Protocol of the Session on March 28, 2019

Sie haben vollkommen zu Recht in Ihrem Ursprungsantrag das Hauptproblem skizziert. Dann haben Sie es in der neuen Vision wieder herausgestrichen. Darüber habe ich mich zumindest gewundert.

Meine Damen und Herren, es muss die Vergütung der ebenfalls erforderlichen aktivierenden und rehabilitationsorientierten Pflege neu geregelt werden. Sonst werden wir an dieser Stelle kaum weiterkommen. Selbst wenn das Land noch -

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten Birte Pauls?

Ich hätte den Satz gern zu Ende gesprochen, aber selbstverständlich.

Selbstverständlich. Ich gehe davon aus, dass die Abgeordnete einverstanden ist, wenn Sie den Satz gern noch zu Ende führen.

Selbstverständlich. Immer gern.

(Minister Dr. Heiner Garg)

Vielen Dank, Herr Minister. - Nur eine kleine Erklärung: Wir haben den Satz deshalb rausgestrichen, weil er schon im Koalitionsvertrag steht. Wir wollten eine Doppelung verhindern.

(Lachen FDP und CDU)

Der Adressat bleibt, und ich bin mir mit der Kollegin von der CDU einig, zu sagen: Die Koalition auf Bundesebene muss hier möglichst schnell reagieren. Es ist Sinn und Zweck auch dieser Debatte, dem Bund hier einen Schubs zu geben.

- Frau Abgeordnete Pauls, ich akzeptiere das so. Tun Sie mir den Gefallen: Machen Sie das mit dem gleichen Nachdruck, mit dem Sie immer wieder versuchen, die Landesregierung sozusagen zum Jagen zu tragen - wobei die Landesregierung das bei der Pflegepolitik gar nicht braucht; aber das ist in Ordnung, und gern gemeinsam mit der Kollegin Rathje-Hoffmann, da bin ich gar nicht eifersüchtig -, mit dem Bund, denn der Bund schreibt sich schöne Dinge in den Koalitionsvertrag, siehe Schulgeldfreiheit bei den Gesundheitsberufen, und das Land setzt das dann am Ende um. Das kann es auch nicht sein.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten Pauls?

Ja, weil ich sehe, wie viel Spaß es der Abgeordneten Pauls gerade macht.

Das stimmt, das bringt mir gerade richtig Spaß. - Ich kann Ihnen natürlich sehr gern versprechen, dass wir in den eigenen Reihen den Druck in Richtung Bund aufrechterhalten werden. Sie sagten, wir sollten Ihnen nicht vorwerfen, dass das Thema Pflege für Sie nicht wichtig sei. Ich stelle fest: So viele Pflegeanträge sind von Ihrer Seite in dieser Legislaturperiode noch nicht gekommen; die meisten Anträge sind von uns gekommen. Dazu gehört zum Beispiel auch der Antrag auf Gebührenfreiheit der Gesundheitsfachberufe. - Vielen Dank.

(Christopher Vogt [FDP]: Warum habt ihr das eigentlich nicht umgesetzt? - Zuruf Birte Pauls [SPD])

- Frau Abgeordnete Pauls, das kennen Sie doch aus der vergangenen Legislaturperiode: Das Schöne am Regieren ist - wir machen es einfach!

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist Ihr Privileg, das zu fordern. Somit sind die Rollen klar verteilt. Wenn wir gemeinsam Erfolg beim Bund haben, dann hat sich doch diese heutige Debatte schon gelohnt.

Ich komme auf das schon mehrfach angesprochene Grundproblem der Refinanzierung von Pflegeleistungen unter der Bedingung von begrenzten Leistungen der Pflegeversicherung zurück. Sie wissen das; das ist nichts Neues. Diese Begrenzung führt dazu, dass gerade auf Rehabilitation ausgerichtete Pflegeleistungen derzeit von den betroffenen älteren Menschen oder auch ihren Angehörigen selbst getragen werden müssen. Das ist in der Regel zu teuer. Deshalb würde auch ein erweitertes Angebot zunächst einmal eher wenig in Anspruch genommen werden.

