeitpunkt abzuschaffen, um zu sagen, dass das Gesetz ab diesem Zeitpunkt unnötig sei. Sie brauchen diesbezüglich auch keine Verfassungsklage zu erheben. Das, was Sie dazu erzählen, sind, wenn ich das einmal ein wenig despektierlich formulieren darf, alles Kinkerlitzchen.

Es geht beim „Verfallsdatum“ darum, den Parlamentariern, die 2020 nicht mehr Roth und Wegner heißen mögen, die Möglichkeit zur Überprüfung zu geben, was an dem Tariftreuegesetz geändert werden kann, was verbessert werden kann, wo Lücken entstanden sind, die das Gesetz unwirksam machen, was insgesamt verbessert werden kann. Vielleicht wird man dann auch EU-rechtlich einen Stand erreicht haben, angesichts dessen man die saarländische Regelung gar nicht mehr braucht. Vielleicht wird es dann andere Mechanismen geben, durch die das Erreichen des Zieles gewährleistet wird.

Diese Überlegung steht nicht nur hinter der Befristung beim Tariftreuegesetz, sondern auch hinter den Befristungen anderer Gesetze. Eigentlich handelt es sich um eine Stärkung des Parlamentes, wenn nach fünf oder zehn Jahren eine Regelung dahingehend überprüft wird, ob sie noch passgenau ist. Man muss sich dann eben fragen, ob sich die Lebenswirklichkeit nicht doch verändert hat, ob nicht an der einen oder anderen Stelle nachgebessert werden muss. Angesichts dieser Überlegungen erscheint die von Ihnen heute Morgen zum Thema „Befristung von Gesetzen“ losgetretene Debatte nur lächerlich. Ich möchte Sie bitten, diesbezüglich zu einer sachlicheren Diskussion zurückzukehren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zurufe von der Opposition.)

Wir haben zu diesem Gesetz viele Diskussionen geführt. Wir haben beispielsweise auch die Forderung, die Anregung der Gewerkschaft Transnet, Präqualifikationsverfahren vorzusehen, zur Kenntnis genommen. Wir haben diesbezüglich nun nicht etwa ideologisch blind gesagt, dass das nichts sei. Nein, wir haben uns das betrachtet und festgestellt, dass das wirklich eine Herangehensweise ist, mit der der bürokratische Aufwand sowohl der Unternehmen als auch der Verwaltung reduziert werden kann. Das Präqualifikationsverfahren erscheint uns als eine richtige und gute Sache. Wir haben deshalb im Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, Präqualifikationsverfahren durchzuführen.

Im Gegensatz zu Ihnen hatten wir die ILO-Kernarbeitsnormen in unserem Gesetzentwurf schon berücksichtigt. Wir hatten die Umweltkriterien aufge

nommen, die Sie im Änderungsantrag für Ihr eigenes Gesetz letztlich wortgleich übernommen haben. Ich möchte betonen, dass dieses Gesetz nicht einmal schnell irgendwie zusammengeschrieben worden ist. Das Parlament hat daran gearbeitet, und zur Verabschiedung liegt nunmehr ein gutes und vor allem auch praktikables Gesetz vor.

Sie sprachen die Wertung unangemessen niedriger Angebote an. Nun, das hatten doch wir als Erste in unserem Gesetzentwurf berücksichtigt! Wir haben nicht, wie Sie das gemacht haben, eine Zehn-Prozent-Marke installiert. Derjenige, der die Vergabe vornimmt, kann aber nach unserem Entwurf bei einem unangemessen erscheinenden Angebot genau überprüfen, ob das Angebot über Lohndumping erstellt wurde, ob das Angebot fehlerhaft ist. Das alles ist doch in unserem Entwurf enthalten. Das, was Sie zu unserem Entwurf aufgebaut haben, sind doch alles Schimären; das stimmt doch so alles nicht.

