Protocol of the Session on February 15, 2019

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Garg, Sie haben eben davon gesprochen, dass die Tarifbindung gestärkt werden müsse. Das habe ich aufgenommen, und ich finde es auch richtig. Ich habe mich sehr gewundert, dass Sie das so sehen; denn dieses Parlament hat vor Kurzem ein Vergabegesetz beschlossen, das die Kopplung der Vergabe an die Tariftreue nicht zwingend vorsieht.

(Birte Pauls [SPD]: Genau!)

Das war vorher der Fall. Wir haben in SchleswigHolstein eine rückläufige Tarifbindung zu verzeichnen. Deshalb wäre es sinnvoll gewesen, die alte Regelung beizubehalten. Das habe ich gemeint.

(Beifall SPD)

Nun bin ich einer der wenigen in diesem Haus, die eine Ausbildung gemacht haben. Ich habe einmal Maurer - in einer Akkordkolonne - gelernt. Vorhin wurde gesagt, Ausbildung sei keine Arbeit; deshalb müsse man die Ausbildungsvergütung auch nicht so hoch ansetzen. Wenn man in einer Akkordkolonne gelernt hat, dann weiß man, dass Ausbildung auch Arbeit ist, und ohne Arbeit in der Ausbildung kann man die Routine für ein Handwerk nicht erlernen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deshalb muss eine Ausbildungsvergütung die Arbeit, die dort verrichtet wird, auch angemessen bezahlen.

Sie sprachen von sozialer Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das ist doch ganz einfach. Das müssten Sie eigentlich wissen. Nun haben wir einen Fachkräftemangel, das heißt, die Preise müssen nach oben gehen, damit die Nachfrage befriedigt werden kann.

(Zurufe CDU)

Wir haben eine Fachkräftekrise, die sich auch auf das Wachstum in Schleswig-Holstein auswirkt. Wenn wir bei der Ausbildungsvergütung nicht gegensteuern, werden wir die Fachkräftekrise nicht beheben. Insofern ist es richtig, mit einer Mindestausbildungsvergütung zu arbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr gut!)

Herr Hölck, da wir heute einen so wunderschönen Freitag haben, werte ich Ihren Zwischenruf von vorhin einmal nicht als Kritik am Präsidium.

Weitere Wortmeldungen mir nicht vor. Somit schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1239 federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 und 48 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung nicht alleinlassen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1236

Bundesweiter Daten- und Informationsaustausch von Kinder- und Jugendheimen stärken

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1257

b) Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche

(Minister Dr. Heiner Garg)

Tätigkeitsbericht 2016/17

Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein als Ombudsperson in der Kinder- und Jugendhilfe Drucksache 19/1068

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen alle, dass wir aus den Vorkommnissen um den Friesenhof Lehren ziehen mussten. Eine der Lehren war, dass wir eine unabhängige Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche, die sich in der Heimerziehung aufhalten, brauchen. In SchleswigHolstein gibt es rund 1.400 Heime, in denen etwas mehr als 6.000 Kinder untergebracht sind. Wichtig für sie ist, dass dieses Angebot niederschwellig sein muss, damit sich die betroffenen Kinder und Jugendliche trauen, die Beschwerdestelle anzurufen und sich bei Kummer und Sorgen aller Art an sie zu wenden.

Wir haben ihnen eine Stimme gegeben, und das war auch dringend notwendig. Mit der Ombudsperson und dem ganzen Team der Bürgerbeauftragten haben wir nun eine Anlauf- und Beschwerdestelle geschaffen, an die sich die jungen Menschen problemlos wenden können. Herzlichen Dank, Frau El Samadoni, für diesen Bericht und für Ihre Arbeit.

(Beifall)

In der Anlauf- und Beschwerdestelle werden Probleme und Konflikte gelöst, auch solche, die nicht den Bereich der Heimaufsicht betreffen. Die Kinder stehen im Vordergrund. Denn manchmal brauchen sie in diesen Situationen auch jemanden, an den sie sich unkompliziert und unbürokratisch und vertraulich - das ist auch wichtig - wenden können.