Deshalb hat sich Schleswig-Holstein bereits in der Vergangenheit auf Bund-Länder-Ebene zur spezialisierten Kurzzeitpflege klar positioniert. Die Forderung war, dass die im Vergleich zu anderen Versorgungsformen erhöhte Leistungskomplexität in Kurzzeitpflegeeinrichtungen auch mit entsprechenden personellen und strukturellen Rahmenbedingungen unterlegt und durch die Pflegeversicherung, aber im Zweifel auch durch die Krankenversicherung gegenfinanziert wird.

Meine Damen und Herren, diese Forderung bleibt richtig. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz im vergangenen Dezember hat daher die Bundesregierung erneut aufgefordert, die solitäre Kurzzeitpflege insbesondere durch Verbesserung der Rahmenbedingungen zu stärken. Es ist offensichtlich, dass die Finanzierungsstrukturen für die Kurzzeitpflege dringend überarbeitet und verbessert werden müssen. Hierbei sind nicht allein die Pflegeversicherung, sondern auch - sektorenverbindend - die Krankenversicherungen und die Leistungen der Rehabilitation ins Auge zu fassen; denn alle profitieren am Ende davon.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schleswig-Holstein wird sich dafür einsetzen, dass Anreize für die Einrichtung und den Betrieb von Kurzzeitpflegeeinrichtungen geschaffen werden, deren

(Minister Dr. Heiner Garg)

Bedeutung und Notwendigkeit aufgrund der geschilderten demografischen Entwicklung in unserem Land mit Sicherheit weiter steigen werden.

Ich freue mich, dass die Kollegin Rathje-Hoffmann und die Kollegin Pauls mit derselben Empathie und demselben Engagement, dass sie hier beide gezeigt haben, auch in Richtung Berlin wirken wollen. Ich verspreche Ihnen: Wir machen unsere Hausaufgaben - übrigens gern mit Ihnen gemeinsam, gern mit der konstruktiven Opposition gemeinsam. Aber auch Berlin hat an dieser Stelle gefälligst seine Hausaufgaben zu machen. Pflege ist mehr als irgendein Nischen- oder Randthema. Es ist die größte Herausforderung, jedenfalls im gesundheits- und sozialpolitischen Bereich, für unsere älter werdende Gesellschaft.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE, vereinzelt SPD und Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1362 (neu) sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1384 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Es ist einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Schüler und Schülerinnen der Beruflichen Schule des Kreises Ostholstein. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Bericht zum Branchencheck Pflegekräfte

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1287

Ich erteile das Wort dem Minister für Soziales, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP] und Christo- pher Vogt [FDP])

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben es soeben schon in den Debattenbeiträgen gehört - es ist in der Tat keine Neuigkeit -, dass in Schleswig-Holstein wie in allen anderen Bundesländern bereits heute Fachkräfte in der ambulanten und der stationären Altenpflege in ganz erheblichem Ausmaß fehlen. Im vergangenen Dezember etwa betrug die Vakanzdauer von gemeldeten Stellen für Altenpflegekräfte bundesweit im Durchschnitt 175 Tage. Dabei ist offensichtlich, dass zusätzliche Ausbildungsplätze und vermehrte Rekrutierungsaktivitäten nur Teile der Lösung sein können, zumal dies andere Branchen ebenfalls tun und im demografischen Wandel an ihre Grenzen stoßen. Zunehmend wichtiger wird es daher, Fachkräfte im Beruf zu halten und Möglichkeiten zu nutzen, die Einrichtungen als Arbeitsplatz attraktiv zu machen.

