Dabei ist es mir und meiner Fraktion besonders wichtig, dass unsere Kritik an der Entscheidung der CAU nicht eine Verteidigung der Vollverschleierung oder des Tragens eines Niqab ist. Der Niqab kann ein Ausdruck patriarchaler Machtansprüche sein. Der Niqab dient dazu, Frauen unsichtbar zu machen - zielt also auf genau das Gegenteil dessen, was wir in feministischen Kämpfen doch anstreben. Und das ist ein Problem.
Aber welche Wirkung hat hier wohl ein Zutrittsverbot für Bildungseinrichtungen? Welche Wirkung auf die Sichtbarkeit von Frauen hat ein solches Zutrittsverbot? Welche Auswirkung auf Gleichberechtigung und Emanzipation hat das Verbot der Bildung? Ich glaube nicht, dass damit die Ziele erreicht werden, die wir hier gern verwirklicht sehen würden.
Im Wesentlichen gibt es bei der Gleichstellungsdebatte zwei Stränge. Zum einen geht es um die Frauen, die unfreiwillig einen Niqab tragen, und zum anderen geht es um die Frauen, die freiwillig einen Niqab tragen. Die Kieler Studentin trägt den Niqab freiwillig; davon können wir wohl ausgehen. Die
Begründung hierfür hat sie in zahlreichen Interviews ausreichend dargelegt und hat sich erklärt. Das muss man nicht gut finden. Aber gibt es irgendeine andere Handlung, die die Freiheit anderer in keinem Moment einschränkt und trotzdem dazu führt, dass der Zutritt zu einer staatlichen Bildungseinrichtung verwehrt wird, obwohl alle anderen Bedingungen, die jeder andere auch einhalten muss, erfüllt sind? Ich kenne keine solchen Grundlagen; ich kenne keine solchen Fälle - außer diesem einen Fall.
Ist nicht gerade die Universität ein Ort, an dem Menschen aus solchen Ideologien entwachsen können? Sollten wir nicht gerade dort die Chance bieten, sich zu emanzipieren und freizustellen? Der Umgang mit diesem Fall, diese öffentliche Debatte macht die Rückkehr der Frau, um die es hier geht, fast unmöglich. Sie kann aus dieser Debatte nicht mehr gesichtswahrend rausgehen. Zu dieser Diskussion gehört übrigens auch, zu sagen, dass die Föderale Islamische Union sich erst dann zu Wort gemeldet hat, als das Verbot kam.
Der zweite Fall ist die unfreiwillige Verhüllung, also wenn jemand dazu gezwungen wird. Dafür gibt es allerdings bereits rechtliche Grundlagen, den Straftatbestand der Nötigung und anderes mehr. Diese Straftatbestände wirken aber oft nicht - wir kennen das aus vielen anderen Bereichen -; aber dann reagieren wir doch nicht mit Sanktionen, sondern mit Hilfsangeboten. Machen wir es eine Nummer kleiner: Wenn eine Frau mit einem blauen Auge zur Universität kommt, dann bestrafen wir nicht die Frau, sondern wir geben ihr die Hand und helfen ihr aus dieser Situation heraus.
Wollen wir die Frau aus dem Umfeld Universität herausnehmen, wo demokratisch diskutiert wird, wo sie Demokratinnen zum Vorbild hat, wo sie mit Demokratinnen lernt, wo sie Demokratinnen als Autoritäten kennenlernt? Wollen wir sie diesem Umfeld entreißen und sie in das Haus ihres Unterdrückers zurückzwingen? Ist das unser Ansatz, um sie aus dieser Situation herauszuholen und gegen Salafismus vorzugehen? Ich glaube nicht.
bauen. Wir müssen Frauenhäuser unterstützen, wir müssen die Ausstiegsprogramme, die sehr stark sind, wie das von PROvention weiter unterstützen. Dafür sind wir gerne zu haben. Wir können die Hilfestrukturen stärken. Das Verbot würde die Situation nicht lösen. Helfen können nur solche Strukturen, wie das auch in anderen Bereichen der Fall ist. Das Verbot würde die Unterdrückte bestrafen, nicht den Unterdrücker. Wo wählen wir diesen Weg? Der Mann kann ohne Probleme studieren. Die Frau könnte als evangelikale Christin ohne Probleme studieren. Ihr Ehemann kann an der Universität als Salafist, egal wie überzeugt er ist, ohne Probleme studieren. Die einzige Person in dieser Konstellation, die wegen des Verbots nicht studieren kann, ist die Frau. Insbesondere dann, wenn sie unterdrückt und dazu gezwungen wird, helfen wir der Frau mit dieser Maßnahme keinen Meter.
