Das ist mein letzter Satz, Frau Präsidentin. - Die Abschaffung des TTG zugunsten eines einfachen und gerechten Vergabegesetzes war für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber und für die gesamte Wirtschaft ein Segen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Bereits im vergangenen Jahr haben wir uns mit einem Antrag der SPDFraktion zur Stärkung der Tarifautonomie befasst. Heute erleben wir nun die Fortsetzung dieser reichlich fruchtlosen Debatte, oder - um es mit Minister Albrechts Worten aus der gestrigen Debatte zu sagen -: Täglich grüßt das Murmeltier. Wieder einmal soll sich der Landtag für eine Stärkung der Tarifbindung einsetzen, ein wirksames Tariftreuevergaberecht soll wiederhergestellt werden, und die Entwicklung wirksamer Tariftreueregelungen auf Bundesebene soll unterstützt werden. So weit, so altbekannt.
Einmal mehr fragen wir uns: Worin mag der politische Nutzen liegen, wenn der Landtag heute einen solchen Beschluss fassen würde? Nach unserer Auffassung reicht es nicht, die Vorteile tarifgebundener Beschäftigungsverhältnisse aufzulisten, danach die rückläufige Bedeutung der Tarifbindung zu beklagen, und dies alles mit pauschalen Forderungen zu deren Stärkung zu verbinden, so wie es im immer wieder gleichen Antrag der SPD-Fraktion zu lesen ist.
Zu dieser Debatte gehört stattdessen eine ehrliche Bestandsaufnahme, zumal bestimmte Vorteile von Tarifverträgen unbestritten sind. Nicht nur Entgelt und Arbeitszeit können geregelt werden, sondern auch Maßnahmen zur Altersvorsorge sowie zur Weiterbildung von Beschäftigten. Das ist wichtig. Die Friedenspflicht von Tarifverträgen bedeutet darüber hinaus Planungssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Grundsätzlich wird Tarifverträgen auch die Möglichkeit zuerkannt, auf branchenspezifische Fragen besser zu reagieren, als der Gesetzgeber das kann. Dennoch ist es heute trotz dieser Vorteile weder für Arbeitnehmer selbstverständlich, einer Gewerkschaft anzugehören, noch werden Unternehmen grundsätzlich Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Die Gewerkschaftsbindung unter bundesdeutschen Arbeitnehmern beträgt inzwischen nur noch 15 %. - 15 %!
Dieser Tatsache muss sich nun endlich auch die SPD stellen. Deswegen ist es wenig zielführend, sich einfach nur die vergangene Bedeutung der Tarifbindung zurückzuwünschen. Die große Zeit der Gewerkschaften ist nun einmal vorbei. Das müssen auch die Genossen langsam begreifen. Das gilt auch für die SPD selbst.
Ganz offensichtlich werden die Tarifverträge heute nicht mehr als das allein seligmachende Werkzeug angesehen. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Die internationale Arbeitsteilung der Wirtschaft nimmt zu, und gerade junge Unternehmen benötigen individuelle Lösungen für ihre Mitarbeiter, die meist in flachen Hierarchien arbeiten. Hier können klassische Tarifverträge nicht mehr mithalten, weil sie nicht flexibel genug sind. Für eine Weiterentwicklung der Tarifautonomie reicht es deshalb nicht aus, Tariftreueregelungen auf Landes- und Bundesebene zu fordern; vielmehr sind innerhalb der bereits bestehenden Tarifautonomie, die wir ja zum Glück haben, Handlungsspielräume zu nutzen, um Verträge flexibel auszugestalten. Hierzu zählen beispielsweise Öffnungsklauseln, die auf betrieblicher Ebene, zum Beispiel bei der Ausgestaltung von Ar
Die Arbeitswelt entwickelt sich rasant weiter. Das wissen wir alle, besonders die junge Generation, die heute hier zu Besuch ist. Aber die Gewerkschaften können da oft nicht mithalten. In einer Arbeitswelt, die sich durch Digitalisierung und Flexibilisierung im Umbruch befindet, lässt sich die Tarifbindung nun einmal nicht mehr durch staatliche Maßnahmen einfach durchsetzen, so sehr sich verkappte Sozialisten das auch wünschen mögen.
Die in Artikel 9 Absatz 3 unseres Grundgesetztes verankerte Koalitionsfreiheit beinhaltet ebenso das Recht, als Unternehmer einem Arbeitgeberverband oder als Arbeitnehmer einer Gewerkschaft bewusst fernzubleiben. Es besteht keine Pflicht, sich da anzuschließen. Das nennt man die sogenannte negative Koalitionsfreiheit. Der Gesetzgeber kann hier lediglich einen Handlungsrahmen vorgeben, sollte sich im Übrigen aber zurückhalten. Die Vorteile der sozialen Marktwirtschaft wurden gerade hinlänglich herausgestellt.
