Protocol of the Session on January 23, 2020

Ja, gern.

Sehr geehrte Frau Kollegin Klahn, ich möchte doch eine Sache richtigstellen. Meine Aussage bezüglich der Männer und ihres Engagements bei der Arbeit für die Familien bezieht sich ausdrücklich auf die Zahlen, die der Gleichstellungsbericht des Ministeriums uns geliefert hat. Danach sind über 90 % derjenigen, die in Teilzeit arbeiten, Frauen. Auch diejenigen, die Elternzeit in Anspruch nehmen, sind zu einem überwiegenden Teil Frauen. Nur darauf hat sich meine Aussage bezogen, und ich bitte doch sehr, dass man mir jetzt nicht etwas in den Mund legt, was ich nie gesagt habe.

Ich selbst hatte das Glück, dass ich diese Aufgabe mit meinem Mann teilen konnte. Ich weiß, dass viele das auch machen. Die Zahlen aus dem Bericht sagen für unseren Landesdienst jedoch etwas anderes, und das muss uns auch als Arbeitgeber zu denken geben, weil uns dies als Arbeitgeber vor Herausforderungen stellt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Es ist schön, dass Sie das noch einmal klargestellt haben für Ihre Situation. Ich nehme das zur Kenntnis, liebe Frau Raudies.

Ich möchte an dieser Stelle auf etwas hinweisen, weil es hier angeklungen ist, nämlich das Ziel, mehr Männer in die Grundschulen zu bringen. Diese Landesregierung und diese regierungstragenden Fraktionen haben dafür gesorgt, dass wir das Gehalt auf A 13 anheben und dass damit dieser Beruf auch für Männer interessant ist. An dieser Stelle haben Sie in der letzten Legislaturperiode seitens der SPD nicht die erforderlichen Anstrengungen unternommen. Ich erinnere an die Aussagen Ihrer ehemali

gen Bildungsministerin, die in Brandenburg jetzt anscheinend neue Erkenntnisse hat.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich noch einmal bei dem Justizministerium für den Bericht. Ich bedanke mich insbesondere für die aufgezeigten Perspektiven, und ich bin der vollen Überzeugung, dass Gleichstellung in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg ist. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Ich bin einer von den Männern, die als angehende Väter tatsächlich die Elternzeit in Anspruch genommen haben. Ich habe das sehr genossen, das war eine tolle Zeit. Ich habe meinen Beitrag gern geleistet, und das würde ich auch wieder tun, aber das Thema ist vom Tisch. Dennoch bedanke auch ich mich natürlich für die Darstellung in dem Bericht.

Ich will ein bisschen zur Begriffsklärung beitragen: Artikel 3 Absatz 2 unseres Grundgesetzes beinhaltet einige Passagen, in denen es um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen geht. Es ist Aufgabe des Staates, diese verfassungsmäßig vorgeschriebene Gleichsetzung durchzusetzen und bestehende Nachteile zu beseitigen.

Meine Damen und Herren, die AfD steht selbstverständlich uneingeschränkt zum Grundgesetz und damit auch zur Gleichberechtigung der Geschlechter unter Anerkennung ihrer sozialen Rollen und unterschiedlichen Lebenssituationen.

Die Begriffe Gleichberechtigung und Gleichstellung werden häufig synonym verwendet, und das ist nicht ganz unproblematisch, denn Gleichstellung kann nicht ohne Weiteres mit Gleichberechtigung gleichgesetzt werden. Gleichberechtigung bedeutet, dass jede Person die gleichen Rechte hat, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, politischer oder konfessioneller Weltanschauung oder sonstigen Eigenschaften einer Person, die diese auch immer hat, die auf Unterschiede hindeuten. Dabei ist es ganz egal, ob eine Person von ihrem Recht Gebrauch macht. Bei der Frage der Gleichberechtigung geht es einzig und allein darum, dass jede Person gleiche Rechte hat, und das ist richtig so.

(Anita Klahn)

Gleichstellung bedeutet hingegen, die Situation von benachteiligten und unterrepräsentativen Gruppen zu verbessern und in einer vergleichbaren Repräsentation auch zahlenmäßig zu erreichen. Ziel der Gleichstellung ist es demnach, dass benachteiligte und unterrepräsentierte Gruppen die gleichen zahlenmäßigen Anteile an einer Situation erhalten sollen wie eine nicht benachteiligte oder eine überrepräsentierte Gruppe.

