Protocol of the Session on May 17, 2019

Die Betriebe können nicht über Jahre - das ist uns allen wohl klar - in einem Standby-Modus verbleiben. Das ist wirtschaftsfeindlich. Das ist wirtschaftsfremd. In den vergangenen Jahren sind bereits viele Arbeitsplätze in der Windbranche verloren gegangen. Das kann uns weder sozialpolitisch noch regionalpolitisch kaltlassen. Aus all diesen Gründen drängen wir so vehement für den Ausbau.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Vorhin ist schon gesagt worden - ich will keine Schuldzuweisung betreiben -: Ein gewaltiges Problem stellt der Bund dar, der bremst. Die GroKo ist seit über zehn Jahren Meisterin im Bremsen, Deckeln und Verzögern.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem wurde der Ausbau durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts und den anschließenden

so nenne ich es einmal vorsichtig - schlingernden Planungsprozess gebremst.

Es ist gut, dass wir mit dem ersten Moratoriumsbeschluss die Möglichkeit geschaffen haben, dass auf verfestigten Flächen Ausnahmegenehmigungen möglich sind. Die beteiligten Ministerien arbeiten daran, dass im derzeit möglichen Umfang Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Diese Möglichkeiten und die Verfahrensbeschleunigungen werden wir noch genauer betrachten müssen. Daher auch der Begleitantrag. Es darf kein weiteres Jahr mit nur 20 Genehmigungen geben. Das ist weniger als ein Zehntel des jährlich erforderlichen Ausbaus. Wir können uns das nicht leisten. So würden wir die Energie- und Klimaziele reißen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wer jetzt aber meint, Jamaika sei zerstritten, irrt sich.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nichts tun!)

Das einzige, was wir Grüne auf Nachfrage vergangene Woche klargemacht haben, ist, dass die Erreichung der Ziele der Energiewende - 10 GW onshore und 25 GW offshore - zeitnah erfolgen soll. Das soll nicht irgendwann - etwa im Jahr 2030 oder irgendwann - erfolgen, sondern zeitnah. Das ist essenziell.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich habe von keinem der Koalitionspartner etwas anderes gehört. Wir haben insofern keinen Grund und erst recht keine Zeit, in eine Krise hineinzugehen. Wir haben viel zu tun. Wir haben etwas wegzuschaffen.

Die Kenntnis von Mathematik, vom Stand der technischen und physikalischen Möglichkeiten - das weiß der, der sich ein wenig darum kümmert - führt dazu, dass das, was im Koalitionsvertrag beschrieben ist, erforderlich ist, nämlich die Ausweisung von circa 2 % der Fläche. Um die Ziele zu erreichen, muss dieser Flächenanteil ausgewiesen werden.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wissen um die Herausforderungen des Klimaschutzes. Wir als Jamaika haben es geschafft - das betone ich vor dem Hintergrund dessen, woher wir politisch kommen -, dass wir im Bundesrat gemeinsam mit CDU und FDP für eine CO2-Bepreisung und eine grundlegende Reform des Regulatorischen

(Bernd Voß)

streiten. Wir haben einen gemeinsamen Antrag eingebracht. Ich finde es gut, dass SSW, aber auch SPD als nicht ganz unmaßgebliche Regierungspartei in einer ganzen Reihe von Ländern diesen Antrag unterstützen. Bei der Größe der Herausforderung ist es wichtig, dass wir zusammenfinden, um die Ziele in der erforderlichen Zeit zu erreichen. Das ist alles kein Ponyhof. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich eigentlich auf die Debatte heute gefreut. Nach der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses in der letzten Woche, in der die SPD-Fraktion unserem Gesetzentwurf zugestimmt hat, dachte ich, dass die SPD endlich dazugelernt hat, dass sie klug geworden ist, diesem Gesetzentwurf zu folgen. Nun dieser Auftritt von Ihnen, Herr Hölck. Ihr Problem ist: Sie stehen sich irgendwie selbst im Weg. Sie wissen gar nicht, was Sie selbst wollen.

(Beifall Werner Kalinka [CDU])

Gestern stellen Sie sich hin und sagen, die Landesentwicklungsstrategie 2030 müsse weitergeführt werden. - Das lähmt Kapazitäten in der Landesplanung. Jetzt sagen Sie, es könne alles nicht schnell genug gehen. Dann kommen Sie mit dem EEG an. Ich finde es in höchstem Maße unseriös, sich hier hinzustellen, die Zahlen von 2015 und 2016 zu nehmen und zu sagen: Damals hatten wir ganz viele Genehmigungen.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Kay Richert [FDP])

Das war ein ganz anderes EEG.

(Beifall FDP und CDU)

Das war der einzige Grund, aus dem es damals viele Ausnahmegenehmigungen gab.

Ich kann mir gar nicht vorstellen, Herr Hölck, dass Sie das, was Sie hier von sich geben, selber glauben. Es ist jedes Mal dieselbe Rede, eins zu eins. Sie müssen irgendwann einmal erkennen, dass der Punkt mit dem EEG nicht korrekt ist. Sie müssen endlich einmal erkennen, dass wir einen Regierungswechsel hatten.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das ist schon zwei Jahre her. Sie haben es wohl noch immer nicht verstanden. Es gab Koalitionsverhandlungen. Man hat sich auf neue Kriterien geeinigt. Wir haben auch gesagt, wir führen das von Ihnen gestartete Verfahren modifiziert fort. Wir haben keine Vollbremsung gemacht oder alles rückwärts gedreht. Wir haben einige Kriterien geändert. Deswegen gab es eine neue Anhörungsrunde. Die hätte es bei Ihnen auch gegeben. Natürlich nehmen wir die Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger ernst. Das ist vielleicht der Unterschied zu Ihnen. Ihnen scheinen die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger schnurzpiepegal zu sein.

