(Unruhe und Heiterkeit - Volker Schnurr- busch [AfD]: Darüber können wir noch dis- kutieren! - Zuruf: Leider!)
- Wir müssen schon ein bisschen Respekt haben. Sie sind bestenfalls eine mittelmäßige Laienspielgruppe.
Sie können in diesem Land gern Debatten aus anderen Landtagen und Regionen aufwärmen, aber in Schleswig-Holstein habe ich nicht wahrgenommen, dass jemand die Verstaatlichung von Wohnungseigentum gefordert und gesagt hat: Wir müssen in Schleswig-Holstein jetzt in irgendeiner Weise Wohnraum bis zum Gehtnichtmehr verstaatlichen.
Auch die Aussage von Kevin Kühnert, seines Zeichen Juso-Bundesvorsitzender mit einer durchaus beachtlichen medialen Präsenz, gefährdet doch nicht ernsthaft die soziale Marktwirtschaft. Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir die Kirche im Dorf lassen.
Ihr Antrag bringt vieles durcheinander. Ich habe am Anfang gedacht: Das ist so ein Antrag, den wir eigentlich von der Tagesordnung nehmen können; darauf können wir alle uns einigen. - Es ist aber doch ganz gut, hier ein bisschen ordnungspolitisch aufzuräumen.
Das Ziel der sozialen Marktwirtschaft ist größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung. Das ist ein Gleichklang, und gerade das bedeutet, dass es eben nicht Freiheit gibt, sondern dass der Staat in das Wirtschaftsgeschehen aktiv eingreifen muss, durch konjunkturpolitische, wettbewerbspolitische und sozialpolitische Maßnahmen.
Ein kurzer Einschub an die Sozialdemokraten: Da springt auch Ihr Alternativantrag deutlich zu kurz, weil sich die soziale Marktwirtschaft eben nicht nur mit Arbeitnehmerrechten beschäftigt, sondern sich in heutigen Zeiten, im 21. Jahrhundert auch mit ökologischen Aspekten befassen sollte. Deshalb sollten Sie bitte unserem Alternativantrag zustimmen, der sehr viel weitgehender ist, und Ihren Alternativantrag vielleicht zurückziehen.
Herr Schnurrbusch, zurück zu Ihrer Aussage, dass Sie, weil es ein Interview mit Bodo Ramelow gab, Sorge haben, dass sich unser Ministerpräsident eine Koalition mit der Linkspartei vorstellen könnte. Auch da bin ich dankbar, dass Sie das noch einmal aufs Tapet gebracht haben, weil man diesen Eindruck offensichtlich mit einer gewissen intellektuellen Unterdurchschnittlichkeit bekommen zu haben scheint.
Im Interview des „Spiegel“ wurde von unserem Ministerpräsidenten sehr deutlich gemacht, dass es keine inhaltliche Schnittmenge mit der Linkspartei
- Herr Schnurrbusch, wenn Sie es nicht gelesen haben und sich über Überschriften ereifern wollen, dann machen Sie das gern. Das passt zur inhaltlichen Tiefe der Arbeitsweise der AfD-Fraktion.
Insgesamt hätten wir uns, wenn wir uns Ihren Antrag angucken, diese Debatte sparen können. Die soziale Marktwirtschaft funktioniert in SchleswigHolstein. Die Jamaika-Koalition tut alles, damit die soziale Marktwirtschaft in Schleswig-Holstein eine ökologische soziale Marktwirtschaft wird.
(Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD] - Volker Schnurrbusch [AfD]: Da gibt es unterschied- liche Meinungen!)
Leitziel der Jamaika-Koalition ist es, Ökonomie und Ökologie miteinander zu vereinbaren. Wir machen das gleichzeitig unter Wahrung sozialpolitisch wichtiger Anliegen.
Deshalb stimmen Sie bitte unserem Alternativantrag zu, und lehnen Sie alle anderen Anträge ab, insbesondere auch den leicht unterkomplexen Alternativantrag der SPD-Fraktion. - Vielen Dank.
(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Mit die- sem Thema kennen Sie sich aus!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schnurrbusch, Sie hätten vor Beginn Ihrer Rede ins Grundgesetz schauen sollen. Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes lautet:
Enteignungen haben in diesem Land immer stattgefunden. Zum Beispiel sind in Hamburg zur Schaffung von Hafenerweiterungsflächen oder in Nordrhein-Westfalen, wenn der Braunkohlebergbau ausgeweitet worden ist, ganze Dörfer enteignet worden und verschwunden. Das ist nichts Neues, und insofern ist Ihre Kritik abwegig.
„Ziel sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik ist stetig wachsender Wohlstand und eine gerechte Beteiligung aller am Ertrag der Volkswirtschaft, ein Leben in Freiheit ohne unwürdige Abhängigkeit und ohne Ausbeutung.“
Mit diesem Zitat zur Wirtschafts- und Sozialordnung aus dem Godesberger Programm der SPD ist eigentlich fast alles gesagt, und das ist die beste Antwort auf Ihre hirnarme Rede, Herr Schnurrbusch.
Die soziale Marktwirtschaft ist seit Bad Godesberg ein Erfolgsmodell. Wir haben ihr den Wohlstand zu verdanken. Der Erfolg gilt aber nur dann, wenn der soziale Anteil nicht verkümmert. Ein System nach dem Motto „Wir sind reich, weil andere arm sind“ darf keine Zukunft, keine Grundlage unserer Wirtschaftsordnung sein.
Tatsache ist, dass das Wohlstandsversprechen in den vergangenen Jahren durch die soziale Marktwirtschaft Risse bekommen hat. Wenn Vollzeitarbeit nicht mehr ausreicht, ein gutes Leben zu organisieren, wenn Vollzeitarbeit nicht mehr ausreicht, eine auskömmliche Rente zu erhalten, dann dürfen wir nicht tatenlos danebenstehen.
Wenn der Markt versagt, muss der Staat klare Regeln setzen. Zu Recht muss man über die Vermögensverteilung in diesem Land reden dürfen. Das war vor 70 Jahren genauso richtig wie heute. Wenn man einmal in Programme anderer Parteien guckt, dann kann man im Ahlener Programm der CDU lesen:
„Wir fordern die Vergesellschaftung der Bergwerke … Auch bei der eisenschaffenden Großindustrie ist der Weg der Vergesell
schaftung zu beschreiten … Planung und Lenkung der Wirtschaft wird auch in normalen Zeiten der Wirtschaft in gewissem Umfange notwendig sein.“
„Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte …, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz und der Konzentration des Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen folgen.“
Karl Marx wäre damals vermutlich stolz auf Sie gewesen. Insofern ist die Diskussion über Kevin Kühnert manchmal scheinheilig.