Dieser bundesgesetzlichen Realität müssen wir uns stellen. Es ist aber möglich, unseren landespolitischen Spielraum zu nutzen und beispielsweise Erlasse und konkrete Bestimmungen in der Verordnung zu formulieren. Aus diesem Grund müssen wir heute auch das Gesamtbild betrachten: das Gesetz, das hier beschlossen wird, die Verordnung und den Erlass, der ja schon gilt und auf den schon hingewiesen wurde.
Natürlich ist es immer ein Spagat - das habe ich in den Verhandlungen erlebt -: Was schreibe ich in das Gesetz? Was schreibe ich in die Verordnung? Wie konkret gestalte ich was aus?
Ich habe am Anfang auch gedacht: Wieso stehen da so viele Sicherheitssachen drin? Das liest sich ja so misstrauisch. - Gerade deshalb, um das alles verbindlich und vernünftig zu regeln, finde ich es richtig, dass das zum Teil auch in das Gesetz aufgenommen wird. Das dient nicht nur unbedingt verschärften Maßnahmen, sondern es dient eben auch gerade dem Schutz derjenigen, die inhaftiert werden.
Uns wurde auch immer wieder vorgeworfen - auch heute wieder -, dass wir die Inhaftierung von Familien, Kindern und Jugendlichen nicht verhindern würden. Dazu haben wir in der letzten Landtagstagung eine Debatte geführt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es uns gelungen ist, gemeinsam eine Bundesratsinitiative zu beschließen, von der ich davon ausgehe, dass das Innenministerium diese auf den Weg bringen wird, um eben zu verhindern, dass zukünftig Kinder und Jugendliche inhaftiert werden können.
Uns wurde immer wieder vorgeworfen, unser Gesetz sei restriktiver als die Abschiebehaftvollzugsgesetze anderer Länder. Auch dieser Vorwurf ist nicht hinnehmbar. Wir haben für Verbesserungen gekämpft und konstruktiv Mindestanforderungen und Standards im Gesetz und in der Verordnung verankert. Uns war es wichtig, dass Menschen einen Zugang zu Beratung erhalten, dass die Einrichtung nach innen möglichst offen gestaltet ist und Freizeitmöglichkeiten angeboten werden.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das bezieht sich auf die Bundesratsinitiative. Nach meiner Erinnerung haben Sie unserem Antrag auf eine Bundesratsinitiative nicht zugestimmt, wohl aber der Materialsammlung und Evaluation zur Vorbereitung einer späteren Bundesratsinitiative. Gibt es diese Bundesratsinitiative inzwischen?
- Wir haben tatsächlich einer Evaluation oder einer, wie Sie es nennen, Materialsammlung zugestimmt, in deren Folge dann eine Bundesratsinitiative entsteht. Da ich nach all dem, was ich an Rückmeldungen bekommen habe, davon ausgehe, dass die Evaluation genau dazu führen wird, dass eine solche Bundesratsinitiative nötig ist, gehe ich auch davon aus, dass sie auf den Weg kommt. Ich bin aber im Moment nicht auf dem aktuellen Stand. Vielleicht gibt es nachher in dem Bericht des Herrn Innenministers dazu noch eine Äußerung. Ich weiß im Moment nicht, wie weit diese Evaluation zu dieser Bundesratsinitiative gediehen ist. Aber ich bin mir sicher, dass der Minister in seinem abschließenden Bericht darauf eingehen kann.
Uns war es wichtig, dass Menschen Zugang bekommen. Für all diese Punkte haben wir am Ende des Tages erfolgreich gekämpft. Am Schluss sollten wir nicht vergessen: Schon heute werden Menschen aus Schleswig-Holstein in Abschiebehafteinrichtungen anderer Bundesländer untergebracht. Auf die Standards und Bedingungen dort haben wir keinen Einfluss. Mit unserem Gesetz, der Verordnung und dem Erlass definieren wir unsere Mindestanforderungen und Standards und übernehmen ausnahmslos die Verantwortung für Geflüchtete in Schleswig-Holstein. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht viele Themen sind in den vergangenen Monaten so kontrovers und auch emotional diskutiert worden wie das Abschiebehaftvollzugsgesetz. Dafür habe ich durchaus Verständnis, denn die Vorstellung, dass Menschen eingesperrt werden, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben zu uns nach Deutschland gekommen sind, ist durchaus schmerzhaft. Natürlich wollen auch wir in der Jamaika-Koalition niemanden einsperren, der verpflichtet ist, aus Deutschland auszureisen, weder Männer noch Frauen und schon gar nicht Kinder.
