Protocol of the Session on May 17, 2019

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Ja, gern.

Herr Kollege, ich habe gerade vorgetragen, wie die Entwicklung auf Bundesebene aussieht und dass sich diese von der Entwicklung in Schleswig-Holstein nicht unterscheidet. Ich möchte von Ihnen bitte eine Begründung dafür hören, wie diese Landesregierung in Schleswig-Holstein, die Sie so scharf kritisieren, für die Situation im restlichen Bundesgebiet verantwortlich ist.

- Diese Landesregierung ist nur für Schleswig-Holstein verantwortlich. Es gab hier einen Kompromissvorschlag der Albig-Regierung, der nachvollziehbar war. Sie haben die Regionalplanung verändert, weil Wahlversprechen gemacht worden sind die Sie bis heute nicht einhalten können -, und das führt zu der jetzigen Situation.

(Beifall SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ge- nau so ist es!)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Ja, gern.

Können Sie mir denn erklären, warum sich der Ausbau in anderen Bundesländern genauso darstellt wie hier in Schleswig-Holstein? Und kann es sein, dass eine geänderte Auffassung der Bevölkerung - die an den Klagen deutlich wird - dafür eine Rolle spielt?

(Unruhe)

- Sie vergleichen Schleswig-Holstein beispielsweise mit Bayern. Bayern hat Abstände bei Windenergieanlagen an Land gewählt, die niemand erfüllen kann.

(Zuruf Oliver Kumbartzky [FDP])

10 mal h - das haben Sie richtig wiedergegeben kann niemand erfüllen. Das hat mit dieser Regionalplanung überhaupt nichts zu tun. Natürlich gibt es Widerstände in der Bevölkerung. Das ist offensichtlich.

Wir müssen aber doch die große Geschichte erzählen, warum wir die Energiewende brauchen. Wir wollen, dass die Flächen, die unterhalb des Meeresspiegels liegen, vor dem Meeresanstieg geschützt werden. Wir wollen, dass in der Dritten Welt weiterhin Landwirtschaft möglich ist und nicht durch die Erwärmung des Klimas ständig weiter eingeschränkt wird. Deshalb ist die Energiewende so wichtig. Diese Energiewende ist auch dafür wichtig, Fluchtursachen zu bekämpfen, und wird zum friedlichen Zusammenleben auf dieser Welt beitragen. Deshalb muss man die große Geschichte erzählen und sich auch manchmal mit den Bürgerinnen und Bürgern anlegen.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD] - Oliver Kumbartzky [FDP]: Lang anhaltender Bei- fall!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Landesregierung hat mit ihrer Regionalplanung der regenerativen Energiewirtschaft den Saft abgedreht. Milliardeninvestitionen liegen auf Eis. Sie haben Arbeitsplätze gefährdet und gefährden sie weiterhin. Das ist ein Desaster, ausgelöst durch Ihre Regierungspolitik.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Das ganze Ausmaß Ihres Scheiterns dokumentiert die Tatsache, dass es durch Stilllegungen zum ersten Mal seit den 80er-Jahren zu einer Abnahme der Anzahl an Windkraftanlagen an Land in SchleswigHolstein gekommen ist.

Es wird immer offensichtlicher, dass Jamaika keinen gemeinsamen Plan für die Energiewende hat,

(Thomas Hölck)

und das gibt es auch offen zu. Diese Koalition hatte zwei Jahre Zeit, eine gemeinsame Linie zu finden.

Ihr Begleitantrag, den Sie gestellt haben, ist wirklich eine Farce. So einen Antrag kann man stellen, wenn man sich am Beginn eines Verfahrens befindet, aber vier Jahre nach dem Urteil des OVG und zwei Jahre nach Antritt Ihrer Regierung ist dieser Antrag lächerlich und eine Farce.

(Beifall SPD)

Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass Sie es nicht einmal geschafft haben, bei den neuen Regionalplänen einheitlich größere Abstände in den Flächen, die neu aufgenommen worden sind, zu ermöglichen. Es gibt 63 neue Vorranggebiete, 30 davon mit 1.000 m Abstand und 22 mit 800 m Abstand. Diese Unterschiedlichkeit bei den Abständen erklären Sie doch einmal einem Richter.

(Beifall SPD)

Wir haben in der guten alten Küstenkoalition

(Christopher Vogt [FDP]: Ach!)

mit unserer regionalen Planung einen guten nachvollziehbaren Kompromiss vorgelegt,

(Christopher Vogt [FDP]: Das haben wir ge- sehen!)

der auch die Bedenken der Bevölkerung aufgenommen und gewichtet hat. Es geht darum, die Bedenken der Menschen ernst zu nehmen.

