Protocol of the Session on May 7, 2020

Ebenso ist klar, dass das Artikelgesetz bei Bedarf eine Überarbeitung brauchen wird, vor allem wenn sich die Lage in der Coronakrise wieder verschärfen sollte. In enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium und den regionalen Gesundheitsämtern werden wir in regelmäßigen Abständen die Maßnahmen auf ihre Durchführbarkeit, aber auch auf die Verhältnismäßigkeit hin überprüfen. Vor allem sind auch immer wieder regionale Besonderheiten zu berücksichtigen.

Was regeln wir also im Kern? - Ein wesentlicher Teil sind die Bedingungen für die Abschlussprüfungen der Corona-Jahrgänge. Die von den Schulen erfolgreich organisierten Abiturprüfungen haben gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war, an der Durchführung dieser Prüfungen festzuhalten, um den jungen Menschen nicht die Chance für die Zeit nach der Krise zu verbauen. Es ging darum, ein Coronaabitur zu vermeiden, das allein aus Vornoten und Ersatzleistungen zusammengebastelt worden wäre. Auch die Abschlüsse ESA und MSA werden erfolgreich durchgeführt werden.

Das Gesetz schafft als Unterstützung dafür die rechtlichen Voraussetzungen, indem wir die Flexibilität bei der Anerkennung und Bewertung von mündlichen und schriftlichen Prüfungsleistungen ausweiten und unnötige Härten vermeiden. Ich vertraue auf die Lehrerschaft, dass sie in dieser Phase ihre Schülerinnen und Schüler motivierend unterstützen wird.

(Beifall FDP)

Es ist mir wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass mit diesem Gesetz vorbeugend Regularien geschaffen werden, falls sich das Infektionsgeschehen deutlich negativ verändert. Grundsätzlich hof

fen wir aber, dass im Bildungsbereich nicht alle Möglichkeiten angewendet werden müssen. Es ist auch richtig, dass Studierende sowie die Jugendlichen, die sich in der beruflich schulischen Ausbildung befinden, bedacht werden. Nicht nur die Ausweitung der BAföG-Leistungen ist in Hinsicht auf die finanziellen Einbußen dieser Gruppen geboten. Die Krise bietet uns auch die Chance, über flexiblere Rahmenbedingungen nachzudenken, die Digitalisierung bei der Lehre an den Hochschulen stärker als bisher zu nutzen und auszubauen.

Auch die Regelungen für Notbetreuung und Ersatzleistungen für ausgefallene Betreuungszeiten sind ein wichtiger Bestandteil des Gesetzentwurfs, um Eltern nicht weiter zu belasten.

Ziel muss es aber sein, die längerfristigen Voraussetzungen zu schaffen, um den Betrieb an den Schulen, Hochschulen und Kitas Stück für Stück wieder hochfahren zu können und sich der Normalität zu nähern. Es ist nicht geholfen, wenn wir über Vorschläge diskutieren, Abschlussprüfungen für alle wegfallen zu lassen und automatische Klassenversetzungen ohne Prüfungen einzuführen. Noch einschneidender - auch das wurde vorgeschlagen wäre gewesen, das ganze Schuljahr einfach abzusagen.

(Beifall FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Es muss darum gehen, dass wir uns verantwortungsvoll an den Regelbetrieb herantasten und dafür mit den Beteiligten Lösungen finden. Dieses wurde in den Stellungnahmen von einigen deutlich eingefordert. Auch ist klar: Für die Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen ist es unerlässlich, dass wir eine konkrete Perspektive aufzeigen. Die Menschen im Land müssen wissen, wann sie wieder regelmäßig Geld verdienen können, wann ihre Kinder wieder betreut werden und zur Schule gehen können, und wann sie wieder Freunde und Familie besuchen können.