Diese Aspekte werden im Antrag der SPD nicht berücksichtigt. Stattdessen wird die tarifliche Ordnung einmal mehr durch allgemeine Absichtserklärungen beschworen. Das nützt niemandem. Das braucht keiner. Das lehnen wir deshalb ab. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier bei verschiedenen Debatten feststellen müssen, dass es keine Mehrheit für eine staatliche Daseinsvorsorge gibt, die den Namen auch verdient. Das wird zumindest jenseits von Sonntagsreden immer wieder deutlich. Nur zur Erinnerung: Das Wohnraumschutzgesetz des SSW wurde ohne Weiteres abgelehnt. Mietpreisbremse und Landesmindestlohn hält eine Mehrheit in diesem Haus für überflüssig, und auch unser Tariftreuegesetz wird mehrheitlich für unnötige Bürokratie und damit für entbehrlich gehalten. Vor diesem Hintergrund ist dieser Vorstoß der SPD wirklich mehr als berechtigt.
Ja, der Antrag ist sogar bitter nötig, wenn man sich zum Beispiel die Entwicklung der Mieten oder der Armutszahlen anschaut. Hier zeigt sich überdeutlich, dass der Verweis auf Eigenverantwortung und Markt nicht ausreicht. Ohne staatlichen Ausgleich haben längst nicht alle Menschen die gleichen Chancen auf Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Ohne Tarifbindung und Mindestlohn haben selbst Menschen, die in Arbeit sind, kaum eine Chance ihr Leben wirklich eigenständig und würdig gestalten zu können. Ich denke, allen ist klar, dass ein fairer Lohn die absolute Grundvoraussetzung für ein sicheres, würdevolles Leben ist. Ein Arbeitsplatz allein schützt leider längst nicht mehr vor Armut. Wer heute einen guten Lohn für seine Arbeit bekommt, ist auch im Alter weniger von Armut bedroht.
In einer sozialen Marktwirtschaft ist der Staat auch hier in der Pflicht. Er muss Arbeitnehmer unterstützen und für verbindliche Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt sorgen. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören für uns allgemeinverbindliche Tarifverträge und Tariftreue, genau wie gleiche Löhne bei gleicher Arbeit und gleiche Löhne für Menschen, die bei Subunternehmen arbeiten. Falls die Tarifpartner dies nicht hinbekommen oder wenn die Gesetze lückenhaft sind, ist eindeutig der Gesetzgeber gefragt. Wenn es um gute Löhne und Arbeitsbedingungen geht, sind Tarifverträge natürlich von zentraler Bedeutung. Hier werden im Normal- oder, besser gesagt, im Idealfall Bezahlung, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch und viele andere Dinge geregelt, und zwar verlässlich für alle Beteiligten. Heute profitiert nur noch knapp die Hälfte aller Beschäftigten von Tarifverträgen. Deshalb ist es völlig richtig, nach Mitteln und Wegen zu suchen, um die Tarifbindung zu stärken.
Aus Sicht des SSW helfen hier alle im Antrag aufgeführten Punkte weiter. Aber gerade dort, wo die öffentliche Hand Aufträge oder Fördergelder vergibt oder Menschen direkt einstellt, haben wir nicht nur ein wirksames Instrument, sondern vor allen Dingen auch eine große Verantwortung. Dieser, meine Damen und Herren, müssen wir stärker nachkommen. Ich habe schon erwähnt, dass es nicht ausreicht, wenn wir auf die Eigenverantwortung der Menschen verweisen. Auch der Markt allein wird soziale Härten und Ungerechtigkeiten nicht verringern. Deshalb ist und bleibt es eine unheimlich wichtige Aufgabe der Politik, für Löhne zu sorgen, von denen man auch leben kann - durch gesetzliche Mindestlöhne für alle diejenigen, die nicht von Tarifverträgen erfasst sind, und dadurch, dass wir als Land im Zweifel möglichst viele Menschen selbst
Mit der Entscheidung der Jamaika-Koalition, das Tariftreue- und Vergabegesetz außer Kraft zu setzen, hat man sich bekanntlich auf das komplette Gegenteil verständigt, mit entsprechend negativen Auswirkungen vor allem für die Beschäftigten, die ohnehin nicht viel verdienen. Das geht völlig an unserem Verständnis einer sozialen Marktwirtschaft vorbei. Deshalb halten wir es weiter für fatal, auf diesen Hebel für einen fairen Wettbewerb und für die Einhaltung auch von ökologischen und sozialen Standards zu verzichten.
