Protocol of the Session on March 28, 2019

Der Anspruch auf Verhinderungspflege erkennt nämlich an, dass jemand, der seine Eltern, Großeltern, Geschwister, Onkel oder Tanten pflegt, das natürlich nicht ohne Pause, ohne Erholung 365 Tage im Jahr 24 Stunden täglich machen kann. Deshalb sind das so wichtige Instrumente, und ich finde es gut, dass wir heute darüber sprechen.

Die beiden Pflegeformen sind die Stärken und das Rückgrat in der Pflege, insgesamt auch für das Angehörigenumfeld, weil ein Großteil der Menschen zu Hause gepflegt wird. Insofern ist dieser Vorstoß richtig gut.

Es häuft sich mittlerweile - das mache ich jetzt einmal retrospektiv nach eineinhalb Jahren hier -, dass man feststellen muss, dass im Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene einige richtige Dinge stehen, so auf den Seiten 96 und 97. Richtige Dinge müssen aber auch angegangen werden.

(Beifall FDP - Christopher Vogt [FDP]: Dann macht das doch mal!)

Die GroKo auf Bundesebene - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin - - Ich glaube, auch mein Fraktionsvorsitzender erlaubt mir, noch kurz das Zitat der GroKo zu bringen.

Das Wort hat der Abgeordnete Bornhöft.

(Unruhe FDP)

„Wir werden die Angebote für eine verlässliche Kurzzeitpflege stärken, indem wir eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung sicherstellen.“

In der vorherigen Version des SPD-Antrags stand, dass es einer Überprüfung bedarf, inwieweit auf Bundesebene die Finanzierung anders aufgestellt werden muss. Zumindest die Bundesregierung hat festgestellt, dass es Handlungsbedarf gibt, und hat es im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Jetzt muss dieser nur angegangen werden. Ich hoffe, da sind wir uns einig.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und SPD)

Die letzte Landesregierung hat sich darangemacht und für die Altenpflegeschulen das Schulgeld gestrichen. Wir haben das für die Gesundheitsfachberufe gemacht. Insofern sind wir bei der Unterstützung, Menschen zu Hause zu betreuen, gut davor.

Die generelle Reform der Finanzierung der Pflege haben wir bereits in der letzten Plenartagung als Thema gehabt, und wir haben dort mit großer Mehrheit einen Weg aufgezeigt und das dem Bundesrat geschickt. Die Stärkung von solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen muss bei der Reformierung der Pflegefinanzierung mitgedacht werden, damit die entsprechenden Kapazitäten für die Kurzzeitpflege erhöht werden können. - Damit schließe ich und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Dennys Bornhöft)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Kurzzeitpflege soll dann eingreifen, wenn Pflegebedürftige für eine begrenzte Zeit auf eine vollstationäre Pflege angewiesen sind. Das kommt zum Beispiel vor, wenn eine Krisensituation bei der häuslichen Pflege bewältigt oder der Übergang nach einem Krankenhausaufenthalt geregelt werden muss. Es soll also die Mutter, der Vater, ein Ehepartner, der aus dem Krankenhaus oder der Reha entlassen wird, durch die Kurzzeitpflege aufgebaut und gesundheitlich so weit wiederhergestellt werden, dass er nach Hause kann.

In der Praxis ist es leider so, dass die Kurzzeitpflege nicht funktioniert; es gibt gerade auch wohnortnah viel zu wenig Kurzzeitpflegeplätze, um hier von einem funktionierenden System sprechen zu können. Die Kurzzeitpflegeplätze sind organisatorisch zumeist an die Pflegeheime angebunden; viele Einrichtungen haben Kurzzeitpflegeplätze inzwischen in reguläre Heimplätze umgewandelt, weil dies schlicht wirtschaftlicher ist. Kurzzeitpflege erfordert nämlich einen hohen Personaleinsatz, eine gezielte Förderung und ein regelmäßiges Training, um die Menschen wieder so weit mobil zu machen, dass sie in ihre Wohnung und ihr gewohntes Leben zurückkehren können.

