Protocol of the Session on March 7, 2019

Ja. - Wir werden die Mittel sinnvoll einsetzen. Wir werden dazu einen Diskussionsprozess haben. Uns ist wichtig, dass wir die Mittel aus dem Digitalpakt klug verwenden. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! Dank des Digitalpaktgeldes vom Bund sollen nun endlich auch in Schleswig-Holstein die Schulen auf die Höhe der Zeit gebracht werden. Heute liegen außerdem die Anträge von SPD, SSW und Jamaika vor, den Digitalpakt schnellstmöglich und gut umzusetzen. Beides zusammen könnte fast schon zu Euphorie führen. Ich sage Ihnen in drei Punkten, warum sich bei mir dieses Glücksgefühl nicht einstellen will.

Erstens. Milliardengeschenke haben ihren Preis. Über diesen Preis ist hier bislang überhaupt noch nicht gesprochen worden. Aus Eltern-, Lehrer- und

Schülersicht ist es vollkommen legitim. Ihnen ist wichtig, dass Schule modern und zeitgemäß ausgestattet ist. Wer das letztlich bezahlt, darf ihnen egal sein. Aber uns, meine Damen und Herren, darf es nicht egal sein. Eine Grundgesetzänderung ist keine Kleinigkeit. Es hätte genug andere Möglichkeiten gegeben, etwa Artikel 91 c GG.

Meine Damen und Herren, was Sie in Ihrem Antrag als Weiterentwicklung des Bildungsföderalismus beschreiben, ist einmal mehr ein Schritt aus dem Bildungsföderalismus heraus. Sie wollen eine dauerhafte Mitfinanzierung durch den Bund.

Wir sind hier gegenteiliger Auffassung. Die immer weiter gehende Auflösung des Kooperationsverbots führt unweigerlich zu mehr Zentralismus, und Zentralismus bedeutet eben nicht mehr Qualität, sondern mehr Kontrolle, mehr Ideologie, mehr Gleichmacherei und weniger gesunden Wettbewerb.

Zweitens. Das Feiern des Digitalpakts sendet falsche pädagogische Signale. Lassen Sie uns immer wieder festhalten: An Beweisen für einen pädagogischen Mehrwert des digitalen Lernens fehlt es bislang vollkommen. Stattdessen breitet sich immer mehr eine Haltung aus, mit Internet & Co könnte Lernen Spaß machen und Animation sein. Es wird suggeriert, mit dem Grad der Digitalisierung wird der Erfolg der Schule zusammenhängen. Das wird teilweise auch von Pädagogen befeuert. Heute in der Debatte klang es ebenfalls an: Unterricht kann individueller gestaltet werden, Bildungsbenachteiligung wird ausgeglichen, kollaboratives Lernen wird leichter, Unterricht wird anschaulicher, und, und, und.

Tatsache bleibt: Es gibt keinen neuen digitalen Nürnberger Trichter. Lernen wird auch in Zukunft analog, haptisch und in der direkten Kommunikation mit Lehrkräften und Mitschülern stattfinden. Alles andere ist im eigentlichen Sinn kein Lernen, sondern allenfalls Informationsverarbeitung, und das führt allenfalls zu naiven Digital Natives, aber nicht zu dem, was wir uns eigentlich wünschen, zu souveränen, mündigen Mediennutzern.

(Beifall AfD)

Wobei - das gehört auch zur Wahrheit -: Schule kann und soll hier keine Wunder vollbringen. Wir leben längst in einer Zeit, in der viele Elternhäuser zu erheblichen Teilen überfordert und ihren Kindern in digitaler Hinsicht keine Vorbilder sind. Auch das muss gesagt werden.

Drittens. Lassen Sie uns bei den Kosten nicht blauäugig sein. Natürlich werden die Folgen bezie

hungsweise die Dauerkosten die jetzt zur Verfügung stehenden Bundesmittel bei Weitem übersteigen. Der Digitalpakt soll berechtigterweise nur die infrastrukturellen Grundlagen für digitale Bildung schaffen, etwa die WLAN-Ausstattung oder stationäre Endgeräte in den Klassen. In Klammern: Liebe Schüler auf der Tribüne, es ist zum Glück nicht vorgesehen, dass die Schule für jeden von euch ein Tablet bereitstellt. Klammer zu.

