Das wäre schön, wenn man das so verstehen darf, dass Sie auch in Richtung Sechsstundentag gehen würden.
Realitätsnah wäre es übrigens auch, wenn man abends über sein Handy einmal eine geschäftliche E-Mail beantworten könnte, ohne dass die Ruhezeit von elf Stunden neu zu laufen beginnt.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Arbeitszeitrecht entspricht ganz offensichtlich nicht mehr der Lebenswirklichkeit der modernen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wird deswegen angepasst werden. Es geht gar nicht anders.
Die FDP steht für mehr moderne Regeln und für ein selbstbestimmtes Leben auch in Beziehung auf Arbeitsmarkt und Familie.
Wir wollen den Wandel gestalten und nicht danebenstehen und maulen. Für die Gewerkschaften ist dieser Wandel eine große Chance, denn natürlich sind gerade die Gewerkschaften mit ihrem Knowhow gefragt, wenn es um eine neue Rahmengesetzgebung geht. Hier können sie zeigen, warum gewerkschaftliche Bindung wertvoll ist. Das ist die Chance, auch Tarifbindung wieder attraktiv zu machen. Diese sollten sie ergreifen. Schauen Sie es sich doch einmal an: Im 20. Jahrhundert waren die Gewerkschaften der Motor der Modernisierung des Arbeitsmarktes, und das war die Hochzeit der Gewerkschaften. Das kommt doch irgendwoher. Wir werden gern weiter mit ihnen zusammen an der Modernisierung des Arbeitsmarktrechts arbeiten.
Zu dem SPD-Antrag ist zu sagen: Natürlich kann man immer gegen alles Neue sein. Neues hat ja auch nicht immer nur gute Seiten, aber mit einem reinen Dagegensein hält man das doch nicht auf. Verantwortliche Politik nimmt Neuerungen auf und gestaltet sie. Danebenstehen und nörgeln oder gar Ängste schüren, hilft niemandem, nicht einmal Ihnen selbst. Wir werden den Antrag deswegen aus tiefster Überzeugung ablehnen.
Jawohl. - Unser Antrag nimmt die Herausforderungen an, denn wir wollen gestalten. Wir wollen nicht verhindern, sondern ermöglichen. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Der Entschließungsantrag des Freistaates Bayern zum Arbeitszeitgesetz wurde erst vor wenigen Wochen an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Die Beratungen dort dürften also gerade erst begonnen haben. Das hindert die SPD-Fraktion hier im Landtag nicht daran, bereits jetzt das Ergebnis vorwegzunehmen. Natürlich kommt für die SPD dabei nur eine totale Ablehnung in Betracht, schließlich gilt es nach Ihren Worten, einer Aushöhlung des Arbeitszeitgesetzes entgegenzutreten.
Wir fragen uns: Warum diese Aufregung zu einem so frühen Zeitpunkt? Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung im Mai dieses Jahres erst große Verunsicherung ausgelöst, und selbst der Bundesarbeitsminister, der bekanntlich von der SPD kommt, kündigte deswegen eine Prüfung an, ob die bundesdeutsche Gesetzgebung jetzt geändert werden muss.
Unter Arbeitsrechtlern wird die Auffassung vertreten, dass die bisher geläufigen Modelle zur Vertrauensarbeit auch nach der Entscheidung des EuGH vom Mai des Jahres weiter zulässig bleiben könnten. Zwar gibt es bei uns bisher keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, aber das bedeutet noch lange nicht, dass Unternehmen jetzt flächendeckend die Stechuhr einführen müssen. Innerhalb der EU-Arbeitszeitrichtlinie bestehen durchaus Gestaltungsspielräume, und wichtig ist zunächst einmal, dass eine Möglichkeit zur Zeiterfassung besteht. Ein zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarter Verzicht auf die Aufzeichnung der Arbeitszeit dürfte deshalb auch in Zukunft möglich sein.