Reden wir über die Sanktionen. Sie wissen, dass in unserem ersten Entwurf noch andere Regelungen enthalten waren. Die VSU und die Wirtschaftskammern haben uns aber auf einen „Fehler“ aufmerksam gemacht. Bundesrecht bricht Landesrecht, und wir können daher in diesem Fall mit unseren landesrechtlich verankerten Sanktionen nicht über die bundesrechtlich vorgesehenen hinausgehen. Ich will es noch einmal betonen, dass wir ein gerichtsfestes und auch praktikables Gesetz erstellen wollen. Das ist unsere Prämisse. Nicht „light“ oder „heavy“ lautet die Devise. Es geht darum, ein gutes, richtiges und praktikables Gesetz zu schaffen. Das war die entscheidende Maßgabe, die wir bei der Erstellung des Gesetzentwurfes bedacht haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich möchte nun noch einen Satz zur Vergabehöhe sagen. Sie vertreten die Auffassung, dass der Wert von 50.000 Euro zu hoch angesetzt sei. Sie möchten 20.000 oder 10.000 Euro als Grenze vorsehen. Ich darf Sie daran erinnern, dass auch in Ihrem ersten Entwurf, den Sie gemeinsam mit unserem Entwurf hier eingebracht haben, die 50.000-Euro-Marke vorgesehen war. Warum diese 50.000-Euro-Grenze? Wir wollen einen nicht zu hohen bürokratischen Aufwand.

Haben Sie sich aber auch unseren Änderungsantrag angeschaut? Wir haben darin klar formuliert, unter § 1 d): „In dem neuen Absatz 5 wird folgender Satz 3 angefügt: ‚Der Wert eines beabsichtigten Auftrages darf nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, den Auftrag der Anwendung dieses Gesetzes zu entziehen.’“

Das heißt, wir wollen die Vergabestelle ganz klar dazu anhalten, nicht Vergabeverfahren zu machen für 49.990 Euro, sondern sie soll die Kriterien so anlegen, dass dieses Gesetz auch zum Tragen kommt.

(Abg. Wegner (CDU) )

Wir wollen keine Ausweichkriterien, aber wir wollen auch nicht für einen Auftrag über 5.000 oder 10.000 Euro einen Aufwand treiben, der letztendlich der Sache schadet. Von daher, glaube ich, dass wir hier genau den richtigen Weg gehen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Roth (SPD) : 20.000.)

Sie haben „20.000“ gesagt? Ich glaube, von der LINKEN kam „10.000“. Ich habe es auf jeden Fall irgendwo gelesen. Es kann aber sein, dass ich mich irre. Ich weiß es nicht genau.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es zu Anfang schon einmal gesagt: Wir haben hier ein Tariftreuegesetz gebastelt, gebaut,

(Zuruf von der LINKEN: Gebastelt!)

das den Anforderungen der Lebenswirklichkeit draußen gerecht wird. Das ist nicht „light“, das ist nicht „heavy“, sondern das ist anwendbar. Ich glaube, dass wir hier den richtigen Weg gegangen sind. Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Rolf Linsler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten gehofft, ja erwartet, dass nach den Sitzungen im zuständigen Ausschuss ein echtes Tariftreuegesetz herauskommen würde. Ein echtes Tariftreuegesetz, bei dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die davon erfasst werden, einen größeren Schutz erwarten könnten. Allerdings: Außer Kleinigkeiten ist wenig dabei herausgekommen. Ich nenne als Beispiel den § 12 mit der Verlängerung der Befristung von 2015 auf 2020. Heute Morgen ist von vielen Rednerinnen und Rednern die Sinnhaftigkeit einer Befristung von Gesetzen infrage gestellt worden. In diesem Fall bringt es überhaupt nichts. 2020 haben wir vielleicht die dritte neue Regierung, vielleicht auch schon mehr, ich weiß es nicht. Das ist eine andere Zeit. Wer dann etwas ändern möchte, der kann das sowieso, da brauche ich keine vorgeschriebene Befristung in einem Gesetz, die sagt: „Dann-und-dann läuft es aus“. Das ist der Punkt!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Schmitt, ich komme gleich dazu. - Einer der zentralen Punkte in meinen Augen ist, welcher Tarifvertrag bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im ÖPNV gilt. Es wird ja viel darüber geredet, was hier

richtig oder falsch ist. Im Grunde genommen ist die Sache ganz einfach. Wenn es in einem Betrieb einen Tarifvertrag gibt - es gibt ja auch Betriebe, die keine Tarifverträge haben -, dann muss der Tarifvertrag zählen - das leuchtet im Grunde genommen jedem ein -, unter den die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fallen. Das ist doch logisch! Alles andere -

Herr Wegner, Sie schütteln den Kopf. Wir wollen keine Tarifverträge, die vom Vizepräsidenten der Handwerkskammer diktiert werden. Das wollen wir nicht!