Ein Verbot verschärft die Abhängigkeit und erschwert die Emanzipation. Als Reaktion auf die Unterdrückung würde der Bildungsweg untersagt werden. Wo ist da der Gewinn für die Gleichberechtigung? Ich erkenne ihn nicht. Wir verbieten, unterdrücken und grenzen aus. All das ist eben keine Lösung. Das Wegsehen ist keine Lösung des Problems. Unsere Strategie gegen Salafismus muss sinnvoller sein.
Ich merke, dass meine Redezeit zu Ende ist. Über den Teil zum Salafismus spreche ich in einem Dreiminutenbeitrag. - Vielen Dank.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Fall Katharina K. und ihr Bestehen darauf, bei ihrem Studium an der ChristianAlbrechts-Universität einen Niqab tragen zu dürfen, erhitzt - wenig überraschend - seit Wochen die Gemüter. Natürlich kann man jetzt meinen, dass das nur ein Einzelfall sei und dass die junge Frau doch einfach herumlaufen solle, wie sie es möchte. Auch in unserer Fraktion und Partei gehen die Meinungen dazu - zumindest zu einem gewissen Teil - auseinander.
Auch wenn ich der Meinung bin, dass man sich als Landespolitik von einer - nach meiner Wahrnehmung - jungen Provokateurin, die sich noch vor wenigen Jahren religiös ganz woanders verortet hat, nicht allzu sehr auf die Palme jagen lassen sollte, halte ich es doch für absolut nachvollziehbar, dass das Uni-Präsidium ihr das Tragen des Niqab an der Universität untersagt hat. Es geht doch im Kern um die Frage, wie wir das Zusammenleben in unserer Gesellschaft organisieren und wie wir uns an einem öffentlichen Ort wie der größten und ältesten Universität unseres Landes begegnen wollen. Das ist doch eigentlich der Kern der Debatte.
Dozenten haben sich daran gestört, dass sie der Studentin in ihren Veranstaltungen nicht ins Gesicht sehen konnten. Natürlich schränkt das die Kommunikation miteinander erheblich ein. Ich kann absolut nachvollziehen, dass es dort Unbehagen und Ärger gibt. Gerade an einem Ort der Aufklärung wie der Universität halte ich es für zumutbar, dass erwartet wird, dass man sich bei der Kommunikation auch ins Gesicht schauen kann.
Das Tragen von Burka oder Niqab ist in meinen Augen nun wahrlich kein Ausdruck von Weltoffenheit, sondern ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen; das haben auch alle Redner vor mir festgestellt. Wir wollen bei der Gleichstellung aber Fort- und keine Rückschritte. Wir müssen in der Debatte über interkulturelle Toleranz im wahrsten Sinne des Wortes Gesicht zeigen und deutlich machen, wo wir Grenzen ziehen müssen. Ich sage es ganz deutlich: Bei einer Vollverschleierung endet für mich die Liberalität.
Vor einigen Jahren hat das generelle Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum in Frankreich nicht nur in Frankreich, sondern auch weit darüber hinaus hohe Wellen geschlagen. Es gab übrigens auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dazu - das ist ja eine Einrichtung des Europarates und nicht der Europäischen Union -, in dem das Verbot im Kern bestätigt wurde. Aber das ist eben kein EU-Recht, das Bundesrecht bricht, sondern das ist Völkerrecht. Doch das wird im Zweifel auch vor dem Bundesverfassungsgericht irgendwann einmal eine Rolle spielen.
Wir haben hier in Schleswig-Holstein bisher kaum Frauen, die Burka oder Niqab tragen. Deshalb betreten wir hier nicht nur politisches, sondern auch rechtliches Neuland. Es ist offensichtlich, dass mehrere Rechtsgüter miteinander abgewogen werden müssen. Deshalb ist es aus meiner Sicht völlig richtig, dass wir hierzu eine umfassende Anhörung
Eine interessante Frage wird dabei natürlich sein, ob die junge Frau die Vollverschleierung freiwillig trägt. Bei ihr muss man wohl davon ausgehen - der Kollege Petersdotter hat das gerade angesprochen -, da sie eine deutsche Konvertitin ist. Ich zumindest gehe davon aus. Sie hat das auch so geäußert. Aber die spannende Frage ist, Kollege Petersdotter: Wie will man das überprüfen? Auch das ist ein Punkt, mit dem man sich in der Anhörung befassen sollte.