In jedem Fall müssen aber die Details und die sich daraus ergebenden Konsequenzen geklärt werden. Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung beschäftigt beinahe ein Drittel der bundesdeutschen Firmen mindestens einen Teil seiner Beschäftigten auf der Basis von Vertrauensarbeit und damit ohne laufende Dokumentation der Arbeitszeit. Besonders in der Dienstleistungsbranche, wie haben es gerade gehört, ist die Vertrauensarbeitszeit weit verbreitet. Hier gilt es, ergebnisoffen die Interessenlage der Beteiligten zu prüfen, denn mehr Dokumentationspflichten bedeuten zunächst einmal nur mehr Bürokratie.
- Entschuldigung, ich bin irritiert, weil die Uhr weiterläuft. Das sind jetzt ungefähr zehn Sekunden gewesen! - Wenn ich darum bitten darf! - Danke.
Sie haben in Ihrem Beitrag mehrfach erwähnt, dass es möglich wäre, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren könnten, auf die Arbeitszeitaufzeichnung und damit auch auf die Arbeitszeiterfassung insbesondere im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit zu verzichten. Ich möchte darauf hinweisen, dass das so nicht richtig ist und nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspricht.
Es gibt heute schon im Arbeitszeitgesetz gesetzliche Aufzeichnungspflichten, auf die gerade nicht verzichtet werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund der Auskunftsansprüche und Unterrichtungspflichten im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist der Arbeitgeber auch bei Vertrauensarbeitszeit verpflichtet, durch Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit nachweisen zu können, dass sowohl arbeitszeitgesetzliche Vorschriften eingehalten worden sind als auch tarifvertragliche Vorschriften.
Das heißt also: Ein Verzicht auf die Aufzeichnung und damit ein Verzicht auf die Erfassung von Arbeitszeit ist gerade gesetzlich - und auch nach der herrschenden Rechtsprechung - nicht möglich.
- Dass ich das erwähnt habe, liegt daran, dass wir natürlich auch Betriebe haben, die keine Tarifverträge und auch keine Betriebsräte haben. Ich glaube, das ist damit gemeint, dass wir sagen können: Wir haben sehr kleine Betriebe - darauf komme ich gleich noch -, die natürlich noch andere Möglichkeiten haben, die Arbeitszeit im Rahmen der Vertrauensarbeit zu erfassen.
Ich würde jetzt gern weitermachen, weil ich genau auf den Punkt noch komme. Vielen Dank. - Die Uhr hatten Sie zurückgestellt?
Okay. Vielen Dank. - Grundsätzlich teilen wir die Ausgangsüberlegung der bayerischen Bundesratsinitiative, wonach weitere Flexibilisierungen im bundesdeutschen Arbeitszeitrecht notwendig sind. Der Großteil unserer Unternehmen besteht nach wie vor aus mittleren und kleinen Betrieben. Gerade in Schleswig-Holstein müssen wir dabei auch die ländlichen Räume berücksichtigen. Ob es daher im Zeitalter der Digitalisierung noch angemessen ist, eine elfstündige Ruhephase aufrechtzuerhalten, ist mehr als fraglich. Die in früheren Generationen bestehende starre Trennung von Arbeits- und Privatzeit besteht heute nicht mehr, und sie liegt auch nicht im Interesse der Arbeitnehmer.
