Protocol of the Session on May 8, 2020

Wir können feststellen, dass eines der wichtigsten Vorhaben der damaligen Küstenkoalition seine Bewährungsprobe bestanden hat. Wir haben damals ein gerechtes und verfassungskonformes System für einen neuen kommunalen Finanzausgleich geschaffen. Einige wenige Punkte sind noch durch das Landesverfassungsgericht hinterfragt und jetzt beantwortet worden.

Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden, dass der neue kommunale Finanzausgleich auch wechselnde Mehrheiten und einen Regierungswechsel überstanden hat und so in den Grundprinzipien hoffentlich noch längere Zeit fortgelten kann. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Kurzbeiträgen. - Das Wort hat der Abgeordnete Martin Habersaat.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist interessant, dass es der CDU gelingt, aus dem letzten FAG ein SPD-Gesetz zu machen. Dann kritisiere ich heute einmal nur den CDU-Teil.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Herr Koch, Sie verfehlen Ihre eigenen Versprechen um mindestens 75 Millionen €. Sie haben Wissenschaftlichkeit versprochen und liefern Deals, Schätzungen und vage Annahmen.

(Beifall SPD)

Aus verschiedenen Gründen hätte ich Lust, intensiv darauf einzugehen, aber ich will jetzt vor allem zum Bereich Schule und zur Frage sprechen, was sich durch Corona ändert und warum sich das nicht nur kurzfristig ändert, sondern warum wir über langfristige Änderungen sprechen müssen.

Im Februar habe ich die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage gefragt, welche Vorgaben des Landes es für die Schulträger gibt, was die Räume an Schulen angeht. Die Antwort war: Eigentlich keine, die Schulträger sind zuständig, die Schulen mit Räumen auszustatten; die einzigen Vorgaben, die das Land macht, betreffen den Brandschutz und die Rettungswege.

Jetzt reden wir über Abstände von Schülerinnen und Schüler auf Gängen, wir reden über nötige Flächen in Klassenräumen, wir reden über Einzelarbeitsplätze, wir reden darüber, wie Räume belüftet werden, wir reden darüber, dass es oft kein warmes Wasser an den Schulen gibt, wir reden darüber, dass es manchmal keine Seife an den Schulen gibt. Das alles sind Themen, die die Schulen hoffentlich auch dann noch bewegen werden, wenn die akute Coronapandemie überwunden ist. Das sind nämlich Fragen, die langfristig gelöst werden müssen.

Corona zwingt uns, über Punkte, die wir schon lange kennen, neu nachzudenken. Wir haben schon oft darüber diskutiert, ob es verantwortbar ist, dass die Kinder im Schulbus nicht alle einen Sitzplatz haben und bestenfalls angeschnallt sind. Jetzt müssen wir uns umso mehr fragen: Können wir noch länger Stehplätze und Gedränge in Schulbussen zulassen, oder müssen wir da neu steuern?

Können wir die sanitären Einrichtungen wirklich so lassen, wenn unsere Kinder, Lehrerinnen und Lehrer und andere, die in Schule arbeiten, mehr als die Hälfte des Tages in der Schule verbringen? Dann darf das so doch nicht bleiben.

Wie sieht es mit der Quadratmetergröße pro Kind aus? Die Fläche muss doch größer sein, als ein Zuchtschwein im Stall zugestanden bekommt. Es muss Gruppenräume geben, um Klassen teilen zu können, und, und, und.

Was den virtuellen Unterricht angeht, haben wir festgestellt, dass das nicht voraussetzungsfrei ist. 150 € pro Schüler sind im Prinzip gut, decken aber

(Lars Harms)

bei Weitem nicht alles ab. Woher kommen die Geräte für die Schülerinnen und Schüler? Liebe Landesregierung, ist das Aufgabe der Schulträger, oder packt ihr noch etwas drauf?

Wie ist es mit den Lehrkräften? Die sind hochbezahlt und hochqualifiziert, aber im Gegensatz zu Mitarbeitern in Ministerien hat noch keiner daran gedacht, die mit Laptops auszustatten, damit sie von zu Hause aus arbeiten können. Warum eigentlich nicht?

Oder erwarten Sie von den Schulträgern, dass die Arbeitsplätze so ausgestattet werden, dass gewissermaßen von da aus gesendet werden kann, wenn Sie an den virtuellen Unterricht denken?

Es handelt sich hier also nicht um einmalige Sonderbelastungen, sondern um eine neue Situation für unsere Schulen. Darüber müssen wir auch im Bildungsausschuss sprechen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Zu einem weiteren Beitrag hat sich die Abgeordnete Özlem Ünsal gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Ich möchte gern die Stichworte meiner geschätzten Kollegen Kai Dolgner und Lasse Petersdotter aufgreifen, insbesondere den Hinweis, was die Bedarfe der Kommunen und eine gerechte Verteilung angeht. Auch ich möchte natürlich den Blick auf die aktuelle Lage lenken. Der Shutdown trifft vor allem die belasteten Kommunen, vor allem die kreisfreien Städte. Das ist - glaube ich - unbestritten.

