Protocol of the Session on September 22, 2017

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Das kam von den Schulleitern!)

Der Antrag der AfD greift mir da viel zu kurz.

In einer Zeit, in der Mittel endlich sind, müssen die vorhandenen Mittel zielgenau eingesetzt werden. Wie gesagt: Ich halte es für wichtig, dass wir im Grundschulbereich anfangen, damit es gar nicht erst zur Eskalation kommt. Wir müssen die Schüler von Anfang an unterstützen.

Vielleicht noch ein Wort zum Verein „Schulen am Wind“, mit dessen Initiative Sie Ihren Antrag begründet haben. Dieser Verein hat sich im Dezember 2016 gegründet, das hat Kollege Habersaat richtig formuliert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Gemeinschaftsschulleiter als Landesbeamte einen Weg suchen mussten, damit sie endlich gehört werden und ohne Angst, von ihrem Dienstherren dafür gemaßregelt zu werden, sagen dürfen, um was es geht.

(Vereinzelter Beifall AfD - Dr. Frank Bro- dehl [AfD]: Das ist der Punkt!)

Da müssen sich die Verantwortlichen der letzten Regierung schon fragen, was das für eine Aussage ist.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Wir müssen uns fragen, wie Gemeinschaftsschule aufgestellt ist. Ist es wirklich richtig, wie wir da vorangehen? Wir wollen die Gemeinschaftsschule stärken und nicht kaputt machen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen die Gymnasien und alle anderen Schulformen gleichmäßig und gerecht behandeln und nicht Schule gegen Schule ausspielen, wie es leider in Ihrem Beitrag anklang. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

Vielen Dank, Herr Landtagspräsident! - Sehr geehrte Damen und Herren! Uns allen ist längst bewusst, dass wir Schulen im Land haben, die vor anderen oder größeren Herausforderungen stehen als andere. Der SSW hat dieses Thema zum Beispiel im Wahlprogramm zur Landtagswahl aufgegriffen. Hier sagen wir klar und deutlich, dass wir Schulen, die besondere Aufgaben im Bereich der Inklusion, bei der Integration Geflüchteter oder durch Schüle

rinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen haben, durch zusätzliche Personalressourcen unterstützen müssen. Ich denke, dass diese Formulierung eines verdeutlicht: Aus unserer Sicht stehen Schulen aller Schularten aus vielfältigen Gründen vor solchen besonderen Aufgaben. Es geht also um deutlich mehr als um Herausforderung durch einzelne Schülergruppen wie etwa jene mit Migrationshintergrund.

Für den SSW ist damit klar, dass wir die betreffenden Schulen auch durch ganz unterschiedliche Maßnahmen stärken müssen. Das Ganze auf die Frage der Klassengröße zu reduzieren, wird der Sache definitiv nicht gerecht. Diese Schulen brauchen zuallererst die nötige Luft, um entsprechende pädagogische Konzepte zu erarbeiten. Hier spielen Sprache oder kulturelle Kompetenzen eine wichtige Rolle. Außerdem müssen wir die Lehrerinnen und Lehrer spürbar entlasten, damit sie zum Beispiel zusätzliche Gespräche mit Jugendämtern oder Eltern führen können. Auch die Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene muss noch enger werden, um die Schulsozialarbeit weiter zu stärken oder die Rahmenbedingungen für den inklusiven Unterricht zu verbessern. Unsere Lehrkräfte brauchen ganz grundsätzlich auch einen besseren Zugang zu Supervision und Fortbildung, um dem Bedarf entsprechend unterrichten zu können.

Wir alle können uns grob vorstellen, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang sinnvoll sind. Doch halten wir es für wichtig, hier sehr genau hinzuschauen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, einen Sozialindex zu erarbeiten. Auf dieser Grundlage sollen dann die entsprechenden zusätzlichen Ressourcen an die Schulen im Land verteilt werden. Ich habe zwar schon einige Dinge angesprochen, die ich für dringend notwendig halte, aber letztlich müssen wir genau ermitteln, was unsere Schulen und unsere Lehrkräfte brauchen, um wirklich allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden. Mit anderen Worten: Wir müssen genau herausfinden, was nötig ist, damit alle Schülerinnen und Schüler zu ihrem Recht auf gute Bildung kommen.