(Beifall FDP)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Ja, komme ich gerne. - Wir müssen uns ehrlich mit der Gefahr dieser Infektion auseinandersetzen, denn davon wird abhängen, wie die Gesellschaft mit den bisherigen Einschränkungen zurechtkommen wird. Wir müssen Regelungen finden, wie wir danach, in

(Anita Klahn)

Zukunft, mit allem umgehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich mit meiner Rede anfange - dieser Tagesordnungspunkt ist ja ein Sammelsurium von vielen Anträgen, das größte Thema darin ist das Artikelgesetz und dort die Bildungsdebatte und Hochschuldebatte -: Ein ganz großes und herzliches Dankeschön an all die Menschen, die etwas mit Bildung zu tun haben, die etwas mit Betreuung in diesem Land zu tun haben, die in unseren Krankenhäusern arbeiten. - Ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie in dieser besonderen Zeit ganz schnell andere Wege gegangen sind, damit wir das hier gemeinsam durchstehen können.

(Beifall SSW, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist offensichtlich gegeben, und auch, dass es schnell gehen musste - so schnell, dass es wohl wirklich eine demokratische Herausforderung für alle Beteiligten war. Ich will hier gar keine Aufzählung starten, Ihnen allen aber für die gute, wenn auch anstrengende Zusammenarbeit danken. Ich denke, dass es doch einige wertvolle Anregungen gegeben hat.

Beginnen wir mit den Schulen. Auch wenn ich vielleicht nicht immer mit allem bis ins Detail einverstanden bin, ist es doch erleichternd, dass es jetzt für alle Klarheit in Prüfungsabläufen und bei Ersatzleistungen herrscht, soweit es eben geht.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein erheblicher Teil der Abschlussprüfungen kann durchgeführt werden. Das ist gut so - nicht weil ich finde, dass jede Prüfung unbedingt so wie sonst auch stattfinden muss, sondern weil es den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gibt, sich geplant vorzubereiten. Deswegen finde ich es auch wichtig, dass das Land unseren Schulen möglichst klare Vorgaben macht. Es sollte nicht passieren, dass Schülerinnen und Schüler an Schulen in Situationen kommen, in denen sie

keinen Mindestabstand einhalten können oder es kein Hygienekonzept gibt.

Die Mittel für digitale Endgeräte im Homeschooling müssen jetzt schnell fließen. Das für Familien mit mehreren Kindern, die sich zurzeit noch die Endgeräte teilen müssen, oder für Familien, die noch über gar kein Endgerät verfügen, wirklich wichtig. Außerdem ist gut, dass die Eltern in Schleswig-Holstein nicht nur ihre Kita-Gebühren, sondern auch die Gebühren für schulische Betreuungsangebote zurück erhalten. Die Beitragsfreistellung ist eine direkt merkbare, unbürokratische Hilfe, die sofort bei den Eltern ankommt. Deswegen war es für uns vollkommen klar, dass wir dem zustimmen - gerne auch der Ausweitung auf drei Monate.

Lobend möchte ich hervorheben, dass die Beitragsfreistellung und die damit verbundenen Mittel automatisch auf die dänischen Schulen, auf die Schulen in freier Trägerschaft und Träger wie SDU ausgeweitet wurden. Das hat uns wirklich gefreut.

Nun werden unter diesem Tagesordnungspunkt noch weitere Anträge behandelt. Deswegen springe ich ein bisschen in den Themen. Das lässt sich nicht vermeiden.

