Karl Marx wäre damals vermutlich stolz auf Sie gewesen. Insofern ist die Diskussion über Kevin Kühnert manchmal scheinheilig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Staat muss Anreize für Beiträge von gesellschaftlichem Nutzen setzen. Bei wirtschaftlichem Verhalten, das dem Allgemeinwohl und dem Anliegen der Gemeinschaft widerspricht, muss der Staat aber auch Grenzen setzen. Nehmen wir einmal die Wohnraumversorgung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Hier gibt es seit Jahrzehnten ein permanentes Marktversagen. Ohne staatlichen Eingriff, ohne staatliche Förderung wäre in diesem Land nie eine Sozialwohnung entstanden.
Unser Land verfügt über einen innovativen Mittelstand, moderne Handwerksbetriebe und immer mehr kreative Start-ups. Die Unternehmen haben dazu beigetragen, dass sich das Niveau der Beschäftigungszahlen drastisch erhöht hat. Die Arbeitslosenzahl ist auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Die Reallöhne steigen wieder - das ist gut so -, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist ebenfalls stark gestiegen - auch das ist gut so.
Richtig ist aber auch, dass die soziale Marktwirtschaft ganz offensichtlich das Wohlstandsversprechen nicht mehr einhalten kann. Die Erfahrung früherer Generationen, dass sich Arbeit lohnt, gilt leider nicht mehr vollumfänglich. Wir erleben die zunehmende Spaltung des Arbeitsmarkts. Niedriglöhne, Leiharbeit, Werkvertragsarbeit nehmen zu. Das verstößt im Kern gegen die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, nach der sich Arbeit und Leistung lohnen müssen.
Dieses Prinzip muss auch bei der fortschreitenden Digitalisierung gelten. Wir werden in Zukunft eine veränderte Art von Arbeit erleben, die nicht mehr ausschließlich in Unternehmensräumen stattfindet. Es gibt eine Tendenz zur grenzenlosen Arbeit. Bei Veränderungen der Arbeitswelt muss der Staat die Arbeitnehmer schützen. Deshalb sage ich: Wir verstehen Wirtschaftspolitik als eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Unternehmen und Gewerkschaften. Ziel ist es, gesellschaftlichen Nutzen zu stiften. Die Wirtschaft muss den Menschen nutzen und nicht umgekehrt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Den AfD-Antrag lehnen wir ab, weil er in der Sache falsch ist. Der Antrag von Jamaika enthält nur leere Worte, auch ihn lehnen wir ab. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, und vielen Dank für Ihre Geduld, Herr Präsident.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Antrag der AfD macht deutlich, dass man sich immer wieder zur sozialen Marktwirtschaft bekennen muss, insbesondere aber dazu, dass sie nur dann wirklich gut ist, wenn sie weiterentwickelt wird und sich den Herausforderungen der Zeit stellt. Wenn wir in die Historie gucken, stellen wir fest, dass die freie Marktwirtschaft lange Zeit als das Wirtschaftsmodell der Bundesrepublik galt. Sie hat sich als freie und soziale Marktwirtschaft erfolgreich entwickelt und wurde im Staatsvertrag zwischen Bundesrepublik und DDR von 1990 als gemeinsame Wirtschaftsordnung anerkannt. Hier wird, wie wir wissen, das Prinzip des freien Marktes mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs gekoppelt. - So ist erst einmal die Historie.
Wir wissen auch, wenn wir in die 40er-Jahre zurückblicken, dass es Ludwig Erhard als Vater der sozialen Marktwirtschaft darum ging, einen Mittelweg zwischen völligem Liberalismus und staatlich gelenkter Planwirtschaft zu finden und diesen Ausgleich hinzubekommen. Inzwischen hängt im Büro des grünen Wirtschaftsministers von Hessen, Tarek Al-Wazir, ein Portrait von Ludwig Erhard.
Das ist ein weitgehend guter Weg, das ist überhaupt keine Frage. Eine Volkswirtschaftskette ist letztlich nur so stark wir ihr schwächstes Glied. Von daher ist es nach unserem Verständnis unverzichtbar, die sozialen Herausforderungen anzunehmen und auf sie entsprechend zu reagieren.
In einem anderen Kontext gilt dies auch für Europa als gemeinsamem Markt, Wirtschafts- und Sozialraum. Im Grundsatz gilt es auch für die globalisierten Märkte und somit weltweit. Wir dürfen nicht untätig vor den Märkten stehen, außerstande sie zu gestalten und Leitplanken zu setzen. So eine Politik der Verweigerung schafft nur Verlierer.
Die internationalen Finanzmärkte dürfen nicht die Regeln vorgeben. Wir wissen das. Wir dürfen letztlich die Handlungsverantwortung nicht abgeben. Wir müssen immer wieder neu begreifen, dass es langfristig kein guter Weg ist, den wirtschaftlichen Erfolg allein dem Markt und somit dem Kapital zu überlassen.
Ein komplett freier Wettbewerb ohne regulierende Eingriffe zur Wahrung eines sozialen Gleichgewichtes ist letztlich für einen funktionierenden Staat unvorstellbar.