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir wollen frei ausgehandelte Tarifverträge, da ist es recht und billig, dass derjenige Tarifvertrag zählt, der für den Betrieb repräsentativ ist.

Einer der wesentlichen Punkte - auf den sind Sie ja eingegangen, Herr Wegner - ist, dass der Tarifvertrag nur für das Fahrpersonal im ÖPNV gilt. Wissen Sie denn überhaupt, wie es in so einem Betrieb aussieht, Herr Wegner?

(Abg. Wegner (CDU) : Ja!)

Wir können gerne mal zusammen hingehen; ich führe Sie mal hin. Dann wissen Sie es.

(Mehrere Zurufe von der CDU. - Zuruf von der CDU: Er hat einen Betrieb!)

Ja, aber einen anderen.

(Zuruf von der CDU: Aber er hat einen Betrieb.)

Wenn ein Gesetz vorsieht, dass im Tarifvertrag nur das zählt, was für eine bestimmte Gruppe der Beschäftigten gilt, heißt das doch im Klartext, dass Sie den Unfrieden in den Betrieb hineinbringen. Der, der in der Werkstatt den Bus repariert, bekommt weniger Urlaub, weniger Zulage und so weiter als der, der den Bus fährt. Das bringt Unfrieden in den Betrieb! Sie haben doch gerade gesagt, Sie kennen sich da aus. Dann müssen Sie das doch wissen! Ich war 20 Jahre Gewerkschaftsvorsitzender, ich sage Ihnen das!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich bin enttäuscht darüber. Es gibt auch in der Regierungskoalition Leute, die das mit Sicherheit nicht so sehen wie Sie, Herr Wegner. Die gibt es bestimmt. Aber die haben in meinen Augen einen Kniefall gemacht, nicht vor Ihnen, sondern vor den Arbeitgebern. Das ist der Punkt. Sonst hätte es doch überhaupt keine Diskussion darüber geben dürfen, dass man den Tarifvertrag zur Geltung bringt, der die Mehrheit erfasst.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Da wir im Saarland den prozentual gesehen größten Niedriglohnsektor haben und auch die Leiharbeit im Vergleich zu den anderen Bundesländern bei uns

(Abg. Wegner (CDU) )

sehr stark vertreten ist, hätte doch eigentlich ausreichen müssen, dass wir einen Mindestlohn vorsehen. Die Chance wäre da gewesen. Dieses Hohe Haus hat die Chance, endlich zu ermöglichen, dass schwarze Schafe, die es ja auch bei den Unternehmen gibt - das ist sicherlich unstrittig -, die rote Karte gezeigt bekommen. 8,50 Euro sind in meinen Augen zu wenig, aber ich schließe mich dem an, was die Mehrheit in der Opposition sagt. Für 8,50 Euro hätte sich doch niemand was vergeben! Wir hätten dann die Leute, die in Leiharbeit sind, geschützt und hätten dafür gesorgt, dass der Niedriglohnsektor im Saarland zurückgedrängt wird. Auch der Ministerpräsident hat gesagt, dass er sich dafür einsetzen will. Sie haben die Chance in meinen Augen nicht genutzt. Somit wird der Niedriglohnsektor im Saarland so bleiben, wie er ist, und die Leiharbeit ebenfalls. Das ist der falsche Weg!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Schließlich geht es um die Überprüfung der Kontrollmechanismen. Es wäre doch wirklich kein Problem, eine Kontrollkommission zu schaffen, die überwacht, was im Gesetz steht, zumal man die Erfahrung gemacht hat, dass es nötig ist, beim ÖPNV genauer hinzuschauen. Ich will keine Beispiel aus der letzten Zeit nennen, was Verkehrsunfälle oder sonstige Verstöße angeht, aber Sie wissen, wovon ich rede; wir lesen ja alle die Zeitung. Wir hätten da auch einen Ansatzpunkt, um das einzudämmen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass man sich in diesem Hohen Hause nicht durchringt, Nägel mit Köpfen zu machen und ein Gesetz zu machen, mit dem beide Regierung und Opposition - glänzen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)