Es ist uns ein Anliegen, dass intensiv weiter am Coronavirus geforscht wird: am Ursprung, an der Verbreitung, an Krankheitsverläufen und an Folgeschäden. Dazu gehört auch, Menschen nach dem Tod zu untersuchen. Dies ist nötig, um die richtigen wissenschaftlichen Konsequenzen aus der Frage der Krankheitsverläufe zu ziehen. Der SSW ist der Auffassung, dass das über das Infektionsschutzgesetz bereits geschieht. Bundesweit war das eher ein Streit zwischen Vereinigungen der Rechtsmedizin und dem Robert-Koch-Institut. Die einen gingen davon aus, es komme maßgeblich darauf an zu untersuchen, inwieweit die inneren Organe von der Infektion betroffen waren, um auch andere Risikofaktoren besser ausmachen zu können. Die anderen sagten, dass innere Leichenschauen und Autopsien als aerosolproduzierende Maßnahmen unbedingt vermieden werden sollten. Personen, die an Corona gestorben sind, so die Aussage, könnten gleichermaßen gezählt werden wie Personen, die mit Corona gestorben sind. Es reiche eigentlich schon aus, die Patientendaten mit den Vorerkrankungen abzugleichen.

Nun hat das RKI seine Haltung korrigiert, und das schleswig-holsteinische Gesundheitsministerium befürwortet die Obduktion von COVID-19-Todesofpern. So viel wissen wir. Wir wissen auch, dass es

(Anita Klahn)

natürlich bereits gesetzliche Vorschriften für Obduktionen gibt, nach denen Ärztinnen und Ärzte handeln, und dass es auch für gesonderte Fälle Regelungen gibt. Deswegen werden wir dem Alternativantrag der Koalition zustimmen und den AfDAntrag natürlich ablehnen.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Was steht denn da drin?)

Damit möchte ich gern zum BAföG-Antrag der Koalition kommen. Es ist wichtig, dass die Landesregierung die Studierenden und Auszubildenden nicht aus dem Blick verliert. Ich finde, sie brauchen jetzt mehr Aufmerksamkeit, denn leider muss man ja sagen, dass der Drops erst einmal gelutscht ist: Im Bund ist die Entscheidung gefallen. Schwarz-Rot gewährt den Studierenden zinslose Darlehen. Es war eine lange Debatte, die SPD konnte sich am Ende nicht gegen Bildungsministerin Karliczek durchsetzen.

Also kommt es nicht zu einer Ausweitung des BAföGs, wie wir es gemeinsam mit unserer Jugendorganisation bevorzugt hätten. Stattdessen soll es maximal 650 € im Monat pro antragstellender Person bis einschließlich März 2021 geben. Kurioserweise wird dies aus nicht abgerufenen BAföG-Mitteln finanziert. Ab Freitag können Studierende diese Mittel beantragen - jedenfalls Studierende mit deutschem Pass. Ausländische Studierende müssen bis zum 1. Juni 2020 mit der Antragstellung warten.

Zu dem Zeitpunkt laufen alle coronabedingten Einschränkungen und damit einhergehenden Härten aber schon seit drei Monaten. Genau darum braucht es die Hilfe vonseiten des Landes. Wir als Fraktion unterstützen daher die im Antrag formulierten Vorhaben. Das heißt aber nicht, dass alles gut ist: Wir werden sehen müssen, ob die bereitgestellten Mittel im Härtefallfonds ausreichen und vor allem auch, an welchen Stellen Studierende gegebenenfalls durch das Raster fallen. Ich rede nicht nur von Geld, ich denke auch an Studierende mit Kind, Studierende mit Vorerkrankungen oder psychischen Beeinträchtigungen und schließlich daran, wie die Barrierefreiheit in der digitalen Lehre umgesetzt wird.

Dieses Gesetz ist ein Strauß an Maßnahmen, von denen ich nur einige angesprochen habe. Mit diesem Gesetz sind nicht alle Fragestellungen endgültig beantwortet. Das Schuljahr 2020/2021 muss in den nächsten Überlegungen geplant und mitgedacht werden. Einschulung, Klassenfahrten, Fortsetzung von Homeschooling sind nur einige Themen. Der SSW wird sich an allen weiteren Maßnahmen kon

struktiv beteiligen, damit wir als Gesellschaft gemeinsam gut durch diese besondere Zeit kommen.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer im Zeichen des Coronainfektionsgeschehens handlungssicher sein will, muss mehr über das Coronavirus wissen. Das ist eine Binsenweisheit, die nicht erst seit SARS-CoV-2 gilt, sondern es ist eine weltweit geübte Praxis, dass bei Virusausbrüchen Krankheitsverläufe und auch Todesfälle durch Pathologen und Virologen zu untersuchen sind. Darüber besteht - ich bin froh, das zu hören - Konsens.