Im Endeffekt führt Gleichstellung aber dazu, dass beide Gruppen dann einen gleich großen zahlenmäßigen Anteil an einer Situation bekommen und zahlenmäßig gleich beteiligt sind. Wir sprechen dann tatsächlich über Parität und in diesem Fall konkret über Geschlechterparität.

Ein weiterer, vielfach verwendeter Begriff in diesem Komplex ist Gleichbehandlung. Hier geht es darum, dass alle Gruppen in allen Lebenssituationen gleich behandelt werden. Im Arbeitsrecht bedeutet Gleichbehandlung beispielsweise, dass Arbeitnehmer nicht schlechtergestellt werden dürfen als andere. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet somit jede Form der Diskriminierung.

Während Gleichberechtigung für das Individuum gilt, gilt die Gleichstellung für Gruppen. Gleichberechtigung steht für Chancengleichheit. Bei der Gleichstellung hingegen geht es darum, dass eine zahlenmäßige Gleichheit in diesem Fall letztlich durch den Staat erwirkt wird. Gleichstellung per Gesetz zu erzeugen, muss nicht immer zu einem guten Ergebnis führen. Im schlimmsten Fall kann das Leistungsprinzip der Bevorzugung aufgrund des Geschlechts untergeordnet werden.

Ob Gleichstellungsmaßnahmen die Qualität oder Leistung einer Tätigkeit verbessern, bleibt unklar. Gleichstellungsmaßnahmen führen also zunächst nur zu quantitativer Gleichheit, nicht zwingend aber auch zur qualitativer. - Das bitte ohne jede Bewertung der Gruppen.

Gleichstellungsmaßnahmen führen also dazu, dass jedes Geschlecht zu gleichen Teilen an einer Situation beteiligt wird. Ob die gleich großen Gruppen miteinander kooperieren oder konkurrieren und in welchen Anteilen sie dieses tun, findet dabei keine Beachtung. Gleichstellung kann also auch negative Folgen haben, wenn es um Gleichberechtigung und gleiche Chancen geht.

Dann sind wir auch schon im öffentlichen Dienst. Ungeachtet von der Befähigung, Eignung und Leistung der jeweiligen Person kann eine geforderte Gleichstellung die Chancengleichheit beeinflussen, sie sogar negieren. Sind Frauen bei gleicher Eig

nung also vorzuziehen? Sind Vorgesetzte im Hinblick auf Frauenförderung zu beurteilen und können so ihre Karriere befördern? Oder reicht die Stellenbesetzung einzig nach objektivierbaren Kriterien, wie Befähigung, Eignung und Leistung, aus?

Im Gleichstellungsbericht heißt es zum Beispiel zur Gremienbesetzung auf Ebene der Kommunen, dass eine vollständige paritätische Besetzung noch nicht gelungen sei. Auch in den Kommunalparlamenten sind nur etwa 23,7 % der Mandatsträger Frauen. Liegt das nun an einer strukturellen Benachteiligung von Frauen in Parteien und Politik, oder liegt es vielleicht auch daran, dass hier konkurrierende oder kooperierende Gruppen unterschiedlich, also ungleich sind und sich so den Gleichstellungsbemühungen entziehen?

Zur Gleichberechtigung, meine Damen und Herren, gibt es von unserer Seite aus ein ganz klares Ja. Selbstverständlich muss es gleiche Chancen und Gleichbehandlung geben. Aber ob eine vom Staat diktierte Gleichstellung oder Parität dies erreichen kann, ohne zugleich weitere Diskriminierung zu schaffen, daran habe ich ernste Zweifel. - Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Diesen Absatz mag ich deshalb, weil er genau verdeutlicht, dass der Staat wirklich handeln und Gleichberechtigung umsetzen muss. Deshalb haben wir in Schleswig-Holstein das Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst. Hätten wir diese Debatte im letzten Jahr bereits am 13. Dezember geführt, dann hätten wir das genau an dem Tag getan, an dem unser Gleichstellungsgesetz 25jährigen Geburtstag gefeiert hat. Insofern holen wir das heute nach.

Sinn und Zweck sind in drei Hauptbereiche aufgeteilt: Arbeitsbedingungen schaffen, die die Verein

(Claus Schaffer)

barkeit von Familie und Beruf für alle ermöglichen, Kompensation von Nachteilen, die durch geschlechterspezifische Arbeitsteilung entstehen, und die gerechte Beteiligung von Frauen in allen Entgelt- und Besoldungsgruppen, insbesondere in Führungspositionen und bei der Entsendung in Gremien.