Für eine gute Kurzzeitpflege fehlt es aber an Personal. So werden nach den Berechnungen der Bertelsmann Stiftung im Jahr 2030 insgesamt 16.000 Pflegekräfte in Schleswig-Holstein fehlen. Gleichzeitig wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 um etwa 40,2 % ansteigen. Es besteht also eindeutig akuter Handlungsbedarf.

In der Praxis verhält es sich so, dass die Kurzzeitpflege aufgrund des Mangels an Personal und damit des Ausbleibens gezielter Förderung der Pflegebedürftigen ihre Ziele klar verfehlt. Bei 80 % erfolgt ein erneuter Aufenthalt im Krankenhaus oder in der regulären vollstationären Pflege, und genau das sollte die Kurzzeitpflege verhindern.

Der vorliegende Antrag der SPD, ein bedarfsgerechtes und wohnortnahes Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen in Schleswig-Holstein sicherzustellen sowie die Qualität für eine fachgerechte Kurzzeitpflege zu gewährleisten, ist insofern ein Schritt in die richtige Richtung. Hierzu gehört auch der An

satz, solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen zu fördern. Das Konzept solitärer Kurzzeitpflegeeinrichtungen, die sich ausschließlich um Übergangspatienten kümmern, könnte ein erfolgversprechender Ansatz sein, um die Situation der Pflegebedürftigen zu verbessern.

Aber auch hier gibt es einiges zu beachten. So muss nicht nur auf Bundesebene geprüft werden, inwieweit bei der Refinanzierung und Stärkung der Kurzzeitpflege Handlungsbedarf besteht, sondern auch auf Landesebene. Das gilt auch für die Frage der solitären Kurzzeitpflege. Die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsinfrastruktur liegt in der Verantwortung der Länder. So kann das Land über die Investitionskostenfinanzierung der Pflegeeinrichtungen seinen finanziellen Beitrag leisten.

Aber es gibt noch mehr Punkte, die wir im Ausschuss besprechen sollten. Was ist zum Beispiel, wenn ein Kurzzeitpflegebedürftiger eine Behinderung hat? Dann ist auch eine anderweitige Unterbringung für die Kurzzeitpflege möglich, etwa in Spezialeinrichtungen, die auf die speziellen Bedürfnisse behinderter Menschen ausgerichtet sind. Sollen solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen auch für diese Fälle ausgestattet sein? Diese Frage werden wir klären müssen.

Oder wie sollen wir verfahren, wenn ein Pflegender selbst einer stationären Vorsorge- oder Reha-Maßnahme bedarf? In derartigen Fällen kann der Angehörige mitgenommen werden, das heißt, in derselben oder in einer nahegelegenen Einrichtung auch ohne Pflegezulassung untergebracht werden. Wir müssen daher prüfen, ob die solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen auch für diese Fälle gerüstet sein sollen.

Genau dies müssen wir auch für Demenzkranke prüfen. Auch Demenzkranke, die langfristig von Angehörigen zu Hause gepflegt werden, haben einen Anspruch auf Kurzzeitpflege. Ob auch für diese Gruppe, die bei der kurzfristigen Mobilisierung nicht mehr so sehr im Vordergrund stehen dürfte, die solitäre Kurzzeitpflege geöffnet werden soll, bedarf ebenfalls der Erörterung.

Beide Anträge sind es wert, im Ausschuss beraten zu werden. Die Kurzzeitpflege ist es allemal. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei den vielen Baustellen im Pflegebereich ist vielleicht nicht allen klar, dass wir auch bei der Kurzzeitpflege vor erheblichen Problemen stehen. Tatsache ist, dass es hier schon länger zu Versorgungsengpässen kommt. Dabei war und ist diese Entwicklung absehbar: Genau wie der allgemeine Pflegeberuf steigt auch die Nachfrage nach Kurzzeitpflegeplätzen. Gleichzeitig hat die Zahl dieser Plätze in den vergangenen Jahren aber offenbar sogar abgenommen. Im Ergebnis kann der Bedarf längst nicht mehr gedeckt werden. Nach Einschätzung von Experten hat diese Unterversorgung in einigen Regionen schon gefährliche Ausmaße angenommen.