Das Neutralitätsgebot des Staates, das in einigen Beiträgen hier angeführt wurde, das zum Beispiel bei Lehrerinnen oder Rechtsreferendarinnen eine Rolle gespielt hat und nach wie vor in Prozessen spielt, wird hier nicht greifen, da es sich um eine Privatperson und keine Amtsträgerin handelt. Viele gesellschaftspolitische und gleichstellungspolitische Aspekte werden in der Anhörung auf jeden Fall eine Rolle spielen. Das halte ich für absolut richtig.
Wir sind uns in der Koalition bisher noch nicht einig, wie man mit diesem Thema umgehen sollte. Das haben einige schlaue Köpfe und interessierte Beobachter schon bemerkt. Es kommt mit der Zeit immer öfter vor, dass Themen aufkommen, die im Koalitionsvertrag nicht geregelt sind, weil sie vor anderthalb Jahren schlichtweg keine entscheidende Rolle gespielt haben. Das ist aus meiner Sicht überhaupt kein Drama, sondern völlig normal in einer Demokratie und in einem solchen Bündnis.
- Vielen Dank, Herr Kollege Peters. - Ich gehe davon aus, auch nach dem Beitrag des Kollegen Petersdotter, dass wir auch hier einen vernünftigen gemeinsamen Weg finden können.
Ich bin leider, vielleicht auch zum Glück, kein Jurist. Es erscheint mir aber plausibel, dass man eine gesetzliche Grundlage braucht, damit das Verbot der Universität vor Gericht Bestand haben kann. Die SPD kommt aus irgendeinem Grund zu einem anderen Schluss. Das haben Sie nicht wirklich begründet, Herr Kollege Dunckel. Vielleicht können Sie das ja noch einmal erklären. Aber eigentlich sind doch alle Juristen, die sich bisher dazu geäußert haben, ganz klar zu dem Schluss gekommen: Wenn man mit einem solchen Verbot vor Gericht bestehen will, dann muss man der Universität eine gesetzliche Grundlage liefern. Das hat ja auch Frau El Samadoni sehr deutlich gesagt und, wie ich finde, nachvollziehbar begründet. Wir wollen die Uni
Ich gehe aber auch davon aus, dass es nicht tragfähig wäre, wenn sich Katharina K. vor Gericht auf die Religionsfreiheit berufen würde. Herr Kollege Dunckel, auch da haben Sie anscheinend andere Erkenntnisse als ich. Nach dem, was ich gehört und gelesen habe, ist die Mehrheit der Islamwissenschaftler der Meinung, dass eine Vollverschleierung aus dem Islam beziehungsweise aus dem Koran nicht wirklich abzuleiten ist, sondern eher kulturellen Ursprungs ist, aus bestimmten Regionen und auch schon eine vorislamische Angelegenheit war. In meinen Augen - das ist wissenschaftlich gestützt, auch bei der CAU - ist eine Vollverschleierung zu einem Symbol für den radikalen Islam geworden, was die Unterstützer aus der Salafistenszene, die sich um Katharina K. versammelt haben, zu bestätigen scheinen.
Herr Kollege Petersdotter, ich nehme Ihr Argument sehr ernst. Wenn Sie aber sagen, ein Verbot sei Ausgrenzung und treibe solche Leute in die Arme von Extremisten, dann mahne ich wirklich zur Vorsicht; denn wir haben auch andere Extremisten in unserem Land. Bei denen müsste das Argument dann auch in irgendeiner Art und Weise angewandt werden. Ich halte das nicht für besonders stichhaltig, aber darüber werden wir uns weiter austauschen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, man braucht gar nicht lange darüber zu reden. Wir alle kennen die Bilder aus Afghanistan, wo die Taliban für alle Frauen die Burka vorgeschrieben haben, oder aus dem sogenannten Islamischen Staat, der mittlerweile zumindest militärisch zum Glück weitestgehend niedergerungen werden konnte.
Als Anhänger der Hochschulautonomie schlagen wir als FDP-Fraktion vor, dass man in unserem Hochschulgesetz eine Regelung schafft, mit der die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, ein Vollverschleierungsverbot in ihren Veranstaltungen rechtssicher zu untersagen. So habe ich auch die Bitte des Uni-Präsidiums an die Landesregierung verstanden, von dem zu hören und zu lesen war. Die Hochschulen könnten dann über das Ob und das konkrete Wie entscheiden. Das würde ich, ehrlich gesagt, für sachgerecht halten und auch für sachgerechter als die Lösung, die es in Bayern gibt.