Eines ist klar: Am Ende muss jeder die Kriterien für die Verteilung dieser zusätzlichen Ressourcen nachvollziehen können. Sie müssen messbar und vergleichbar sein und den konkreten Bedarf der Schule so genau wie möglich dokumentieren. Hier spielt die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine herausragende Rolle. Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder derjenigen, die Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs

(Anita Klahn)

und Teilhabepaket haben, muss hier entsprechend berücksichtigt werden.

Wenn es um gerechte Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen geht, hat das Land eine ganz besondere Verantwortung. Hier haben wir zwar viel bewegt, aber trotz aller Fortschritte gelingt es leider längst nicht immer, alle sozialen Nachteile auszugleichen. Für den SSW liegt deshalb auf der Hand, dass der Bund stärker an der Finanzierung beteiligt werden muss, und zwar nicht nur da, wo unsere Schulen im weitesten Sinne Integrationsaufgaben wahrnehmen, sondern grundsätzlich. Denn wir stehen hier nicht zuletzt aufgrund steigender Schülerzahlen oder bei der digitalen Bildung vor großen Herausforderungen.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Zuerst hat das Wort der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl von der AfD-Fraktion.

Herr Habersaat, ich weiß durchaus, wovon ich spreche. Ich habe es schon einmal gesagt: Ich war, bevor ich hier hergekommen bin, wie Sie Lehrer, 20 Jahre lang.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was hat es ge- nutzt?)

Ich habe in Schulämtern miterlebt, was es heißt, wenn sich Schulleiter bei Schulräten gemeldet und versucht haben, auf Probleme hinzuweisen. Sie wurden manchmal in einer Art und Weise abgewatscht, das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich war bei so etwas dabei, weil ich in beratender Funktion tätig war.

Diese Schulleiter, die sich jetzt gemeldet haben - ja, sie haben sich erst jetzt gemeldet -, haben wirklich Mut bewiesen. Sie, Herr Habersaat, berichten, dass Sie den Verein schon lange kennen, seit 2016. Das macht es doch nicht besser. Das ist sogar noch schlimmer. Das macht mich richtig fassungslos, dass Sie das nicht umgesetzt haben, dass Sie nicht auf das eingegangen sind, was diese Schulleiter gewünscht haben. Diese sind jetzt über die Presse gegangen. Das heißt etwas. Sie haben viel Mut bewiesen. Das konnten sie nur in dem Zeitfenster machen, als die Wahlen stattfanden - ganz bestimmt.

Frau Strehlau, Sie sprechen davon, dass die Klassengröße nicht entscheidend ist. Sie haben Recht, wenn ich mir die Hattie-Studie ansehe. Das stimmt. Das stimmt vor allen Dingen dann, wenn es sich um eine homogene Klassenzusammensetzung handelt. Je heterogener die Klasse ist, desto mehr ist es ein Aspekt von Unterrichtserfolg und Erziehungserfolg.

Die Zahl 18 habe ich nicht erfunden. Sie stammt von „Schulen am Wind“. Ich kann sie durch meine eigene Erfahrung durchaus unterstreichen. Noch einmal ganz klar: Das war ein Faktor, den ich genannt habe. Natürlich ist das kein Allheilmittel. Es war eine Möglichkeit, wie man rasch und schnell reagieren kann.

Noch einmal zu Ihnen, Herr Habersaat. Sie orakeln darüber, ob sich jemand vor den Karren der AfD spannen lässt. Das tut hier gar nichts zur Sache. Gerade wenn Sie den Verein schon kannten und den Artikel - er war mit großen Bildern in der Zeitung abgedruckt - gelesen haben, frage ich: Warum haben Sie dann nicht reagiert? Das verstehe ich nicht.