(Zurufe)

Der Aussage von Lars Harms möchte ich entgegenhalten, dass sich die Aufwendungen und Ausgaben nicht mehr in der Waage halten und sich nicht mehr in der üblichen Konstellation gestalten, wie du es vorhin beschrieben hast, weil die Mehraufwendungen in vielen Bereichen, Sozialleistungen, Gesundheitsschutz und so weiter, sich aus der Waage herausbewegen und die kommunalen Haushalte zum Teil schon jetzt sprengen.

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Deshalb ist es richtig, dass viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einen kommunalen Rettungsschirm fordern.

(Unruhe)

- Gibt es Fragen? Gern ans Mikro!

Das Wort hat die Abgeordnete Ünsal, bitte!

Vielen Dank. - Lieber Lasse Petersdotter, deshalb ist es richtig, dass die Kommunen einen kommunalen Rettungsschirm fordern und dass wir darüber diskutieren müssen. Die Auswirkungen sind schon jetzt massiv, und wir wissen noch nicht, was in den nächsten Wochen passieren wird. Auch die Größenordnungen zeigen die Notwendigkeit von strukturellen Hilfen für einen mittelfristigen Zeitraum. Da brauchen wir Ausgleichsmaßnahmen - das habe ich schon herausgehört -, und wir müssen die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen aufrechterhalten.

Eine Kompensation der Folgen darf nicht als spätere Konsolidierung zulasten der Städte gehen. In diesem Zusammenhang ist es dringend geboten, über eine kurzfristige Erhöhung der Finanzausgleichsmasse im kommunalen Finanzausgleich nachzudenken und zu diskutieren.

Ich glaube, ich muss es nicht wiederholen. Wir konnten das an den ersten Zahlen der betroffenen Kreisfreien Städte erkennen. Allein für die Landeshauptstadt Kiel gibt es schon jetzt über 100 Millionen € Mehraufwendungen und Neuverschuldung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das auch in den anderen kreisfreien Städten Lübeck, Neumünster, Flensburg, Norderstedt der Fall ist.

(Zuruf: Norderstedt ist keine kreisfreie Stadt!)

Es ist notwendig, über einen kommunalen Rettungsschirm nachzudenken und zu diskutieren.

Es lohnt sich, einmal über den Tellerrand hinauszuschauen. Sachsen beispielsweise hat einen kommunalen Rettungsschirm in Höhe von 750 Millionen € beschlossen. Warum solche Modelle nicht auch für Schleswig-Holstein denken? Die Not ist auf alle Fälle groß. - Vielen Dank.

Das Wort hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei den Wortbei

(Martin Habersaat)

trägen der regierungstragenden Fraktionen und der Innenministerin habe ich ein paar Widersprüchlichkeiten festgestellt, auf die ich hinwiesen möchte. Es ist viel vom Gutachten und der bedarfsgerechten Ausstattung der Kommunen geredet worden. Gleichzeitig haben mehrere Rednerinnen und Redner das Bedauern darüber geäußert, dass sich die Kommunen nicht einigen konnten. - Ja, was denn nun? Wenn es bedarfsgerecht sein soll, können die das doch nicht ausdealen, sondern es ist unsere Aufgabe als Landesgesetzgeber, das zu entscheiden und festzulegen, wie viel jede Kommunalgruppe kriegt. Diese Kuh kriegen Sie so nicht vom Eis. Das ist unsere Aufgabe. Wenn Sie zu feige sind, diese Aufgabe anzugehen, dann sagen Sie doch, dass Sie das dealen wollen.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Das haben Sie beim letzten Mal kritisiert. Was soll denn das?

Der Ministerpräsident - er ist nicht da - hat vor der Landtagswahl 100 Millionen € zusätzlich für den kommunalen Finanzausgleich versprochen. Der Kollege Dolgner hat Ihnen lang und breit vorgerechnet, wie viel vom Versprechen des Ministerpräsidenten zu halten ist. Auch das überrascht uns aber nicht, denn es ist ja nicht das erste Versprechen, das der Ministerpräsident nicht hält.

(Beifall SPD)

Lars Harms, sehr gefreut hat mich Ihr Beitrag und die Feststellung - das kam in den Aussagen von Lasse Petersdotter ähnlich zum Ausdruck -, dafür, dass das Gesetz so manipulativ gewesen sei und wir als Küstenkoalition so viel gedealt hätten, sei davon ganz schön viel übriggeblieben. Herr Koch, ich warte noch auf Ihre Entschuldigung. - Danke schön.

(Unruhe)

Die Kollegin Krämer erhebt hier den Anspruch, sie sei die einzige Kommunal- und Finanzpolitikerin, die Ahnung von Kommunalfinanzen habe.

(Beifall FDP)

Es gibt auch noch andere Kolleginnen und Kollegen hier, die da Erfahrungen haben. Deswegen nur den kurzen Hinweis: Wenn Sie die Nivellierungssätze von 92 % auf 90 % senken, gehen die Einnahmen der Kreise erst einmal zurück. Davon haben die Kreise -

(Zuruf und Wortmeldung Annabell Krämer [FDP])

- Jetzt tun Sie doch nicht so, als ob Sie es besser wüssten! Nein, Sie wissen es nicht, und ich lasse auch keine Zwischenfragen zu.