Ich finde es aber auch schwierig, wenn die Gegner der Abschiebehaft uns gebetsmühlenartig immer wieder erklären, man solle doch ausschließlich auf freiwillige Ausreise setzen und man lehne die Abschiebehaft generell ab. Die Antwort auf die Frage,
wie wir in Deutschland die Ausreisepflicht durchsetzen wollen, wenn jemand eben nicht freiwillig gehen will, bleibt man uns stets schuldig.
Mit dem Vollzug rechtskräftiger Entscheidungen müssen sich in der Praxis weder der Flüchtlingsbeauftragte noch die Hilfsorganisationen herumschlagen - das ist Aufgabe der Landesregierung und der Behörden.
Deswegen habe ich Schwierigkeiten, wenn das Abschiebehaftvollzugsgesetz in dieser Weise kritisiert wird, ohne Lösungen anzubieten, die das Rückführungsmanagement verbessern.
Ich weise darauf hin: Es wäre geradezu verantwortungslos, wenn die Landesregierung und wir als Gesetzgeber unsere Augen vor der Realität verschlössen und leugneten -
Es wäre durchaus verantwortungslos, wenn wir davor die Augen verschlössen, dass sich in unserem Land Menschen aufhalten, die sich beharrlich weigern, ihrer Ausreisepflicht nachzukommen. Es ist kein Geheimnis, dass wir eine Verbesserung der Rückführungsquote nur erreichen können, wenn eine Erzwingung der Ausreise ernsthaft angedroht werden kann. Ohne Zwangsmittel - das zeigen viele andere Rechtsgebiete - gibt es für Ausreisepflichtige keinen Grund, Deutschland zu verlassen. So attraktiv die Bedingungen für eine freiwillige Ausreise am Ende auch ausgestaltet werden, eine 100-prozentige Rückführungsquote werden wir nicht erreichen. Das wird von niemandem bestritten.
Es ist also durchaus nachvollziehbar, wenn auf Bundesebene gesetzliche Regelungen bestehen, die die Möglichkeit des Abschiebegewahrsams und der Abschiebehaft regeln. Entscheidet ein Gericht auf der Basis von Bundesrecht, einen Ausreisepflichtigen in Haft zu nehmen, haben wir diese Entscheidung zu vollziehen. Ich halte es für die richtige Entscheidung, dass wir in diesen Fällen selbst die Haftbedingungen für die Menschen gestalten und bestimmen wollen und das nicht anderen überlassen.
Eine eigene Abschiebehafteinrichtung halte ich für deutlich humaner, als wenn wir die Menschen quer durch die Bundesrepublik verschicken, um sie in irgendwelchen anderen Abschiebehafteinrichtungen, auf deren Bedingungen wir nicht Einfluss nehmen können, unterzubringen.
Wir haben uns intensiv und umfassend mit den Einwendungen im Rahmen der Anhörung beschäftigt. Wir haben die Kritik und die Anregungen geprüft und abgewogen und das Abschiebevollzugsgesetz unter Berücksichtigung der Anhörung angepasst.
Ich teile Ihre Auffassung nicht, dass viele Bestimmungen unklar sind. Das, was sowohl von Polizeigewerkschaften als auch von anderen Kritikern übersehen wird, ist, dass dieses Gesetz nur funktioniert, wenn wir eine Abschiebehaftverordnung ergänzend danebenstellen. Das ist eine gesetzgeberische Maßnahme und ein gesetzgeberisches Handeln, das völlig normal ist, und durchaus ausreichend.
Es ist, auch wenn Sie es uns immer wieder vorbeten, nicht richtig, dass die Bezugnahme auf Vorschriften in einem Strafvollzugsgesetz europarechtlich bedenklich wäre. Liebe Abgeordnete der SPD, bedenklich ist, wenn Sie Abschiebehäftlinge und Strafvollzugshäftlinge in ein und derselben Einrichtung unterbringen, wie Sie es jahrelang getan haben.
Ich weise auf noch einen Punkt hin: Wir sind in unserem Abschiebehaftvollzugsgesetz bei den Ordnungsmaßnahmen geradezu vorbildlich, weil wir nämlich anders als in vielen anderen Vollzugsgesetzen den Richtervorbehalt da, wo er vom Bundesverfassungsgericht für erforderlich gehalten wird, aufgenommen haben. Das bitte ich, bei der Kritik, die Sie hier laufend äußern, einfach einmal zu berücksichtigen.