(Beifall CDU)

Wir nehmen die Anliegen ernst. Jeder hat es verdient, eine Antwort auf seine Stellungnahme zu kriegen. Das dauert nun einmal seine Zeit.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Falsche Wahlver- sprechen! Das ist der Punkt! - Zuruf CDU)

Mir bleibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Wir verlängern das Moratorium bis zum 31. Dezember 2020, was nicht heißt, dass sich die Landesregierung bis dahin zurücklehnt. Natürlich wird mit Hochdruck an der Beantwortung der Stellungnahmen gearbeitet und an der Entwurfsplanung für den dritten Planentwurf. Es ist logisch, dass die Landesregierung weiter mit Hochdruck daran arbeitet. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landesplanung herzlich für die Arbeit, die sie leisten. Es ist nicht ohne, diese ganzen Pläne auszuwerten. Das geht voran.

Wir haben einen Begleitantrag eingebracht, in dem gefordert wird, es soll geprüft werden, wie es schneller geht. Wir haben im letzten Jahr - vielleicht haben Sie das nicht so richtig mitgekriegt, Herr Hölck - das Landesplanungsgesetz geändert und eine Beschleunigung hineingebracht, Stichwort Digitalisierung. Sie haben damals dagegen gestimmt. Das zeigt, dass Sie sich selbst im Wege stehen. Auf der einen Seite sagen Sie, es könne mit der Regionalplanung, der Landesplanung nicht schnell genug gehen, auf der anderen Seite sind Sie für langwierige Verfahren und wollen alles bremsen. Das passt nicht zusammen. Das nimmt Ihnen keiner mehr ab.

(Beifall FDP und CDU)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Vielleicht geben sich einige Mitglieder der SPD-Fraktion einen Ruck und stimmen so, wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion das im

(Bernd Voß)

Ausschuss gemacht haben, für diesen Gesetzentwurf. Es macht Sinn, das Moratorium zu verlängern. Es gibt keinen anderen Weg.

Lassen Sie uns als Politik gemeinsam mit der Verwaltung, mit den Bürgerinnen und Bürgern dafür sorgen, dass wir Regionalpläne Wind bekommen, die rechtskräftig sind. Niemand kann ein Interesse daran haben, dass die Regionalplanung wieder vor einem Gericht scheitert. Ich bitte daher um Zustimmung zum Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Vorsitzende Jörg Nobis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Wer in den letzten Wochen die Zeitungsmeldungen zum Windenergieausbau in Schleswig-Holstein gelesen hat, wurde Zeuge des chaotischen Streits der Jamaikaner. Herr Koch möchte nur ein Energieziel definiert wissen, sprach dabei aber nicht über das gebrochene Wahlversprechen für größere Abstände für Windenergieanlagen zur Wohnbebauung. Die Grünen beriefen sich - natürlich sehr richtig - auf den Koalitionsvertrag, denn dort stehen 2 % Flächenplanung drin. Sie haben es eben gesagt.

(Christopher Vogt [FDP]: Circa!)

- Circa. - Frau von Kalben drohte in der Presse gar mit dem Bruch der Koalition.

Aus der Ferne meldete sich der Bundesrechnungshof mit der Analyse zu Wort, die Koordination der Energiewende sei der Politik entglitten. Dieses Entgleiten lässt sich an dem schizophrenen Antragsduett erspüren, das uns heute zur Beratung vorliegt. Jamaika will den Ausbaustopp verlängern, den Ausbau aber gleichzeitig beschleunigen. Dieses Gezerre führt seit Jahren dazu, dass der Strompreis jeglicher Vernunft entglitten ist. Beim Strompreis sind wir nämlich Weltmeister.

Daher ist die Verlängerung des Moratoriums vor allem aus Finanzgründen, aber auch aus ökologischer, technischer und energiesichernder Perspektive goldrichtig. Ein paar Zahlen sollen dies untermauern. Gerade diese Woche erfuhren wir, dass die Summe des abgeregelten Stroms im letzten Jahr abermals gestiegen ist. Weil die Netze überlastet sind, gleichzeitig aber immer neue Anlagen gebaut werden, erhielten Deutschlands Betreiber von er

neuerbaren Energien letztes Jahr 635 Millionen € für nicht eingespeisten Strom. 2016 waren es noch 373 Millionen €. Diese Verschwendung zahlt der Verbraucher, und zwar über seine Stromrechnung.

Der durchschnittliche Onshore-Fördersatz lag für die Ausschreibungen zum 1. Mai 2019 bei 6,13 ct pro Kilowattstunde. Offshore wird bis zu 19 ct pro Kilowattstunde gezahlt. Trotz dieser Goldeselmentalität des Strommarktsystems liegen die seit Jahren am Strommarkt erzielten Markterlöse konstant bei lächerlich geringen 11 % bis 14 % der Kosten. Mit ihrem doch eigentlich primären Produkt, nämlich dem Strom, erzielten die Anlagenbetreiber 2017 lediglich 4,4 Milliarden €.

(Zurufe)

- Da sagen Sie, das klingt wenig. Ja, die Einnahmen der Betreiber lagen aber bei 30,4 Milliarden €. Folgerichtig gibt es da eine Lücke. Das sind die Fördersummen und die Marktprämien, zusammen 26 Milliarden €.