Die eigentlichen, tatsächlichen Kosten werden durch den technischen und pädagogischen Support anfallen. Weiter erhält man hier viel zu wenige verlässliche Angaben, und wir wissen alle, woran das liegt, nämlich daran, dass es bislang und wohl auch noch weiterhin vor allen Dingen die Lehrkräfte sein werden, die die Wartung der Geräte übernehmen müssen, anstatt sich auf ihr pädagogisches Kerngeschäft konzentrieren zu können. Um die dauerhafte Anstellung digitaler Hausmeister wird man nicht herumkommen. Dabei ist heute schon klar: Laut Bund-Länder-Vereinbarung ist die Finanzierung von Personal als Systemadministratoren zwar möglich, aber nur zeitlich begrenzt. Was ist nach dieser Befristung, meine Damen und Herren?

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Erstens. Lassen Sie uns die wirklichen Kosten rechtzeitig überschlagen und nicht blauäugig in unkalkulierbare Abhängigkeiten begeben. Da bin ich auf die Lösungsansätze im Bildungsausschuss sehr gespannt.

Zweitens. Lernen wird auch in Zukunft trotz digitaler Möglichkeiten ein sozialer Prozess bleiben, der mit Anstrengung und mit Leistungsbereitschaft verbunden ist. Das sollten wir den Schülern, Eltern und Lehrern immer wieder sagen.

Drittens. Die Hilfen vom Bund wären auch ohne Grundgesetzesänderung möglich gewesen. Milliardengeschenke gibt es nicht umsonst. Das Kooperationsverbot aufzulösen, ist ein fataler Fehler, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen, dass mir mit der Einigung im Vermittlungsausschuss ein Stein vom Herzen gefallen ist; denn bei der Digitalisierung im Bildungswesen ist Deutschland be

(Dr. Frank Brodehl)

kanntlich nicht gerade Vorreiter. Das Verfahren rund um Grundgesetzänderung und Digitalpakt hat schon viel zu viel Zeit gekostet. Dabei wird mit Blick auf unsere Schullandschaft eines deutlich: Allein bei der technischen Grundausstattung gibt es ein enormes Gefälle. An einen Standort ist der Einsatz modernster Technik und interaktives Lernen längst Standard, andere Schulen leben noch in der viel zu oft zitierten Kreidezeit. Einmal ganz ehrlich: Diese Unterschiede kann man weder Eltern noch Kindern noch Lehrkräften logisch erklären.

Aus Sicht des SSW gibt es kaum eine wichtigere Aufgabe, als unsere Schulen für die digitale Zukunft zu rüsten. Dabei ist für uns völlig klar, dass weder einzelne Schülergruppen noch Schularten noch Standorte abgehängt werden dürfen.

Digitalisierung ist nicht irgendein Trend, den man ausblenden kann. Sie berührt auch nicht nur unsere Bildungsorte, sondern fast alle unsere Lebensbereiche. Egal ob wir uns das Kommunikations- oder das Konsumverhalten, die Arbeitswelt oder den Freizeitbereich anschauen: Vieles verändert sich derzeit grundlegend. Deshalb ist und bleibt es so wichtig, dass vor allem junge Menschen auf diese Herausforderungen vorbereitet werden. Hier spielen unsere Lehrkräfte vor Ort eine ganz zentrale Rolle.

Für uns ist der Zugang zu schnellem Internet Aufgabe der Daseinsvorsorge. Auch die Digitalisierung der Bildung ist erst einmal eine Infrastrukturfrage. Der vorliegende Antrag zählt die Vernetzung zu den wesentlichen Herausforderungen der Zukunft. Es soll weiter in Glasfaseranschlüsse und WLAN-Ausstattung investiert werden. Das ist gut und richtig. Die Aufgabe, alle Schulen anzubinden und auch entsprechend auszustatten, ist aber deutlich zu groß, um von den Schulträgern oder vom Land allein geschultert zu werden. Deshalb halten auch wir es für den einzig richtigen Weg, wenn der Bund uns und den Schulträgern dauerhaft finanziell unter die Arme greift. Das ist auch deshalb konsequent, weil es um gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet geht.

Trotz der guten Nachricht aus Berlin dürfen wir uns jetzt aber nicht zurücklehnen. Zum einen haben wir sehr unterschiedliche Grundvoraussetzungen an unseren Schulen, was zum einen die Bestandsaufnahme mit den Kommunen dringend nötig macht. Oft hakt es nämlich schon bei der Beschaffung der Technik und bei der Installation von Netzwerken. Manche Schulen haben hier also einiges aufzuholen. Zum anderen stellen immer mehr Lehrerinnen und Lehrer die Frage, wer mittel- bis langfristig für Wartung und Instandhaltung sorgt. Hier darf die

Landesregierung gern konkreter werden. Ähnliches gilt aus Sicht des SSW auch für die Frage, wie unsere Lehrerinnen und Lehrer fortlaufend für die Arbeit mit digitalen Medien qualifiziert werden.