Wir haben das Richtige getan, wenn wir die verfassungsgerichtlichen Vorgaben umsetzen. Wir haben das Richtige getan, wenn wir die Bedingungen nach unseren Empfindungen und Überzeugungen gestalten, hier in diesem Land. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Zustimmung zum Abschiebehaftvollzugsgesetz. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Abschiebungshaft soll verhindern, dass sich vollziehbar ausreisepflichtige Personen der Abschiebung entziehen. Die Inhaftierung zur Durchsetzung dieser vollziehbaren Ausreisepflicht stellt eine Präventivmaßnahme dar, denn sie soll als Ultima Ratio sicherstellen, dass die Abschiebung des Ausreisepflichtigen wirklich erfolgen kann. Abschiebungshaft wird - etwas arg geschönt als normales Leben „minus Freiheit“ definiert, ist aber mindestens im Vollzug von einer Strafhaft eindeutig zu unterscheiden.
Abschiebungen sind die konsequente Weiterführung einer rechtsstaatlichen Asylpolitik, und selbiges gilt für die Abschiebungshaft. Die entsprechenden bundesrechtlichen Vorschriften zur Abschiebungshaft finden sich im Aufenthaltsgesetz. Hier wird geregelt, ob Personen in Abschiebungshaft genommen werden dürfen.
Die Frage, wie die Abschiebungshaft vollzogen wird, fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer, die Abschiebungshafteinrichtungen betreiben wollen. Ab etwa 2020 wird das auch für Schleswig-Holstein gelten; dann soll eine Abschiebungshaftanstalt in Glückstadt gemeinsam mit Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern betrieben werden. Für den Betrieb dieser Haftanstalt ist von der Landesregierung im September 2018 ein Gesetzentwurf für ein schleswig-holsteinisches Abschiebehaftvollzugsgesetz vorgelegt worden. Dieser Entwurf hat sehr viel und vor allem auch berechtigte Kritik aufgeworfen.
Nach zahlreichen Stellungnahmen, nicht nur aus den Reihen derer, die Abschiebung rein grundsätzlich ablehnen, sondern auch von echten Experten, etwa aus Justiz und Justizvollzug, wurden gravierende Mängel in den Bereichen Vollzugsrecht, Verfassungsrecht und humanitäre Belange festgestellt. Am 30. Januar 2019 wurde das vorgelegte Gesetz in einer mündlichen Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss von den anwesenden Fachleuten regelrecht zerrissen. Es gab also Grund genug für eine erhebliche Nachbesserung - sollte man meinen und auch Zeit genug, wenn man bedenkt, dass
Zwei Stunden vor Beginn der Innen- und Rechtsausschusssitzung am 20. März 2019 legte die Jamaika-Koalition einen Änderungsantrag vor. Nicht nur, dass niemand im Ausschuss ausreichend Gelegenheit hatte, die Änderungen zu prüfen, nein, der Ausschuss bekam auch keine Gelegenheit mehr dazu. Denn die Änderungen wurden zusammen mit dem Gesetzentwurf mit der Mehrheit von CDU, Grünen und FDP durchgepeitscht.
Frau Ostmeier, Sie erwecken hier und heute den Eindruck einer gemeinsamen, kooperativen Beratung. Das trifft für diese letzte Sitzung nicht einmal im Ansatz zu. Ich erinnere daran, dass es Aufgabe des Innen- und Rechtsausschusses ist, Gesetzesvorlagen inhaltlich zu beraten und Beschlüsse des Plenums vorzubereiten. Von Beratung kann hier aber keine Rede sein. Hier soll ein mit heißer Nadel gestrickter Gesetzentwurf durch das Plenum gepeitscht werden, vollkommen ungeachtet der von Experten erhobenen Kritik. Das grenzt an Missachtung des Parlaments.
Nicht berücksichtigt sind die in der Anhörung häufig eingebrachten Einwände zur Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit zu erwartenden problematischen Abschiebefällen. Wir von der AfD-Fraktion haben die Erwartung, dass bereits im Gesetz festgeschrieben wird, dass Familien mit Kindern und Jugendlichen anders betrachtet werden als abzuschiebende Migranten, die sich zuvor durch Untertauchen oder Gewalt gegen die Abschiebung gewehrt haben. Selbiges gilt für Personen, die sich durch Selbstverletzung einer Abschiebung zu entziehen versuchen. Es gilt umso mehr für Abschiebungsfälle, bei denen im Vorfeld teils erhebliche Straftaten zur Abschiebung führten.