Damit diese Beschwerdestelle bekannter wird, wurde ein Flyer an alle stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und an die Schulen versandt. Es wurde versucht, möglichst alle zu erreichen, die Kummer und Leid haben. Sie richten sich, wie bereits gesagt, an mehr als 6.000 Kinder in den Heimen und Wohngruppen und auch an die Schulen in Schleswig-Holstein. Hilfreich ist auch, dass bei Beschwerden Besuche stattfinden können, bei de

nen man sich vor Ort anschaut, was los ist, und mit den Kindern und mit weiteren Betroffenen redet.

Zwischen 2016 und 2017 gab es 416 Eingaben. Davon betrafen 121 Beschwerden den Bereich der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Im Bereich der ambulanten Hilfen für Kinder- und Jugendhilfe waren es nur 24 Eingaben. Einen deutlichen Beschwerderückgang gab es bei der Schulbegleitung.

16 Jugendliche, für die andere Bundesländer zuständig waren, wurden beraten. Sie haben sich beklagt, dass man sich zu wenig um sie gekümmert hat, dass sie vergessen worden sind und nur bei Hilfeplangesprächen, bei denen dies dringend erforderlich war, dabei waren, aber sonst keine Möglichkeit hatten, mit den entsendenden Jugendämtern zu kommunizieren. Das nimmt ein Teil des Antrags der SPD auf. Diesen Teil finde ich sehr gut. Wir haben ihn in unseren Änderungsantrag übernommen.

In einzelnen Fällen, in denen es zu Beschwerden kam, konnte Abhilfe geschaffen werden. Weitere Probleme gab es mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die für ihre Integration besondere Angebote brauchten und dann auch bekamen.

In zahlreichen Fallbeispielen aus der Praxis wird in dem Bericht dargestellt, wie breit das Aufgabenfeld der Beschwerdestelle ist. Das reicht vom angeblich falschen Haarschnitt über den Umgang mit Kindern mit Beeinträchtigung bis hin zu Problemen mit den Eltern, Problemen mit den Erziehungsberechtigten und dem Umgang mit dem Jugendamt.

Das im vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion beschriebene Problem zur Beschulung der Kinder aus anderen Bundesländern und dass beim gewöhnlichen Aufenthalt die Schulpflicht bestehen sollte, ist aus unserer Sicht so nicht akut, weil eine Beschulung aller 3.373 schulpflichtigen Kinder aus Erziehungseinrichtungen aktuell bereits erfolgt. Davon stammen 1.115 aus anderen Bundesländern und 89 % davon werden an Regelschulen unterrichtet. Das kann man dem Protokoll der Sitzung des Bildungsausschusses vom 24. Mai 2018 entnehmen.

Der entsprechende Erlass dazu regelt also bereits, dass die Betroffenen beschult werden, manchmal auch im Interesse des Kindeswohls in der Einrichtung, in der sie untergebracht sind. Dieses erlassgeregelte Verfahren soll nach diesem Schuljahr ausgewertet werden, und im Bildungsausschuss soll dazu berichtet werden. Da können wir uns alle anhören, was damit ist. Der Erlass macht auch deutlich, dass es das Ziel ist, Kindern und Jugendlichen so zügig wie möglich den Besuch einer öffentlichen Schule zu ermöglichen.

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Ich glaube, mehr geht an der Stelle nicht. Deswegen: Warten wir es ab, dann wissen wir, wo und wie wir nachsteuern. Aber ich glaube, alle Kinder in Schleswig-Holstein werden beschult, und manchmal ist es besser, wenn sie direkt in den Heimen beschult werden. - Danke schön.

(Beifall CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Tobias von Pein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Bei diesen Themen und den Debatten dazu habe ich immer die Zeilen von einem Lied im Kopf, aus dem ich gern zumindest teilweise zitieren möchte:

„Sind so kleine Seelen offen und ganz frei. Darf man niemals quälen gehn kaputt dabei.

Ist son kleines Rückgrat sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen weil es sonst zerbricht.

Gerade, klare Menschen wärn ein schönes Ziel. Leute ohne Rückgrat hab‘n wir schon zu viel.“

Das ist übrigens von Rolf Zuckowski.

(Beate Raudies [SPD]: Bettina Wegener!)

- Ja, und von Bettina Wegener.

(Zurufe)

Man mag es mir verzeihen, dass ich eher mit Rolf Zuckowski aufgewachsen bin. Das mag vielleicht einfach an meinem Alter liegen.