Grundsätzlich sind wir uns bei der Digitalisierung der Bildung natürlich einig. Der Digitalpakt muss schnellstmöglich und flächendeckend umgesetzt werden. Deshalb bin ich froh, dass es uns gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Mich freut auch, dass nicht nur freie Schulen, sondern auch die Schulen der dänischen Minderheit dazugehören. - Und, Christopher Vogt, die Beträge werden nicht in Kronen ausgezahlt, sondern in Euro.

(Christopher Vogt [FDP]: Ah!)

- Ja, ja, ja! - Das ist Ausdruck der gelebten Vielfalt in Schleswig-Holstein, die wir hier bei uns im Norden so gern leben. Das ist auch deshalb so wichtig, weil hier nicht nur alle Schulen, sondern auch ausnahmslos alle Schülerinnen und Schüler profitieren müssen. Nur so versetzen wir wirklich alle jungen Menschen in die Lage, die Chancen der Digitalisierung für sich zu nutzen. Das ist keine Frage der Gerechtigkeit oder Gleichmacherei; es muss sichergestellt sein.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich nach den Wortbeiträgen der Koalition so ein bisschen den Eindruck hatte, dass man bei diesem Thema deutlich stärker auf der Bremse steht, als ich mir das wünsche. Wenn ich Formulierungen höre wie die von Ines Strehlau - man könne den Wunsch nachvollziehen, dass einzelne Förderansinnen schon jetzt beantwortet werden sollen; wir bräuchten aber erst einmal ein Gesamtkonzept -, dann denke ich: Seien wir mal ehrlich. Wir sind lange genug in der Politik, um zu wissen, dass, wenn man über ein Gesamtkonzept reden will, das Ganze erst einmal über einen gewissen Zeitraum hinausgezögert wird, weil man nicht bereit ist, in Einzelschritten voranzugehen. - Und das verwundert mich doch sehr, muss ich sagen.

Ich habe in den letzten Wochen, also zu Jahresbeginn, verschiedene Bürgermeisterinnen und Bürger

(Jette Waldinger-Thiering)

meister bei mir in der Region besucht. Mit ausnahmslos allen habe ich über das Thema Digitalpakt gesprochen. In den Gesprächen nahm ich auf der einen Seite Freude darüber wahr, dass in diesem Bereich etwas passiert, auf der anderen Seite aber auch Zurückhaltung, weil man nicht weiß, wie es genau weitergeht. Die einen fragen: Wie viel darf ich eigentlich jetzt schon investieren? Die anderen, die sich schon auf den Weg gemacht haben, fragen vielleicht: Wo kann ich jetzt weitergehen, weil der Druck aus der Schule da ist, und wo sollte ich selbst auf die Bremse steigen, weil es gegebenenfalls so sein könnte, dass ich in Dinge investiere, die irgendwann förderfähig werden, ich das Geld für meine Investition am Ende aber nicht zurückbekomme?

Der augenblickliche Zustand ist ein Unzustand, weil die Schulen gern deutlich stärker aufs Gaspedal treten würden. Ich bin ein bisschen verwundert darüber, dass man hier in dem Maße auf die Bremse tritt. Mein Wunsch ist, dass Sie die Bedingungen, von denen man schon jetzt weiß, dass sie kommen werden, klar benennen.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

- Ich lasse die Frage gern zu.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Christopher Vogt?

Sehr gerne, Herr Vogt.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich bin total begeistert, dass die SPD-Fraktion heute so für Bürokratieabbau und Leistungsgerechtigkeit ist.

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Also, diejenigen, die schon etwas getan haben, sollen nicht bestraft werden, und so weiter. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin fast außer mir vor Freude.

(Vereinzelt Lachen bei der SPD - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Herr Kollege, man merkt es zwar nicht so oft, aber noch sind Sie als SPD ja Bestandteil der Bundesregierung. Ich sehe das Problem darin, dass die Bund-Länder-Vereinbarung, die auf dem Weg ist, so viele enge Leitplanken setzt. Das ist das eigentliche Problem - nicht

die Landesregierung. Darauf will ich deutlich hinweisen.

Ich möchte darauf hinwirken, dass die SPD ihren mächtigen Einfluss in Berlin geltend macht, um der Bundesregierung zu sagen, dass das vielleicht nicht ganz so schlau ist. Wir haben nicht vor, das Geld zu veruntreuen.

(Beate Raudies [SPD]: Auch der Bund nicht!)

Das sollte man auch noch einmal den Haushältern der SPD-Bundestagsfraktion sagen, dem Kollegen Kahrs und anderen. Wir werden das Geld nicht veruntreuen. Die brauchen uns nicht so viele Vorgaben machen. Das ist doch der Punkt.