Bei den Schulen führen wir diese Diskussion meines Wissens bisher nicht. Der Kollege Loose hat mitgeteilt, dass ihm ein Fall bekannt ist. Dieser Bereich hat mit den Hochschulen zunächst nichts zu tun, wird aber sinnvollerweise gleich mitdiskutiert. Hier sind die Voraussetzungen und die Rolle des Landes natürlich ganz anders gelagert als bei den Hochschulen. Deswegen empfehlen wir, dass wir bei der nächsten Schulgesetznovelle ein entsprechendes Verbot aufnehmen, damit wir keiner Schule zumuten, solche Diskussionen womöglich vor Ort führen zu müssen.
Ich hoffe, dass wir im zuständigen Ausschuss - das wird der Bildungsausschuss sein - eine breite und sehr ernsthafte Anhörung durchführen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer vernünftigen Lösung kommen, die ein gutes Miteinander an unseren Hochschulen ermöglicht. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, den wir hier berücksichtigen müssen. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein hat knapp 2,9 Millionen Einwohner. Eine davon ist im Niqab in der Uni erschienen. Wir haben daher kein gesellschaftliches Problem, nun wirklich nicht. Wir diskutieren einen absoluten Einzelfall, und, meine Damen und Herren, dieser Einzelfall ist auch schon gelöst worden. Die Uni hat eine Regelung gefunden, wie damit umzugehen ist. Die derzeitige Rechtsprechung gibt der Uni Recht. Es ist somit erst einmal alles geregelt.
Trotzdem wird fleißig diskutiert. In den Diskussionen der letzten Wochen laufen so viele Argumentationsstränge zusammen - das werden Sie vielleicht auch erlebt haben -, dass es schwer ist, im Gespräch auf der gleichen Ebene zu bleiben. Da werden die vermeintliche Religionsfreiheit, die Freiheit des Individuums, zu tragen, was es will, Fragen nach Unterdrückung oder Selbstbestimmung, Forderung von Anpassung oder verschiedene Wertevorstellungen miteinander vermischt. Kommt man mit dem einen Gesprächsstand nicht weiter, greift man schnell nach dem nächsten.
Der Niqab selbst ist als Kleidungsstück staatssymbolisch aufgeladen. Die einen geben vor, er sei ein Zeichen der Religionsausübung. Wenn Sie Interviews von Frauen, die Niqab tragen, lesen, dann stellen diese die Verhüllung als Teil ihrer Lebensqualität dar, die beinhaltet, vollends bestimmen zu können, wer wann welchen Teil ihres Körpers sehen darf und wer eben nicht. Ob eine solche Entscheidung in einer männerdominierten Welt immer frei sein kann, stelle ich einmal dahin. Andere projizieren all das auf ihn, wovor sie sich bei den ultrakonservativen Strömungen des Islam am meisten fürchten. In diesem Kleidungsstück manifestiert sich dann eine abstrakte Angst vor Rückwärtsgewandtheit, religiösem Radikalismus, Unterdrückung und schließlich auch Islamismus.
Für den SSW möchte ich vorausschicken, dass der Gedanke, der hinter dem Niqab steht, unserem Verständnis von Gleichberechtigung, Gleichstellung der Frau diametral entgegengesetzt ist, weil diese ins Leben greifende Kleidervorschrift nur für Frauen gilt, weil nur Frauen in der Kommunikation gehindert werden, weil nur die Frauen als Individuum hinter dem Niqab unsichtbar gemacht werden. Deshalb ist der Niqab ein Ausdruck von Ideologie, die sich gegen die Emanzipation der Frauen, gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen unsere Werte stellt. Diese Form der Vollverschleierung ist eben kein Ausdruck der Religiosität. Man kann auch Muslima sein, ohne sich zu verschleiern. Die große Mehrheit der Muslima lebt ohne Verschleierung, und auch die muslimischen Verbände sagen deutlich, dass Niqab und Burka eben nicht religiös bedingt sind. Deshalb hat die Diskussion über diese Kleidungsstücke auch nichts mit Religionsfreiheit zu tun.
Auslöser der Debatte - wir haben es mehrfach gehört - ist die Richtlinie über das Tragen eines Gesichtsschleiers, die das Präsidium der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erlassen hat, nachdem eine Studentin im Niqab in einer Lehrveranstaltung erschienen ist und der anwesende Dozent sie aufforderte, die Verschleierung abzulegen. An der Uni Kiel wird seitdem intensiv gestritten, ob diese Entscheidung richtig war. Unbenommen ist, dass die Universität das Recht hat, Kleidervorschriften zu erlassen.
Aufgrund dieses Einzelfalls nun Gesetzesänderungen zu fordern, erscheint aus unserer Sicht erst einmal nicht notwendig. Schließlich ist das Problem ja gelöst worden, und Vollverschleierung ist in Deutschland so selten, dass Ihnen selbst bei der Lektüre von Artikeln über Vollverschleierung im