Auch ich möchte, dass wir junge Menschen für die Pflege gewinnen. Was ich aber nicht möchte, ist, dass wir darüber vergessen, wie wir diejenigen behandeln, die gerade in der Pflege tätig sind. Wir sollten darüber nachdenken, wie es uns gelingt, diejenigen, die sich von der Pflege abgewandt beziehungsweise die nach fünf, sechs oder sieben Jahren frustriert hingeworfen haben, um entweder einer anderen Tätigkeit nachzugehen oder sich in der eigenen Häuslichkeit um andere Dinge zu kümmern, zu animieren, in ihren Beruf zurückzukehren. Es gibt nämlich durchaus Einrichtungen, die das Problem des Fachkräftemangels nicht oder nur in deutlich geringerem Ausmaß als andere haben. Daher lohnt es sich, genau hinzuschauen, was diese Einrichtungen eigentlich anders machen.

Der Branchencheck Altenpflege zielte genau darauf ab, die Merkmale zu identifizieren, die Betriebe ohne oder mit geringerem Fachkräfteproblem von anderen - also mit großem Fachkräfteproblem - unterscheiden.

Er sollte ebenfalls zeigen, anhand welcher Kriterien sich Unternehmen mit eher zufriedenen von solchen mit eher unzufriedenen Beschäftigten unterscheiden. Ziel des Branchenchecks war beziehungsweise ist es, aus diesen Erkenntnissen konkrete Maßnahmen zur Gewinnung und zur Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzuleiten.

Teilgenommen an der Befragung haben 249 Pflegeeinrichtungen und 706 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Lassen Sie mich - wie gewünscht - einige zentrale Ergebnisse zusammenfassen:

(Minister Dr. Heiner Garg)

Die Leitungsbefragung hat ergeben, dass in 69 % der Einrichtungen in Schleswig-Holstein Fachkräftemangel herrscht, in 31 % der Einrichtungen dagegen nicht. 37 % der Leitungen gaben an, dass die Einrichtungen aufgrund fehlender Fachkräfte nur eingeschränkt geführt werden können.

Als entscheidendes Mittel gegen Fachkräftemangel wird von den Einrichtungsleitungen die Ausbildung im eigenen Betrieb genannt - von 81 % der befragten Leitungskräfte! Weitere Faktoren sind eine strategische Personalentwicklung oder die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Fachkräftebindung ist aber auch eine Kulturfrage. So leiden die Einrichtungen, in denen ehrenamtliches Engagement hohe Bedeutung hat, in viel geringerem Umfang an Fachkräftemangel als Einrichtungen, in denen ehrenamtliches Engagement so gut wie gar nicht vorkommt.

In der Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden folgende Kriterien für die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz genannt: erstens Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zweitens eine schlanke Dokumentation, drittens das Angebot einer betrieblichen Gesundheitsförderung, viertens ein verlässlicher Dienstplan, fünftens die Unterstützung bei der Kinderbetreuung.

Negativ auf die Arbeitsplatzzufriedenheit wirken sich danach aus: erstens eine hohe Personalfluktuation, zweitens dauerhafte Überforderungssituationen, drittens ein hoher Anteil an externen Zeitarbeitsbeschäftigten.

Als für die Arbeitszufriedenheit relevante Faktoren wurden aber auch Bezahlung, Betriebsklima, Team, Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit sowie Wertschätzung und Anerkennung genannt.

Eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse können Sie im Landesportal einsehen beziehungsweise herunterladen.

Der entscheidende - nun anstehende - nächste Schritt ist es, aus diesen Ergebnissen Strategien für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitszufriedenheit zu entwickeln. Diese sollen dann auf betrieblicher Ebene umsetzbar sein. Dazu werden die Erkenntnisse jetzt in der Arbeitsgruppe intensiv beraten, um dann in Abstimmung mit dem Landespflegeausschuss praxisrelevante und zielführende Handlungsempfehlungen formulieren zu können.

Ziel ist es, die Branche zu motivieren und dabei zu unterstützen, entsprechende Aktivitäten zu ent