Der Alternativantrag der Regierungsfraktionen bringt dies richtigerweise zum Ausdruck. In jedem Fall aber gilt: Prüfung bedeutet noch nicht zwangsläufig Aushöhlung, wie die SPD befürchtet. Daher besteht heute kein Grund zur Panik. Ihren Antrag lehnen wir besonders deshalb ab, weil er das Ergebnis einer Prüfung vorwegnimmt, von deren Notwendigkeit wir überzeugt sind. Daher wird die AfD-Fraktion dem Alternativantrag zustimmen, da er genau diese Notwendigkeit zur Prüfung anerkennt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das deutsche Arbeitszeitgesetz stammt aus dem Jahr 1994 und regelt den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz. Es begrenzt die höchstzulässige Arbeitszeit auf acht und in Ausnahmefällen auf zehn Stunden. Außerdem sind hier
Mindestruhepausen während der Arbeit und Mindestruhezeiten zwischen Arbeitsende und -beginn festgeschrieben. Auch Schutzvorschriften zur Nachtarbeit und die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen sind hier geregelt; alles verbindlich für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber, und das ist aus Sicht des SSW auch gut so.
Gleichzeitig sehen wir alle, dass sich die Arbeitswelt verändert. Mit einem Smartphone hat jede und jeder immer einen Minicomputer in der Tasche. EMails, die 1994 zum Beispiel noch lange nicht zum Standard gehörten, können damit fast überall bearbeitet werden.
Keine Frage: Die Digitalisierung wird gerade für die Arbeitswelt große Veränderungen mit sich bringen, und auch wenn viele davon noch gar nicht absehbar sind, wird damit der Ruf nach Flexibilisierung immer lauter. Vor allem die Ruhezeit zwischen den Arbeitstagen ist damit immer wieder ein Streitthema, denn strenggenommen verstoßen Arbeitnehmer gegen das Gesetz, wenn sie am Abend noch einmal Mails checken und am nächsten Morgen ins Büro gehen. Es liegt also auf der Hand, dass die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden müssen.
Aber nach Meinung des SSW muss man auch das Arbeitszeitgesetz differenziert und unter Beteiligung aller Betroffenen modernisieren. Vor allem muss die Familienfreundlichkeit und nicht die Ausweitung von Arbeitszeiten das übergeordneten Ziel sein.
Der Bundesratsantrag aus Bayern wird diesen Ansprüchen nämlich nicht gerecht. Erklärtes Ziel ist die Lockerung der täglichen Höchstarbeitszeit, und in der Praxis wird dieser Vorstoß sehr wahrscheinlich dazu führen, dass vor allem die Arbeitszeit in schlecht bezahlten, körperlichen Jobs verlängert wird.
Deshalb unterstützen wir die Initiative der SPD und schließen uns der Forderung an die Landesregierung an, den Antrag aus Bayern im Bundesrat abzulehnen.
Mir ist bewusst, dass es schon viele Anläufe gab, um flexiblere Arbeitszeitmodelle einzuführen. Auch Versuche, das Arbeitszeitgesetz zu reformieren, gibt es regelmäßig. Leider sind schon im Jahr 2016 Versuche gescheitert, hier über eine Öffnungsklausel zu einer Lösung zu kommen.
Aus Sicht des SSW ist die Idee, das Arbeitszeitgesetz über eine wissenschaftlich begleitete und tarifvertraglich abgesicherte Experimentierphase zu öffnen, nach wie vor sehr charmant. Auch der Ansatz, sich die EU-Arbeitszeitrichtlinie genauer anzuschauen, kann durchaus sinnvoll sein. Aber egal, welchen Weg man letztendlich geht, entscheidend ist für uns, dass man die Tarifpartner beteiligt und einen möglichst breit getragenen Kompromiss findet. Ein einseitiger Alleingang einer Landesregierung ist hier wirklich der falsche Ansatz.
Nicht alle Bereiche der Arbeitswelt sind gleichermaßen von der Digitalisierung betroffen. Es gibt Berufsgruppen, für die wir dringend mehr Flexibilität brauchen; für andere würde eine Flexibilisierung vor allem zu schlechteren Arbeitsbedingungen führen. Ein modernes Arbeitszeitgesetz muss auch hier Antworten geben; in der Arbeitswelt gibt es die unterschiedlichsten Fälle. Deshalb brauchen wir Formulierungen, die den Tarifparteien mehr Spielraum bei der Ausgestaltung geben.