Wissen Sie, was mich in die Politik gebracht hat, in die sogenannte AfD? - Ihre sogenannte Bildungspolitik. Dabei war nicht alles schlecht, um Himmels willen. Ich will einmal ein Beispiel aus meiner Schulzeit nennen. Als 2015 die Flüchtlingskrise auf dem Höhepunkt war, hat meine Schule sehr schnell und sogar unbürokratisch mehr Lehrer zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir das überhaupt stemmen konnten. Ich bin der Letzte, der alles schlechtredet.

Noch einmal kurz zu Jamaika. Ich finde es gut, dass Sie das Konzept schon im Koalitionsvertrag angesprochen haben. Es geht mir insbesondere um den Zeitraum 3. Quartal 2018. Das ist zu spät. Die Probleme liegen auf dem Tisch. Deshalb noch einmal: Lassen Sie uns jetzt handeln und reagieren, und zwar so, dass diesen Schulen schnell geholfen wird. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Jetzt hat das Wort der Herr Abgeordnete Jörg Nobis von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich erkenne schon wieder diesen eigentümlichen parlamentarischen Reflex: Es liegt ein guter AfD-Antrag auf dem Tisch, und:

(Jette Waldinger-Thiering)

„Oh Gott, um Himmels willen, was machen wir nun?“ - Schnell wird ein Alternativantrag geschrieben, „Sozialfaktor“ wird durch „Sozialindex“ oder „Bildungsbonus“ ersetzt, und schon können wir auf den AfD-Antrag einschlagen.

Glauben Sie wirklich, dass der Wähler dieses Spiel nicht durchschaut? Glauben Sie das wirklich? Aber egal, ewig werden Sie dieses Spiel nicht spielen können.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist kein Spiel!)

Herr Habersaat, zu Ihnen: Professionelle Berufsschönredner haben wir in den Parlamenten schon genug.

Wer hat denn in den letzten fünf Jahren in Schleswig-Holstein regiert? Es war doch die SPD, es waren die Grünen, und es war auch der SSW.

Gemäß Bildungsmonitor 2016 - nun zur Sache! belegt Schleswig-Holstein im Gesamtranking einen schlechten 13. Platz von allen Bundesländern. Nur Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin sind noch schlechter.

Bei den Bildungsausgaben hat uns die Küstennebelkoalition sogar zum Schlusslicht in ganz Deutschland gemacht. Platz 16 in Bezug auf die Bildungsausgaben pro Schüler mit lediglich 6.300 € je Schüler.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das können Sie im Bildungsmonitor 2016 nachlesen, Herr Kubicki. - Schuld an diesen Zahlen haben die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SSW.

Auch beim Beitrag des Bildungssystems zur Ausbildung des akademischen Nachwuchses in den sogenannten MINT-Fächern - das sind Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik -, das sind die wichtigen Fächer, mit denen man nach dem Studium auch etwas erreichen kann und einen Job bekommen kann und nicht als Sozialpädagoge Taxi fahren muss, belegt Schleswig-Holstein den letzten Platz von allen 16 Bundesländern.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Einen schlechten 13. Platz erreicht Schleswig-Holstein ebenfalls bei der Schulabbrecherquote von ausländischen Jugendlichen, Herr Habersaat. Fast 14 % der ausländischen Schüler brechen die Schule ab. Nur Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind noch schlechter.

Auch bei der Abiturientenquote von Ausländern an den allgemeinbildenden Schulen belegen wir in Schleswig-Holstein einen ganz schlechten 12. Platz.

Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass wir da gegensteuern, Herrn Habersaat. Deswegen beantragen wir die Überweisung unseres Antrags in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Bevor gleich der Herr Abgeordnete Martin Habersaat das Wort hat, begrüßen Sie bitte mit mir gemeinsamen Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Plön sowie Damen und Herren aus Rickert bei Rendsburg. - Herzlich willkommen im Landtag!