(Zurufe Serpil Midyatli [SPD] und Christo- pher Vogt [FDP])

Das Moratorium besteht mittlerweile seit fast vier Jahren. Aus den vorherigen zwei Verfahren zur Verlängerung des Moratoriums sowie aus mehreren juristischen Einschätzungen ist eindeutig hervorgegangen, dass eine Verlängerung des Moratoriums zwar möglich ist, jedoch immer gut begründet sein muss. Der SPD-Fraktion hat der Wissenschaftliche Dienst des Landtages im November 2017 mitgeteilt, dass eine Verlängerung des Moratoriums seiner Auffassung nach nur zulässig ist, wenn sie auch sachlich auf tragfähigen Argumenten begründet ist. Neue Planungskriterien, die eine neue Koalition in das Verfahren einspeist, um Wahlversprechen einzulösen, sind jedenfalls keine sachlich tragfähigen Gründe.

(Beifall SPD)

Die Verlängerung des Moratoriums ist nicht zuletzt deshalb höchst umstritten.

Wir werden, um das Schlimmste, den Wildwuchs, zu verhindern, nicht gegen das Moratorium stimmen; wir haben aber erhebliche Zweifel an der Rechtsicherheit der Verlängerung. Deshalb werden wir uns enthalten. Sollte das Moratorium erfolgreich beklagt werden, Herr Kollege Kumbartzky, ist das Ihre alleinige Verantwortung als Koalition.

(Beifall SPD - Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine kurze Zwischenfrage des Abgeordneten Vogt?

Mein letzter Satz: Am Ende des Tages bleibt festzustellen: Sie haben bei der Energiewende kläglich versagt.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Bernd Voß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Claussen hat das Verfahren und wo wir stehen bereits dargestellt. Ein herzlicher Dank vorweg an die Verwaltung, die mit ihrem hochspezialisierten Wissen diesen ganzen Prozess seit Jahren begleitet. Auch ein Dank an Fridays for Future, die junge Generation, die bei Sonnenschein und auch fiesestem Regenwetter jede Woche hier vor dem Landtag demonstriert. Sie werden es ausbaden müssen, wenn die Klimaziele nicht erreicht werden. Ich glaube, es ist gut so, dass uns das immer wieder deutlich gemacht wird.

(Beifall Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zurufe Dr. Ralf Stegner [SPD] und Jörg Nobis [AfD])

Es ist eigentlich ganz einfach: Die Erneuerbaren Wind und Sonne sind inzwischen die kostengünstigsten Energien geworden. Zügig können größere Kapazitäten ausgebaut werden. Gerade für Schleswig-Holstein ist dies keine Bürde, sondern eine einzigartige Chance für Wirtschaft, Menschen und Klima.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Und Sie verspielen sie!)

(Thomas Hölck)

Eines ist klar: Die Uhr tickt, es ist kurz vor zwölf.

(Jörg Nobis [AfD]: Immer dieser Alarmis- mus!)

Schleswig-Holstein ohne Wind, das gibt es fast überhaupt nicht. Das ist unser Standortvorteil. Deshalb ist die Windkraft neben der Sonne die wichtigste Quelle, um zügig Erneuerbare aufzubauen. Neben der Stromwende, Verkehrswende, Wärmewende und Industriewende ist das eine der wichtigsten Säulen. Darauf setzen wir in Sachen Klimaschutz.

Ich sage das deshalb, weil wir immer noch bei 86 % fossiler und atomarer Energie sind, wenn wir die Primärenergien anschauen. Wir werden es in den nächsten 30 Jahren schaffen müssen, diese 86 % zu 100 % durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Deshalb werden wir zeitnah die entsprechenden Kapazitäten brauchen. Der Erfolg der heute schon möglichen technologischen Innovationen bei den Systemen der Erneuerbaren hängt maßgeblich davon ab, dass erneuerbarer Strom in den Flächen überhaupt in entsprechendem Ausmaß vorhanden ist. Wir wissen zum Beispiel, dass wir viel davon brauchen, um grünen Wasserstoff zu erzeugen, um all die Möglichkeiten in der Fläche dann auch umsetzen zu können. Das ist unsere industriepolitische Chance. Das ist unsere Perspektive für Handwerk, für Mittelstand, für Arbeitsplätze und für Wertschöpfung im Land.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber nicht Ihre Politik!)

Die Betriebe können nicht über Jahre - das ist uns allen wohl klar - in einem Standby-Modus verbleiben. Das ist wirtschaftsfeindlich. Das ist wirtschaftsfremd. In den vergangenen Jahren sind bereits viele Arbeitsplätze in der Windbranche verloren gegangen. Das kann uns weder sozialpolitisch noch regionalpolitisch kaltlassen. Aus all diesen Gründen drängen wir so vehement für den Ausbau.