58,8 % der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst sind weiblich. Ein Drittel der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst arbeitet in Teilzeit. 86,8 % davon sind Frauen. Mehr Landesbeschäftigte haben die Elternzeit in Anspruch genommen. Dazu zählen 93,5 % Frauen.

„In fünf von acht Geschäftsbereichen sind über alle Laufbahngruppen mehr Frauen als Männer beschäftigt.“

Das ist doch eigentlich ein schöner Satz. Aber: Weniger Frauen als Männer arbeiten in den Ministerien für Wirtschaft, Inneres und Umwelt.

Insgesamt stellt der Bericht eine positive Tendenz für die Repräsentanz von Frauen in allen Ämtern der jeweiligen Laufbahnen in den obersten Landesbehörden wie auch im unmittelbaren Landesdienst fest. Und dennoch merken wir auch hier wieder die gläserne Decke, denn die Abteilungsleitungen der Landesbehörden bleiben eben männlich dominiert. Frauen bleiben in den oberen Entgelt- und Besoldungsgruppen unterrepräsentiert. Der Anteil von Frauen an Geschäftsführungen oder Vorständen bei bedeutenden Landesbeteiligungen beträgt bei Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts nur 9,5 %. Das ist vielleicht die unangenehmste Zahl dieses Berichts.

Mir ist beim Lesen der Berichte aber positiv aufgefallen, dass sie nicht schönen. Strukturelle Probleme werden erkannt und differenzierte Maßnahmen gefordert. Besonders die Idee der Teilzeit auf Führungsebene hat bei uns Anklang gefunden.

(Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU] und Dennys Bornhöft [FDP])

Warum sollte nicht auch Leitungskultur modernisiert werden? Warum nicht auch in Leitungspositionen Familie und Beruf besser vereinen?

Es geht auch darum, verschiedene Familienmodelle zu normalisieren, darum, dass auch die Väter in Teilzeit gehen können oder dass Eltern insgesamt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert wird.

Eine kleine, aber sehr feine Änderung hat der SSW für die Eltern ja schon vor über einem Jahr angesto

ßen, nämlich die Wahlfreiheit bei der Kita. Es ist enorm entlastend für Eltern, wenn sie sich in der Wahl ihrer Kita auch für den Ort entscheiden können, an dem sie arbeiten.

Irritiert hat mich der Anhang des Berichts. Ausgerechnet die Ministerien mit den wenigsten Frauen geizen mit Initiativen. Aber das ist wohl leider auch eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Was mir an Gleichstellungsdebatten zudem bitter aufstößt, ist die Erzählung, man müsse hier etwas für Frauen tun. Da möchte ich auch gerne an die Frauen appellieren: Ihr seid, wir sind keine Bittstellerinnen. Ihr seid, wir sind bestens ausgebildet, kompetent und fähig, werden jedoch noch strukturell benachteiligt.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Was muss also passieren? Individuell bleibt es wichtig, eigenes Verhalten und Denken erst einmal einfach zu reflektieren. Sind es Männer, die die Diskussionen leiten und Themen eher im Dialog miteinander besprechen? Nehmen wir Frauen als seriöse Gesprächspartnerinnen wahr, oder hören wir ihre Beiträge erst, wenn Männer sie wiederholen?

Gesellschaftsstrukturen zu verändern ist zumindest genauso schwierig. Wir wollen Frauen in der Polizei und Männer als Grundschullehrkräfte, dies aber nicht nur deshalb, weil die Grundschullehrkräfte jetzt nach A 13 besoldet werden, sondern auch deshalb, weil wir Frauen und Männer, gleich in welchen Arbeitsfeldern, benötigen, weil jedes Geschlecht von uns einen anderen Blickwinkel auf die Arbeit hat. Deshalb ist es unendlich wichtig, dass wir gleichberechtigt arbeiten können, auch in Führungspositionen.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt CDU)

Insofern ganz herzlichen Dank an die Ministerin und an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Berichte. Diese Berichte haben nichts geschönt, sondern haben gezeigt: Wir sind auf einem guten Weg. Die Ministerin hat gesagt: Wir werden weiterkommen. Dabei werden Sie auch die Unterstützung des SSW haben. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)