Die Forderung der SPD nach Wiedereinführung eines wirksamen Tariftreue- und Vergaberechts können wir nur unterstützen. Die Koalition sollte noch einmal in sich gehen und diese Entscheidung überdenken. In der Vergangenheit war das Tariftreuegesetz ein Erfolgsmodell. Es gab viele Leute, die dadurch richtig gut Geld verdienen konnten, dass ihnen die Löhne gesichert wurden, durch einen Vergabemindestlohn, auch durch die Tariftreueregelung.
Es gab viele Unternehmen, gerade kleine und mittelständische Betriebe, die noch die Chance hatten, im Wettbewerb mit großen Unternehmen, die viel mehr bezahlen können, mitzuhalten. Das war die Wirkungsweise des Tariftreuegesetzes, und genau diese Wirkungsweise wünschen wir uns wieder, gerade für unsere kleinen und mittelständischen Betriebe.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jamaika hat mit der Abschaffung des Tariftreueund Vergabegesetzes dazu beigetragen, dass dieses Land zum arbeitnehmerfeindlichsten Bundesland in ganz Deutschland geworden ist.
Sie haben auf die Vorbildwirkung des Staates hinsichtlich sozialer Standards und Standards in der Tarifbindung verzichtet, indem Sie unser vorbildli
Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Herr Kilian, Sie waren bei der Anhörung letzte Woche im Wirtschaftsausschuss zu den ÖPNV-Tarifen dabei. Da wurde berichtet, wie die Kreise den freigestellten Schülerverkehr ausschreiben, mit Lohndumping, mit Arbeitsbedingungen, die so etwas von schlecht sind. Da wird darauf verzichtet, sanitäre Einrichtungen auszuschreiben; die Busfahrer sollen mit dem Bus an den Knick fahren und sich da erleichtern. Das ist eine Folge Ihres Vergaberechts, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir wollten die freigestellten Schülerverkehre in die Tarifbindung aufnehmen, Sie haben das abgelehnt. Jetzt erleben wir, was daraus folgt, wenn man solche Standards nicht verbindlich vorschreibt. Niedriges Lohnniveau und Lohndumping schaden dem Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein, weil wir nicht die Fachkräfte bekommen, die wir dringend benötigen, um der Wirtschaft zur Hilfe eilen zu können. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hölck, ich bin Ihnen unfassbar dankbar, dass Sie den Punkt angesprochen haben. Damit zeigen Sie nämlich, dass Sie meiner Rede nicht konzentriert gelauscht haben.
- Deshalb gehe ich noch einmal darauf ein. - Lesen Sie sich einmal § 4 des schleswig-holsteinischen Vergabegesetzes durch! In § 4 Absatz 2 des Vergabegesetzes Schleswig-Holstein steht drin - das habe ich eben erwähnt -, dass die Tarifverträge im öffentlichen Personennahverkehr einzuhalten sind.
Jetzt kommt der gewaltige Unterschied zum Tariftreuerecht, das Sie in Schleswig-Holstein geschaffen haben. Sie haben Recht geschaffen, und trotz Rechtsverstößen haben Sie nichts unternommen.
Herr Kollege, ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie das angesprochen haben; so arbeitet man Unterschiede heraus. Sie haben in Ihrem Tariftreue- und Vergabegesetz Überschriften beschlossen und nichts kontrolliert, sondern sich überall feiern lassen und von sozial, gerecht und toller Arbeitsmarktpolitik gesprochen. In Wirklichkeit war aber nur ein Mantel des Schweigens über das Land gelegt, weil man über Probleme nicht reden wollte.
Wir erfahren jetzt in einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses, dass es Probleme gibt und sich jemand nicht an das Gesetz hält. Das gab es auch schon vorher. Jetzt erfahren wir, dass sich jemand nicht an unser Gesetz hält. Und was machen wir da? - Wir treffen uns heute um 14 Uhr mit Herrn Dr. Schack, der das in der Ausschussanhörung vorgetragen hat. Wir treffen uns mit ihm, besprechen das und werden dann schauen, wie man solchen Verstößen entgegenwirken kann.
Es bringt nichts, ein Gesetz zu beschließen, sich hier hinzustellen, tolle Sonntagsreden zu halten und zu behaupten, man tue etwas für den Schutz von Arbeitnehmern in unserem Land, sich aber nicht um die Kontrolle zu kümmern. Das haben Sie mit Ihrem Tariftreue- und Vergabegesetz in SchleswigHolstein hervorragend gemacht. Das war Schaufensterpolitik par excellence. Wir machen das Gegenteil. - Vielen Dank, dass wir das heute noch einmal bestätigen konnten.
Für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eines vorwegschicken: Grundsätzlich liegt eine hohe Tarifbindung im Interesse aller Akteure, auch im Interesse der Landesregierung.