Zugegeben: Es ist nicht ganz einfach, hier an verlässliche Zahlen zu kommen. Noch dazu ist die Struktur der Kurzzeitpflege in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. In Ländern wie Sachsen und Berlin wird Kurzzeitpflege zum Beispiel fast ausschließlich in solitären Einrichtungen erbracht. Bei uns oder in Hamburg wird sie dagegen fast nur in eingestreuten Betten oder gesonderten Abteilungen angeboten. Noch dazu gibt es bei den Platzzahlen auch innerhalb Schleswig-Holsteins große Unterschiede. Aber nach allem, was mir Betroffene berichtet haben, hat dieses Problem längst ein Ausmaß erreicht, das ein Gegensteuern erfordert. Deshalb ist es unheimlich gut, dass die SPD dieses Thema hier auf die Tagesordnung setzt.

Eines sollten wir uns bewusst machen: Kurzzeitpflege ist kein Zusatzangebot oder Luxus. Wer diese Pflege braucht, muss sie auch bekommen, und zwar ohne Wenn und Aber. Kurzzeitpflege ermöglicht pflegebedürftigen älteren Menschen den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung, und zwar für einen begrenzten Zeitraum. Das ist eine unheimlich wichtige Hilfe, wenn Angehörige aufgrund einer Krise eine Zeitlang nicht selbst pflegen können oder einfach mal eine Auszeit brauchen.

Genau deshalb ist es auch so wichtig, Schwankungen im Bedarf zu berücksichtigen und zum Beispiel auch für klassische Urlaubszeiträume ausreichend Plätze vorzuhalten. Noch dazu ermöglicht Kurzzeitpflege nach einem Krankenhausaufenthalt, sich zu orientieren und in Ruhe zu entscheiden, ob ein

Heim oder die ambulante Betreuung der richtige Weg ist.

Pflegebedürftige Menschen haben in dieser Phase die Möglichkeit, sich in der 24-Stunden-Versorgung einer stationären Einrichtung zu erholen. Das gibt ihnen und ihren Angehörigen ein ganz anderes Maß an Sicherheit. Auch diesen Punkt darf man nicht unterschätzen, denn in dieser Zeit kann zum Beispiel die Wohnung an veränderte Bedürfnisse angepasst werden, oder es können andere Maßnahmen ergriffen werden, die ein selbstständiges Leben wieder ermöglichen. In diesen Fällen trägt Kurzzeitpflege also ganz besonders dazu bei, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten, und gerade dieser Punkt ist dem SSW sehr wichtig.

(Beifall SSW und Birte Pauls [SPD])

An einer verlässlichen Kurzzeitpflege führt also kein Weg vorbei. Ganz offensichtlich sind wir davon aber ein gutes Stück entfernt. Wir alle wissen, dass hierfür nicht nur die nötige finanzielle Grundlage fehlt. Wir haben leider auch nicht das nötige Pflegepersonal, um diese Aufgabe kurzfristig zu bewältigen. Noch dazu ist uns nicht ganz klar, ob das Land hier tatsächlich so viel Einfluss hat, wie es die SPD in ihrem Antrag nahelegt, aber wir unterstützen selbstverständlich alle Maßnahmen, die eine Kurzzeitpflege von hoher Qualität zum Ziel haben.

Die Forderung an die Landesregierung, hierfür ein Konzept zu entwickeln, ist natürlich sinnvoll. Entscheidend ist und bleibt aber die Frage der Ressourcen, und da ist nicht zuletzt die Bundesebene gefragt, denn nur durch mehr Mittel für entsprechende Einrichtungen und einen angemessenen Lohn für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wir diese Lücke auch wirklich schließen können. - Jo tak.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat das Wort der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, eines ist deutlich geworden in der Debatte, nämlich dass über das Erfordernis, flächendeckend passgenaue Pflege anzubieten, mehr Pflegeinfrastruktur vorzubereiten und

Pflege präventiver und rehabilitativer Ausrichtung zu schaffen, seit längerer Zeit weitgehend Einigkeit besteht.