Wir leben in Deutschland und hier in SchleswigHolstein in dieser Wirtschaftsordnung. Letztlich bekennen wir uns täglich dadurch, dass wir sie weiterentwickeln, zu ihr. Wir tun dies mit allen erforderlichen Folgen für die Gesetzgebung und mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Thomas Hölck hat eben sehr eindrücklich dargestellt, wo sich in den letzten zwei Jahrzehnten die Schwächen aufgebaut haben. Die Uhren haben sich seit den 50er-Jahren erheblich weitergedreht.
Aber nicht nur der soziale Aspekt bestimmt über Wohl und Wehe unseres Wohlstandes und unserer Wirtschaft, sondern ebenso wichtig ist es, auf die ökologischen Herausforderungen zu reagieren. Sie
Seit November machen die jungen Leute der Friday-for-Future-Bewegung uns immer wieder deutlich, dass wir unsere Wirtschaftsstrukturen, wie wir sie heute leben und zulassen, intensiv überdenken müssen und auch bereits kurzfristig handeln müssen. Wer heute ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell fordert und nicht die ökologischen Herausforderungen einbezieht, ist entweder ein hervorragender Verdränger - das kennen wir alle zugegebenermaßen manchmal von uns selbst -, oder er gehört einfach nicht in die Zeit. Ich glaube, das ist Ihr großes Problem.
Insofern gibt es das Modell einer überlebensfähigen Marktwirtschaft nur mit ökologischem Fundament und sozialem Zusammenhalt. Wir haben es gestern Morgen sehr intensiv behandelt: Klimaschutz und der Ausbau von Technologien für erneuerbare Energien vernichtet keine Arbeitsplätze, sondern bringt jede Menge neue. Im historischen Kontext der letzten 20 Jahre kann man feststellen, dass wir im Jahr 2000 100.000 Arbeitsplätze bei den erneuerbaren Energien hatten.
Wenn so ein Motor einmal ins Stottern kommt, ist man bis 2019 runter auf 300.000 Arbeitsplätze, und das in diesem Bereich einer Zukunftstechnologie. Das gibt zu denken. Wir sollten uns vor Augen führen, dass es letztlich umso teurer wird, die Folgen des Klimawandels beherrschbar zu machen, je länger wir meinen, uns so etwas leisten zu können.
Darauf sollten wir uns bei der Weiterentwicklung unserer Marktwirtschaft immer wieder beziehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde schon mehrfach mit einem historischen Bezug angefangen. Ich möchte das auch tun. Ich glaube nämlich, dass der Blick auf die soziale Marktwirtschaft am besten geschärft wird durch einen Blick auf die Historie. Unser Grundgesetz stammt aus einer Zeit, die durch große historische Umbrüche geprägt war. Traditionelle, sozialrevolutionäre und liberale Ideen für eine Gesellschaftsordnung begeisterten ihre Anhänger und führten zu großen Auseinandersetzungen um den richtigen Weg.
Der Faschismus war gerade gescheitert. Trotzdem glaubten viele Menschen daran, dass autoritäre Staatsformen wie zum Beispiel Kommunismus oder Sozialismus gut sein könnten. Andere wünschten sich in dieser Zeit das Klassensystem der Kaiserzeit zurück oder träumten von Anarchie. In dieser Situation verzichtete das Grundgesetz darauf, eine Wirtschaftsordnung festzuschreiben.
Ich glaube, dass dies sehr klug war, denn es hat in dieser Zeit der Umbrüche und der starken Auseinandersetzungen zu einem breiten Konsens und einer breiten Anerkennung des Grundgesetzes geführt. Heute wissen wir, dass sich aus diesem Kapitalismus, der dann bei uns Fuß gefasst hat, eine deutsche Sonderform entwickelt hat, die Leistungsgedanken und Fürsorge miteinander vereint. Das ist unsere soziale Marktwirtschaft.
Leistungsgedanken und Fürsorge: Herr Hölck, das ist genau das, was Sie gerade aus dem Grundsatzprogramm der FDP zitiert haben. Es handelt sich um die Erneuerung des Kapitalismus, die die Akkumulation des Vermögens in wenigen Händen verhindert und Teilhabe für alle ermöglicht. Ich bin froh, dass wir in einem solchen System leben können.
Es ist doch wunderbar, dass wir diese beispielslose Erfolgsgeschichte erleben dürfen, die aus einem am Boden liegenden, zerstörten Land ein wohlhabendes Land mit einer gleichberechtigten Gesellschaft freier Männer und Frauen, freier Bürgerinnen und Bürger gemacht hat.
Vieles ist über die soziale Marktwirtschaft geschrieben und gesagt worden. Für mich persönlich besteht die soziale Marktwirtschaft aus drei Prinzipien: Freiheit, Verantwortung und Souveränität.
Das Verlangen nach Freiheit ist eine der stärksten menschlichen Triebfedern. Es gibt kaum etwas Bedrückenderes als dass Gefühl der Unfreiheit, Gängelung und Bevormundung. Unsere Freiheitsrechte, die das festschreiben und ohne die wir uns ein Leben gar nicht mehr in unserem Alltag vorstellen, sind in unserem Grundgesetz festgeschrieben und uns garantiert.