Wir reden also über Obduktionen bei Coronatodesfällen. Soweit es Schleswig-Holstein betrifft, reden wir aktuell von 120 Todesfällen, bei denen diese angezeigt gewesen wären. Die wenigen bisher im UKSH und im Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster durchgeführten Obduktionen haben bereits wertvolle medizinische Erkenntnisse erbracht, die insbesondere für die Behandlung neuer COVID-19-Patienten von größtem Nutzen sind. Es sind aber zu wenige Obduktionen, denn anders als zum Beispiel in Hamburg, wo alle Coronatodesfälle mit entsprechend großem Erkenntnisgewinn obduziert werden, geschieht dies in Schleswig-Holstein leider nur vereinzelt.

Unser Bestattungsgesetz sieht eine innere Leichenschau - also eine Obduktion - auch zum Zwecke der Erforschung aus epidemiologischen Gründen vor. Hierzu ist allerdings das Einverständnis der Angehörigen erforderlich. Das ist schon aus Gründen der Pietät richtig so. Ist dieses aber nicht zu erzielen, müssen wir, wenn wir es mit dem Wunsch nach mehr Wissen ernst meinen, einen anderen Weg gehen. Hier setzt unser Antrag an. Das Infektionsschutzgesetz eröffnet den Kreisgesundheitsbehörden tatsächlich die Möglichkeit, aus eben diesen Gründen Obduktionen anzuordnen. Wir wollen daher erwirken, dass das Land eine klare Handlungsempfehlung zur vermehrten Durchführung von Obduktionen ausspricht.

(Jette Waldinger-Thiering)

Wichtig ist uns dabei, dass es natürlich mit den Hinterbliebenen ein ausführliches Aufklärungsgespräch gibt. So soll das Einverständnis zur Durchführung einer Obduktion eingeholt werden, damit von der gesetzlich bestehenden Anordnungsbefugnis möglichst kein Gebrauch gemacht werden muss. Die Ergebnisse sollen an die zentrale Coronadatenbank der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und an die EU-Datenplattform COVID19 übermittelt werden - selbstverständlich unter Wahrung von Persönlichkeitsrechten und Datenschutzaspekten.

Ich sehe, der Alternativantrag und die finanziellen Mittel, die jetzt eingestellt werden sollen, sind im Wesentlichen deckungsgleich mit dem, was wir wollen.

(Beifall AfD)

Es gibt nur einige wenige Unterschiede: Sie wollen weiterhin auf die Freiwilligkeit bauen. Wir sagen: Ja, das ist grundsätzlich der richtige Weg, das hätten wir aber schon vorher haben können. Wir möchten, dass außerdem, wenn es erforderlich ist und das pflichtgemäße Ermessen es den Behörden ermöglicht, nach dem Infektionsschutzgesetz notfalls auch die Anordnung erfolgt. Insofern greift Ihr Alternativantrag unseren Antrag nahezu deckungsgleich auf. Er springt dann aber doch leider zu kurz. Ich werbe daher für Zustimmung zu unserem Antrag. Wir werden uns aber auch dem jamaikanischen Antrag nicht verschließen. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall AfD)

Das Wort für einen Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Worte zum Thema Pflegebonus sagen und mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Menschen bedanken, die sich draußen in den Pflegeheimen, in den ambulanten Pflegediensten und Krankenhäusern dafür eingesetzt haben, dass die Menschen gut durch diese Krise kommen, dass Erkrankte gepflegt und wieder gesund werden. Es ist unser aller Dank wert, und den möchte ich an dieser Stelle aussprechen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Jörg Nobis [AfD])