Das war nicht immer so, denn als die Pflegeversicherung 1994 die letzte parlamentarische Hürde genommen hat, hatte man sich darauf verlassen, dass das sogenannte familiäre Pflegepotenzial, das damals rund 70 % der Pflegebedürftigen versorgte, schon irgendwie so weiter vorhanden ist. Die Spezialistinnen und Spezialisten unter Ihnen wissen es: Von familienentlastender Pflege war 1994 noch relativ wenig die Rede. Da dachte man nämlich, mit ein bisschen Pflegegeld für diejenigen, die ambulant in der eigenen Häuslichkeit durch Familienangehörige gepflegt werden, sei es schon getan.

Es ist gut, dass das inzwischen längst anders gedacht wird. Viele von Ihnen haben zuvor schon darauf hingewiesen: Die pflegenden Angehörigen sind nach wie vor die größte Gruppe, die im Land pflegt. Genauso besteht Konsens, dass Kurzzeitpflege ein unverzichtbarer Bestandteil dieser pflegerischen Versorgung ist. Sie trägt ganz wesentlich dazu bei, die häusliche Pflege zu stärken und die Rückkehr in die eigene Häuslichkeit nach einem Krankenhausaufenthalt zu erleichtern beziehungsweise diese Rückkehr überhaupt zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, insofern ist die mit dem PSG I eingeführte Möglichkeit der Flexibilisierung und Ausweitung bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Kurzzeitpflege tatsächlich der berühmte Schritt in die richtige Richtung. Es sind Möglichkeiten, die insbesondere pflegenden Angehörigen Wege eröffnen sollen, Belastungssituationen bewältigen zu können.

Das ist die eine Seite der Medaille, und es ist gut, dass der Bund mit dem Pflegestärkungsgesetz I die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen definiert hat. Die andere Seite der Medaille ist allerdings, dass für die Einrichtungsträger der Betrieb einer solitären Kurzzeitpflegeeinrichtung ein ganz erhebliches wirtschaftliches Risiko darstellt. Auch das haben, wenn ich richtig zugehört habe, alle Vorrednerinnen und Vorredner bereits deutlich gemacht. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wer Träger der Einrichtung ist.

Kurzzeitpflege findet in Schleswig-Holstein daher in der Regel in Form von sogenannten eingestreuten Plätzen in vollstationären Langzeiteinrichtungen statt. Diese Plätze können flexibel vergeben werden, aber es ist sehr leicht vorstellbar, dass es gerade zu Ferienzeiten zu deutlichen Engpässen kommen kann. Wir wissen auch, dass es in be

stimmten Kreisen in Schleswig-Holstein auch außerhalb von sogenannten Hochzeiten inzwischen immer wieder sehr deutliche Versorgungsengpässe gibt.

Um mehr ausschließlich auf Kurzzeitpflege ausgerichtete Angebote zu ermöglichen, müssen also Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der Betrieb von solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen wirtschaftlich tragfähig wird. Ich will sehr deutlich sagen: Dafür muss, und auch das wurde in der Debatte angesprochen, der Bundesgesetzgeber die Voraussetzungen schaffen. Der Schlüssel für eine nachhaltige Verbesserung der Situation der Kurzzeitpflege liegt in der Tat zunächst einmal im Spielfeld des Bundes. Frau Abgeordnete Pauls, ich habe mich ein bisschen gewundert. In Ihrem Ursprungsantrag haben Sie das zu Recht adressiert. Den Schlüssel zur Lösung dieses von Ihnen zu Recht aufgegriffenen Problems haben Sie in Ihrem neuen Antrag rausgestrichen. Das habe ich schlicht und ergreifend nicht verstanden.

(Beifall FDP)

Sie haben vollkommen zu Recht in Ihrem Ursprungsantrag das Hauptproblem skizziert. Dann haben Sie es in der neuen Vision wieder herausgestrichen. Darüber habe ich mich zumindest gewundert.